Zu Boden mit dem Burschen — Wenn die Volksinitiative ins Sägemehl muss

September 24th, 2012

(reload 8.1.06)

  • Nach dem Hosenlupf werden sie gebodigt
  • Die Schweizer lieben ihren Nationalsport, das „Schwingen“. Sie lieben ihn so sehr, dass sie auch im Alltag die Fachsprache der Schwinger verwenden. Hatten wir uns gestern über den „Hosenlupf“ ausgelassen (vgl. Blogwiese), der ja ganz offensichtlich für jede Art von Auseinandersetzung und Kräftemessen, vor Gericht und anderswo, Synonym geworden ist, so lesen wir im Tages-Anzeiger vom 07.01.06

    „Der Zürcher Regierungsrat will die Volksinitiative ‚für eine realistische Flughafenpolitik’ per Gegenvorschlag bodigen“

    Zu Boden mit dem Vorschlag

    Hier wird also gar nicht mehr auf den Hosenlupf gewartet, hier wird so fest zugepackt und hochgehoben, dass der Gegenvorschlag gleich zu Boden geht, hoffentlich nur hinein ins weiche Sägemehl, und nicht auf die harte Betonpiste des Flughafens in Kloten.

  • Bodigen ist eine Schweizer Tätigkeit
  • „Bodigen“ tut man in der Schweiz gern, es finden sich 16’400 Google-Schweiz Belege gegenüber nur mageren 176 in Deutschland im Jahr 2006 , von denen sich die meisten mit der Frage beschäftigen, was denn „bodigen“ eigentlich heisst. In der Zwischenzeit (2012) ist auch Google.de bei 17’300 Einträgen angekommen.

    In der Deutsch-Synchronisierten Fassung der Monty Python Komödie „The Life of Brian“ (= Das Leben des Brian) sagt Pilatus: „Werft den Purschen zu Poden“. Es wird also schon bei Monty Pythons Truppe fleissig „gebodigt„. Die Schweizer kennen diese Übersetzung leider nicht, weil sie am liebsten nur die Originalfassungen im Kino ansehen.

    Wer sich auf dem Boden wieder findet beim Schwingen, zumal noch auf dem Rücken, der gilt als besiegt. Und genau diese Bedeutung hält auch unser Duden fest, wenn er zum Verb „bodigen“ schreibt:

    bo|di|gen [zu Boden] (schweiz.):
    a) bezwingen, besiegen:
    die gegnerische Mannschaft bodigen;
    „Der Berner Käser machte dann aber kurzen Prozess und bodigte den Sinser schon nach vier Minuten“
    (Blick 30. 7. 84, Seite 13);
    b) bewältigen:
    sein Arbeitspensum bodigen

    Quelle: Duden

    Und wie würde man in Deutschland an Stelle von „bodigen“ sagen? Im Ruhrgebiet wäre es „platt machen“. Und aus die Maus.

    Nehmen Sie reissfeste Hosen mit zur Gerichtsverhandlung — Der Hosenlupf

    September 19th, 2012

    (reload vom 7.1.06)

  • Georg Friedrich hat einen Bruder
  • Der Bruder von Georg Friedrich (vgl. Blogwiese: ) hat einen Englischen und einen Deutschen Vornamen. Auf Englisch heisst er „Justin“, zu Deutsch: „der Gerechte“ oder „Rechts-“. Wir lasen im Tages-Anzeiger vom 29.12.05:

    Rüge und Rechtshändel für Gemeinden

    Falls Sie in der Schweiz vor Gericht gehen müssen, dann achten Sie vor allem sorgsam darauf, welche Art von Hosen Sie zu diesem Anlass anziehen. Der Schweizer würde keine Hosen „anziehen“. So etwas Primitives tut in der Schweiz nur ein Magnet, wenn er Eisen anzieht. Oder die niedrigen Steuern, wenn sie Investoren aus dem Ausland …

  • „Anlegen“ und nicht „anziehen“
  • Der Schweizer macht mit seinen Kleidern hingegen das, was alle anderen in der Finanzwelt sonst mit ihren überflüssigen Geldmitteln machen: Anlegen. Eigentlich würde der Schweizer die Kleider eher „alegge“ , was Sie jetzt um Gotteswillen nicht mit stimmlosen g=k als „anlecken“ aussprechen sollten.

  • Hosen, die was aushalten
  • Doch zurück zu unseren reissfesten Hosen. Warum müssen die so stabil sein und etwas aushalten können? Nun, die müssen vor allen Ihr Gewicht aushalten können, wenn es vor Gericht zum „Hosenlupf“ kommt. Zum Hosenlupf kommt es laut Goggle über 10.200 Mal.

    Wir haben schon im Schwäbischen gelernt, dass „lupfen“ eigentlich „heben“ bedeutet, weil „heben“ für „halten“ steht. (vgl. Blogwiese: )

    Wir lupfen bzw. „lüften“ oder „heben“ z. B. den Hut zum Gruss. In der Schweiz brauchen Sie da mehr Kraft und reissfeste Hosen. Man wird Sie an diesen Hosen hochheben und testen, wie schwer Sie sind.

    Es kommt zum Hosenlupf, wenn sich zwei Kontrahenten gegenüberstehen und gegenseitig versuchen, sich an der Hose hochzuheben und ins tiefe Sägemehl zu schleudern. Den Schweizern ist die Formulierung „Hosenlupf“ vertraut, weil sie begeisterte Zuschauer beim Nationalsport „Schwingen“ sind.

    Auch beim „Schwingen“ werden keine Glocken geläutet, keine „Schwengel“ bewegt, wie einst das Rateteam von „Genial Daneben“ vermutete, sondern es wird versucht, den Gegner mit präzise eingesetzter Kraft zu „lupfen“, und zwar mit festem Griff an die einzige Stelle, die dafür erlaubt ist, nämlich an die Hose, oder an was haben Sie jetzt grad gedacht?
    Doch zurück zu der Geschichte mit dem Gericht. Wir lasen in der Weltwoche in einem Interview mit Moritz Leuenberger:

    Der Nationalrat will nicht einen besseren Vertrag, er will keinen Vertrag. Er will den gerichtlichen Hosenlupf mit Deutschland wagen. (www.weltwoche.ch)

    Da muss aber eine ziemlich grossen Hose her, wenn da ganz Deutschland reinpassen soll.

    Wenn der Gegner zu schwer ist, könnte vielleicht ein Schlankheitsmittel das Gewicht mindern helfen:

    Die Krankenkassen fordern das Departement von Ruth Dreifuss heraus: Sie wollen das Schlankheitsmittel Xenical nicht mehr bezahlen. Was bringt der Hosenlupf? (Quelle: weltwoche.ch)