Fliegende Zelte für Angela Jolie — Die Schleckstange ist nicht das was Sie denken
Wir lasen in 20minuten, der kostenlosen Schweizer Pendlerzeitung mit einem morgendlich erreichten Publikum von knapp 1.2 Millionen Lesern:
Jolie lässt Erdnussbutter-Zeltli einfliegen
(Quelle 20minuten vom 5.5.06, S. 22)
Das finden wir echt hübsch, was Jolie so alles treibt. Nun werden schon kleine Zelte für sie eingeflogen, noch dazu welche aus Erdnussbutter. Klingt irgendwie nicht so lecker. Warum sollte sie in ihrem hochschwangeren Zustand sich auch noch um eine Camping-Ausrüstung kümmern wollen?
Aber das Schweizer Wörtchen „Zeltli“ hat mit Zelten gehen und Camping rein gar nichts zu tun, auch wenn es nach einem typisch schweizerischen Diminutiv mit „-li“ am Ende des Wortes „Zelt“ aussieht. Vielleicht kommt „Zeltli“ ja von „Zetteli“, von kleinen Papierfetzen, den Zetteln, in welchen man in der Schweiz Bonbons einwickelt?
London — Auch ein Hollywood-Star wie Angelina Jolie ist offenbar nicht gegen Schwangerschaftsgelüste immun: Wie «The Sun» berichtete, liess die 30-Jährige eigens aus den USA eine ganz spezielle Bonbonsorte nach Namibia einfliegen. Dort wartet die hochschwangere Jolie zusammen mit ihrem Lebensgefährten Brad Pitt (42) und den zwei Adoptivkindern auf ihre Niederkunft. Jolies Heisshunger richtet sich auf die mit Erdnussbutter gefüllten Mini-Bonbons Reese’s Pieces.
(Quelle: 20minuten 5.5.06, S. 22)
Sicher nicht vom Zelten. Ob es einen Hersteller gab, der so hiess? Die Theorie mit den kleinen Papierfetzen scheitert an zwei Tatsachen:
1.) Das Wort „Zeltli“ wir auch für unverpackte Bonbons verwendet. Es ist allgemein ein Synonym für kleine Süssigkeit. Das kann alles sein, ausser Schokolade, denn die hat mit „Schoggi“ und „Täfeli“ ihre eigene Bezeichnung.
2.) Es ist auch die Sprech- und Schreibweise mit „ä“ als „Zälti“ verbreitet. Dann klingt es mehr nach einer Abkürzung wie „Z-L-I“ = Zürcher Lehrmeistervereinigung Informatik. Nur kümmern die sich mehr um die Ausbildung von Informatik Lehrlingen als um Bonbons.
Vor Zeltlis warnt die Schweizerische Zahnarzt Gesellschaft:
Hauptfeind der Zähne ist der Zucker (in Nussgipfeln, Schokolade, Crèmeschnitten, Konfitürenbroten, Schleckstengeln, Dörrobst, Caramels, Glace, Zeltli, aber auch in mit Zucker gesüssten Getränken).
(Quelle: sso.ch)
Dabei gibt es die Dinger ganz sportlich als „Sport Fresh“:
Foto:
Aso die Zeltli verzehri regelmässig, well sie halt eifach soo guet send… aber 🙂 du hesch recht, weg dene zeltli werd mer leider ned sportlicher!
(Quelle: lovebugs.ch)
Im Schwimmunterricht in der Schweizer Primarschule beschloss der Lehrer, die Kinder mit einem netten Spiel in Bewegung zu halten. Er erzählte eine Geschichte, in der das Wort „Zeltli“ vorkommt. Immer wenn er das Wort erwähnt, sollten die Kinder das Becken einmal quer durchschwimmen. Nach 5 Minuten und etlichen Zeltlis später war unsere Tochter immer noch nicht losgeschwommen. Sie hatte die ganze Zeit auf das Auftauchen eines Campingplatzes in der Geschichte gewartet. Niemand hatte ihr erklärt, dass es hier nicht um „Zelten gehen“ sondern um Bonbons ging. Muss alles erst gelernt werden im Schweizer Alltag!
Mai 14th, 2006 at 0:27
andere sagen dazu gutzli, aber gutzli sind bei und dafür kekse (biscuits)…
Mai 14th, 2006 at 9:08
Re: M:i:III & Tomkat
The £63M Flop – Why the media want to bury Tom Cruise (das Publikum hat die Nase voll von
Scientology …)
http://news.independent.co.uk/world/americas/article447787.ece
Die schönsten Stars werben heute für teuere Schweizer Uhren und
George Clooney für Nespresso (viz. amusing little film on
http://www.nespresso.com).
P.S. Zeltli?
Zältli : Zuckerzeug, Bonbon. Si schläckt de ganz Taag Zältli.
Aus dem
Zürichdeutsches Wörterbuch für Schule und Haus
Band III
Herausgegeben vom Bund Schwyzertütsch 1961
Albert Weber und Jacques M. Berthold
Schweizer Spiegel Verlag Zürich
P.S. Re: das teilweise unbequeme CH-D Zusammenleben.
Auch die ca. 5,5M SchottInnen haben es manchmals schwierig mit den
ca. 55M (?) Engländern, haben aber eine Art „Dialekt“ für sich allein behalten können, z.B.
„to shoogle“ (schütteln)
„to skelp“ aus dem Gaelic „sgealp“ (jdm einen Klaps geben).
Bima matechtan!*
Fiona
*“ufwiderluege (auf Gaelic)
Mai 14th, 2006 at 9:31
„Schokolade… hat mit „Schoggi“ und „Täfeli“ ihre eigene Bezeichnung“ zweifle ich an.
Eine Tafel Schokolade nenne ich „e Tafele“ (kein „-li“-Diminutiv) und ein an der Sollbruchstelle abgetrenntes kleines Stück davon ist „es Pläggli“ (vermutlich von frz. „la plaque“. Achtung: auf frz. „la plaque de chocolat“ = „d’Tafele Schoggi“, „le carré“ = „‘s Pläggli“)
„Täfeli“ bezeichnet in vielen Dialekten das gleiche, was in ZH und verwandten Dialekten „Zältli“ benannt wird.
Bringt bitte alle – so wie Monoblog – eure dialektischen Varianten davon. Die Verwirrung wird nicht auf sich warten lassen. In BS und darum herum ist doch „e Gutzi“ ein „Zältli/Täfeli“ und hat nichts mit „es Guetsli“ = „Bisquit/Chrömli“ zu tun, nicht wahr? (… und wir lassen jetzt „e Guzzi“ als Bezeichnung einer Motorradmarke weg)
Mai 14th, 2006 at 9:32
Also die Berner sagen auf keinen Fall „Zeltli“ zu „Täfeli“. Das sei ferne…
Nach dem typischen „Kantöndli-Geischt“ können wir uns auch nicht verkneifen mit dem „Zeltli“ und dem Zelten die Ostschweizer aufzuziehen. … Es war mir schon immer ein Rätsel woher dieser Begriff kommt, und bin bitter enttäuscht, dass ich hier keine Erklärung für finde.
Mai 14th, 2006 at 13:59
Warum nicht Zältli vom französischen „sucette“ – Schleckstengel (Lolli) ableiten? Liege ich da daneben?
Mai 14th, 2006 at 16:14
genau, wir Berner sagen Täfeli statt Zeltli, und ein plättli schoggi ist bei uns ein hüüseli…. ein reiheli wäre dann eine ganze Reihe hüüseli… – alles klar
Mai 14th, 2006 at 20:28
An Elsbeth
In meiner lautmalerischen Phantasie vermute ich eher eine Wortableitung von „Zahltag“ im Sinn einer Belohnung. Besonders in früheren, meist ärmeren Gesellschaftsschichten war ein „Bonbon/Zältli/Täfeli/Gutzi“ ja etwas, das die Kinder nicht einfach so, und täglich erhielten.
Hoffentlich hilft uns bald ein Sprachwissenschaftler weiter, sonst werden noch viel phantastischere Erklärungsversuche konstruiert.
Mai 15th, 2006 at 8:18
Also ich kenne ‚ä Tafle Schoggi‘ oder ‚äs Täfeli vo dä Schoggi‘ wenn ich nur ein „ein an der Sollbruchstelle abgetrenntes kleines Stück davon“ haben möchte. ‚
Daneben kenne ich aber noch die Rahmtäfeli bzw. Nidelzältli.
Mai 15th, 2006 at 11:30
Genau wie Viking sehe ich das auch mit den Tafeln und Täfeli.
Für mich als einigermassen winterthurerisch sprechender Mensch ist ein „Guetsli“ immer ein süsses Gebäck (früher sagte man auch „Chrööli“ dazu), ein „Zältli“ hingegen ein süsses, zuckriges ding, das man nicht kaut (bzw. kauen sollte), sondern im Mund zergehen lässt. Es kann weich oder hart sein, und einzeln in ein „Zäddeli“ verpackt sein oder auch nicht, völlig egal. Zu letzterem sagt man übrigens in Graubünden „Zückerli“…
Auf hochdeutsch übersetzt würde ich etwa folgende Entsprechungen vorschlagen:
Guetsli Keks
Zältli Bonbon
Mai 15th, 2006 at 17:08
Zeltli ist eher ein zürichdeutscher Ausdruck, bei uns hieß es „Täfeli“, oder z.B. im Baselbiet „Dääfeli“, im St.Galler Oberland habe ich „Züggerli“ gehört, und so geht es weiter.
Elsbeth
Vielleicht stammt die Tätigkeit, mit der wir den Vorgang des Täfeli-Vertilgens beschrieben, von diesem sucette, wir sagten „sugge“ für lutschen.
Wenn Blogwiese über jedes schweizerdeutsche Wort, das im Hochdeutschen nicht existiert, einen Blog schreiben wollte, muss er sich noch mächtig ins Zeug legen.
Ich könnte da noch einige skurrile, aber gängige Ausdrücke nennen.
Mai 15th, 2006 at 19:02
„1296 wird in Ulm der Name „Lebzelter“ zum erstenmal urkundlich erwähnt, ein sicherer Hinweis auf den damals existierenden Beruf. Lebzelter und Imker, die einst „Zeidler“ hießen, waren mächtige und einflußreiche Zünfte.“
Wahrscheinlich bezeichnete das Wort Zeltli einfach etwas Süsses aus Honig.
Für mich sind Zeltli nur Nidelzeltli, alles andere heisst bei mir Bombo (von bonbon frz. ;-)))
Mai 15th, 2006 at 21:32
an Marischi
Auf diese Erklärung haben wir alle gewartet. vielen Dank!
Ein besonderes „Täfeli“ ist der „Zehnermocken“, der zwar schon lange nicht mehr nur 10 Rappen kostet. Der ist so gross wie der Kopf eines Schleckstengels aber ohne Stengel.
an Jens
Im Titel steht noch etwas zum „Schleckstengel“ (neue Rechtschreibung „Schleckstängel“ – falls Helvetismen und Dialektwörter sich dieser überhaupt unterstellen müssen) Wolltest du vielleicht noch einen Abschnitt zu diesem möglichen missverständlichen Wort schreiben? Unterdessen sind ja genügend Erklärungen gefallen, um das Missverständnis zu eliminieren. Schon in deinem Text warnt „nur“ die Zahnärzte-Gesellschaft vor Schleckstengeln und nicht etwa eine moralische Institution.
Anekdote dazu: ein Deutschschweizer fragte mich einmal in Genf, ob denn das Verb „sucer*“ nicht „blasen“ heisse? Nun, dieser Junge Herr hatte sein Vokabular sicher nicht bei der welschen Zahnärzte-Gesellschaft erlernt …
* Kindergerecht: sucer = lutschen/schläcke, la sucette = der Lutscher/Schläckstängel
Mai 16th, 2006 at 8:03
@Phipu
Womit man wieder Rückschlüsse auf das Alter einiger Mitschreiber ziehen kann. Ich kenne den Zehnermocken noch als Fünfermocken 😉
Dezember 5th, 2006 at 11:24
die frau ist ja echt mal hübsch aber an der waffel hat sie wohl nicht mehr alle … die hat sich erdnussbutter einfliegen lassen … das ist lächerlich …. da fehlen mir dir worte -.-