Ein Trockengedeck ist kein Trockenfisch im Trockendock — Neue Schweizer Lieblingswörter
November 26th, 2011(reload vom 04.07.07)
Wir erhielten Post von einem Deutschen:
Sehr geehrter Herr Wiese,
mit großem Vergnügen las ich in Ihrem Blog. Wahrscheinlich fehlt noch ein Wort (denn alle Beiträge habe ich natürlich nicht gelesen), das mir letztes Jahr begegnet ist: das „Trockengedeck„. Als ich vom Kanton Thurgau die Einladung zu einem Mittagessen erhielt, musste ich als Deutscher rätseln, was das wohl bedeutete. Das Wort hört sich nicht gerade nach genussvollem Essen an.
Warum nicht? Trockenfisch schmeckt doch auch lecker. Er wird auch „Stockfisch“ genannt, weil die Trocknung auf Stockgestellen erfolgt (vgl. Wikipedia)
Das „Trockendock“ kennen die Hamburger recht gut. Es dient dazu, Schiffe trocken zu legen um sie zu reparieren. Eine Technik, die schon aus der Antike bekannt, wie man bei Wikipedia nachlesen kann. Aber ein „Trockengedeck“? Man bekommt ja schon einen trockenen Mund, wenn man das Wort nur liest. Die Elektropost berichtet weiter:
Nun, es war so, dass wir zum Essen eingeladen waren und das Trockengedeck spendiert bekamen. Der Kanton Thurgau lud zum Essen ein, die Getränke sollte man selbst bezahlen. Zwischen der Einladung und dem Mittagessen kamen jedoch die neuesten Bilanzen herein, so dass sich die Verantwortlichen des Kantons großzügig zeigten und auch noch die Getränke bezahlten.
Und wirklich, das praktische und knochentrockene Wort lässt sich nur in der Schweiz nachweisen, weder unser Duden, noch Der Wortschatz der Uni-Leipzig oder Grimms Wörterbuch wissen etwas darüber. Hier die Fundstellen von Google-CH.
Besonders lecker fein als „Trockengedeck“ stellen wir uns die berühmte „Steinsuppe“ vor. Die Geschichte dazu geht so:
Es war einmal vor langer Zeit, als die Menschen noch an Märchen glaubten, da klopfte ein Landstreicher an die Tür des Seeblick in Filzbach und bat um ein wenig heisses Wasser. Das wurde im gewährt. Der Landstreicher setzte seine Gamelle mit dem Wasser auf’s Feuer, zog einen Kieselstein aus der Tasche und tat ihn dazu. Dann rührte er das heisser werdende Wasser mehrmals um, schmeckte ab, leckte sich geniesserisch die Lippen. Auf die Frage, was er da mache, antwortete er: Ich koche mir eine Steinsuppe. Ob sie gut schmecke ? Vorzüglich. Aber ehrlich – etwas Salz könnte ihr nicht schaden; sagte der Landstreicher. Das Salz wurde ihm ebenfalls bewilligt.
Wie die Suppe jetzt schmecke ? Immer besser. Allerdings mit etwas Zwiebeln, Knoblauch und einer Handvoll Griess wäre sie ein Genuss. Auch diese Zutaten wurden ihm gereicht. Mit der Zeit erbat sich der Besucher weitere Zutaten, wie einen Fisch vom Walensee, Kräuter vom Garten, am Ende gar noch weissen Wein und geriebenen Käse. Die Suppe schmeckte wirklich herrlich. Als alle von dieser vorzüglichen Steinsuppe gegessen hatten, wusch der Landstreicher den Stein sorgfältig ab und steckte ihn in die Tasche. Aber der Wirt vom Seeblick liess nicht locker und gab solange keine Ruhe, bis der Suppenkoch ihm den Stein für teures Geld verkaufte.
(Quelle: www.seeblick-filzbach.ch)
Die in der Geschichte erwähnte „Gamelle“ ist übrigens auch ein Schweizer Spezialwort, welches Deutsche nicht kennen dürften. Es findet sich wie vieles aus der Schweiz im Duden erklärt:
Gamẹlle die; -, -n aus gleichbed. fr. gamelle, dies über it. gamella „Essnapf“ aus lat. camella „Schale“:
(schweiz.) Koch- u. Essgeschirr der Soldaten
(Quelle: duden.de)
Eine „Kamelle“ ist hingegen etwas Süsses, nämlich ein Karamelbonbon, dass im rheinischen Karneval zur Gaudi der Zuschauer von den Umzugswagen ins Publikum geworfen wird.