Haben Sie auch einen Knopf in der Leitung?
(reload vom 19.5.06)
Wir lasen im Tagesanzeiger vom 05.05.06 auf Seite 28:
Der Knopf in der Doha-Leitung
und verstanden natürlich erst mal nur noch Bahnhof. Verstehen Sie das?
Wenn Deutsche etwas nicht verstehen, dann können Sie das auf unterschiedliche Weise zum Ausdruck bringen. Zum Beispiel, in dem Sie „gerade auf der Leitung stehen„. In der Schweiz klappt das nicht, denn die Schweizer telefonieren nicht über Leitungen, sondern über Linien, genauer gesagt „Telefon-Linien“, wenn man den digitalen Ansagen des Telekommunikationsanbieters Swisscom Glauben schenken darf „Alle unsere Linien sind belegt“ (vgl. Blogwiese).
Die Schweizer weigern sich, im Falle eines Verständnisproblems nach draussen zu gehen. „Ich komme nicht draus“ (vgl. Blogwiese). Wahlweise kann man in Deutschland auch noch auf dem „Schlauch“ stehen, wenn man nichts versteht. Ob das nun die Sauerstoffleitung auf der Intensivstation ist, auf der man da steht, oder der Bierschlauch, welcher vom grossen Tank der Kleinbrauerei hinüber in den Biergarten führt, ist nicht bekannt. Wenn alle Stricke reissen, dann verstehen die Deutschen nur noch Bahnhof, oder es kommt ihnen alles Spanisch vor.
Als Deutsche wundern wir uns, wenn plötzlich von Knöpfen geredet wird, obwohl es gar nicht um Kleider und Hemden geht. Der Knopf ist in der Schweiz dass, was wir Standarddeutschen als „Knoten“ bezeichnen. Knöpfe braucht man beim Klettern mit Seil, beim Segeln und beim Schuhe zubinden sollten man sie tunlichst vermeiden.
Das Variantenwörterbuch verrät uns:
Knopf der; -(e)s, Knöpfe: 1. A CH D-süd Verknüpfung von Fäden, Schnüren o. Ä:
Du machst oben an der Scheibe einen Knopf in den Faden, unten befestigst du eine bunte Holzperle (Bastellecke, 2002, Internet; A); Die Turnschuhe dürfen lediglich mit einem normalen Knopf verschnürt werden (Schweizerischer Turnerverband, 2002, Internet; CH)
Sogar die Krawatte erhält in der Schweiz einen „Krawattenknopf“, ganz ohne Knopfloch.
Wenn in der Schweiz „jemandem der Knopf aufgeht“, dann verliert er nicht gleich seine Hose, sondern er ist
„plötzlich zu sehr guter Leistung fähig, macht einen sprunghaften Fortschritt“
(Quelle: Variantenwörterbuch, S. 420)
Gerade im Sport scheint in der Schweiz der Knopf recht häufig aufzugehen:
Der als Vorlage gedachte Schuss fand den direkten Weg ins Tor von Piamont. In der Folge ging der Knopf auf und Kerzers fing an zu spielen – und zu treffen.
(Quelle: freiburger-nachrichten.ch)
Wir fanden noch einen Beleg beim FC Henau:
Wir mussten bis ca. in die 15. Minute, bis uns endlich das erste Tor gelang. Erst jetzt ging der Knopf auf, bis zur Pause gelangen uns noch zwei weitere Treffer.
(Quelle: fchenau.ch)
Zum Schluss noch ein Tipp: Wenn der Knopf mal nicht aufgeht, dann hilft es manchmal, ihn einfach abzuschneiden. So wie im „Krieg der Knöpfe“.
Mai 12th, 2009 at 6:59
Wenn jemandem „der Knopf aufgeht“, dann ist mit „Knopf“ eine „Knospe“ und der jemand erblüht zur Blüte.
Mai 13th, 2009 at 0:10
Knopf – „gehört zu den Ausdrücken für verdickte Gegenstände mit Anlaut kn“.
Gilt aber nicht für Knoblauch. In der Schweiz in den siebziger Jahren sehr unbeliebter Duftstoff, dessen Genuss nahezu ausschliesslich in teils diskriminierender in teils verachtender Form fleissigen Menschen aus dem Süden Europas nachgesagt wurde. Weil heisst eigentlich klobelouch (Klubo – Zehe)
Zurück zur Verdickung. Würde wenn das stimmt ja heissen, man müsste Knahne in die Sosse geben. Da ist der Begriff Knem ja schon sehr nahe dran. Und wäre dann nicht die Knem de la Knem eine Selbsthilfegruppe für übergewichtige Menschen ohne Freunde.
Knie. Ja Knie – ganz dicker Zirkus. Und bei vielen auch ein wuchtiges Gelenk, im übrigen gerne besungen: Ich hab Dein Knie gesehen – egal. Wieso heisst das männliche, dieses wenn… also die Bienen und dann sind da die Blumen … also wieso heisst das wie der gefleckte Kaffee (nur ohne die Flecken) und nicht „Knatte“ oder „Knimm..“, da fällt mir ein es heisst ja auch Knirps.
Mai 13th, 2009 at 7:46
Was hier bei der Originalpublikation schon kommentiert wurde, ist u.a. auch die regionale Dialektvariante mit dem „‚Knüppel’ in der Leitung“: http://www.blogwiese.ch/archives/280 .
Ja, Neuromat, auch wieder so ein Kn-Wort!
Ausserdem gehe ich ebenfalls davon aus, dass man eher an „die Knospe“ denkt, wenn man davon spricht, dass „jemand den Knopf aufgetan hat“ (vgl. Kommentar von Mare). Auf Französisch heisst „bouton“ schliesslich auch nicht nur „Knopf“ (an Textilien und als mechanisches/elektrisches Bedienelement) sondern „Knospe“. Und wer sagt denn, dass Kleiderknöpfe durch die ganze Geschichte hindurch immer so flach waren, wie wir das heute kennen? Ich sehe bildlich durchaus einen Zusammenhang zwischen Knospe, Knoten und Knopf.
http://www.az-berufskleidung.de/resources/kugelknopf.JPG
Ich lasse euch selbst in Grimms Wörterbuch ( http://germazope.uni-trier.de/Projects/DWB ) unter dem Eintrag „Knopf“ nachschauen. Da entdeckt ihr auch den sprachlichen Zusammenhang dieser Wörter. Aber da überlasse ich das Feld lieber AnFra, der sicher gern selber diese wissenschaftlich-geschichtlichen Gegebenheiten fussvolktauglich darlegen möchte.
Mai 13th, 2009 at 20:15
@Phipu
Da hast du mir ein Knotenholz zwischen die Hörner verpasst.
Passend zum Thema Knoten und Knopf mit der Quelle „kn“ habe ich eigentlich eine kurze Auszeit wegen der „knorrigen“, d.h. der durch Borelliose etwas entzündliche Gelenke geplant. Daher kann ich zeitlich nur ein Spezialthema abarbeiten: Den Henkerknoten.
Dieser morbide Knoten hat schon etwas an sich. Bei der folgenden Beschreibung gibt es (leider!?) keine aussagekräftigen Details, damit sich hier ein geplagter Ehepartner dieses Ding als kostenlose Betriebsanleitung runterlagen kann.
Viele Menschen befällt bei der Nennung dieses besonderen Knoten eine seltsame Erregung, ja teils sogar ein stilles Fieber. Dabei ist er auch nur ein Teil der großen Knotenfamilie.
Bei einer Militärübung haben im Untergestrüpp einige Soldaten ihre Knöpfe von ihren Feldjacken verloren. Es gab in der Batterie keine Ersatzknöpfe, da der Zeugmeister einen Knoten im Hirn hatte. Da habe ich den Jungs gezeigt, wie man aus einer dünneren Schnur sich Ersatzknöpfe (wie unsere Altvorderen) herstellt. Diese Knöpfe wurden durch jeweils in der Größe angepasste Knoten hergestellt.
Grüne Schnur auf grünen Tarnstoff im grünen Gelände, der Feind hätte uns niemals gefunden.
Bei dieser Aktion „Ersatzknopf“ war ein Geschichtsstudent dabei, der mich fragte, ob ich auch den Henkerknoten binden / knüpfen / winden / machen könne.
Zufälligerweise war ich mal mit einem Geschichtsheini bei einer Experimentalveranstaltung (nur mit Puppen!, hoffentlich) anwesent, die sich mit dem Henkerknoten beschäftigte. Durch die richtige Aneinanderlegung der Teilstränge des hierzu passend dicken und steifen Seils, den richtigen Beginn und Ende der Wicklung, des Schlaufendurchganges, des richtigen Materials mit der geeigneten Oberflächenstruktur und eventueller kleiner „schmutziger Tricks“ bezüglich Aufrauung oder gewisser Oberflächeneinreibung kann man jedes Ergebnis erhalten, das dem Henker und dem Richter gerechtfertigt erschien!
Eine schnelle und „saubere Lösung“ oder eine langsame „schmutzige Lösung“. Denn die Wirkung des Knotens und die jeweiligen Rahmenbedingungen als Genickbrecher und das Seil als Strangulierer bestimmen die „richte“ Knotenherstellung und somit direkt das Ende der menschlichen Kreatur.
Bei richtiger Seillage, der richtigen Windungstechnik und der richtigen Umtriebe ergibt sich ein sehr einfacher, sicherer und funktionsfähiger „Knoten“, der garantiert niemals aufgeht………aber dem Deliquenten den „Knopf“ zur Ewigkeit öffnet!
Weiteres hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Henkerknoten