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Die Steuern in der Schweiz (Teil 2) — Auf kleinem Fusse leben

  • Nicht auf grossem Fusse leben
  • In der Schweiz versuchen die Menschen, auf möglichst „kleinem Fusse“ zu leben. Genauer gesagt: Sie ziehen mit Vorliebe in Gemeinden mit niedrigem „Steuerfuss„. Den muss man sich ungefähr so vorstellen, wie die degenerierten Gliedmassen eines normalen Mitteleuropäers. Der hat nämlich zumeist einen „Senk-Spreiz-Plattfuss“ und muss zum Orthopäden, um sich Einlagen verschreiben zu lassen, die den Fuss wieder anheben. Die Schweizer Gemeinden sind allesamt gewiefte Orthopäden, denn Steuerfüsse werden ständig gesenkt oder gehoben. Es herrscht ein reger Wettbewerb im „Tieferlegen des Fusses“ zwischen den Gemeinden, ähnlich wie im Club der Mantafahrer. Jede Gemeinde bemüht sich, durch Senken des Steuerfusses möglichst attraktiv für Zuziehende zu werden.

  • Und in Deutschland?
  • Dort gibt es keinen Wettbewerb zwischen den Gemeinden, dafür aber den „Spitzensteuersatz“
    Der war vor ein paar Jahren noch ziemlich hoch, bis zu 52%, und wurde dann von der ach so linken und wirtschaftschaftsfeindlichen Rot-Grünen-Koalition sukkzessive gesenkt:

    Ab 1.1.2001
    Spitzensteuersatz 48,5%,
    erreicht bei EUR 54.998 = CHF 85.087
    Ab 1.1.2003
    Spitzensteuersatz 47%,
    erreicht bei EUR 52.292 = CHF 80.901
    Ab 1.1.2005
    Spitzensteuersatz 42%,
    erreicht bei EUR 52.151 = CHF 80.682 (Quelle)

    Anders ausgedrückt: Wer in Deutschland CHF 80.682 und mehr verdient, zahlt seit dem 1.1.2005 max. 42% Steuern. Ein Michael Schumacher, mit einem geschätzten Jahreseinkommen von 35 Millionen Euro (Quelle) würde in Deutschland 14.7 Millionen an den Fiskus abtreten müssen. Doch er lebt ja in der Schweiz, im Kanton Vaud am Genfer See, und hat mit der Gemeinde Vufflens-le-Château sicher einen guten Deal gemacht, bei dem er pauschal einen Betrag bezahlt, der sicher um ein Vielfaches unter 14.7 Millionen liegen dürfte. Diese „Spezial-Arrangements“ für Schwerverdiener sind eine Spezialität in der Schweiz, in Deutschland wäre das bei der herrschenden Steuergleichheit nicht möglich.

  • Wo beginnt das Verhandeln?
  • Wo steht eigentlich, ab welchem Einnahmen man in der Schweiz in „Direktverhandlung“ mit seiner Gemeinde tritt, und nicht mehr brav den normalen Steuerfuss zahlt? Sind es zwei Millionen? 10 Millionen? Oder kann da jeder kommen und seiner Einwohnergemeinde den Vorschlag unterbreiten: „Passen Sie mal auf, ich mache Ihnen da jetzt mal ein Angebot, dass Sie nicht abschlagen können…“ Zum Glück sind ja alle Bürger gleich in der Schweiz, ein „Einig Volk von Brüdern“ eben. Einer ist etwas gleicher als die anderen, denn der entscheidet, ob dass da alles akzeptiert wird, was Sie so steuerlich absetzen wollen, oder ob man sich nicht doch mit einem „Agreement“ einigen kann. Das ist der Steuerkommissär. In Deutschland hat der einen unspektakulären Titel. Er ist einfach „der zuständige Sachbearbeiter im Finanzamt

  • Gleiche Steuer überall in Deutschland
  • Ob nördlichste „Waterkant“ oder südlichstes Bayern, der jeder (egal ob Deutscher oder Ausländer) wird überall gleich zur Steuer veranlagt, Ausnahmen sind nicht möglich. Bis auf die Gewerbesteuer, die es in der Schweiz so nicht gibt. Hier kann jede Gemeinde in Deutschland selbst entscheiden, wie hoch diese Steuer für die Unternehmen vor Ort sein soll. Worauf die Gemeinde Freudenberg diesen Steuersatz auf 0% herab setzte, und damit einen enormen Zugzug von „Briefkastenfirmen“ auslöste.

  • Quellensteuer ohne Wasserwerk
  • Und die armen Deutschen, die auch in der Schweiz leben und arbeiten? Die bezahlen Quellsteuer: Wollen Sie ihr Trinkwasser vom Brunnen holen, müssen Sie dafür bezahlen? Quatsch: Jeden Monat wird direkt von ihrem Einkommen die Steuer abgezogen. Eine muntere Quelle ist das, die da sprudelt. Warum ist das so? Warum zahlen die Deutschen nicht nur ein Mal im Jahr ihre Steuern wie die Schweizer? Nun, es könnte ja sein, dass sie sich wieder davon machen, bei Nacht und Nebel, und Ihr unversteuertes Einkommen einfach mitnehmen, nach Luxemburg oder in einen anderen ausländischen Staat mit Nummernkonten.

    Damit dies nicht passiert, werden die Steuern lieber gleich Monat für Monat von den Eidgenossen einbehalten. Erinnert uns irgendwie an die Kaution der Swisscom, die auch Angst hatten, wir würden die Schweiz mit unbezahlten Rechnungen wieder verlassen. (siehe hier). Grenzgänger, die in Deutschland wohnen, zahlen dort ihre Steuer, per vierteljährlichem Abschlag. Abzüglich der bereits in der Schweiz einbehaltenen Quellensteuer von 4.5%.

    

    19 Responses to “Die Steuern in der Schweiz (Teil 2) — Auf kleinem Fusse leben”

    1. Daniel Says:

      Hoi Jens! Nachdem ich vor kurzem in den Weiten des Netzes auf deine Seite gestossen bin, komme ich fast täglich vorbei und schaue, was es so neues gibt. Als Deutscher, der wie du in der Schweiz lebt, finde ich regelmässig was zu schmunzeln und manchmal erfahre ich auch noch was neues und/oder interessantes über unser gemeinsames Gastland. Also bitte: mach weiter so, und auch quantitativ nicht nachlassen bitte. Grüsse vom Bodensee, Daniel

      P.S. Vielleicht findest du auf meiner Seite http://www.mobbs.de/helvetisch ja auch noch was, über das du schmunzeln oder dich freuen kannst

    2. mike Says:

      Hallo! So viel ich weiss gilt dieses „special-arrangement“ zwischen Reichen, Superreichen,ganz schön Reichen und den schweizer Finanzbehörden „nur“ für diejenigen, die Ihr Einkommen NICHT in der Schweiz „verdienen“. Oder hat Schumi schonmal ein Rennen in der Schweiz gefahren oder gewonnen (ausser vielleicht im Pferderennen gegen Corinna) ;-)??. Noch eine Anmerkung zum Grenzgängerdasein (ich gehöre dazu): wir zahlen 4 mal im Jahr (10.3./10.6./10.9. und 10.12.) Abschlagszahlungen an den dt. Fiskus und eine 4,5% Quellensteuer wird vom schweizer Arbeitgeber einbehalten……aber immerhin auf die deutsche Steuerschuld angerechnet….wäre ja noch schöner!
      Gruss und weiter so, Mike
      PS: Vielleicht sollte ich es auch mal mit Autorennen versuchen…

    3. Administrator Says:

      Hallo mike,
      Dein letzter Satz ist ungefähr das, was ich auch im letzten Satz geschrieben habe, nur das der Abschlag nicht monatlich sondern vierteljährlich erfolgt, da hast Du recht:
      „Grenzgänger, die in Deutschland wohnen, zahlen dort ihre Steuer, per monatlichem Abschlag. Abzüglich der bereits in der Schweiz einbehaltenen Quellensteuer“
      Gruss, Jens

    4. Videoman Says:

      Hallo
      Wie ich umgehört habe, kommst du mit den Quellensteuer besser davon. Den Normalschweizer zahlen meistens mehr als die 10 %. Wenn du länger in der Schweiz bleiben willst, solltest du als steuertechnischen Gründen zweimal überlegen, ob du Schweizer wirst.
      Wir kennen da eine türkische Familie, die musste plötzlich viel mehr Steuern zahlen, als sie Schweizer wurden.

    5. mike Says:

      @JENS: im neuesten CASH ist übrigens ein interessanter Artikel über das Thema Steuer und-fuss, und dort findet sich auch ein Bild eines weiteren bekannten, deutschen (ex)Sportlers…Boris Becker!! Gruss

    6. Geissenpeter Says:

      Schumi zahlt meines Wissens nur so wenig Steuern, weil er in der Schweiz seinem Beruf (Autorennfahrer) mangels Rennstrecke nicht nachgehen kann – es geht also nur wenn man sein Geld im Ausland verdient.

    7. Cruschti Says:

      ahoi,

      ich als Schweizer finde es immer wieder spannend, was ihr Deutschen an unserem Deutschgebrauch so lustig findet. Deine Artikel sind ziemlich nett geschrieben und ziemlich ausführlich, das verdient ein Lob :).

      PS: soviel ich weiss, bezahlt Schumi etwa 2 Mio CHF Steuern. Sein Steueraufkommen bezieht sich glaubs auf den Wert seiner Liegenschaft. Man nennt das hier Pauschalbesteuerung. Sie wird berechnet durch das Prinzip der Besteuerung nach dem Aufwand. Es wird berechnet, wie hoch der Mietwert pro Jahr ist, dieser wird verfünfacht und dann auf diesem Wert wird die Einkommenssteuer angelegt. So in etwa, das kann sich von Kanton zu Kanton unterscheiden ^^.

    8. LordLevi Says:

      Bin erst gestern auf diese Seite gestossen und begeistert. Sauber recherchierte Feinheiten, die den kleinen(oder den grossen, je nach Wohnsitz) Nachbarn etwas näher bringen.
      Am meisten Freude bereitete mir bis jetzt der Begriff „Stutenkerl“, den ich ohne mit der Wimper zu zucken für ein Synonym von Zuhälter gehalten hätte.

    9. Anna Says:

      Cruschti hat recht, Personen, welche ihr Einkommen nicht in der Schweiz erarbeiten (koennen), d.h. z.B. wie Schumi, koennen der Aufwandbesteuerung unterworfen werden. Sprich, sie werden nach ihrem Lebensaufwand pro Jahr (fuer Miete etc.) besteuert, statt nach Vermoegen oder Einkommen. Und ich gehe mal davon aus, dass sich mit den Behoerden wohl relativ flexibel ausmachen laesst, wie hoch jetzt der Lebensaufwand konkret ist;-).

    10. räulfi Says:

      Das Problem mit Schumi und Co. ist eigentlich nicht, dass sie in der CH unverschämt viel weniger Steuern bezahlen als in D-land. Man muss sehen, dass dieser Herr gerade in einer kleinen Gemeinde wohl für den grössten Teil des Steuerkuchens, der dann ja wieder an alle verteilt wird, aufkommt. Somit ist es durchaus gerechtfertigt, dass er eigentlich im Verhältnis weniger bezahlt als die übrigen Steuerzahler. Wenn das System nicht so funktioniert, sieht man ja in D-land zur genüge was passiert… Die Reichen, die sowieso viel mehr Möglichkeiten haben, ihre Steuern zu ‚optimieren‘ (dieses Wort wird in dem Zusammenhang sicherlich nur in der CH verwendet:-)) verlassen einfach das Land! Und gar kein Steuerzahler ist halt nun mal einfach schlechter, als einer, der zwar ‚zu wenig‘ bezahlt aber immer noch für den grössten Teil des Steueraufkommens verantwortlich ist! Der Hase liegt woanders im Pfeffer: Solch enorme Vermögen vermehren sich ab einem gewissen Zeitpunkt ohne grosses Zutun von selbst. Angehörige solcher Familien müssen eigentlich bis in alle Ewigkeit nie mehr arbeiten und kommen trotzdem zu immer grösserem Reichtum. So besitzen in der CH ca. 10% der Bevölkerung über ca. 90% der gesamten Vermögenswerte im Land (Zahlen sind jetzt nicht neu recherchiert, habe nur noch so ungefähr diese im Kopf)! DAS wird doch gemeinhin als ungerecht empfunden! Aber Leute mit hohen Steuern zu bestrafen, dass sie viel verdienen und in der Regel auch viel für die Allgemeinheit leisten ist falsch! Man müsste das Erbrecht so gestalten, dass verhindert wird, dass sich solch grosse Vermögen überhaupt bilden können. Es müsste ein Freibetrag für Erbschaften geben, der für alle gleich ist und was darüber hinaus übrig bleibt, geht an den Staat. Damit wären alle von Beginn an gleicher gestellt als mit dem heutigen System… Das ist aber wohl eine eher theoretische Diskussion…

    11. räulfi Says:

      Kleiner Nachtrag: was natürlich extrem schlecht ist, ist der momentan immer stärker stattfindende Steuerwettbewerb einzelner Kantone und Gemeinden in der CH. Mit ‚Dumpingsteuersätzen‘ können zwar starke Steuerzahler kurzfristig angelockt werden, aber nur so lange wie der Nachbarkanton/-Ort nicht noch günstiger ist…

    12. Rouge Says:

      Nur kurz zu räufli:

      Wenn man nicht vererben kann, wo bleibt dann der Anreiz zum vielen sparen? Folglich keine Investitionen mehr und kein Wachstum…
      Und auch das angesprochene race to the bottom beim Steuerwettbewerb findet nie statt, da die Gemeinden ja einen Grundstock an Infrastruktur wie Strassen, aber auch gute Schulen brauchen, um die Reichen halten zu können… Das wissen die auch…

    13. sirdir Says:

      Schlussendlich wird ja jeder Franken x-fach versteuert, wenn er verdient wird, wenn er gespart wird, wenn er wieder ausgegeben wird… so gesehen landet früher oder später eh alles beim Staat, spätestens dann, wenn grad kein Erbe zur Verfügung steht.

    14. Gizmo Says:

      wo der anreiz ist zum sparen wenn man nicht vererben kann? das ist einfach zu beantworten:

      GIER

      oder kannst du dir das folgende gespräch vorstellen?

      ferrari: Herr Schumacher, wegen der vertragsverlängerung, wir bieten ihnen 35 Mio. für nächstes jahr.

      schumacher: och nöööö.. ich hab ja schon ne halbe milliarde, und da ich sowieso nur wenig davon vererben kann nutzt mir das geld nix, mir reichen da 2 Mio.

      alternativ:

      ferrari: Herr Schumacher, wegen der vertragsverlängerung, wir bieten ihnen 35 Mio. für nächstes jahr.

      schumacher: och nöööö.. ich mach ja eh das meiste geld mit merchandising da macht euer kleckerbetrag den kohl nicht mehr fett… und überhaupt weiss ich schon nicht mehr wie ich die zinsen von meinem vermögen ausgeben soll… ich fahr einfach so für euch weiter… und ich muss mal grad den weber anrufen, der soll jetzt mal keine gelder mehr für lizenzen für meinen namen nehmen, weil meine fans mir soviel geld in die tasche gespült haben, können sie ja jetzt auch mal davon profitieren weniger zu zahlen, wiegesagt ich weiss eh nicht wohin mit der kohle…

      ich denke mal das sind dialoge die so nie stattfinden werden oder? also warum nimmt schuhmacher trotzdem das geld von ferrari und kassiert weiter lizenzgebühren für produkte mit seinem namen drauf?

      antwortmöglichkeiten:

      1.) er spart das ganze geld an um damit er es dann für projekte zur wassergewinnung in afrika ausgeben kann.

      2.)weil er davon nicht genug kriegen kann (Gier)

      wer die antwort weiss kann sia ja mal hier posten 🙂

    15. huthoch Says:

      Also dass man mit Quellensteuer günstiger weg kommt ist auch so en Märchen. Wir bezahlen jedenfalls über 1e3 CHF weniger jedes Jahr seid wir C sind. Da kann man schon so manches Bier für trinken….

    16. heidi1979 Says:

      Also ich habe eine Frage:

      Wenn ich in der Schweiz lebe, habe eine B-Bewilligung, aber in Deutschland arbeite und verdiene:
      1. Wo muss ich dann versteuern?
      2. Wieviel (Steuersatz) muss ich dann versteuern?

      Bitte helft mir: ich suche Antworten 🙂

      [Antwort Admin: Versteuert wird immer am Wohnort. In deinem Fall also in der Schweiz. Der Steuersatz hängt davon ab, wo Du wohnst in der Schweiz, denn hier ist der Steuerfuss von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich]

    17. Stephan Says:

      Die Pauschalbesteuerung für Ausländer ist zwar pragmatisch und lohnend für die Schweiz, aber dann doch eine ziemliche Ungerechtigkeit gegenüber den Nachbarn (in der Schweiz). Zumal bzw. weil diese Besteuerungsform Schweizern nicht offen steht!

      Es wird Zeit, dass die Steuersätze generell sinken! Hier in der Romandie sind wir bei Spitzesteuersätzen, die über denen des Auslands liegen, bei oftmals geringerer Kaufkraft.

      Der Steuerwettbewerb ist noch zu gring, weil die Mobilität der Schweizer generell gering ist. Und in der staatsgläubingen Westschweiz tut man sich schwer mit dem Gedanken, die Staatsquote runterzuschrauben.

    18. Allemanne Says:

      Also wir zahlen jetzt auch weniger,seit wir C-Bewilligung haben.
      Zwar nicht viel,aber immerhin.
      Mir persönlich war die Quellensteuer aber lieber.
      Das Geld wurde gleich abgezogen und ich hatte nichts mehr damit zu tun.

    19. Stefan Says:

      Hallo zusammen,

      eine Frage. Wenn ich in die Schweiz auswandern möchte und mein Geld mitnehme, fallen dann irgendwelche Steuern an? Ich verstehe immer die Debatte über Steuerflucht nicht. Wenn ich doch viel Geld habe und nun einfach in die Schweiz auswandern will, falle ich doch auch automatisch ins entsprechende Steuerabkommen, oder? Sobald ich in der Schweiz meinen festen Wohnsitz habe, brauche ich doch auch kein Geld schmuggeln, sondern kanns einfach auf mein neues Schweizer Konto überweisen, oder?

      Viele Grüße,
      Stefan