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Wer sagt schon „Zürichsee?“ — Die Rapperswiler zum Beispiel

(reload vom 25.09.06)

  • Radeln, Velofahren und Skaten ohne Abgase
  • Am 27. September 2009 fand am Zürisee (wie schon im September 2006) zwischen Meilen und Rapperswil das „SlowUp“ Event statt. Radeln, Velofahren, Inline-Skating auf der für den Autoverkehr gesperrten Uferstrasse. 45’000 nutzen die Gelegenheit, ohne Abgasgestank bei strahlender Spätsommersonne das Seeufer autofrei zu geniessen.

    Unterwegs kamen wir an diesem Verlagshaus vorbei:
    Zürichsee Zeitungen

    Garantiert eine Gründung von einem Deutschen. Wie kann man nur so lebensmüde sein und mitten in Kanton Zürich diesen See als „Zürichsee“ zu bezeichnen? Diese Zeitung pflegt diesen Namen bereits seit 150 Jahren, wie wir auf ihrer Website nachlesen:

    Die Zürichsee-Zeitungen (ZSZ) können auf eine über 150-Jährige stolze Tradition zurückblicken und sind in den letzten Jahren zu einer einzigartigen starken Zeitungsfamilie gewachsen.
    (Quelle zsz.ch)

    Wahrscheinlich war das vor 150 Jahren bei der Gründung der Zeitung noch nicht so ein dringendes Anliegen, auf das innerte „i“ zu verzichten. Ein Beispiel, wie es richtig gemacht wird, sahen wir am gleichen Tag auf einem Smart:
    Zürisee ohne "rich"
    So haben wir das gern!

    Weitere „faux pas“ in dieser Richtung sahen wir bei der „Zürichsee Schiffahrtsgesellschaft“ und in Rapperswil bei der dortigen „Zürichsee Tourismus“ Organisation. Sind das alles Gründungen von Deutschen? Warum sagt denen niemand, dass das mit diesem „i“ einfach nicht geht, am Zürcher See? Zur Erinnerung vgl. Blogwiese. Oder ist die Geschichte mit dem „i“ einfach nur eine spezielle Macke der Zürcher, während man sich am anderen Ende des Sees kaum darum schert?

    Natürlich wissen wir, dass „zürcher“ das im Kanton Zürich korrekt verwendete Adjektiv ist, und die Stadt bzw. der Kanton „Zürich“ heisst. Aber wenn wir in unserer Umgebung fragen, ob es korrekt „Zürichsee„, „Zürcher See“ oder „Zürisee“ heisst, kriegen wir zur Antwort: „Selbstverständlich ‚Zürcher See‚“. Warum kriegen wir immer nur Schimpfe wenn wir „Zürichsee“ sagen, aber die Zeitung, die Schifffahrtsgesellschaft und der Tourismusverband darf sich so nennen?

  • Rauf oder runter nach Zürich
  • Wir wurden in Rapperswil noch Zeuge eines interessanten Disputs zwischen einer Dame von der örtlichen Touristeninformation und einer zugereisten Zürcherin. Es ging um die Frage, ob die Linienschiffe von Rapperswil „rauf nach Zürich“ oder „runter nach Zürich“ fahren. Die beiden Damen hatten da eine gegensätzliche Meinung. Nun, da die Limmat als Abfluss des Sees gilt, halten wir „runter nach Zürich“ für die korrekte Form.

    

    8 Responses to “Wer sagt schon „Zürichsee?“ — Die Rapperswiler zum Beispiel”

    1. AnFra Says:

      Rauf oder runter, das wird munter!

      Wenn man sich in der römischen bzw. schwäbisch-fränkischen „Schweiz“ befunden hätte, würden dann einen die Schiffssklaven oder Ruderknechte von „Ratprehtes-wilare“ von „oben“ nach „Turicum“ nach „unten“ rudern. Damals wurde in den Karten der Norden unten eingezeichnet und somit würde Zürich „unten“ in Richtung Nord liegen. Denn diese geographisch-kartographischen Bezeichnungen folgen der alten römischen Tradition.
      Das „niedere bzw. untere“ Germanien z. B. war im Norden, im Gebiet des Niederrheins. Das „obere bzw. hohe“ Germanien war im Süden zwischen dem Main und den Alpen. Die Orientierung dieser Zuordnungen erfolgen ausschließlich und alleinig nach der Nord-Süd-Orientierung.

      Ab ca. dem 8.-9 JH wurde der Norden nach dem oberen Rand der Karten umgedreht. Im kartographischen Sinne fährt man also jetzt von Rapperswil im Süden „von unten“ kommend in Richtung Zürich im Norden „nach oben“.

      Wenn man „unten“ in Richtung Mündung als Fließvorgang eines abfließenden Gewässers bezeichnen möchte, bleibt eigentlich nur noch logischerweise die Bezeichnung „flussrunter, flussabwärts, flussunten“. Die Zuordnung erfolgt ausschließlich nach dem Fließgefälle, welche sich jedoch je nach örtlicher Gegebenheit frei von Himmelsrichtungen unterschiedlich gestallten kann. Siehe z. B. die Fließrichtungen der Rhone, Rhein oder Donau.

      Beim „Zürichsee“ kann man eigentlich (im namentlichen / kartographischen Sinne) von keinem Flussdurchlauf sprechen, da Linth und Maag als Zuläufe im Zürichsee enden und die Limmat als neubenannter Ablauf vom Zürichsee fungiert. Im Vergleich durchfließt der Rhein den Bodensee vergleichbar im Durchfluss und behält dabei jedoch seinen Namen auch Flussabwärts weiterhin.

      PS:
      Auf historischen Karten ab ca. dem 15./16. JH, den aktuellen Landeskarten der Schweiz und den älteren und aktuellen militärischen Karten ist die Bezeichnung des Sees, an welchem die Stadt Zürich liegt, „Zürichsee“. Also im hochheitlichen Sinne immer mit dem „i“.
      Aber die endemische Ureinwohner um diesen See sind wohl eine eigene Klasse / Rasse für sich.
      Auf historischen Karten wird für die umgebende Landschaft die Bezeichnungen „Zürichgau“ verwendet.

    2. Yvonne Says:

      Lieber Jens, wenn diese Organisationen von einem Deutschen gegründet worden wäre, dann hiessen sie alle „Züricher ….“ ;-). Das müsstest Du doch wissen…;-)

      Grüessli
      Yvonne

    3. Egon Says:

      Durchaus denkbar, dass Deutsche die Finger bei der Gründung einer Zürichsee Zeitung mit im Spiel hatten. Die Zeitung erwähnt auf ihrer Homepage, dass die Gründung so 160 Jahre zurückreicht, das wäre also 1850. Seit 1798 wurde „Der aufrichtige und wohlerfahrene Schweizer-Bote“ von einem Deutschen herausgegeben, der bis 1848 die Presselandschaft einer noch zu schreinernden Schweiz wohl nicht unerheblich mitbestimmte.

      Die Schweiz hatte zu dieser Zeit noch kein eigenes Staatswappen. „Dank“ französischer Intervention wurde aus den helvetischen Kantonen eine Schwesterrepublik, dies von 1798 – 1803. Der Beschluss der gesetzgebenden Räte vom 14. April 1798 legte ebenfalls keine hoheitliche Fahne fest sondern , dass die Kokarde dreifarbig sei. Die Farben für den Zürichsee waren gelb-schwarz-rot, diese Farbwahl war 1792 erstmals als zukünftige schweizerische Nationalkokarde deklariert worden.

      Aber was bedeutet der Zürichsee? Es gibt Schweizer Historiker, die uns den Sachverhalt erläutern:

      „Zu ZÜRICH gibt es eine lateinische Namensform TVRICVM. (Das wurde bereits öfters ausgeführt. Anm.) – Doch diese Bezeichnung ist nicht älter als der deutsche Name. Aber das Turicum hilft uns bei der Deutung des Namens Zürich.

      Der Ursprungswort muss mit einem T oder einem S begonnen haben. In Zürich sind beide Konsonanten erhalten: Z = TS.

      Buchstaben konnten leicht vertauscht werden. Die Folge TS konnte für ein ursprüngliches ST stehen.

      Stellen wir ST vor Turicum, so ergibt sich ein STVRICVM.

      Die lateinische Endung kann weggelassen werden, also bleibt STVRIC übrig, was ZÜRICH ergibt.

      Doch was bedeutet Zürich?

      Um das herauszufinden, ist es hilfreich, einen Namen zu entvokalisieren. – Grundsätzlich zählen für die alten Bezeichnungen nur die Konsonanten.

      Zürich ergibt entvokalisiert STVRC. Ein C ist auch als S gelesen worden, also lautete die ursprüngliche Konsonantenreihe STVRS.

      STVRS jedoch ist leicht zu deuten. Dahinter steht das griechische Wort stavros = Kreuz, Marterkreuz.

      Der Name Zürich bedeutetet also die Kreuzesstadt Christi!“

      Wahrscheinlich hat der Mann recht. Denn häufig sind Dinge komplizierter, niemand würde denken, dass es am Frittenbach im Napfgebiet vor Pommesbuden nur so wimmelt.

      Zu Rapperswil erfahren wir:

      „Die zahlreichen RAPPEN-Ortsnamen haben den gleichen Ursprung: NEAPEL. Vergleiche auch RAVENNA, deutsch RABEN. Hinter den Rappen-Orten steht das Prestige von Ravenna als Stadt des Helden Dietrich von Bern.“

    4. Ric Says:

      @Egon

      Der Namenswandel von Ortschaften scheint mir durch die Übernahme der norddeutschen Lautung bei der Ausbreitung der ursprünglich aus dem süddeutschen Sprachraum stammenden deutschen Standardsprache verursacht zu sein das muss man berücksichtigen.
      Zum Beispiel wurden ganz viele Ortschaften von -beck in -bach umbenannt, das „ch“- also dieser „Fauchlaut“ wie ich ihn gerne nenne – war im früheren Bairischen schlicht inexistent. Ähnlich ist es mit München. Der Name geht eigentlich auf Mönche zurück, München wurde als Ortschaft an einer Isarbrücke gegründet wo es wohl ein Kloster gab / Mönche lebten.

      Der italienische Name Monaco (di Baviera) gibt noch mehr Aufschluss darüber, aber auch der Englisch „Munich“ – so wurde es eigentlich mal ausgesprochen: Munik/Münik in heutiger standarddeutscher Schreibung. In einer ehm Vereinfachung durch die norddeutsche Lautung wurde inflationär jedes „ch“ als Fauchlaut ausgesprochen. Darüber gibt es ja bis heute Uneinigkeiten, wie man zB China oder Chemie ausspricht, nur bei wenigen Begriffen wie Chrom oder Christentum gibt es niemand der sich hier daran versucht das „ch“ als Fauchlaut auszusprechen. Auch das Englische gibt bei Zürich vielleicht wieder gewissen Aufschluss, es wird ja als „Surik“ ausgesprochen. Dazu kommt dass man sich im deutschen Sprachraum lange nicht über die Aussprache von Z und C einig war bzw. über die Schreibung der jeweiligen Laute – wie noch heute im Englischen gab es auch die Schreibung des Z als stimmhaftes S (wie es die norddeutschen ohnehin ganz regulär gebrauchen, Norddeutsche sagen nicht „super“ sondern, in englischer Lautung, „zzzuper“). Insofern wäre wohl, wenn man einfach mal eine Parallele zu Munich zieht, der Name Zürichs wie man ihn vor 300 Jahren ausgesprochen haben mag „Tsürik“/“Surik“.

    5. Ric Says:

      @Ein Zuercher:
      Wir haben auch noch Tuntenhausen, Kissing, …
      in Österreich hat es eine pitoresque Ortschaft Namens „Fucking“ – die Ortstafeln werden mysteriöserweise regelmäßig Opfer von Diebstahl.

      Salzburg lag ja mal mitten in Bayern (das Herzogtum Bayern erstreckte sich einst bis zum Gardasee, kurzzeitig sogar bis zum Mittelmeer, das heutige „Österreich“ ging als Abspaltung hervor). Und in der Region wird ja bis heute viel Salz abgebaut, siehe (Bad) Reichenhall. Salz wurde im Mittelalter ja teils mit Gold aufgewogen, da war es schon angemessen einen Hauptumschlagplatz dann auch nach Salz zu bennen – Salzburg eben. Bis heute gehören übrigens sehr große Forstgebiete im Salzburger Raum dem Freistaat Bayern, der diese Forste nach wie vor genauso wie die innerbayrischen Forste bewirtschaftet, die sog. „Saalforste“. Das geht ebenfalls darauf zurück, nämlich wurden diese Forste zur Versorgung mit Brennstoff für die Öfen der Salinen gebraucht.
      Und selbst München verdankt seine ganze Existenz übrigens dem Salz. Denn zwischen Augsburg (was damals die wohl wichtigste und reichste Stadt nördlich der Alpen war) und Bad Reichenhall verlief eine wichtige und lukrative Salzstraße – wer das Zollrecht über die Isar hatte war fein raus und verdiente am Salzhandel kräftig mit. Und so wurde einer Brücke über die Isar dann das Markt/Münz und Zollrecht zugesprochen – von Barbarossa höchstpersönlich als er auf einem Reichstag in Augsburg weilte.

      Tja so ist Geschichte, oft verändern kleine Entscheidungen die ganze Welt.
      In Bayern sieht man das oft besonders gut ^^ Wer weiss heute noch dass der erste allgriechische König ein bayrischer Prinz war – deswegen auch weißblau der griechischen Flagge – und dass das heutige griechische Parlament in Athen ein Vorzeigestück bayrisch-royaler Architektur ist (von Friedrich Gärtner errichtet, ein Lieblingsarchitekt derer von Wittelsbach). Oder dass beinahe, es ist sehr blöd gelaufen weil der entsprechend auserkorene kurz davor verstorben ist, das spanische Königtum an einen Bayer überging als sich die anderen europäischen Großmächte nicht einig wurden. Wäre dem so gekommen wäre nicht Preußen sondern Bayern neben Österreich die herrschende Vormacht im deutschsprachigen Raum geworden, kein preußischer Militarismus, die deutsche Sprache wäre heute eine andere…und wer weiss was noch alles nicht geschehen wäre (…).

      Und da sage noch einer, ein Einzelner könne nichts bewegen. Am richtigen Ort zur rechten Zeit…

    6. Ric Says:

      PS: das war übrigens einst die offizielle Flagge Griechenlands ;o)

      http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Kingdom_of_Greece_Flag_%281833-1862%29.svg

    7. AnFra Says:

      Beim Durchfahren der Gemeinde sieht man extrem oft Fahrzeuge mit
      ZH-Kennzeichen:

      http://de.wikipedia.org/wiki/Deppenhausen

    8. Phipu Says:

      Ich reisse diesen Faden nun wieder mal etwas aus den geschichtlichen Tiefgründigkeiten heraus und konzentriere mich auf die auch heute noch erkenntlichen Parallelen der Sprache.

      Es erfordert halt leider einfach etwas Sprachgefühl, das Zugereiste sich erst dergestalt antrainieren müssen, dass sie möglichst viele Vergleichswörter im Gehör haben. So entdecken sie dann plötzlich auch, dass man es auch typisch schweizerisch buchstabensparender haben könnte.

      Wieso denn, wie im Ausland oft gesehen, so kompliziert „Geschnetzeltes nach Züricher Art“ schreiben, wenn man auch „Züri-Gschnätzlets“ sagen kann? (DE: Zürich-Geschnetzeltes, sehen Sie nun die Parallele zum Zürichsee?)

      Nur Ausländer verraten sich am Kiosk dadurch, dass sie die „Noii Zürcher Zytig“ verlangen, auch wenn die Dialekt-Aussprache noch so gelungen ist. Da es die „alte“ Zürcher Zeitung nicht (mehr?) gibt, kann man ja gleich „d’Züri-Zytig“ (DE: Zürich-Zeitung) verlangen. Wieder viele Buchstaben gespart.

      Und wieso sagt eigentlich im deutschen Sprachraum niemand „Bodaner See“? Der Bodensee hat seinen Namen schliesslich auch vom Städtchen Bodan. Auf die Frage nach dem Wieso habe ich zwar keine Antwort, es soll bloss zeigen, dass diese Art von Wortbildung zumindest im alemannischen Sprachraum durchaus geläufig ist (vgl. auch Murtensee, Luzernstrasse, Berntor, was übrigens alles zwingend immer auf dem Ortsnamen betont werden muss!).

      Damit die Aufmerksamkeit nicht nachlässt, gibt es auch unter den Schweizer Ortsbezeichnungen aber genauso viele Namen, die die Hauchdeutsche Eigenheit beibehalten haben, z.B. Neuenburgersee, Solothurnerstrasse, Zugersee, etc.

      Ein paar interessante Aussagen zum Thema finden sich auch in den Kommentaren zum Originaleintrag:
      http://www.blogwiese.ch/archives/421