-->

Den Freund des Fischers schmuggeln — Geschichten von der Deutsch-Schweizer Grenze (Teil 1)

  • Auf die Mischung kommt es an
  • Die Deutsch-Schweizer Grenze ist etwas besonderes in Europa. Sie markiert nicht nur die Grenzlinie zu einem „anderen Kulturkreis“, wie wir in unseren ersten Jahren in Bülach durch einen Primarschullehrer erfahren durften, nein, sie wird auch gut bewacht auf beiden Seiten von hochmotivierten Grenzern und Zöllnern. Wenn die Schweizer die Einfuhr der in Deutschland gekauften Waren routiniert kontrollieren, achten Sie vor allem auf ungewöhnliche Mengen. Statt 6 Liter Milch einer Sorte kauft man besser 3 x 2 Liter verschiedene Sorten (5 Kg=Liter pro Nase sind erlaubt).

  • Den Freund des Fischers schmuggeln
  • Vor Jahren war ich quasi süchtig nach Fisherman’s Friend, diesen scharfen Lutschbonbons, bei denen man ja nie fragen darf, wie die denn schmecken, weil man sonst stante pede von einer Nordseewelle überrollt wurde, ganz gleich wo man gerade steht.
    Fisherman’s Friend
    (Quelle Foto: thegreendoorsweetshop.co.k)

    Also kaufte ich mir in einem Anfall von jugendlichen Leichtsinn in Deutschland gleich die ganze Display-Schachtel beim Supermarkt an der Kasse. Ca. 20 Tütchen à 2.50 DM lagen da drin. Ich schätze mal, dass sie damals in der Schweiz 3.50 CHF kosteten, also sicher 30-40% mehr. Genaue Zahlen spielen keine Rolle, denn der Zöller fand zielsicher und geübt die Stelle auf dem Kassenzettel und fragt:
    Er: „Was ist das hier?“
    Ich: „Bonbons“.
    Er: „Und was machen Sie damit?
    Ich: „Lutschen“.

    Wenn er jetzt noch gefragt hätte, wie die denn schmecken, hätte ich für nichts garantieren können. Doch dann wurden wir überraschend durchgewunken ohne dass er dieser scharfen Importware weiter Beachtung geschenkt hätte. Wahrscheinlich zu geringer Fleisch- oder Milchanteil.

  • Der Parallelimport des kleinen Geschäftsmannes
  • Er hegte vielleicht den Verdacht, dass wir einen Kiosk in der Schweiz betreiben und hier einen illegalen Parallelimport versuchten, so wie einst die Migros mit Ferreros Milchschnitten (vgl. „Warum ist die Schweiz eine Hochpreisinsel“) versuchte. Daraus lernte ich: Niemals von einer Sache mehr als 2-3 Einzelteile kaufen, auf die „Bunte Mischung“ auf dem Fliessband an der Supermarktkasse kommt es an.

    Wir möchten nicht wissen, welche Mengen wirklich täglich schwarz in die Schweiz „parallel-importiert“ werden. Es soll da gekühlte Lieferwagen geben, die immer nur von der Schweiz aus in Richtung Deutschland leer die Grenze überqueren und danach nie zurückkehren. Jedenfalls nicht über die bewachte Grenze, und wahrscheinlich auch nicht leer.

    

    12 Responses to “Den Freund des Fischers schmuggeln — Geschichten von der Deutsch-Schweizer Grenze (Teil 1)”

    1. renegade Says:

      Hallo Jens 😉

      Vor Jahren war ich quasi süchtig nach Fisherman’s Friend, diesen scharfen Lutschbonbons, bei denen man ja nie fragen darf, wie die denn schmecken, weil man sonst stante pede von einer Nordseewelle überrollt wurde, ganz gleich wo man gerade steht.

      Nehm von denen 10 Stück auf einmal (Extra-Scharf), fang diese an zu lutschen und trink dabei eisgekühltes Mineralwasser.

      Das kommt gut.

    2. SZündhölzli Says:

      @renegade und jens

      mit Bier erreicht die Mischung zum Brennen auch noch einen bitteren Nachgeschmack.

      Gruss SZ

    3. KR Says:

      Es bleibt mir z.B. ewig verschlossen, warum die Leutchen in Basel großzügig auf das vor der Haustür liegende Weinparadies Markgräfler Land (Südbaden) verzichten. Dort bekommt man einen hervorragenden Grauburgunder als (naturgewachsenen und unveränderten) „Kabinett“ zum Preise von ca. 4-6 € = ca. = 6,4 – 9,6 SF (inkl. MWST !!)

      Stattdessen kann tatsächlich die Coop Schweizer Weine für 20 SF verkloppen, deren Ausbau und Naturbelassenheit in keinem Falle an die Markgräfler heranreichen.

      Von der Genußfähigkeit meiner Basler Freunde und Familie habe ich noch nie große Stücke gehalten. Die wissen einfach nicht, was gut ist.

    4. Fiona Says:

      Die armen Deutschen, zunächst Gammelfleisch und wer weiss ….auch Gammelweine? :-))

      Wir kaufen beim Winzer – in der Schweiz natürlich!

    5. KR Says:

      @Fiona
      Es ist (für mich) selbstverständlich, daß man direkt beim Winzer einkauft. Es kommt aber darauf an, was der aus den Trauben macht und zu welchem Preis er verkauft.

      In unserem Freundeskreis hat einer der Söhne auch einen sochen Betrieb am Genfer See in bester Lage. Doch was der aus verschiedenen Trauben zusammenmixt, geht für mich als „Wein“ nicht durch. Und dafür auch noch für einen solchen Cocktail soviel zu bezahlen, wie im Südbadischen für eine ganze Kiste (6) naturbelassenen sortenreinen und Lagegebundenen Prädikatswein, fällt mir im Traum nicht ein.

      Wenn man dann noch zusätzlich in einer Weingegend in D wohnt, deren Weine weltweit begehrt und berühmt sind, erst recht nicht!

      Der Grenzverkehr macht allerdings Mühe. Man braucht dazu einen Freund auf der deutschen Seite, um bei Lieferung „zwischenzulagern“. Und dann geht’s im Ameisenverkehr über die Grenze, bis die ganze Lieferung endlich im heimischen Keller liegt……

    6. Branitar Says:

      „Niemals von einer Sache mehr wie 2-3 Einzelteile kaufen“

      Jens, ich bin entsetzt! Du hast Germanistik studiert, schreibst über die deutsche Sprache und machst doch solche Fehler? 😉 Ich denke, „mehr als“ wäre hier wohl angebrachter… 🙂

      [Antwort Admin: Krass wa? Der Unterschied zwischen „wie“ und „als“ ist vom Duden von vor 10 Jahren toleriert worden. Die Unterscheidung ist künstlich und relativ jung. Aber jetzt weisst Du, warum ich nicht Deutschlehrer blieb… ständig diese Schüler, die das Geschreibsel an der Tafel korrigiert haben, ging mir ganz schön auf den Sack…. ]

    7. Fiona Says:

      @ Branitar. Wie wichtig sind Grammatik und Orthographie heute? Darüber habe ich einmal mit britischen Verwandten in LA diskutiert, da ich (in der Schweiz) damals täglich mit dem Haupsitz in Texas im Kontakt war. Manchmals war es zu Missverständissen – wegen der Orthographie – gekommen (z.B. „resent“ statt „re-sent“) obwohl wir beide, ich – wie mein Gesprächspartner auch – englischer Muttersprache waren/sind.
      „Oh, take it easy!“ haben mir meine Verwandten geantwortet „Grammar and spelling aren’t so important, as long as you understand each other – that’s the main thing“ …..

    8. plot Says:

      @Fiona
      sehr geistreich dein text, wirklich! sag mal, überlegst du dir auch nur eine sekunde bevor du was schreibst? Depp, entschuldigt bitte, aber die weichspühlung ist fehl am platz. Und ja, geh in der CH einkaufen und die (deine) welt ist in ordnung….tschüss

    9. KR Says:

      Admin,
      jetzt ist auch klar, warum im Dialekt meines Wohnorts in D gleich „alswie“ gesagt wird…..

    10. manonegro Says:

      @Branitar & Jens
      “Niemals von einer Sache mehr wie 2-3 Einzelteile kaufen”

      da liegt der Fehler wohl auch auf der inhaltlichen Ebene, denn beim Kauf von 2-3 Stück sind das ja keine „Einzelteile“ mehr 😉

    11. Branitar Says:

      Nunja, nur weil der Duden etwas toleriert, heisst das ja nicht, dass es auch gut ist. „Wir wissen, dass es falsch ist, aber wenn 30% der Deutschen es nicht richtig hinbekommen, beugen wir uns eben dieser Mehrheit…“ 😉

      @plot
      Heute wieder besonders ironie-resistent?

      @manonegro
      Ich denke, es bleiben Einzelteile, weil es einzelne (von einander unterscheidbare) Teile sind, die auch in der Mehrzahl nicht zu einem Brei zusammenklumpen 😉

    12. Phipu Says:

      Jens,

      Fishermen’s Friends sind tatsächlich suspekt! Aber nicht bei den Grenzwächtern sondern bei der Verkehrspolizei. Wer solche Täfeli schleckt (Vokabular-Nachhilfe hier: http://www.blogwiese.ch/archives/279 ), will vielleicht mit der umwerfend erfrischenden Seemans-Welle einfach die Fahne wegspülen, die am Ethylometer mehr als 0,5 %o angeben würde. Deshalb: Fahren in bonbonlutschendem Zustand ist zwar nicht verboten aber verdächtig.