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Packt die Schule in den Sack — Der Schulsack muss gut und gross sein in der Schweiz

(reload vom 8.3.07)

  • Neues vom Sack
  • Wir hatten schon in den Anfangszeiten der Blogwiese ausführlich über unsere Schwierigkeiten mit dem Wörtchen „Sack“ in der Schweiz berichtet. Die haben sich in der Zwischenzeit gelegt. Längst kriegen wir keine Kastrationsängste mehr beim Klang des Wörtchens „Sackmesser“, und ein „Sackgeld“ halten wir auch nicht mehr für die Bezahlung eines besonders fiesen Typens.

    Hosen haben zwar einen Hosensack, dies aber nur, um etwas hineinzutun, und zwar nicht die Hose. Nun taucht der „Sack“ regelmässig an der Migros-Kasse auf, nicht als unfreundlicher Kassierer, sonder als Angebot, um unsere Einkäufe einzupacken. „Hätten Sie gern einen Sack?“, ja ja, den hätten wir, denn zu den Kastraten zählen wir uns noch nicht.

    Thek oder Tonne oder Ranzen oder Schulsack?
    Thek oder Tornister oder Ranzen oder Schulsack?

  • Wozu brauchen wir den Schulsack?
  • Dann gibt es da noch den Sack mit der Schule, den „Schulsack“. Am ersten Primarschultag lernten wir im Zürcher Unterland, dass die Kinder hier den „Thek“ durch die Gegend tragen, mit einem „Biblio“ darin, und wir hatten über die Griechisch und Latein Kenntnisse der Schweizer gestaunt, die da alle genau wussten, dass „Bibliothek“ über lateinisch bibliotheca = „Bücherschrank, Büchersaal“ von griechisch „bibliothekē“, eigentlich „Büchergestell“ kommt (siehe Fremdwörter-Duden). Ein Gestell also, dieser Thek.

  • Der Schulsack muss gut und gross sein
  • Hiess das Ding in meiner Kindheit einfach „Tonne“, weil „Tornister“, kam uns schon als Kinder das Wort „Schulranzen“ etwas zu ranzig vor. Doch dann tauchte er wieder auf, der „Sack“, diesmal als „Schulsack“, der immer schön gross sein muss. Wahrscheinlich damit die Schule hineinpasst.

    So lasen wir in 20Minuten:

    Die Deutschen bringen einen guten Schulsack mit: Zwei Fünftel von ihnen (40,3%) verfügen über eine höhere Schulbildung; von den Einheimischen sind das nur gerade 15,9 Prozent.
    (Quelle: 20Min)

    Auf Admin.ch:

    * Wer sich für die Berufsbildung entscheidet, muss schnuppern können.
    * Wer mit einer Lehre beginnt, muss einen guten Schulsack mitbringen.
    (Quelle: news.admin.ch)

    Und in einer Motion des Motionärs Karl Rudin-Hauswirth aus dem Baselland ganz ohne Motzen:

    Ebenso wird das alte Cliché wieder aufgewärmt, dass Schüler und Schülerinnen, die knapp die Ziele der Sekundarschule erreichen, immer noch einen besseren Schulsack mitbringen, als gut qualifizierte Berufswahlklassenschüler und -schülerinnen.
    (Quelle: baselland.ch)

    Was die da wohl reinpacken, in ihren Schulsack? Wird die Bildung nicht im Kopf sondern auf dem Rücken getragen? Oder geht es nicht um den Inhalt, aber um den Sack an sich, der aus gutem und reizfesten Material sein muss?

  • So ein Sack, der kann auch Lücken haben (keine Löcher)
  • Ich habe als Universitätslehrer jenseits des Atlantik drei Jahre lang mitgeholfen, erbärmliche Lücken im Schulsack der dortigen Maturanden zu stopfen.
    (Quelle: Schweizer Wörterbuch von Kurt Meyer, S. 232)

    Warum hat sich so eine Redewendung im Gemeindeutschen nicht erhalten. Mit dem Wortanfang „Schul“ gibt es noch eine ganz Reihe von Ausdrücken, die nur in der Schweiz üblich sind:

    Die „Schulgemeinde“, „Schulpflege“ und „Schulkommission“, alles Teile der „unabhängigen Körperschaft für die Betreuung des obligatorischen Schulwesens einer oder mehrerer politscher Gemeinden“. In Deutschland braucht es dafür ein Amt, das Schulamt oder Oberschulamt.

    Der Schulhausabwart (nebst Schulhausabwartin) der es nicht abwarten kann, Hausmeister von den Deutschen genannt zu werden.

    Der „Schulinspektor“, in Deutschland als „Schulrat“ bekannt, nebst „Schulinspektorin“ und „Schulinspektorat“.

    Das „Schullager“, welches in Deutschland „die Klassenfahrt“ ist. Einfach zu merken. In der Schweiz lagert die Schule, während in Deutschland die Klasse fährt. Dazu passend die „Schulreise“, in Deutschland der „Schulausflug“.

  • Schullager in Hamburg?
  • Alles genauestens erklärt und aufgelistet in unserem Variantenwörterbuch. Die Beispiele aus Österreich (z. B. die „Schullandwoche“) habe ich jetzt weggelassen. Wieder einmal lernen wir, wie variantenreich und unterschiedlich eine Institution benannt werden kann. Doch wehe, es lädt ein Lehrer in Bern zur „Klassenfahrt“ oder in Hamburg zum „Schullager“ ein. Schon stossen wir an die Grenzen unserer Toleranz. Warum eigentlich?

  • Liebe Buben und Maden
  • Als Kind regten mich die Ansage „Liebe Buben und Madel“ im Nachmittagsprogramm des Bayrischen Rundfunks auf. Ich bin doch kein „Bub“ und kenne keine „Madel“, sondern nur Maden in den Pflaumen (heute glaube ich, dass „Mädels“ gesagt wurde, ich aber nur „Madel“ verstand). Das ist doch ganz etwas anderes. Viele Schweizer erzählten mir auch, dass sie mit ihrem fremden Dialekt nach einem Umzug in eine neue Gegend nur auf Missfallen und Hohn stiessen. Kinder können ganz schön hart sein mit ihrem Spott, und ein Schweizer Kind, das häufig umzieht, wird bald ziemlich vielsprachig im eigenen Land.

    

    5 Responses to “Packt die Schule in den Sack — Der Schulsack muss gut und gross sein in der Schweiz”

    1. pfuus Says:

      il sacchetto- Tüte , Beutel. Anscheinend eine verniedlichte Form von, Borsa-Tasche.

      Lassen Schüler allerdings einen Blick in ihren Schulsack zu, ist der Begriff „sac“ Beutel oder Tüte angemessener als (borsa) Tasche……

    2. mista lova Says:

      bei uns war das die „Landschulwoche“

    3. Smilla Says:

      Der Geiz-ist-geil-Elektronik-Markt wird aber hierzulande auch recht gut besucht und das nicht nur von Schweizern. Ob das auch als wissenschaftliches Interesse zu bewerten ist?

    4. Smilla Says:

      Da bin ich mit dem ersten Kommentar wohl in der falschen Rubrik gelandet.

      Bei uns hießen Klassenlager „Klassenfahrt“. Aber dafür gibt es auch in jeder Gegend einen anderen Begriff. Mein Vater, aufgewachsen in Dunkeldeutschland, hat meine Klassenfahrten vor der Sippe geweils „Ferienlager“ genannt und zwar aus Angst, man könnte nicht verstehen, was gemeint ist. Im Osten gab es seiner Ansicht nach ausschließlich Ferienlager.

    5. Töchterlein Says:

      Hey! Der Schulranzen, Thek, oder was auch immer, auf dem Foto gehört MIR!
      Das waren noch Zeiten… =)