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L wie Loser? Die Erlebnisse von Deutschen mit der L-Bewilligung (1. Teil)

  • L wie Learner?
  • Der Buchstabe L wurde von den Schweizern aus Grossbritannien importiert. Dort klebt er am Auto, wenn jemand gerade erst das Fahren erlernt und somit noch ein „L-earner“ ist, der das L auch verdient. Die Schweizer nennen es das „Löli-L„. Der Begriff ist ein Synonym für Fahranfänger, es gibt sogar schon Webseiten von Fahrschulen, die diese Bezeichnung aufgreifen, wie www.loeli.ch zum Beispiel. „Achtung Fahranfänger“ klebt man sich in Deutschland ans Auto, oder kurz „Anfänger„, aber erst, wenn die Fahrprüfung bereits bestanden und der teure Führerschein in der Tasche steckt. In Frankreich ist ein „A“-Aufkleber Vorschrift, und das A steht jetzt nicht für „A..loch“ oder „A-nstandswauwau“, oder „Austria„, sondern kommt von „Apprenti“ = Anfänger oder Lehrling.

  • Mit dem L-Ausweis geht der Spass erst los
  • In der Schweiz hingegen gibt es ausser bei den Automobilisten den L-Ausweis auch noch in Form einer Bewilligung. Viele haben ihn, wenige wollen ihn, und glücklich ist niemand damit, aber lesen Sie selbst, was uns der deutsche Ingenieur Christian dazu schrieb:

    Meine Frau und ich sind vor etwas über einem Jahr in die Schweiz „gezügelt“, da ich hier eine Anstellung in einem renommierten Forschungsinstitut bekommen habe. Von meinem Arbeitgeber wurde mir erklärt, dass ich einen B-Ausweis bekommen werde, da ich einen mehrjährigen Arbeitsvertrag habe. Bei der Wohnungssuche hatten wir auch gar keine Probleme, bei den obligatorischen Angaben zur Person auf den Vordrucken der Vermieter hatte ich meinen Beruf (Wissenschaftler) und meinen Status (B-Ausländer) angegeben, und von den 7 angeschauten Wohnungen hätten wir in 5 einziehen können.

    Hier regeln Angebot und Nachfrage den Markt. Solange die Wohnungssuchenden in der Minderzahl sind, und es ein Überangebot an Wohnung gibt, wird eher geschaut, ob die Kaution in bar bezahlt wird und genug Gehalt für die Miete da ist. Eine Wohnung gibt es immer, auch wenn Sie noch keine Betreibungsauskunft vorlegen können, weil sie als Deutscher noch gar nicht wissen, was das ist.

    Nachdem ich mich bei der Einwohnerkontrolle angemeldet hatte, erfuhr ich, dass die B-Ausweise kontingentiert seien, das Kontingent schon ausgeschöpft sei und wir stattdessen den L-Ausweis bekommen würden (eigentlich für Saisonarbeiter gedacht), ausgestellt für 364 Tage. Den B-Ausweis würden wir bekommen, sobald wieder welche verfügbar seien. Und damit fing der Ärger an. Überall, wo man den Ausweis vorlegen muss, wird man sofort als potentieller Betrüger und Dieb behandelt:

    Orange wollte 1’000 SFr Depot für einen Mobilfunkvertrag

    (obwohl ich kein neues Handy haben, sondern mein altes aus Deutschland weiterverwenden wollte). Ich könnte ja abhauen und die offenen Handy-Rechnungen nicht bezahlen…Nachdem ich meinen Arbeitsvertrag samt Jahresverdienst vorlegte (Hallo, wo bleibt der Datenschutz??), hat man „freundlicherweise“ aufs Depot verzichtet.

    Swisscom gab sich mit 500 SFr Depot für einen Telefonanschluss zufrieden. Im Anschreiben bezog man sich auf meinen Status als L-Ausländer.

    Diese Erfahrung mit der Swisscom haben wir vor 5 Jahren auch gemacht. Es war den Angestellten unendlich peinlich irgendwie, diese Vorgehensweise. Heute gibt es die Alternative „Digital-Phone“ bei der Cablecom, zu mindestens im Raum Zürich. Die wollen keine Kaution und locken noch dazu mit kostenlosen Inlandsgesprächen am Abend, am Wochenende und während der ersten 1440 Minuten tagsüber.

    Christian schreibt weiter:

    Trotz vorgelegtem Arbeitsvertrag mussten auf meinem Bankkonto 3 Monatsgehälter eingehen, damit ich eine Maestrocard und eine Kreditkarte beantragen durfte. Bis dahin musste ich alle Rechnungen bar bezahlen. Grund: „Sie hänt ja nur de L-Uuswiis, do wüsset mir nööt ob sie bliibe oder nööt“.

    (Anmerkung: Korrekturvorschläge und Anmerkungen zu dem hier von einem Deutschen gewagten Versuch, Schweizerdeutsch zu schreiben, bitte per Mail an die Blogwiese, wir leiten sie gern weiter. )

    Über die Zurückhaltung Schweizer Banken bei der Vergabe von Dispokredit hatten wir schon hier berichtet. Als ehemaliger Kunde der Citibank Deutschland bekam ich beim Schweizer Ableger dieses Unternehmens eine barsche Abfuhr. An Privatkunden mit weniger als 200.000 Franken Vermögen sei man nicht interessiert. Andere Länder, andere Geschäftspraktiken. In Deutschland herrscht gerade um Girokunden ein erbarmungsloser gegenseitiger Abwerbekampf.

    (2. Teil morgen: Was Ihnen alles blüht, wenn Sie nur einen „Saisonier“-Ausweis haben)

    

    20 Responses to “L wie Loser? Die Erlebnisse von Deutschen mit der L-Bewilligung (1. Teil)”

    1. Ben Says:

      Wieso soll ein Deutscher mit L-Bewilligung was Besseres sein als zB ein Kroate mit L-Bewilligung? (Dass die verschiedenen Bewilligungen und die Ungleichbehandlung ihrer Träger diskriminierend ist, lassen wir mal undiskutiert). Bloss weil sie die Sprache ein bisschen besser können… 😉

    2. hydra65 Says:

      @jens
      Gegenfrage:
      Wie funktioniert das ganze in Deutschland??

    3. Simon Says:

      Interessantes Völkchen diese Schweizer. Ein Kommilitone von mir geht demnächst für ein Auslands-Semester an die ETH und was da alles im Voraus zu beachten ist, nur um überhaupt einreisen bzw. für länger bleiben zu dürfen, ist ja schon enorm.
      Bezüglich der Überschrift dieses Artikels steht dann das L wohl eher für „Loser“, denn „lockerer“ (engl. „looser“) ist das Leben mit dem L-Ausweis in der Schweiz ja sichtlich nicht 🙂
      (Sorry, konnt nicht widerstehen)

    4. Sven Says:

      Hallo, wollte dir nur mal gratulieren für die lustigen Texte und für den Medienrummel, denn du geschaffen hast (jetzt wieder im Beobachter)

    5. vorgestern Says:

      Ja, das würde mich auch mal interessieren.

    6. Administrator Says:

      @Vorgestern
      @hydra65
      Da ich noch nie nach Deutschland eingewandert bin, kann ich es leider nicht beschreiben. Von Studenten weiss ich, dass man nur ein Zimmer in einem Studentenwohnheim bekommt, wenn man eingeschrieben ist. Einschreiben geht nur, wenn man Krankenversichert ist. Krankenversichern geht nur, wenn man eine Bude im Studentenwohnheim hat … etc. etc. die alte Köpenikiade halt.
      Bin sicher, dass eine Bewilligung für Deutschland noch viel komplizierter zu bekommen ist. Wir denken an die traurigen Erfahrungen mit „Green Card“ für indische IT-Spezialisten… Ein absoluter Fehlschlag.
      Andere könnenen vielleicht mehr erzählen.. also los! Wenn es zuviel für einen Comment ist, einfach per mail an mich, ich mache dann ein Posting draus.

    7. Ben Says:

      @Simon: „Interessantes Völkchen diese Schweizer“.
      Arrgh. Wieso bekomme ich immer das Gefühl, ich lebe in einem Entwicklungsland, das jetzt erst so nach und nach kolonialisiert und mit den Segnungen moderner Zivilisation beglückt wird? (und „den Schweizer“ als solchen gibt es eh nicht – die Unterschiede zwischen einem Romand und einem Zürcher sind vermutlich grösser als zwischen einem Hanseaten und einem Schwaben…)

    8. Betty Says:

      Ich denke mal, es geht weniger um die Frage, ob und wie man eine Bewilligung bekommt, denn um die Frage, wie hier schubladisiert wird. Also, aufgrund des Arbeitsvertrages hat man ein Anrecht auf B, wird aber, da angeblich ein imaginäres Kontingent erschöpft ist, in L einsortiert. Stellt Euch das doch einfach mal so vor: Ihr habt den Führerschein für Autos, dürft aber nur mit dem Mofa fahren, da die Autos im Moment „Aus“ sind. Und mit dem Mofa kommt man bekanntlich nicht überall hin: Fahrt mal mit dem Mofa nach Bern…oder stellt Euch vor, es regnet auf Euer Mofa…
      Besonders absurd dann auch der Vorwurf: Hey, wieso fährst Du nur Mofa? Oder, um im Bild zu bleiben: Also, mit dem Mofa dürfen Sie hier aber nicht langfahren…das ist eine Autostrasse.

      Is doch klar, dass man sich da aufregt, denn schliesslich hat man durch diesen Mist nur Nachteile. Übrigens: L-Ausweisler bezahlen pro Kopf 65 CHF im Jahr – so ein Zufall-, müssen einmal im Jahr aufs Amt und dort zum x-ten Mal ihren Arbeitsvertrag vorlegen usw.

      Ich denke mal, dass hat auch nichts damit zu tun, dass man Deutsche ist oder z. B. Kroatin. Geht jedem so, der eigentlich B hätte, aber nur L bekommen hat.

      Es lebe das Kastenwesen!

    9. Name (required) Says:

      Köppiade??? Meine sprachliche Beobachtungsgabe schlägt Alarm! Sie meinen doch wohl „Köpenikiade“. MfG

      [Anmerkung Admin: sorry, ich betreue den Blog gerade remote aus dem Urlaub… Danke für den Hinweis. Schon korrigiert!]

    10. Simon Says:

      @Ben: Du hast vollkommen Recht, den Satz fand ich im Nachhinein auch extrem unglücklich. Entschuldiung dafür, mir liegt es fern, da zu generalisieren bzw. der Schweiz die Zivilisation abzusprechen. Erst nachdenken, dann reden/schreiben ist halt doch irgendwie sinnvoll…

      Allerdings habe ich aus – natürlich durch und durch subjektiven – Berichten aus meinem Umfeld hinsichtlich des Einreise-/Aufenthaltsaufwands in verschiedene Länder eben einfach den Eindruck, dass es da bei der Schweiz doch die eine oder andere zusätzliche Hürde gibt. Das kann man je nach Standpunkt sicherlich positiv oder negativ sehen, ist mir eben einfach aufgefallen.

    11. Ben Says:

      > Es lebe das Kastenwesen!
      Es lebe die Bürokratur! 😉
      Wenns doch auf der Welt einen ungenutzten Flecken Land gäbe, wohin all die Sesselfurzer und Bürokraten hin auswandern könnten. Da dürften sie alle den lieben langen Tag irgendwelche Stempel auf irgendwelche Papierchen drücken, und alle dort wären glücklich und zufrieden (und alle nicht dorten ebenfalls). Und in Brüssel oder Bern gäbe es plötzlich jede Menge Platz zum Wohnen und richtig Arbeiten…

    12. jacqueline Says:

      ich bin schon mal nach deutschland eingewandert, das hat alles reibungslos geklappt.
      gut, bis ich einen job bekam, das ging 2-3 monate, mein arbeitgeber musste auch viel erklären, warum jemand aus der schweiz etc. etc., gab dann fremdsprachenkenntnisse an, dann gings plötzlich sehr schnell mit der arbeitserlaubnis,
      aufs arbeitsamt musste ich 1x pro jahr, wartezeit: nie länger als 5 min., vermutlich kein vergleich mit heute….
      das war ende der 80er jahre.
      wohnung: überhaupt kein problem, strom, telefon, alles per unterschrift…aha, sie kommen aus der schweiz, ist schon o.k….das war der allg. tenor damals…;-).

      endgültige aufenthaltserlaubnis erhielt ich nach 3 jahren (!), ungefragt, einfach stempel in den pass, die aussage, sie müssen nun nicht mehr aufs amt kommen, fertig.

      heute kann ja jeder schweizer sofort in deutschland einwandern, die bilateralen machen es möglich, hier werden die schweizer klar bevorzugt behandelt, sowas wie L-ausweis ist einfach nur peinlich.

      mir wurden damals von keiner seite steine in den weg gelegt, im gegenteil.

    13. bolivar Says:

      aufenthaltsbewilligungen sind wohl in allen europäischen ländern nur nach einem langen hindernislauf durch verschiedenste ämter zu kriegen. die bürokratie macht vor landesgrenzen leider nicht halt. ich (schweizerin=nicht-EU-bürgerin) habe mal ein jahr in paris studiert, und um meine „carte de séjour“ zu bekommen, war eine ärztliche untersuchung obligatorisch. begründung: tropenkrankheiten, SARS, usw. das ist kein witz!!

    14. bolivar Says:

      übrigens schreibt man meines wissens köpenickiade mit ck. definition zu finden in wikipedia.

    15. Ben Says:

      @bolivar: Ich finde es auch immer nett, wenn ich zB in London drei Warteschlangen vor der Passkontrolle finde: UK – EU – Others. Meine ist natürlich immer am längsten, und die Beamten sind immer am pingeligsten. Wenigstens sehen die Leute vor und hinter mir interessanter aus als die grauen Mäuschen in den anderen Schlangen.

      @Simon: easy, kein Problem, Du hast ja immerhin nicht noch „jöö herzig!“ gesagt. 😉

      [Anmerkung Admin (der gerade 4 Tage in London weilte): Die Passkontrolle ist nur noch unterteilt in EU – Others, und auf dem EU Zeichen kleibt ein „plus Schweiz“ Schild. Wollte es fotografieren, aber das war verboten. Die Schweiz ist also für die Engländer jetzt der EU angehörig, ist doch nett.]

    16. Kiki Says:

      Meinen L-Ausweis habe ich nie zu Gesicht bekommen…

      Ich habe im Winter 2005/2006 vier Monate als Unterassistent in einem Schweizer Spital gearbeitet. Als ich mich bei der Einwohnerkontrolle anmeldete, legte ich also meinen Arbeitsvertrag und die Zusicherung meiner Aufenthaltsbewilligung vor und beantwortete die diversen Fragen für die Ausstellung des Ausländerausweises. Nachdem ich brav meine zehn Franken für die Anmeldung gelöhnt hatte, versicherte mir die Dame am Schalter, daß mein Ausländerausweis mir „innert weniger Wochen“ zugehen würde. Nichts dergleichen geschah…

      Als ich mich Ende März an meinem letzten Arbeitstag wieder zur Einwohnerkontrolle begab, um mich dort abzumelden, informierte mich die Dame am Schalter (lustigerweise die gleiche Mitarbeiterin wie damals bei meiner Anmeldung), daß die Abmeldung offenbar schon vom Spital aus durchgeführt worden sei, was mich ein wenig verwunderte.

      Die Verwunderung lag dann ganz auf ihrer Seite, als sie mich um die Rückgabe meines Ausländerausweises bat und ich ihr eröffnete, selbigen niemals erhalten zu haben… 🙂

    17. Dabadee Says:

      Auch bei mir als „Vollblut-Schweizer“ wollte die Bank beim Antrag einer neuen Kreditkarte erst drei volle Monatslöhne abwarten, bevor ich sie mir ausgestellt wurde. Vielleicht hatte ich jedoch unter dem Handycap als exil-Zürcher in Basel die Karte zu beantragen zu leiden 😉 Zumindest wurde mir vor 16 Jahren (ok, ist ne lange Zeit her) meine erste Kreditkarte ohne jegliche Einkommensnachweise ausgestellt. Nun ja, die gute alte Zeit… Früher war ja sowieso alles besser 😉

    18. Geissenpeter Says:

      L mag aus England importiert sein oder auch nicht, es steht aber nicht für „Learner“ sondern für „Lernfahrer“.

    19. Nocomment Says:

      Ich habe sogar ohne L Ausweis ein Konto bekommen – aber nur, weil ich gleich meinen unbefristeten Arbeitsvertrag vorzeigen konnte ? Momentan lebe ich gerade in grosser Erwartung, denn ich habe gerade für meinen Sohn ein SBB-Junior GA mit monatlicher Rechnungsstellung beantragt. Da sind L-Ausweishalter gar nicht vorgesehen. Der nette Mann im SBB Call Center sagte, dass wäre auch nicht schlimm, Hauptsache ich habe ein Konto….. – Übrigens: Da mein 20-jähriger Sohn im Oktober auch in die Schweiz nach Luzern zum Stduieren kommt, erhält er direkt einen B-Ausweis… da kann man glatt neidisch werden.

    20. Kein Zuercher Says:

      Wieso soll ein Deutscher mit L-Bewilligung was Besseres sein als zB ein Kroate mit L-Bewilligung? (Dass die verschiedenen Bewilligungen und die Ungleichbehandlung ihrer Träger diskriminierend ist, lassen wir mal undiskutiert). Bloss weil sie die Sprache ein bisschen besser können…

      Wieder einmal eine sinnfreie Frage, weil Off-topic 😉 oder willst du damit sagen, dass Deutsch doch besser angesehen sind, als sie vermuten?