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Kennen Sie Küsu, Schänggu und Hampä nicht? — Berndeutsches Vornamenraten

  • Ein S-Bike mit Vornamen
  • Von unserem Freund Phipu bekamen wir dieses tolle Foto aus Bern zugeschickt. Man kann sich dort ein S-Bahn-Velo, genannt „S-Bike“ mit eigenem Vornamen erstellen lassen, um es zu kaufen oder zu mieten.

    Berndeutsche Vornamen
    (Quelle Foto: Sattelüberzug mit Berndeutschen Vornamen, fotografiert von Phipu)
    Was heisst also:
    Chrigu,
    Steffä,
    Thömu,
    Melä,
    Päscu,
    Corä,
    Röschu,
    Käthlä,
    Simu,
    Housi,
    Sönä,
    Mischu,
    Lisä,
    Jänu,
    Mirä,
    Henä,
    Fridu,
    Fabä,
    Tinu,
    Suslä,
    Märcu,
    Thesä,
    Jüre,
    Sändlä,
    Küsä,
    Phippu,
    Chrigä,
    Aschi,
    Tanä oder Pesche?

    Phipu schreibt dazu:

    Hier eine kleines Ratespiel. Wie könnten die Taufnamen der Personen lauten, von denen suggeriert wird, dass sie auf dem personalisierten S-Bahn-Velo (oder Neudeutsch S-Bike) stehen könnten?
    Noch ein paar Tipps: Die Endung –ä ist nicht zwingend weiblich und –i ist in den vorliegenden Fällen männlich. Die Abkürzung entstammt nicht in jedem Fall der ersten Silbe des Namens und der Schlussvokal verlängert manchmal sogar den Ursprungsnamen.
    Den abgebildeten Sattelüberzug fand ich auf meinem Velo, das in einem Veloständer (nein, das ist nichts Erotisches) an einem Bahnhof im Einzugsgebiet der S-Bahn Bern abgestellt war.

    Was schreiben die wohl auf den Rahmen, wenn jemand „Friedrich-Wilhelm“ heisst? Oder „Gotthilf-Fürchtegott“?

    Von Phipu lernten wir aus einem seiner früheren Blogwiese-Kommentare:

    Auf Bärndütsch wird nicht nur der Artikel vor die Namen gesetzt, sondern (fast) jeder Vorname wird verändert. Als Neuling erkennt man nicht einmal den (oftmals geläufigen) Vornamen, der dahinter steckt. Die Umbenennung beginnt schon auf dem Schulhof. Die Ideen (besonders für Namen ausländischer Herkunft) stammen also manchmal von Kindern, weshalb eine Regel aufzustellen kaum möglich ist. Häufiges Muster ist allerdings: Jungennamen enden mit -u, Mädchennamen mit -e. Thömu (Thomas), Rege (Regina oder Regula), Tinu (Martin), Küsu (Markus), Vrene (Verena), Chrigu (Christian oder Christof), Chrige (Christine), Nattle (Nathalie), Schänggu (Jean-Claude), Närdu (Leonardo).
    Leute, die sich kennen, nennen sich ein Leben lang bei diesen Vornamen. Viele Künstler z.B. in der Dialektmusikszene machen sich solche Vornamen zum Künstlernamen bzw. Markenzeichen. (Tinu Heiniger, Büne Hueber)

  • Hurti eis ga zieh
  • Auf Berndeutsch lassen sich somit phonetisch sehr reizvolle Sätze erstellen, wie uns Phipu mit einem Beispiel beweist:

    Der Köbu isch mit der Miche no hurti eis ga zieh näb der Chiuche; si hei ja no viu z’viu Ziit gha.” heisst also: “Jakob ging mit Michaela noch rasch einen heben neben der Kirche; die hatten ja noch viel zuviel Zeit”. Dieser Satz ist nicht sehr sinnvoll, beinhaltet aber Wörter, die zeigen, dass L oft durch U ersetzt wird, was die Verständlichkeit für Fremde (also auch für Zürcher) beeinträchtigt.

    

    18 Responses to “Kennen Sie Küsu, Schänggu und Hampä nicht? — Berndeutsches Vornamenraten”

    1. Phipu Says:

      Hallo Jens

      Merci für „meinen“ Beitrag.
      „Fridu-Häum“ oder „Gödu-Fürä“ braucht jeweils weniger als 13 Zeichen. Das ist doch kein Problem. Die so bevornamsten Herren brauchen gar nicht zu glauben, sich nur wegen ihres Taufnamens vor dem Velofahren drücken zu können!
      Ich glaube dazu auch nicht wirklich, dass diese beiden Herren selbst in Deutschland ihre ganze Kindheit und Jugend hindurch mit den vollen Namen gerufen wurden. Ihr glaubt ja nicht ernsthaft, es töne im Familienkreis so: „Friederich-Wilhelm, komm sofort hierher – Friedrich-Wilhelm! Sofort hab’ ich gesagt! – Los, Friedrich-Wilhelm, wird’s bald?“ oder: „Nein, Gotthilf-Fürchtegott, nicht … “ – klirr – „ … anfassen! Mist, schon zu spät, dieser verfluchte lange Doppelname!“.

      [Anmerkung Admin: Interessant. Und was machst du aus Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester, dem derzeitigen Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland? ]

    2. Ole Says:

      Und was wird wohl aus Ole?
      Olu?

    3. Phipu Says:

      Nun, ich will ja hier nicht ganz alleine auf dieser weiten Wiese mit dir stürmen, aber wir können schon das umgekehrte Spielchen machen. Der genannte Verteidigungsminister wäre also der Käru-Teddi-Mare-Niggu-Housi-Köbu-Phippu-Fränzu-Sebu-Faschti in Personalunion.

      Den letzten – zugegeben hier seltenen – seiner Vornamen habe ich aus dem Dorf „Sankt Sylvester“ im Freiburger Sensebezirk (sprich: „Santifaschtels“) abgeleitet. Wäre ich Freiherr Von Guttenberg schriebe ich also nur „Faschti“ auf ein S-Bike, damit es am Bahnhof Bern einfacher zu identifizieren ist (und das ist ja das Ziel dieser Beschriftung).

      Glaubt man dem Wikipedia-Artikel, wird auch in Deutschland nicht immer die ganze Litanei dieser Vornamen des Karl-Theodor erwähnt. „Käru-Tedi“ hätte also problemlos auf dem Velo Platz. Auch hier wäre ich neugierig, wie die Eltern (oder alle anderen Mägde, Zofen und Hausangestellte dieser Adelsfamilie) diesen Herrn als Kind riefen. Ganz sicher nicht in der vollen Länge. Schon Karl-Theodor in allen Lebenslagen halte ich für unwahrscheinlich.

      Aber was machen wir uns Sorgen um ein S-Bike für einen Verteidigungsminister, wenn militärische Diensträder so aussehen (oder bis 1993 so aussahen):
      http://www.velo-zuerich.ch/velo-zuerich/velo/militaervelos/militaervelo05/militaervelo-1951-39624/militaervelo-lv.jpg
      Auf der ledernen Rahmentasche haben in einem solchen Fall mehr als 13 Zeichen Platz.
      Ausserdem ist es im Militär auch unter Soldaten Brauch, einander mit Nachnamen anzusprechen, so wäre auch „Guetti“ denkbar.

      Mal schauen, mit welchem Argument du jetzt noch kommst. Ich behaupte, es gibt niemanden, dessen Namen man nicht helvetisieren oder gar bernisieren kann.

    4. neuromat Says:

      Tim

      Luca

      Leon

      David

      Noah

    5. Smilla Says:

      Sicher, dass die Namen nicht aus Finnland stammen?

    6. Mare Says:

      Tim = Timu
      Luca = Lüggu
      Leon = Lenu
      David = Fidu, Dävu
      Noah = Nölu

    7. Yolke Says:

      Timu

      Lücu

      Lönu

      Dävu

      Nöhu

      uuuund

      Ölu, Oli (für Ole, würde wohl wie Oliver gehandhabt)

      Wie oben geschrieben, sind die Abkürzungen im Bernischen häufig gar nicht wirkliche Abkürzungen – deshalb kann wohl jeder Name irgendwie ‚verbernisiert‘ oder auch ‚verhunzt‘ werden.

      ohne Gewährleistung auf vollständige Richtigkeit… 😉

    8. Marroni Says:

      Phipu, wo hast Du denn Krieg gemacht? Also bei uns damals im Inf Reg 27 wurden ALLE mit Vornamen angesprochen, bis zum Kadi Hans Ruedi. Allerdings, da hast Du recht, das mit dem Nachnamen, das gabs auch. Wenn einer nur noch mit Nachnamen gerufen wurde, dann war das echt die Strafe, dann war es eine „Trotyle“, zu nix zu gebrauchen, bei uns damals der „Gasser“ und der „ Sommer“, oder aber, unterste Stufe, der Sommer, der war dann nur noch der „Treibstöffler“, nach seiner Funktion benannt, er war für die „Zisterne“ verantwortlich. Aber Vorsicht, bei der Funktionsbenennung „Küsche“ ( Küchen Chef) oder „MATueli“ , ( Materialchef ) das war vollkommen normal und nicht abwertend.

    9. Phipu Says:

      An Marroni
      Das „Wo“ bestimmt die Veränderung der Vornamen (u.a. Raum Bern) z.B. im schulischen Umfeld. Die schweizweiten Militärerinnerungen sind aber wohl eher vom „Wann“ bestimmt. Die Nachnamen blieben in meinem Fall, weil man sich schon aus der RS kannte, wo erziehungsbedingt anfänglich noch alle, die auf einer anderen hierarchischen Stufe angesiedelt waren, mit Korporal Schneider, Rekrut Metzger, Leutnant Beck, Feldweibel Koch, etc. angesprochen wurden. Selbstverständlich duzte man sich von Anfang an unter Rekruten, aber halt eben mit dem Namen, der bereits geläufiger war, z.B. „Proscht, Schäli, Huebi, Gassi, Hoschti, Hürli“. Womit wir das heitere Nachnamenraten auch noch einführen könnten. Mit dem „Küsche“ hast du auch schon das Funktionenraten eingebracht (für Dienstleistende selbstverständliche Ausdrücke, die teilweise den offiziellen Abkürzungen entstammen sind: Kadi, Fäldi, Korpi, Adi, Inschter, etc.).
      Abgesehen davon gab es zu meiner Dienstzeit mehrere Urse, Markusse, Daniels, Christiane und andere geläufige Namen meiner Generation. So war auch deswegen der Nachname verwechslungssicherer.

      An Neuromat
      Die Antwort mit deinen modernen Vornamen hast du ja nun schon erhalten. Vielleicht berichtet auch mal ein junger Leser/eine junge Leserin, wie das in den Schulklassen oder im Militär mit den Dutzenden von Kevins/Brians und Jessicas/Jennifers/Leas heute so gehandhabt wird. Da müssen vielleicht auch die Nachnamen zur verwechslungssicheren Verberndeutschung herhalten. Solche jungen Vornamen sind fürs S-Bike noch nicht vorgesehen (diese Leute sind meist erst im Dreirad-, Töffli- oder Tuningboliden-Alter).

      An Smilla
      Die etymologische Verwandtschaft des Berndeutschen mit Finnisch wurde hier schon Blogwiesenschaftlich belegt:
      http://www.blogwiese.ch/archives/488 und in der Zweitausstrahlung: http://www.blogwiese.ch/archives/1286

    10. neuromat Says:

      danke für die Antworten.

      Es sind die fünf beliebtesten männlichen Vornamen im Jahre 2008 in der Schweiz.

    11. Smilla Says:

      @Phipu:
      Danke für den Verweis auf den alten Beitrag!
      Für mich tönt Berndeutsch tatsächlich wie Finnisch.
      @Jens:
      Der Name vom Verteidigungsminister hat Stil.
      @All:
      Wie lautet denn der vollständige Name vom dt. Verteidigungsminister auf Berndeutsch?

    12. AnFra Says:

      Nachdem „unser gemeinsames“ Waisenkind Heidi den unbekannten Vater, den Hermann Adam von Kamp aus dem Ruhrgebiet, gefunden hat, wissen nun ihren richtigen Namen: „Adelaide Von Kamp-Spyri“, gerufen „Heidi“!

      Jetzt bracht die / das arme Heidi nicht mehr traurig sein! Aber ein Von Kamp? – Auch noch so ein Deutscher! Mit diesem Namen kann sie trotzdem leben, denn sie hat nicht solch einen teutonischen Namen wie Piefke!

      Jetzt fehlt nur noch die berndeutsche Entsprechung für ihre Koseform Heidi = ?

      PS: Ein neues Problem tut sich auf!
      Wer ist die Mutter vom Geißenpeter? Wer ist der Vater? Wer ist die Mutter? Wer, was und warum ist der Geißenpeter?
      Ein Schweizer, ein Deutscher oder auch bloß so ein Mischlingskind? Wenn ja, wieso?

    13. Mare Says:

      Heidi = Heidle

    14. Mare Says:

      Da gibt es noch das Liedchen: „Heidi, mir wei di beidi; beidi, Heidi, hei di gärn.“ Aber die heisst vielleicht nur um des Reimes Willen Heidi statt Heidle.

    15. Marroni Says:

      Gris HEIDI wäre vermutlich aus Liechtenstein gekommen!

    16. AnFra Says:

      @Marroni

      Meinst wohl Ruland? Richtig ist aber Ruhrgebiet!

    17. HJ Says:

      als schweizer liebe ich die scharfzüngigen deutschen komiker wie ottfried fischer, urban priol u.a. bei blogwiese habe ich mich jedoch oft kaum noch halten avor lachen.
      schön, wenn man es nicht immer bünzlig anschaut und mit hilfe dieser realsatire über seinen eigenen kulturkreis lachen kann.
      werde wieder vorbei kommen und mich köstlich amüsieren. wenn ich es nicht vergesse, muss ich diese seite unbedingt meinem deutschen arbeitskollegen weiter melden.
      ein tip an alle frustrierten deutschen: ignoriert die bünzli proleten einfach, die sind oft nur noch mehr frustriert von ihrem gartenzwerg sammeln und dem herauskratzen des unkrauts aus den plattenfugen (oje 2tes hab ich auch schon getan).

    18. surfer Says:

      Hampä kenn ich nicht.
      Wohl aber hampägschtaltli, was soviel wie höchstpersönlich bedeutet 🙂