-->

Der Deutsche wäre eigentlich gerne so wie wir – weil er das nicht schafft, lacht er uns aus — Roger Schawinski über Schweizer und Deutsche

(reload vom 15.1.07)

  • Schweizer sind per se keine Respektpersonen
  • In der Beilage „Das Magazin“ des Tages-Anzeigers vom 05.01.07 schreibt der gewesene SAT1-Chef Roger Schawinski über die Schweizer und die Deutschen:

    Schweizer sind per se keine Respektpersonen, aber auch keine Hassvorlagen. Man nimmt sie einfach nicht ganz ernst, auch wenn man die Schweiz heimlich bewundert.
    (Quelle: Alle Zitate nach medienlese.com)

    Eine unglaubliche Erkenntnis. Welche andere Nation ist denn bitte schön „per se“ eine Respektperson bzw. eine Hassvorlage? Bruno Ganz wird wegen seiner schauspielerischen Leistung respektiert, nicht weil er Schweizer ist. Und wenn jemand persönliche Probleme mit DJ BoBo hat, dann eher weil er auf eine andere Musik abfährt und nicht weil er ihn als Schweizer Hassvorlage sieht. Zumal der Künstlername „Bobo“ seine Produkte in manchen Ländern sowieso unverkäuflich machen, weil sie unter „censored“ fallen. Ein Grund, warum die Schreibweise BoBo so wichtig ist.

    Roger Schawinski
    (Quelle Foto: about.ch)

  • In der Schweiz findet man Qualitäten
  • Denn die Schweiz ist, wenn man ein bisschen tiefer bohrt, in vielen Aspekten so, wie man sich das eigene Land wünscht. In der Schweiz findet man Qualitäten, die man früher auch besass und auf die man stolz war, und die man für immer verloren glaubt.

    Bravo! Er zitiert den bekannten Mythos von der „Schweizer Qualität“, die es sonst nirgends gibt. Wir haben das Thema bereits hier diskutiert: Swiss Quality regiert die Welt.

    Was in der Schweiz ganz ausserordentlich gut funktioniert, ist die Vermarktung dieses Mythos. Der Wert „Swiss Quality“ an sich ist nicht subjektiv messbar. Seine Verbreitung und sein Bekanntheitsgrad jedoch sehr wohl. Absolut beeindruckend läuft in diesem Land ausserdem die Marketing-Maschine für die Schweiz als „naturnahes Heidiland“,welche das „Schokoladen&Käse-Heile-Welt“ Image auf Geissenpeters Alm propagiert.

  • Warum die Deutschen in die Schweiz ziehen
  • Deshalb ist es kein Wunder, dass es immer mehr Deutsche in die Schweiz zieht. Zwar besitzen Länder wie Australien, Kanada oder die USA viel mehr Glamour, und in ihrer Fantasie stellen sich Millionen von Deutschen ein neues, spannenderes Leben in einem dieser grossen, weiten Länder vor. Aber wenn sie beginnen, kühl zu analysieren, fällt ihre Wahl immer öfter auf die kleine, nahe Schweiz.

    Auch hier irrt Schawinski gewaltig. Die so häufig als „romantisch“ und ihrem Gefühl folgenden Deutschen werden durch ganz pragmatischen Gründen bewogen, in die Schweiz zu gehen. Zürich liegt von Stuttgart oder Frankfurt einfach weniger weit entfernt als Vancouver oder Chicago. Nach Kanada oder in die USA wandern immer noch Menschen aus, aber der Umzug dorthin ist schlichtweg nicht so einfach wie die kurze Reise in die Schweiz bzw. die Stellensuche übers Internet, erleichtert durch die Freizügigkeit und den baldigen Wegfall der Kontingente.

  • Lieber am Zürichsee als am Wannsee leben
  • Deshalb ist unser Land in den letzten Jahren zum beliebtesten Auswandererland der Deutschen avanciert. Vor allem Zürich ist zur neuen Traumdestination geworden. Stundenlang hat man mir die Vorzüge dieser Stadt beschrieben und immer wieder betont, dass man sich nichts sehnlicher als ein Haus an diesem einen wunderbaren Ort wünschen würde.

    Ich glaube Schawinski gern, dass ihm dies die Berliner erzählen, die sich im kalten Winter in Ostdeutschland kalte Füsse holen und auch gern einmal 50 Minuten vom nächsten Skigebiet entfernt wohnen möchten. Darum ist auch München immer noch die „heimliche Hauptstadt“ Deutschlands. Wenn in Zürich keine Jobs offeriert würden, sondern wieder in Stuttgart und dem Mittleren Neckarraum, der innerdeutsche „Brain-Drain“ würde sofort wieder in diese Richtung fliessen, wie bereits in den 90ern, als frisch diplomierte Ingenieure nur dort oder im Grossraum München einen Job finden konnten.

  • Was die Deutschen in der Schweiz suchen und finden
  • Hier suchen und finden sie die deutsche Ordnung in Form von funktionierenden Institutionen, hier und nicht mehr in ihrem Heimatland, was sie mit einer gewissen Wehmut zur Kenntnis nehmen.

    Ich zähle mal eine Reihe dieser „funktionierenden Institutionen“ auf, die Deutsche hier finden und vorher in Deutschland mit Wehmut vermisst haben. Als da sind:
    — Kindergärten an 2-3 Stunden am Tag, abwechselnd mal morgens oder nachmittags.
    — Zahnärzte zum selbst bezahlen.
    — Kinderkrippen für Gutbetuchte.
    — Ein traumhaftes Angebot an Wohnungen und Häusern, zu noch traumhafteren Preisen.
    — Behörden die für jeden administrativen Akt Gebühren verlangen, besonders für die x-te Neuauflage einer L-Bewilligung (vgl. Blogwiese).
    — Besondere Behandlung von schwerreichen Exil-Deutschen die deutlich weniger Steuern bezahlen als vergleichbar vermögende Schweizer oder normal arbeitende Deutsche.

  • Deutsche Ordnung in der Schweiz?
  • Nun, wir sind ja für unsere „Motzkultur“ bekannt und haben uns mit diesen Unterschieden gut arrangiert. Aber „deutsche Ordnung in Form von funktionierenden Institutionen“ sind mir in der Schweiz noch nicht als herausragendes Merkmal aufgefallen. Die Institutionen funktionieren gut, da gibt es nix zu meckern, aber auch nichts zu bejubeln.

    Dass ihnen die langsamen, bedächtigen Schweizer in diesen wichtigen Belangen den Rang abgelaufen haben, können sie nur mit einer kapitulierenden Absage an die Reformmöglichkeiten im eigenen Land verargumentieren, dessen sichtbarstes Symbol eine verkrustete grosse Koalition unter der Führung einer zaudernden Angela Merkel ist.

    Die wahren Meister der „grossen Koalition“ sind mit Abstand die Schweizer, die ihre Form der „Konsensdemokratie“ mit der „Zauberformel“ bereits erheblich länger an der Macht haben als es für Deutsche je vorstellbar wäre. In Deutschland folgte auf die erste „Grosse Koalition“ wieder der übliche Wechsel zwischen Regierung und Opposition.

  • Reformen stehen auch in der Schweiz an
  • Auch in der Schweiz stehen Reformen an, auch hier werden „verkrustete“ Strukturen nur mühsam aufgebrochen. Die Probleme beider Ländern sind ähnlich. Die Geschwindigkeit, mit der Lösungen gefunden werden, gleich langsam. Der Hauptunterschied in der Schweiz ist, dass alle grossen Themen vom Volk mit entschieden werden müssen und daher von Anfang an eine breite Unterstützung benötigen, während in Deutschland das Volk sich lieber von oben regieren lässt, bzw. von den Müttern und Vätern der Verfassung und der Bundesrepublik in diese Rolle gesteckt wurden.

  • Der Deutsche Bedarf an Revolution ist noch gestillt
  • Ausserdem sind in der Schweiz noch echte Revolutionen möglich, wie die Gründung des Kanton Juras oder die im Kanton Glarus im Mai 2006 beschlossene Reduktion von 25 auf 3 Gemeinden. In Deutschland haben wir seit dem Herbst 1989 noch unsere letzte Revolution aufzuarbeiten. Föderalismusreform steht nun auf dem Programm.

    „Der Deutsche wäre eigentlich gerne so wie wir – weil er das nicht schafft, lacht er uns aus“
    (Das Magazin 01-2007, S. 25)

    Zu dieser Aussage fällt mir nichts ein. Sie lässt mich sprachlos. Ich wusste überhaupt noch nicht, ob ich wie irgend jemand sein wollte auf der Welt. All die positiven typischen Eigenschaften, die uns gewöhnlich im Zusammenhang mit „typischen Schweizern“ einfallen, als da sind Fleiss, Pünktlichkeit, Disziplin, Beharrlichkeit etc. werden auch häufig im Zusammenhang mit Deutschen zitiert. Und ob nun ausgerechnet die vielzitierte Höflichkeit der Schweizer für Deutsche eine nachahmenswerte Tugend sein muss, darüber lässt sich streiten. Die Deutschen bleiben dafür wesentlich länger beim höflichen „Sie“. Die gleiche Höflichkeit, die sich beim Tür-Aufhalten und beim Betreten eines Fahrstuhls zeigt, ist bei der nicht vorhandenen Begeisterung für das typisch britische Schlangestehen wieder verschwunden.

  • Wer lacht über die Schweizer?
  • „weil er das nicht schafft, lacht er uns aus“
    (Das Magazin 01-2007, S. 25)

    Die Deutschen lachen doch nicht über die Schweizer, sondern über den in ihren Ohren ungewohnten Hoch- und Höchstalemannischen Dialekt, den sie einfach putzig finden. Zunächst, denn nach 2-3 Monaten im Land verliert sich diese komische Effekt ganz von allein. Roger Schawinski hat mit dieser Äusserung Nahrung geliefert über den klassischen Schweizer Minderwertigkeitskomplex:
    Ihr lacht uns aus“. Man muss es oft genug wiederholen, damit es auch jeder glaubt. Die meisten Deutschen nehmen die Schweizer gar nicht als Schweizer war, sind sich der vielen tausend unter ihnen lebenden Schweizern gar nicht bewusst und haben das Schimpfwort „Kuhschweizer“ noch nie gehört.

    

    9 Responses to “Der Deutsche wäre eigentlich gerne so wie wir – weil er das nicht schafft, lacht er uns aus — Roger Schawinski über Schweizer und Deutsche”

    1. Brun(o)egg Says:

      Was ihr da so vermisst, bezüglich Institutionen, sind alles Geldargumente. Fällt auf. Von Qualität keine Rede. Die Schweiz ist ist kein Schnäppchen-land.
      Zudem: Was Schawinsky meint: Huu käärs! Aber wenn die gleiche Argumente z.B. von einer Frau Meckel kämen?! Was dann?

    2. neuromat Says:

      Hab da mal was gelesen und daraus zusammengetragen zu Roger Schawinsky.

      Er zählt zu diesem interessanten, aber auch von stark gegensätzlichen Neigungen geprägten Naturell.

      Betrachten wir noch einige physiognomische Einzelheiten seines Gesichtes. (da oben ist ja das Foto)

      1. Der Ausdruck der Augen wie auch die Umgebung der Augen, die Augenlider, zeigen eine feine und differenzierte Empfindungs- und Auffassungsweise. Sie lassen auch ein lebendiges und intensives Vorstellungs- und Gedankenleben erkennen. Der Ausdruck der Augen (auf einer bestimmten Abbildung) zeigt neben einer momentanen aufmerksamen Freundlichkeit gleichzeitig so etwas wie Frechheit.

      2. Die Bildung der Stirn im unteren und mittleren Teil lässt ein aufmerksames, lebhaftes Auffassungs- und Vorstellungsleben sowie ein starkes logisch-kritisches Denken erkennen. Auch die feinen horizontalen Falten zeigen dies.

      Die im oberen Teil der Stirn beidseitig vorhandenen sogenannten Stirnhöcker zeigen die Neigung zu witzig kontrasthaftem Denken und zum Bilden von Gegensätzen.

      Insgesamt zeigt die Stirn ein sehr differenziertes Denkvermögen. Sie zeigt, dass er eine klare und feinmaschige Begriffswelt hat.

      3. Die kräftige Form des Kinns zeigt die impulsive Stoßkraft. Der vor den Ohren wulstige Kieferbogen zeigt Hartnäckigkeit und Zähigkeit im Durchführen seiner Ziele.

      Erlebt er Widerstand, dann wird man mit seiner geistigen Wendigkeit, dem Einfallsreichtum und eben dieser Zähigkeit rechnen müssen.

      4. Die Nasenform ist recht groß und grob. Diese Nasenform lässt zunächst einen stärkeren Geltungsdrang und Gestaltungswillen erkennen. Der Wille, seinen Ideen Gestalt und Form zu geben, ist stark.

      In der Art des Gestaltens und Formens aber vermag er sackgrob, massiv und derb aus sich herauszugehen. Der Stil des Gestaltens und Formens wird ihn wahrscheinlich manches Mal als gröber und derber erscheinen lassen, als er im übrigen ist.

      5. Die Mundbildung unterstützt, was zur Form der Nase gesagt ist. Sie zeigt außerdem zusammen mit der Kopfhaltung und dem meist nach vorne gedrängten Untergesicht so etwas wie impulsive Vorlautheit und Frechheit.

      Derartige Einzelheiten muss man eingliedern in das Gesamtbild der Persönlichkeit, das vor allem durch das Naturell umrissen wird.

    3. Marroni Says:

      Ui ui ui, diese Klischee Anhäufung. Aber aber, lieber Jens, schon so lange da..und immer noch nicht begriffen die “ALM“ gibt’s in der Schweiz nicht, höchstens in Geistreich…ääääh Öst… oder Deutschland, bei uns ist das die ALP!
      „welche das „ Schokoladen & Käse-Heile-Welt“ Image auf Geissenpeters Alm propagiert.“
      Der Fehler sei Dir verziehen, wie Roger sagen würde „ Huu Kääärs“
      Es ist DRINGEND an der Zeit, dass wir uns wieder mal zu einem Morgenessen( Frühstück )auf der Wiese vor der WieseWohnung treffen Irgendwie vermiss ich den „Zürcher“ und seine echt spezielle Art von Humor.

    4. AnFra Says:

      Nach diesem Signalement vom @neuromat hat nun der Roger einen neuen Geschlechtsnamen: Schlawinski.

      PS: Das „Swissness“ mutiert langsam wohl zu „Swissless“.

    5. Milena Says:

      Danke, Herr Wiese, Sie haben das sehr treffend ausgedrückt. Exakt so ist es. Ich hoffe, dass dieser Text von sehr vielen Schweizern gelesen wird, damit es ihnen endlich klar wird. Besonders die letzten beiden Abschnitte.

    6. Guggeere Says:

      Wer seid ihr denn, o ihr Elenden, die ihr hier auf der Blogwiese solche Reden wagt? Wisst ihr denn nicht, dass der erhabene Roschee über alles Bescheid weiss und immer Recht hat, wenn er etwas brösmelet (und er brösmelet pausenlos)? Schande über euch!

      @ Marroni
      Nein, ich vermisse die Aus- und Anwürfe wahnsinniger helvetozentrischer Rassisten nicht. Sollte es mich trotzdem wieder mal drängen, einen Blick in die düstersten Winkel der eidgenössischen Seele zu werfen, schaue ich ins Weltwoche-Forum hinein oder lese die Protokolle gewisser Debatten des Nationalrates.

    7. freiheitistunteilbar Says:

      Was ihr da so vermisst, bezüglich Institutionen, sind alles Geldargumente. Fällt auf. Von Qualität keine Rede. Die Schweiz ist ist kein Schnäppchen-land.

      Da werden die Snobs, welche von der „Swiss Quality“ schwärmen, aber freuen. 😉 Was heißt schon Schnäppchen? Preise sind nie objektiv, abgesehen davon, muss man die Kaufkraftunterschiede bedenken und die Tatsache, dass Deutschland in Behördenangelegenheiten mehr Nannystate ist, als die Schweiz.

      Was die Qualität anbelangt: Dem Lesenden kann geholfen werden.

      Nun, wir sind ja für unsere „Motzkultur“ bekannt und haben uns mit diesen Unterschieden gut arrangiert. Aber „deutsche Ordnung in Form von funktionierenden Institutionen“ sind mir in der Schweiz noch nicht als herausragendes Merkmal aufgefallen. Die Institutionen funktionieren gut, da gibt es nix zu meckern, aber auch nichts zu bejubeln.

    8. mista lovalova Says:

      hihihi ja für was aufregen, zürcher sind für uns berner auch deutsche, jetzt weisst du ja warum 😉

    9. Frank1977 Says:

      Ich bin Deutscher. Wir sollten uns eine ganz dicke Scheibe abschneiden, von der schweizer Hoefflichkeit. Hier in Deutschland gibt s so viele Experte fuer alles und jeder Vollpfosten fuehlt sich berufen anderen gute Ratschlaege zu erteilen, wie man sein Leben zu leben hat. So mancher Kommentar zeugt doch von einer sehr oft vorhandenen deutschen Ueberheblichkeit, nach dem Motto, jetzt zeigen wir den Schweizern aber mal wie man die Welt zu sehen hat. Die Schweizer Hoeflichkeit ist nichts was man sich aneignen sollte??? Nein, wir bleiben lieber Motzbacken, die die Welt gefragt oder ungefragt mit der eigenen Meinung ueberzieht, das soll ja wenigstens ehrlich sein