Beim Forfait reut es uns das Reugeld
(reload 9.4.06)
Wir lasen im Tages-Anzeiger, dem Fachblatt für Wettrennen und Vertragsstrafen, am 25.03.06 auf Seite 12 die traurige Mitteilung:
„René Rindlisbacher muss für die neue Fernsehserie „Der Match“ auf SF2 Forfait geben. Der Zürcher Komiker hatte am Dienstag nur wenige Stunden vor der Premiere seines neuen Bühnenprogramms einen Kreislaufkollaps erlitten.“
Wir wünschen René Rindlisbacher an dieser Stelle natürlich gute Erholung vom Stress. Wir schätzen ihn sehr als begnadeten Situationskomiker bei der Schweizer Fassung von „Genial Daneben“ und als ehemaligen Moderator von „Wer wird Millionär“ Schweiz, auch wenn es mit der Gnade in letzter Zeit in der Sendung von Frank Baumann nicht mehr ganz so glänzend bestellt gewesen sein sollte. Kann ja wieder kommen, die Gnade, nicht die Sendung, denn die kommt auf jeden Fall gnadenlos jeden Dienstag um 20.00 Uhr im Schweizer Fernsehen. Halt! Es gab doch ein bisschen Gnade in dieser Sache, denn die Sendung wurde auf Sonntags 22:55 Uhr verlegt. Ausserdem wurde das Preisgeld für nicht gelöste Fragen um 100% erhöht, so sage und schreibe 100 Franken auf 200 Franken. Lösen die eigentlich mittlerweile auch mal eine Frage?
Jedenfalls verdanken wir dieser kurzen Notiz im Tages-Anzeiger eine neue Wortentdeckung. Nein, nicht „der Match“, das ist uns nix Neues. Denn Match haben wir vor der Haustür bei diesem fiesen Regenwetter jeden Tag, wenn wir auf den Parkplatz gehen, oder mit dem Hund aufs Feld. Wir kriegen ihn kaum wieder von den Schuhe, so fies klebt der an den Sohlen. Wahrscheinlich sollte es bei dieser neuen Fernsehserie auf SF2 um Schlammschlachten mit Match handeln, so genannten „mud-wrestling“ oder einem zünftigen „jawing match“. Nicht unser Stil, wir gucken lieber Talkshows.
Entdeckt haben wir das Wörtchen „forfait geben“. Wir kennen „gimmi five“, vielleicht gibt es ja auch „give me four“, „give me forfait?“
Unser Duden belehrt uns wie immer eines Besseren:
Forfait, das; -s, -s [frz. forfait = Reugeld (2),
Was ist denn Reugeld? Klingt wie eine Hundekrankheit, die Räude, aber die schreibt sich ja mit „äu“. Es handelt sich hier bestimmt wieder um eine Übersetzung von 1871 von Campe und Co:
Reugeld, das:
1. (Rechtsspr., Wirtsch.) Geldsumme, die vereinbarungsgemäß beim Rücktritt von einem Vertrag zu zahlen ist.
2. (Rennsport) Geldbuße, die der Eigentümer zu zahlen hat, wenn er sein zu einem Rennen gemeldetes Pferd nicht teilnehmen lässt.
Der Duden weiss aber auch, was „Forfait“ besonderes in der Schweiz bedeutet:
Forfeit] (schweiz., bes. Sport):
Zurückziehung einer Meldung bes. für einen Sportwettbewerb; Absage: (…)
Forfait geben (seine Teilnahme absagen; seine Meldung zurückziehen):
Die Rückenschwimmerin … musste schon auf die WM verzichten, ihre Schulterprobleme zwangen sie, auch für die nationalen Titelkämpfe Forfait zu geben (NZZ 29. 8. 86, 44).
Da haben wir es! Hier wird überhaupt nichts gegeben, hier wird einfach nur die Teilnahme abgesagt, und zwar in eleganter französischer Form. Da sage noch mal einer, dass Englisch die Sprache des Sports in der Schweiz sei. Nach der „Barrage“, in der gespielt wird, und der „Blamage“, die nie eintreten wird, nun das „Forfait“, von dem wir nicht mal die deutsche Version „Reugeld“ wirklich kannten.
Ob das viele sagen in der Schweiz? Na, aber locker 1’640 Fundstellen bei Google-CH. Und in Deutschland? Immerhin noch 168 Funde, was ja nicht sooo schlecht ist. Doch es stellt sich raus, dass es fast alles Schweizer Websiten sind, die nur in Deutschland gehostet werden.
Dafür ist der Begriff „Reugeld“ in Deutschland 3’060 Mal belegbar. Wir lesen vielleicht einfach nicht intensiv genug den Sportteil bzw. die juristischen Fachblätter, die sich mit 353 BGB „Rücktritt gegen Reugeld“ befassen. Da reut es uns dann das Geld, die zu kaufen.
In der Tagi-Meldung vom 25.03.06 heisst es weiter:
Zurzeit werde eifrig nach einem Ersatz für Rindlisbacher gesucht, allfällige Kandidaten werden aber keine genannt. Am 9. April werden 18 prominente Schweizer in ein Fussballcamp einrücken und unter Trainer Gilbert Gress den Alltag von Profifussballern leben.
Also nur kein Stress unter Trainer Gress. Ob „allfällig“ bedeutet, dass die häufiger mal hinfallen oder bald alle zu den Gefallenen (in welchem Krieg?) zählen, wissen wir nicht. Das Wörtchen gehörte bisher nicht zu unserem Wortschatz. Aber auch hier hilft uns der Duden:
allfällig [auch: ]
(bes. österr., schweiz.):
etwa[ig]; allenfalls, gegebenenfalls [vorkommend], eventuell:
Das soll uns doch allfällig mal nützlich sein, wenn die Zeit fällig ist!