Was die Schweizer gerne essen (Teil 7) — Etwas Feines
Seit wir in der Schweiz leben, haben wir uns angewöhnt, mit einem reduzierten, äussert ökonomisch, wenn nicht sparsam eingesetzten Wortschatz auszukommen. Wir wissen zum Beispiel, dass kleine, niedliche, kuschelige Hunde, die wir süss, schnuckelig, putzig, bezaubernd, entzückend, liebenswert finden, dies in der Schweiz alles nicht sind. Hier sind sie herzig, ausschliesslich herzig, und sonst nix (vgl. Blogwiese).
Schon in der Französischen Klassik wurde das Ideal gepflegt, den auswuchernden Wortschatz der Französischen Sprache radikal zu verkleinern. Es galt als gekonnt und schick, mit wenigen Worten viel zu sagen. Bestes Beispiel: Zur Zeit der Klassik kam der Tragödiendichter Jean Racine in all seinen Dramen mit nicht einmal 5.000 Wörtern aus, während der Kollege Shakespeare über 200.000 unterschiedliche Ausdrücke in seinen Stücken verwendete. Dieses klassische Ideal, mit wenigen Worten viel zu sagen, wird offensichtlich heute noch in der Kulturnation Schweiz gepflegt. Unser liebstes Beispiel hierzu:
Die Schweizer essen nicht „zu Abend“, sondern „zu Nacht“, denn es wird früh dunkel in diesem Land. Das mag an den hohen Bergen liegen, hinter denen schnell die Sonne verschwindet, oder einfach an den Rolladen, die die Deutschen auf dem Teller zu essen bekommen (als „Roulade“) während die Schweizer sie am Abend sorgsam herunterlassen, um bedrohliche Lawinen oder Nachtbuben auszusperren.
Fragen Sie mal einen Schweizer, wenn er „im Ausgang“ war, z. B. mit der Belegschaft seiner Firma in der Weihnachtszeit, was es zu essen gab. Wir garantieren Ihnen, die Antwort wird in 95% aller Fälle lauten:
„Etwas Feines“.
„Fein“ ist das Essen, muss es sein, wird es sein, und war es offensichtlich schon immer.
„Ein feines z’Nacht“ findet sich bei Google-Schweiz (77 Belege)
Und ein „Feines Znacht“ mit ohne Auslassungszeichen nach dem Z gibt es 288 Mal.
So bietet die Philo-Fachschaft der Uni-Bern auf einem Flyer an:
Leute kennenlernen, Fragen stellen, Fragen gestellt bekommen, nebenbei ein feines Znacht essen, gemütlich zusammensitzen und natürlich ganz viel philosophieren!
(Quelle:)
Man achte auf die geschickte Verwendung von Schweizerdeutsch UND Hochdeutsch!
Oder hier auf dem Flyer einer Langlauf-Skischule:
Natürlich gönnen wir uns nach „der Arbeit“ ein feines Znacht!
(Quelle:)
Fein fein, können wir da nur sagen. Nicht delikat, nicht geschmackvoll, nicht lecker, sondern fein muss das Essen sein.
Wir rätseln noch, wie es zu dieser Variantenarmut im Ausdruck der Schweizer kommen konnte. Der Ansatz „aus der französischen Klassik übernommen“ klingt logisch, wenn man davon ausgeht, dass die Schweiz grosse Teile ihrer Kultur via Westschweiz und Frankreich importiert haben. So z. B. die Form der „Schnürli“-Schrift = Schreibschrift mit einem echt französisch geschriebenen Schreibschift-Z (Siehe Pfeil auf dieser Tabelle):
In der Mediavistik (=Sprache und Kultur des Mittelalters) haben wir ausserdem gelernt, dass es zur Zeiten von Walter von der Vogelweide,
(Foto Wikipedia: Walther von der Vogelweide)
dessen Mittelhochdeutsche Minnelyrik immer noch verdammt ähnlich wie heutiges Schweizerdeutsch klingt, es als ausgesprochen „schön“ angesehen wurde, beschreibende Adjektive häufig zu wiederholen. Der Zwang zur „Varianz“, nie die gleichen Adjektive zu verwenden, ist eine viel spätere Erfindung. Bei den Menschen im Mittelalter konnte alles „guot“ sein, und zwar viele Verse lang, ohne das sich irgendein norddeutscher Kleingeist darüber zu beschweren wagte.
Also finden wir das „guot“, echt „guot„, einfach nur „guot“ (jetzt ist aber echt genug!).
Januar 30th, 2006 at 8:59
Ist das Schweizerdeutsch nicht eh ein reduzierter Code des Hochdeutschen? Fehlen da nicht nur neben vielen Worten auch paar Zeiten? Ist es nicht auch heute noch zum Überleben wichtiger für Schweizer Platz zu lassen für eine paar Worte albanisch oder portugiesisch?
Januar 30th, 2006 at 9:43
Ach, diese Buchstaben werden in Deutschland nicht so geschrieben? Wie lernen die Kinder denn den Mond betrachten und feststellen, ob er zu- oder abnimmt? [oder sind heutige Lehrpläne nicht mehr auf solche Technik- und Ökonomie-freie Themen abgestimmt?] Wir lernten damals noch, dass die Form des Mondes den Bögen der Anfangsbuchstaben gleicht. Am PC muss ich, was ich meine, mit Klammern und Leerschlägen darstellen, um mich vor Smileys zu schützen.
Mondform ) = Z wie zunehmend [Z in „zämeghänkter“ = zusammengehängter oder „Schnüerli-“ Schrift]
Mondform ( = A wie abnehmend [A in „Schnüerlischrift“]
Französisch lernt man übrigens, dass der Mond lügt:
Mondform C ist „décroissante“ [= abnehmend]
Mondform D ist „croissante“ [= zunehmend].
Auch hier betrachte man die Bögen der Buchstaben zum bildlichen Vergleich. Oder man kann es auch so, nicht so sehr kindergerecht, erklären: http://www.savineslelac.com/french/Content-Language,lune.html?pa=showpage&pid=3
Leider habe ich zu den deutschen Buchstaben-Beispielen kein Bild im Net gefunden. Ich hoffe dennoch, es war einigermassen klar.
Das kyrillische „Z“ [russische Schrift] schreibt sich übrigens wie „3“. http://de.wikipedia.org/wiki/Kyrillisches_Alphabet [Im abgebildeten Beispiel an 9. Stelle] „Mir isch jetz au ändlech `s Zwänzgi abegheit“ [mir fiel nun endlich auch der Groschen] dass z.B. bei diesem Buchstaben ein Zusammenhang mit lateinischem und kyrillischem Alphabet besteht.
Januar 30th, 2006 at 11:24
@Phipu
Die Deutschen Kinder merken sich das Z von „zunehmender Mond“ in den sie lernen: „Schaut, früher schrieb man das Z in Deutschland so:“ (und dann malt der Lehrer ein Franz/Schweiz. Schreibschrift-Z an die Tafel), „so könnt ihr Euch das jetzt merken….“
Womit die Kinder zwar nichts begriffen haben, aber eine Eselsbrücke für den Mond und eine Erkenntnis mehr gewonnen haben. „Früher schrieb man in Deutschland das Z so“ (von der Schweiz und Frankreich wird ihnen aber nichts erzählt, das wissen die deutschen Deutschlehrer sowieso nicht)
Gruss, Jens
Januar 30th, 2006 at 11:28
@Dan
von „reduziertem Code“ sprechen die Sprachwissenschaftler äusserst ungern. Schweizerdeutsch ist als Alemanisch eher die Weiterführung einer seit dem 12 Jh. geschriebenen Literatursprache, dem Mittelhochdeutschen. Das Zeitengefüge, so wie wir es heute kennen (und kaum mehr benutzen), gab es nicht immer. Auch Sprachen mit weniger Zeiten (Arabisch hat nur die Gegenwart und eine Vergangenheit, Zukunft wird mit nur einer Vorsilbe gebildet) können komplexe Zeitverhältnisse abbilden, sie arbeiten dann mit der Syntax des Satzes. So sehe ich das auch beim heutigen Schweizerdeutsch.
Gruss, Jens
Januar 30th, 2006 at 12:26
@Jens
Danke fuer den Hintergrund! Ich hatte immer grosse Bewunderung für komplexe Sprachen, weil doch irgendwie eindeutiger auflösbar beim Übersetzen. So wie das antike Griechisch mit Aktiv, Medium, Passiv und zig Zeiten, unübersetzbaren Füllwörter und starken Verben.
Januar 30th, 2006 at 12:43
@Dan
Vielleicht tröstet es Dich zu wissen, dass die alten Sprachen wie Griechisch und das „Klassische Latein“ schon während ihrer Blütezeit nicht mehr wirklich gesprochen wurden. Das Volk, die römischen Soldaten, aber auch die gebildeten Leute sprachen mit den Sklaven „Vulgärlatein“ im Rom, und er Abstand zum geschriebenen „Klassischen Latein“ wurde mit jedem Jahrzehnt grösser.
Es herrschte Diglossie in Rom, also Zweisprachigkeit, ähnlich wie in der Schweiz heute. Die heutigen Romanischen Sprachen stammen vom Vulgärlatein ab, nicht vom klassischen Latein.
Auch die Arabischen Länder sprechen ihre Dialekte wie Ägyptisch, Tunesisch oder Saudiarabisch, lesen und schreiben aber im „Hoch-Arabisch“, einer Schriftsprache wie Hochdeutsch für Schweizer, in der niemand lange diskutieren mag, nur wenn sonst keine Verständigung möglich ist.
Fazit: „Komplexe Sprachen“ mit vielen Zeiten etc. gab es immer nur in schriftlichem Form, in der Dichtung, gesprochen wird aber fast überall eine völlig andere Version.
Januar 30th, 2006 at 13:03
so, lasst mal unsere Sprache in ruhe! 🙁 Immerhin ist Schweizerdeutsch KEIN Deutscher Dialekt! (oder will mir da tatsächlich ein Deutscher weissmachen, der noch nie in der Schweiz war, dass er uns (oder noch besser mich) versteht?) Ich weiss, dass es nicht so ist.. Dass sehe ich immer wieder. Sprech mal mit deinen Freunden mitten in Berlin schweizerdeutsch.. Da wirst angeschaut, als wärst du Türke, oder Albaner, oder Schwede, oder noch mit etwas mehr Verachtung: Als Holländer. (gut, wenn sie einem als „Holländerin“ anschaun.. gehts ja noch ^^. Aber lieber ist mir eigentlich der Symphatievorteil als Schweizerin, und der uf Helvetisch schöne Ausdruck: jöö Effekt.. 🙂 Drum: Ehm.. ja.. ich red Helvetisch, und nicht Deutsch!
Januar 30th, 2006 at 13:11
und hie es chlises statement vo mir bi mir.
Januar 30th, 2006 at 14:45
Kürzlich kam eine Deutsche Studentin zu meiner Schwester, um sich die Uni anzuschauen. Sie sagt ihr dann, dass sie ihr „Schweizer Deutsch“ ganz gut verstehe, aber mit den anderen Leute hätte sie Verständnis. (Anmurzerken, es war ihr erster Schweizbesuch). Meine Schwester sagt ihr, dann sie spreche gar nicht Schweizer Deutsch mit ihr, sondern Hochdeutsch. Dann wurde es ihr aber klar.
Januar 30th, 2006 at 14:58
@Jens
Wir reden zu Hause schriftdeutsch! Menno! Und wer Konditional I und II nicht unterscheidet, bekommt eins mit dem Kochlöffel über die Finger. Dennoch interessant, ich wog mich in der Illusion, dass die Römer zu Hause wie Cato im Concil redeten.
@Sandra-Lia
Das stimmt doch nicht, war neulich im Holmes am Gendarmenmarkt und dort arbeitet eine Schweizerin, alle fanden den Klang des Dialektes sehr schön (war grad eine Zürcherin da). Ausserdem ist Schweiz absolut hip in Berlin, im Nola am Weinberg ist sogar die Speisekarte in Mundart. Und am letzten 1. August habe ich viele Schwiizerkrüzli in den Fensters und Balkonpflanzen von Mitte und Charlottenburg gesehen. Ihr seid mit Sicherheit die am höchst angesehenste Minderheite in der Stadt. Der Bohrer hat da grosse Arbeit geleistet. Ihr müsst die Berliner mehr an den Klang der Mundart gewöhnen, manche Touristen geben sich extreme Mühe im KaDeWe oder so nicht auszufallen und reden lupenreines Hochdeutsch. Denk mal nach, was in Berlin so alles ein- und ausgezogen ist in den letzten 400 Jahren, da sollte helvetisch nicht auffallen. Kann natürlich sein, dass der ein oder andere Berliner dich fragt, ob das nicht sehr anstregend ist immer so zu röcheln und knacken.
Januar 30th, 2006 at 16:01
@Dan
Ich frug mich gerade, wieso Du Dich in dieser Illusion wogtest? Buktest Du gestern vielleicht ein Brot? Drum trug ich diese Zeilen zusammen…
Bei Euch daheim würde ich gern mal ein Tonband mitlaufen lassen: Konditional II beim Abendessen:
„Wenn Du mir vorhin die Butter gereicht hättest, würde mir der Schinken noch besser geschmeckt haben“.
Wow.. !!
Gruss, Jens
Januar 30th, 2006 at 16:36
@Dan
[…Ausserdem ist Schweiz absolut hip in Berlin …. Ihr seid mit Sicherheit die am höchst angesehenste Minderheite in der Stadt…]
Ob das noch lange so bleibt, nachdem wir Köppel und Schawinski und noch ein paar sonstige C(ervelat)-Promis nach Berlin abgeschoben haben?
SCNR
Gruss
Bruno
Januar 30th, 2006 at 16:41
In der Tat schreibt mein Opa (als echter Norddeutscher ohne Schweizer in der Ahnenlinie) immernoch die oben gezeigte Schreibschrift, denn die wurde bis zum Krieg als einzige gelehrt. Meine Oma hat sie auch gelernt, sich aber später unsere heute geläufige Art zu schreiben angeeignet.
Januar 30th, 2006 at 16:54
Mein „random wikipedia knowledge“ sagt mit, dass gebildete Römer griechisch gesprochen hatten, nicht Latein.
Januar 30th, 2006 at 17:01
@Narrenkönig
Das kann sein. Mein Kommentar sagte ja: „mit ihren Sklaven“ sprachen die Römer Vulgärlatein. Es gab also immer eine gesprochene Sprache in Rom, die sich in Vokabular und Formen vom „klassischen Latein“ unterschied.
Gruss, Jens
Januar 31st, 2006 at 7:37
@viking
Also den Köppel habe ich mal in Berlin im Cafe gesehen und keiner hat ihn erkannt, er ging dann zweimal zur Bar mit der Miniausgabe der Welt unterm Arm, aber es half nichts. Hingegen Schawinski, Bruno Ganz, Roger de Weck und andere sind schon bekannt, tarnen sich aber mit Hochdeutsch im Berliner Alltag und werden so nicht als Cervelats wahrgenommen.
März 29th, 2006 at 9:19
Also der mit dem „feinen“ Essen beschäftigt mich schon. Frau kann bäuerisch oder französisch fein kochen?! Oder? Ich empfehle den Ausdruck zu übernehmen.
Beim Saufen sind wir aber besser. Ich frage mich warum in Deutschland immer „schöne Weine“ getrunken werden. („Und dann trinken wir einen schönen Wein dazu“.) Bei uns sind Weine süffig, sauer oder ungeniessbar und kommen relativ sehr selten von der Mosel oder andern deutschen Sauerampfer-Gebieten mir Nachzuckerung.
April 25th, 2008 at 17:09
Es besteht sogar ein Zusammenhang zwischen Nachtbuben und Nachtessen: In der Schweizer Soldatensprache steht ein Nachtbub für ein Dessert, das nach einer Nachtübung und vor dem Zimmerverlesen (dt.: Zapfenstreich) gegessen wird.
Juli 20th, 2008 at 17:12
Noch mal zum Mond (zwar spät am Tag)
„Als Gott den lieben Mond erschuf,
gab er ihn folgenden Beruf:
Beim Zu- sowohl beim Abnehmen
sich deutschen Lesern zu bequemen,
Ein A formierend und ein Z —
dass keiner gross zu denken hätt.
Befolgend dies ward der Trabant
ein völlig deutscher Gegenstand.“
Christian Morgenstern
(Aus „Flügel der Zeit, deutsche Gedichte“
Fischer Verlag 1956)
Juli 23rd, 2008 at 1:02
Erlauben Sie mir zum Thema „Vulgärlatein“ noch folgende zwei Bemerkungen.
Erstens, wo es die Benutzung des Griechischen als der zweiten Amtssprache Roms betrifft, sollte man auch Zeit und Ort beachten, also die Kaiserzeit und das östliche Reich als Schwerpunkt (ohne es darauf zu beschränken).
Wichtiger ist aber, da es –wenn auch badinierend– zum Verhältnis der deutschen Dialekte herbeigeführt wurde, folgendes. Habe ich es richtig verstanden, so wurde das Schweizerdeutsche, bzw. die deutschen Mundarten der
Hochsprache gegenübergestellt, so wie das „Vulgärlatein“ dem klassischen Latein. Der Vergleich trifft aber in mehrerer Hinsicht nicht zu.
Eigentlich sollte man zunächst den Eindruck vermeiden, dass es sich beim Vulgärlatein um eine selbständige wohldefinierte Sprache handle. Die Vorstellung, dass das Vulgärlatein als ein geschlossenes Ganze vorläge, wie etwa
Englisch oder Französisch, ist eben verfehlt. Was wir als „Vulgärlatein“ bezeichnen, ist vielmehr eine lückenhafte Beschreibung von Sprachmerkmalen, deren Verteilung sich auf ein weites (geographisches) Gebiet und einen
beträchtlichen Zeitraum erstreckt. Naturgemäss treten solche Merkmale nur in Erscheinung, wofern sie sich von der sonst bekannten Schriftsprache abheben. Daher zählen wir sie zu der uns weithin unbekannten lateinischen
Umgangsprache, bzw. deren jeweiligen Variante. Der herkömmliche Name Vulgärlatein legt nahe, dass deren Elemente von den Forschern anfangs wohl mehr als fehlerhaft gewertet sein dürften. Bekanntlich handelt es sich beim
klassischen Sprachideal um eine gesteigerte, streng regulierte Sonderform der Sprache. Man weiss, dass sie im antiken Rom als Inbegriff der Bildung galt, und teilweise noch bis in unsere Zeiten als das Schul- oder Bildungslatein
geplegt wurde.
Die stilisierte Kunstprosa des Lateins, wie sie über die klassische Literatur auf uns gekommen ist, lässt uns danach rätseln, wie die Römer tatsächlich gesprochen haben. Sicherlich hat sich die Umgangssprache sehr von der
Literatursprache unterschieden. Soviel lässt sich allenfalls aus den vulgärlateinischen Quellen schliessen. Freilich könnten weder diese noch die klassischen Quellen alleine die Erscheinungen des Frühromanischen oder jene des
späteren Lateins erklären. Besser sagt man also, dass die romanischen Sprachen sich aus dem Latein schlechthin entwickelt haben, wenn man nur bedenkt, dass damit nicht einfach die Sprache Ciceros oder Vergils gemeint ist.
Bei den deutschen Mundarten verhält es sich nun eben ganz anders. Ob als Lautung, Sprechweise, oder anderswie in einem gewissen Lande generell bevorzugt, sie sind keine Abwandlung der deutschen Hochsprache. Vielmehr ist
letztere aus den Mundarten entstanden bzw. als allgemeine Verkehrssprache daraus entwickelt worden. In einem südlichem Abschnitt meines Landes wird einen deutschen (ripuarischen) Dialekt gesprochen. Wenn wir uns darin
unterhalten, glauben manche meiner Landsleute, wir sprächen einen Mischmasch von Hochdeutsch und Niederländisch. Dem ist aber nicht so. Unsere Sprache ist weit älter als die beiden Hochsprachen, ungeachtet der kulturellen
Bedeutung der letzteren, und wäre genau so, wenn es die Hochsprachen nie gegeben!
August Peters (Niederlande).
Juli 23rd, 2008 at 1:38
Lies:
In einem südlichen Abschnitt meines Landes (um Kerkrade)wird ein deutscher (ripuarischer) Dialekt…usw. A.P.