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Warten Sie mehr ab, oder warten Sie mehr zu?

(reload vom 4.10.06)

  • Das lange Zuwarten
  • Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 01.04.06 einen Artikel über die Entdeckung der Gebeine Mozarts im Grab von Rossini. Eine wunderbare Glosse zum 1. April, sehr gut gemacht, darin der Absatz:

    „Eine Rolle für das lange Zuwarten hat sicherlich auch die Tatsache gespielt, dass einige Musikhistoriker kein besonders grosses Interesse daran haben, unangenehme Wahrheiten über so genannte Idole zu Tage zu fördern“

    Das lange Zuwarten
    Nun fragen wir uns natürlich: Warten Sie auch mehr ab, oder warten Sie mehr zu?
    Wahrscheinlich mehr „zu“, denn das „Abwarten“ ist in der Schweiz eine Tätigkeit, die man eher dem freundlichen Herrn mit Dackel und blauem Kittel überlässt, der es immer nicht abwarten kann und darum „Abwart“ geworden ist, sogar von Berufes wegen.

    Diesen „Abwart“ gibt es in Deutschland seltener, der ist an keinem Ort zu finden, nicht mal am „Abort“. Er wartete nämlich früher eher Blogs Blocks, und wurde daher „Blockwart“ genannt.
    Der Duden kennt sogar den Plural „Abwärte“

    Ab|wart, der; -s, -e, (seltener:) Abwärte (schweiz.): Hausmeister, Hauswart
    (Quelle: duden.de)

    Das Wort „Blockwart“ ist heute in Deutschland nur noch als Schimpfwort für solche Hausmeister verwendbar, die ständig hinter Mietern herspionieren. Ansonsten mutierte der Blockwart in Deutschland zum Hauswart.

    Natürlich findet sich das Wort „zuwarten“ auch in Deutschland. Als Ersatz für „abwarten“ finden wir bei Google-Schweiz 16.600 Einträge.
    So finden wir einen Minister, der es nicht tun will:

    Leuenberger will nicht zuwarten
    (Quelle azonline.ch)

    Und Fraktionen, die es tun wollen:

    Fraktionen wollen zuwarten
    (Quelle: wie oben)

    Auch in der Diskussion um Kampfhunde und Hundhalter wird viel zu viel zugewartet:

    Die grösste Tragik an der Geschichte in Zürich ist die, dass die Gefahr seit langem bekannt ist, die Behörden jedoch zuwarten und zuwarten…..
    Dann passiert dieser Fall = grosses Geschrei, wir müssen handeln, man konnte dies nicht voraussehen, aber jetzt…..
    1 Jahr später: zuwarten, zuwarten…….
    Ich frage Sie, wie lange noch wollen die Behörden zuwarten.
    (Quelle: www.zollikofen.ch)

    Also werden wir es nicht weiter abwarten und uns dieses schöne Wort ganz schnell angewöhnen, dann bleibt uns nichts mehr, als zu warten bis wir es auch wirklich einsetzen dürfen. Und das Warten gehört bekanntlich zu unseren Schweizer Lieblingstätigkeiten, in beiden Ausprägungen (vgl. Blogwiese). In der langsamen und in der schnellen Art: „Wart’ schnell!“. Nun ich werde extrem schnell warten, und wenn es sein muss, auch zuwarten. Könnte bis dahin nicht mal jemand mit einem Bier aufwarten?

    

    3 Responses to “Warten Sie mehr ab, oder warten Sie mehr zu?”

    1. Ric Says:

      Echt schade was aus diesem Blog wurde.

      Inzwischen geht’s nur noch um das kleinkarierte „Vergleichen“ vom Sprachgebrauch in der deutsche Heimatregion des Autors und dem Sprachgebrauch in der Schweiz. Es gibt nicht „das“ Standarddeutsche in der Schweiz und „das“ in Deutschland, oder Österreich. In unzähligen Kommentaren zu unzähligen Blogeinträgen haben dies unzählige Leser schon in verschiedenster Form dargelegt – … es war zu Beginn ein interessanter Blog aber seitdem die Themen schon lange ausgegangen sind sollte man ihn vielleicht einfach einstellen? Man soll aufhören wenn’s am schönsten ist.

      [Antwort Admin: Es gibt nichts Neues unter der Sonne, da hast du recht. Sogar das Aufhören war schon da: http://www.blogwiese.ch/archives/625 . ]

    2. Karla Heller Says:

      Wir haben in der Siedlung einen „Siedlungsabwart“, der seinem Namen alle Ehre macht….
      er „wartet ab“

    3. AnFra Says:

      @Ric

      Schade, deine Empfindung.
      Den hier auf der Blogwiese dargestellten Sprachgebrauch kann man m.E. nicht kleinkariert nennen.

      Die Beteiligten (also wir) sind keine akademisch ver- bzw. gebildeten Sprachwissenschaftler, denn es sind alles Liebhaber und –innen der deutschen Sprache. Wenn man die dt. Sprache als Diamant bezeichnen kann, so wird nach den (Haar-, Prinzipien-, Kern- ua.)-Spaltungen und durch den stetigen Schliff daraus ein Brilliant! Mit tausenden Fasetten.
      Den gegenwärtigen millionenfachen Spracheneinheitsbrei muss man ja nicht verspeisen!

      @Karla Heller hat ihren „Siedlungswart“ so beschrieben: er „wartet ab“.

      Nun, bereits im Namen „Wart“ ist die ehemals ursächliche Tätigkeit dieses Berufes enthalten: warten! Er wartet z. B. auch am Tor oder der Tür als „Tor- oder Tür-Wart“ oder als „Burg-Wart bzw. Haus-Wart“ was da so kommt. Er wartet und wartet und schaut, beobachtet, sichert, wartet und wartet bis seine Tätigkeit benötigt wird.

      Auch als Quelle der inflationsartig sich verbreitenden englische Bezeichnung „Steward“ für jeden Schnick-Schnack und Dreck / Mist ist der „Wart“ es wert untersucht zu werden.
      Hier erkennt man im altgerm. „stig-weard“ die noch im oberdt. –österr. „Stiegenwart“ verwende Berufsbezeichnung eines Majordomus = Guts- od. Hauswart / -Meister. Die Stiege als stufenförmig bearbeiteter Baumstamm bzw. Treppe.
      Die mittelalterlichen „Stiegenwarte / stewarts“ waren eigentlich Diener, Kellner, Warte und Bewacher der Herrschaften, die vor den Gemächern d.h. im Stiegenhaus / Treppenhaus, warteten. In England entstanden aus dieser Tätigkeit das Königshaus „Stuart (ursprünglich Stewart)“ und im Heiligen Römischen Reich in Entsprechung / Vergleich der „Schenk“ und „Truchsess“.
      Z.B. Graf Schenk von Stauffenberg (Hitlerattentäter) oder der „Bauernjörg“ Truchsess von Waldburg-Zeil (Massenmörder der oberschwäb. Bauern im Auftrag der Habsburger).

      Das ehem. dt. Kaiserhaus der „Hohenzollern“ hat sich im frühen Mittelalter über den „Stiegenwart“ zum „Hofwart“ bzw. „Majordomus“ bzw. „Burgwart“ und später dann zum „Burggraf“ von Nürnberg und über das fürstliche Lehen Sigmaringen und das brandenburgische Markgrafenlehen und die preußische Königswürde hochgearbeitet.
      Danach gings unaufhaltbar bis 1918 nur noch bergauf.

      Womit es nun bewiesen ist: Auch der Beruf eines Kellners bzw. Hauswarts / Hausmeister hat ungeahnte Aufstiegschancen.