Ob Spanner auch zusammen spannen? — Neue Schweizer Lieblingswörter
Ein „Spanner“ ist eine Vorrichtung zum Spannen, erklärt uns unser Duden:
Spạnner, der; -s, -:
1. a) Vorrichtung zum Spannen von etw.: den Tennisschläger in den Spanner stecken;
b) kurz für Hosenspanner;
c) kurz für Schuhspanner.
Das Verb „spannen“ kann in der Schweizer weitere spannende Bedeutungen bekommen, denn hier wird ständig gespannt, und zwar zusammen und in Gemeinschaft:
So hörten wir in der Sendung 10 vor 10:
„Die UBS spannt zusammen mit dem WEF“
Und lasen im Tages-Anzeiger:
Vergangenes Jahr lehnte es beispielsweise das reiche Brugg in einer Volksabstimmung ab, mit dem verschuldeten Windisch zusammenzuspannen.
(Quelle: Tages-Anzeiger 10.03.07 S. 5)
Die hochindustrialisierte Eidgenossenschaft, in der gern mal das „Heu auf der gleichen Bühne gelagert“ wird, oder so mancher „sauber überm Nierenstück“ ist, pflegt auch im 21. Jahrhundert das Zusammenspannen:
Es spannt die Binnenwirtschaft zusammen
(Quelle: sbv-usp.ch)
Die SBB mit dem SRK (Schweizer Roten Kreuz) (Quelle: redcross.ch), und sogar der japanische Mischkonzern Sanyo mit Telion.
Unser Duden erklärt:
zusạmmenspannen :
1. als ein Gespann einspannen: vier Pferde z.; Ü einen alten und einen jungen Mann z.
2. (schweiz.) sich mit jmdm. zusammentun, zusammenschließen: sie spannte mit ihrer Nachbarin zusammen.
(Quelle duden.de)
Eindeutig ein helvetisches Erbe in der gemeinsamen Deutschen Sprache! Die belegen zusätzlich die 33.500 Fundstellen bei Google-CH für „spannt zusammen“. Deutlich erkennen wir die Sprache der ehemaligen Pferdebesitzer. Vom anfänglich erwähnten Spanner, der sein privates Hobby des Spannens gern allein und nicht zusammen ausübt, ist leider nirgends mehr die Rede. Doch unser Duden kennt auch ihn:
3. (salopp) a) Voyeur: er ist ein alter Spanner;
b) jmd., der bei unerlaubten, ungesetzlichen Handlungen die Aufgabe hat, aufzupassen u. zu warnen, wenn Gefahr besteht, entdeckt zu werden.
(Quelle: duden.de)
Die zweite Bedeutung unter b) kannten wir nicht. Das war bisher jemand, der „Schmiere steht“. Aber man lernt ja nie aus. Den Schmetterling namens „Spanner“ haben wir auch unerwähnt gelassen. Wo gibt es denn noch Schmetterlinge, ausser im Papilorama bei Kerzers?
Echter Spanner
(Quelle Foto: rotholl.at)
Mai 15th, 2007 at 9:26
Ich glaube, der Unterschied D/CH liegt in der Feinheit des Aktes des „Zusammenspannens“ durch einen dritten, bzw des „Zusammenspannens“ aus eigenem Antrieb.
Oder anders gesagt: Wenn man Alpha-Tiere wie Lafontaine und Gysi zusammenspannen würde (Quelle 2005: ) ist es nicht das gleiche, wie wenn die FDP mit den anderen Parteien zusammenspannen will, um sich statt gegenseitig zu blockieren, Mehrheiten zu schaffen. (Quelle: )
Oder kurz gesagt, hier in der Schweiz legen wir das Zaumzeug vor die Pferde und zeigen ihnen den Wagen, den Rest erledigen sie dann selber …
Mai 15th, 2007 at 9:30
Schön, ein neuer Helvetismus, von dem ich nicht wusste, dass er einer ist…
Wie drückt man denn die sehr subtil von „zusammenarbeiten“, „kooperieren“ und „sich verschwören“ unterschiedene Tätigkeit in Deutschland aus?
Mai 15th, 2007 at 9:40
für den der schmiere steht, hab ich „spanner“ noch nie gehört. am bekanntesten ist wohl derjenige „spanner“ der in fremde schlafzimmer gafft. (ist vermutlich auch die spannendste art des spannens) 😉
Mai 15th, 2007 at 10:37
Der abgeschlossene Roman
Irän wischte sich den Schaum ihres Milchkaffees von der Oberlippe und der mit einem leichtem Pflaum versehenen Region darüber. „Du, ich finde Dich unheimlich spannend“, lächelte sie und saugte bedeutungsvoll blickend die Schaumreste von Zeigefinger und Daumen. „Wann hast Du es gespannt“, stammelte ich mit der Schamesröte kämpfend. “Ich weiss auch nicht welche Kindheitserinnerungen da in mir lodern, aber dieser Voyeurismus spannt mich einfach vor seinen Karren, es ist unbeschreiblich der Schmuckverkäuferin in ihre Auslagen oder der Metzgerfrau in den Aufschnitt zu sehen … nicht ganz ohne Leiden, weißt Du, manchmal führen diese Zwangshaltungen zu enormen Verspannungen im Nackten, äh, Nackenbereich. Die Spannung wurde unerträglich bei ihrem Vorschlag etwas gegen diese Verhärtungen zu unternehmen. Ich glaube da spannte, nein bahnte sich etwas an.
@ DaniDo
ich bin zwar schon länger ausser Landes. Bei meinem Exodus war es aber zumindest noch so, dass Menschen in Deutschland kein Zaumzeug angelegt wurde. Von meinem Sprachempfinden her verbinde ich mit dem Begriff auch nicht per se etwas positives, wie in Redewendungen wie “ jemanden einspannen“ „vor den Karren spannen“ zum Ausdruck kommt. Für den sehr subtilen Unterschied bin ich jedoch zu grob geschnitzt und wahrscheinlich sprachlich zu unbegabt.
@ Nessi
hast Du da einen besonderen Tip, betreffend Nachtsichtgeräte und „Feldstecher“ vielleicht sollte man sich zusammenspannen 😉
Mai 15th, 2007 at 13:57
@ Nessi
Ahem, ich vermute J.W. hat den Spanner, ja eben den, extra ausgelassen, was natürlich sämtlichen Interpretationen Tür und Tor öffnet.
Zusammenspannen könnte ja auch sein das zwei vor dem Schlafzimmer stehen. Zusammen Spannen macht ja auch mehr Spass, vermutlich. „Geh mal ein Bier holen Walter. Ich spann für Dich weiter in der Zwischenzeit“ oder so.
Mai 15th, 2007 at 14:51
@Nessi
Für den Schmierer als Spanner lässt sich über einige Umwege die Quelle ermitteln, die dies verständlich macht. Historisch betrachtet waren nicht die Pferde die entscheidenden Zugtiere, sondern die Ochsen. Ist wie heutzutage vergleichbar, den nicht mit Personenautos wird transportiert, sondern mit Lastwagen. Die Ochsen waren bis zu den Lokomobielen bzw. Lastwagen DIE Schwerlasttiere. Im Gegensatz zu den Pferden mit deren Kummets haben die Ochsen ein Joch an ihrem Gehörn. Bei schwersten Zuglasten und/oder bei sehr großen Lastzügen (es soll welche bis zu 20-40 Ochsen gegeben haben, siehe auch die Züge der Kapburen) hatte man ein Querjoch aus einem Stück für beide nebeneinander ziehenden Ochsen. In diesem Joch haben also beide Ochsen gezogen und waren somit auch auf Gedeih und Verderb miteinander eingespannt. Diese Ochsen wurden durch die Fahrensleute ins Joch gebracht.
Wenn also beim Klauen der Dieb und sein Schmierer erwischt wurden, hat der Schmierer beim SPANNEN Pech gehabt. Merke: mitgegangen – mitgefangen – mitgehangen.
Denn diese beiden waren ja ein TEAM. Laut L. Mackensen ist diese Team folgend mit dem Deutschen verwandt: dt. ziehen und Zaum, ahd. ziohan, got. tiuhan. Lautverschiebung von t zum s, ts oder z.
Der Begriff Team ist heutzutage = scheinbar gut gemeint für gute Gruppe = in Wirklichkeit waren / sind es vor einem festgefahrenen oder im Dreck festsitzenden Karren eingespannte Ochsen.
Merke: Man muss nicht immer ein Ochse sein, um nicht in jedem Team mitzumachen!
Wenn die Großkopferten vom Teamgeist sprechen, suchen sie oft die geeigneten Ochsen für ihren festgefahrenen Karren.
Die Aussage von @bobsmile über die schweizer Pferde, die sich selbstständig das Zaunzeug anlegen können, in ihrer Gruppe ein Alfatier hätten und auch noch die deutsch-schweizer Wegebeschreibung verstehen muss als neuartige Sensation gesehen werden. Das gehört sofort innerhalb der Kryptozoologie untersucht.
Mai 15th, 2007 at 17:00
Ich hab heute viel Zeit für Euch
Zusammen spannen:
> am gleichen Strick (Seil) ziehen
> mit vereinten Kräften das gleiche Ziel anvisieren
> Kooperation bei gleichen Interessen
> Koalition (Nicht politisch! Da hauts nie hin!)
Mai 15th, 2007 at 17:25
Ist der Spanner im Sinne von ‚heimlicher Beobachter‘ aka Lustmolch tatsächlich ein Helvetismus? Ich war der Meinung, diesen Begriff schon öfters im Deutschen TV / Radio gehört zu haben.
Zumindest in Oesterreich scheint er bekannt zu sein, wie folgender Fund beweist: Big Brother Awards 2006: Land der Spanner
http://www.quintessenz.at/pipermail/presse/2006-September/000015.html
Mai 15th, 2007 at 17:36
es gibt auch noch den mehr oder minder berühmten Seilspanner, der wird zum Beispiel beim Tragseil einer Hängebrücke verwendet.
Mai 15th, 2007 at 18:11
@AnFra
herrlich *grins*
eindlich eine neue definition für TEAM : eine gruppe von ochsen die (hoffentlich) am gleichen strick ziehen 🙂
bis anhin kannte ich bloss, TEAM : Toll Ein Anderer Machts 😉
Mai 15th, 2007 at 20:39
Der böse Deutsche in mir spricht:
@daniDo
jetzt ist mir eingefallen, wie diese subtil (=zart, fein, raffiniert, spitzfindig, verschlagen, heimtückisch, abgefeimt, hinterlistig) von “zusammenarbeiten”, “kooperieren” und “sich verschwören” unterschiedene Tätigkeit in Deutschland ausgedrückt wird: Filz. Also sie nennen es dort so, ausdrücken kannst Du es eben nicht. Vielmehr es ist wie einer dieser Pickel, an denen Du stundenlang rumdrückst, bis sie aussehen wie ein riesiges, rot glänzendes Horn.
@bobsmile
Der helvetische Filz ist dabei sicherlich viel feiner, exquisiter, anmutiger, schmaler, sensibler, fragiler, graziler. Er kennt auch keinen Verantwortlichen. Irgendeiner hat irgendwann da mal so irgendwelches Zaumzeug mehr so unbeabsichtigt, aber nicht wirklich unachtsam, vor diesen Tieren liegen lassen.
@AnFra
ja, ja von wegen kryptozoologisch. diese Tiere können halt nicht von jedem Grobian gesehen werden. Sie sind entweder so anmutig und zart und graziös, dass sie für unsere klotzigen, plumpen, unwirschen teutonischen Sinnesorgane nicht sichtbar sind. Täglich überfahre ich mehrere von ihnen auf dem Weg zur Arbeit, eben nicht aus Absicht, sondern aus pöbelhafter germanischer Unfähigkeit zur Feinsinnigkeit. Oder aber es sind die, die von weit oder weniger weit her kommend beriet sind das achtlos liegen gelassene Zaumzeug überzustreifen – die kann man an jeder Ecke sehen und hören, einer ist leicht zu finden: einfach nach oben scrollen, rechts kommt ein Foto, das Zaumzeug sieht aus wie ein Laptop, ein fleissiger Gastgespannter, zugegeben ungeschlachten Wesens und von erschreckend derber robuster Einfachheit, wie wir anderen auch – aber nicht selten effektiv.
Mai 21st, 2007 at 8:26
@neuromat
Genau so. Der Schweizer ist halt eben nicht so der „Leute-hört-mal-her-ich-will“ – Typ, sondern mehr so: „Auso, me söt itze da dä Dräck irgendwie wägschaffe …“.
@AnFra
Aprospos Kryptozoologie, die Evolutionslinien von Ochse und homo faber müssen sich vor Äonen mal sehr nahe gekommen sein, davon zeugt das beim Menschen noch vorhandene Jochbein (http://de.wikipedia.org/wiki/Jochbein) , das sich mit der zunehmenden Lastenverteilung zugunsten des Bewusstsein entwickelnden Individuums degeneriert hat und heute zusammen mit dem Jochbogen nur noch den Zweck erfüllt, die Augen beim Anblick von schönen Dingen nicht geich aus den Höhlen fallen zu lassen. Der Drang zum Zusammenspannen, auch ohne ausgeprägtes Querjoch ist nach wie vor erhalten geblieben.
Mai 21st, 2007 at 13:03
@bobsmile
Gut geröhrt @bobsmile. Nach neuesten Erkenntnissen gibt es innerhalb der Kryptozoologie eine wissenschaftliche Auseinandersetzung ob es noch in der alpinen Umwelt übriggebliebene Lebewesen gibt, welche die oben beschriebenen Eigenschaften des eigenen Dräck wägschaffe und das noch voll erhaltenen Jochbeins in sich beinhalten.
Es raunt durch die kryptozoologiesche Fachwelt, dass man den missing link des „Bos helvetikum“ inzwischen gesichtet hätte. Einige sagen jedoch, dieser sei auch bloß ein kastrierter Stier und möglicherweise aus Teutonistan zugewandert.
Man wolle jedoch in der CH diesem Problem mit den neuesten wissenschaftlichen Clown-Techniken zu Leibe gehen.