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Geben Sie nicht Pfötchen sondern Ihr Foto — Hörverständnisproblem mit Schweizern

(reload vom 25.01.06)

  • Fötteli und nicht Pfote geben
  • Wir belauschten ein flirtendes Paar junger Schweizer in der abendlichen S-Bahn:

    „Gisch mer dis Fötteli?“

    So weit ist es also schon gekommen, dass der junge Mann „Pfötchen“ geben soll. Wird hier der Versuch gestartet, aus wilder ungestümer Männlichkeit etwas Handzahmes zu generieren, das später wie ein Vögelchen ins „Näscht“ schlupft? (vgl. Blogwiese )
    Pfötchen geben
    Nein, es ist einfach nur ein neues Hörverständnisproblem. Das „Fötteli“ ist nicht die Pfote sondern die schweizerdeutsche Koseform für „Foto“. Sie können wählen zwischen der gängigen Schreibweise mit einem „t“= Föteli (56.800 Treffer bei Google-Schweiz ) und der etwas elitäre Version mit zwei „tt“, immer noch 5590 Treffer bei Google-Schweiz.

    Oh, wo wir es gerade vom „Foto“ haben: Dieses sächliche Neutrum kann in der Schweiz auch ganz feminine Züge bekommen: „Die Foto“ ist laut Duden erlaubt und üblich in der Schweiz:

    Foto, das; -s, -s, schweiz. auch: die; -, -s:

    Denn es ist eine Kurzform von „die Fotografie“.

    Durch die „Götti“-Diskussion lernten wir, dass in der Schweiz viele weibliche Formen zugleich auch Neutrum sein können:

    Die Mama => das Mami
    Die Gotte = d gotte (f.) = mini gotte => das Gotti = s Gotti = mis Gotti

    Da tut sich ein weites Feld auf für die Psychoanalyse, warum die Ur-Mutter „Mama“ plötzlich sächlich wird. Wahrscheinlich damit der Papa sie dem Kind nicht mehr streitig machen kann.

  • Überleben im Alltag mit einem Drittel Verständnis
  • Unsere Hörverständnisquote beim Schweizerdeutschen ist zwar gestiegen, die magischen 100% haben wir aber noch lange nicht erreicht. Der Leser Branitar aus Norddeutschland schrieb:

    In der Schweiz verstehe ich dann in der Regel nur noch etwa ein Drittel dessen, was gesagt wird, und das auch nur, wenn ich mich sehr konzentriere und mir den Rest denke. Auch an Tankstellen und Supermarktkassen muss ich oft explizit darauf hinweisen, dass mein Verständnis des Schweizerdeutschen nicht ausreicht, auch, wenn ich bereits mit meinem Gegenüber Hochdeutsch geredet habe (und man mir wohl recht stark anhört, das ich aus dem Norden komme).

    Wie kann man in einem Land überleben, wenn man immer nur ein Drittel versteht? Wir sehen da diverse Möglichkeiten:

    1.) Immer freundlich lächeln und hoffen, dass man das richtige Drittel verstanden hat.
    2.) Einen Antrag auf Zuteilung eines Simultan-Dolmetscher bei der Einwohnerkontrolle einreichen.
    3.) Es mit Englisch versuchen, das können die Schweizer fast noch besser als Hochdeutsch (siehe Fachsprache beim Fussball).
    4.) Als Norddeutscher einfach fragen: „Verstehen Sie Plattdüütsch?“ und dann munter drauflos „snacken“.
    5.) Einen Sprachkurs bei der Migros-Clubschule belegen (Beispiel hier) .
    6.) Wem 5.) nicht reicht, der kann ja noch die Fortbildung zum Jodeldiplom anhängen.

    

    16 Responses to “Geben Sie nicht Pfötchen sondern Ihr Foto — Hörverständnisproblem mit Schweizern”

    1. Sonne Says:

      Die Versächlichung von (speziell) weiblichen Bezeichnungen ist nicht typisch für die Schweiz. In gewissen deutschen Dialekten gibt es das durchaus auch. So heisst es zum Beispiel im Saarland: „Es Birgit“.

      Wenn jemand nach einigen Jahren Domizils in der Schweiz oder in einem anderen „fremdsprachigen“ Land die Sprache noch nicht so versteht, dass er kommunizieren kann, dann bietet sich wohl doch ein Sprachkurs in schwiizerdütsch an.
      Zum Einstieg tuts vielleicht das hier: Quiz

    2. alex Says:

      Die Versächlichung des Weiblichen, da sträubt sich mir alles und die Psychoanalyse freut sich. Allerdings assoziiere ich bei „Fötteli“ eher das gute kölsche „Fott“ und DAS ist dann wieder ein ganz anderes Feld…

    3. neuromat Says:

      Das Hörverständnis von 100% ist lediglich in eng aufeinanderhockenden Familien gegeben. Dies beweist die häufig Verwendung des Wortes:

      Wye oder Wiiiäää, ganz nach gusto des Sprechers.

      Das extreme Beispiel, welches von allen akzeptiert wird ist der Walliser Dialekt. Aber wie anders, als damit, dass eben der unterschiedliche Dialekt, denn er ist ja nun eine gesprochene Sprache, nicht ein 100%iges Hörverständnis ermöglicht, sind ewig wiederkehrende Bekundungen von zügelnden Ureinwohnern, dass sie jetzt in Brunnen auch nicht alles verstehen würden.

      Ich wage die These, dass bei solcher Kommunikation sehr spezifisch lokale Begriffe eher vermieden werden – möglicherweise instinktiv.

      Daher ist der Vorschlag mit dem Sprachkurs „Schwiizerdüütsch“ zwar lieb gemeint, aber es fragt, was denn da vermittelt werden soll.

      Hinzu kommt der Verlust an Worten, welcher zwar viel betrauert aber auch natürlich ist. Hier entstehen dann neue Worte des Schweizerdeutschen wie das universell einsetzbare „ägsdreäm“ , das sämtliche Dialekte derzeit bei den Jugendlcihen erobert.

    4. JensK Says:

      @Sonne, wieviel Sprachkurse sollen wir den aufnehmen? Das nachdem ich z.B. ich gut Züridütsch mit den Oberländervarianten, aargauer und solothurner Dialekt verstehe, am Berndütsch (bisch no am büggele?) arbeite und noch freundlich beim Walliser Dialekt nicke (den bekanntermassen auch Einheimische aus anderen Landestilen schlecht verstehen)…

      Das Dialektverständiskommt mit der Zeit, dass wäre in Dutschland auch nicht anders, in Bayern sagt die Verkäuferin halt „Saupreiss“ und Sie gibt sich Mühe beim Hochdeutsch.

      @Alex, da ich hätte mehr Probleme mit dem „Füddi“

      Beim „Znüni“ bin ich übrigens in der Basler Ausgabe von 20min über folgendes gestolpert:

      Fährimaa Thurneysen rettet Selbstmörder…(oder so ähnlich), na dachte ich, ein Finne rettet in Basel einen Menschen… 😉

      übrigens war der Fährmann nur wegen zwei „Dütsche uffm Rhii unterwäägs“

      der Online Artikel mit anderer Schlagzeile liest sich etwas verständlicher

      http://www.20min.ch/news/basel/story/19970967

    5. Johann Says:

      Wo ist denn der Clip aus der Migros-Clubschule her? Der ist ja witzig!
      Übrigens kenne ich auch die anfängliche Schwierigkeit, „Föteli“ und „Füdeli“ auseinanderzuhalten. Mit der Zeit lernt man dann aber, das hier der kleine Lautunterschied sehr viel ausmacht…

    6. Guggeere Says:

      «Drittelsverstehern» empfehle ich zunächst Methode 0: höflicher Hinweis, man verstehe den Dialekt nicht bzw. nicht gut. Danach die oben beschriebene Methode 4, die einzig richtige Antwort an sprachliche Helvetozentriker.

      @ alex
      Bei der Versächlichung des Weiblichen sträubt sich bei dir alles? Ist dir noch nie aufgefallen, dass jedes Wort, dem du ein Diminutiv anhängst, sofort sächlich wird, sogar auf Standarddeutsch? Und was passiert mit dir, wenn du etwas Englisches liest, wo du das Feminine gar nicht oder erst nach einem halben Kilometer Text halbwegs erkennst? Herzinfarkt?
      Ähm … zum mir unbekannten kölschen F-Wort aus dem ganz anderen Feld: Wenns das ist, was ich vermute, gibts dazu ein hochalemannisches lautliches Pendant (Verbreitungsgrad im Sprachgebiet zirka 100%) mit Stammvokal ü (selten: ö), das mit der typischen hiesigen Verkleinerungsform endet. Es gilt aber immerhin als weniger vulgär als das gemeindeutsche synonyme A-Wort.

    7. Schoggistaengel Says:

      Meine Grossmutter braucht übrigens noch den Begriff „z’Fiidi gah“, den aber die Jungen soweit ich weiss kaum mehr kennen.

      Kenne ihn ja selbst nur mehr von Ihr.

      „Z’Fiidi“ geht man übrigens, wenn man sich an der Fastnacht verkleidet und als „Maschgii“ (Kostümierte/r) ausgeht.

    8. lis Says:

      Die Versächlichung des Weiblichen ist in vielen Dialekten zu finden. Wie „Sonne“ schon ausführt, ist das im Saarland sehr verbreitet. Ich habe dort z.B. gelernt, dass bei Eheschliessungen nicht „Sie“Er“ heiraten, sondern „Es+Er“ 🙂 Neuerdings beobachte ich – vor allem in der Schweiz – eine „Gegenbewegung“: Auf „Mädchen“ folgt nicht merh „es“ sondern „sie“. Also: Nachdem das Mädchen in die Schule gegangen war, machte sie (statt „es“) nachmittags Hausaufgaben. Das ist mindesten so bekloppt wie „das Mami“ und „das Gotti“.
      Für die Verständnisproblme: Einfach langsam einhötren. Wenn man nach Frankreich oder England ziehen würde, müsste man sich auch langsam an die Fremdsprache bzw. den regionalen Dialekt gewöhnen. Warum sollte das in der Schweiz anders sein?

    9. Hugo Says:

      Also das Schwiizerdütsch Quiz ist ein Züridütsch Quiz!

      1. Giel => Gieu
      2. Härdöpfelstock => Hardöpfuschtock
      3. sie het mich zämä gschisse => si het mi zämegschisse
      4. Ich gang ufd chile => I go uf dChöuche
      5. Min Papi isch hüt am schaffe z Züri => Mi Papi isch hüt zZüri am bügle
      6. sonen seich => sone seich
      7. Ig latsche uf Bärn => Ig latsche uf Bärn
      8. So en scheiss ich mun no mini ufzgi machä => Sonä scheiss ig mues no mini husi mache
      9. unzgi => ungerhös
      10. Kan Blasse! => Ke Blasse
      11. Min haxe tünd echt voll weh! => Mini haxe tüe weh
      12. Gfrörli => Gfrörli
      13. Ig chläbä es Blatt i mis Heft => Ig chläbä es Blatt i mis Heft
      14. Zeltli => Täfeli
      16. Ich han .. => Ig ha

      Als Aargauer, Luzerner, Berner oder Solothurner wird man in Zürich ausgelacht. Als Zürcher wird man in Aargau, Luzern, Bern und Solothurn zusammengeschlagen 😉

      Also Obacht bei den Dialektkursen!

      [Anmerkung Admin: Sind Sie sicher, „dass sie het mich zämä gschisse“ und „si het mi zämegschisse“ wirklich das Gleiche bedeutet? Ich ging, so rein dem Sprachgefühl und Klang nach, davon aus, dass seien zwei völlig verschiedene Ausdrücke. Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht… Donnerwetter. ]

    10. Simone Says:

      Ein Drittel Hörverständnis ist doch für den Anfang recht gut! Nur Mut, das wird noch mehr. Mit der Zeit hört man sich ein.

      Diese Versachlichung der Mütter stört mich ungemein. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass einige Frauen nach der Entbindung einen geschlechtsneutralen Eindruck vermitteln. Völlig aus der Form, gestörter Tag-Nacht-Rhythmus, Tausch eleganter weiblicher Garderobe gegen Jogginghose und weite T-Shirts…Wenn man sich überlegt, dass die Kinder erst mit 5 Jahren betreut werden und „es Mami“ über Jahre hinweg zu Hause vor sich hin vegetiert, wundert mich nichts mehr.

    11. Doro Says:

      @neuromat

      Danke noch für Deine schöne Ausführung vom 14. Oktober, vor allem zu den Schweizer Fahnen ab 18 Uhr.
      Weil mich nun aber völlig überraschend nach einigen Monaten gemütlichem Luxusleben im heimischen Büro ein Job im Grossraum Zürich überkommen (übercho) / ereilt hat, war ich so intensiv mit Extrem-Pendeln beschäftigt, dass ich mich erst heute wieder in die Blogwiese einloggen konnte.

      @ alle
      An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für die vielen unterhaltsamen, interessanten und bestimmt auch fundierten 🙂 Beiträge, die mir im Alltag schon oft weitergeholfen haben und jetzt zur Verständigungbasis in meinem Beruf werden könnten… (erkennt bitte die moralische Verpflichtung darin!) Ich arbeite als Redaktorin und die Hörverständnisprobleme halten sich Dank Blogwiese in Grenzen. Dass meine Kolleginnen mit dem Wunsch nach Föteli schöne Fotos und nicht meine „Futt“ sehen wollen, ist ja gut zu wissen und der Unterschied im Fall nicht unerheblich!

    12. Guggeere Says:

      Diese neutralisierten Frauenbegriffe werten das Weibliche in keiner Weise herab; im Gegenteil: Sächliche Wörter für Frauen wie Mami, Gotti und Grosi (ich hatte sogar ein Tanti) implizieren Sympathie und Nähe. Ich denke auch, dass sie vor allem von Kindern gegenüber Erwachsenen in der eigenen Familie verwendet werden, meistens in der Anrede, und so etwas wie Kosewörter sind. Also nur wer eine gute Beziehung zur Grossmutter hat, nennt sie «s Grosi» oder «s Omi». Wer Distanz markieren will und z.B. mit seiner Mutter Streit hat, spricht eher von der «Mueter» als vom «Mami».
      Ich bin zwar kein Linguist oder Terminologe; aber vielleicht sehen das andere etwa ähnlich.

      @ Doro: Das wäre doch eine Reportage: Schweizer Männer stellen ahnungslosen deutschen Frauen eine Föteli-Frage – und die Reaktionen darauf…

    13. Mare Says:

      @Hugo: Mini Haxe tue mer weh: in Bern doch „Mini Scheiche tue mer weh“.

    14. Fanki Says:

      @Johann
      Wenn Du nicht ganz sicher bist, was gemeint war: Frag doch mal nach ob Du es anschauen darfst 🙂

    15. alex Says:

      @Simone: „dass einige Frauen nach der Entbindung einen geschlechtsneutralen Eindruck vermitteln. Völlig aus der Form, gestörter Tag-Nacht-Rhythmus, Tausch eleganter weiblicher Garderobe gegen Jogginghose und weite T-Shirts…“ Tausch der Handtasche gegen einen breibeklecksten geräumigen Rucksack…usw…Diesen reizvollen Sachverhalt nannte eine bekannte deutsche Frauenzeitschrift die „schleichende Vermuttiisierung“ und genau so ist das auch, kein Wunder, dass die ungenau hinsehende Umwelt aus so einem Wesen eine Sache macht.

    16. neuromat Says:

      na ja Leute jetzt wollen wir doch mal auf dem Teppich bleiben. Das läuft doch ziemlich nach dem Muster „Wat de Buur nich kennt, dat fritt he nich“

      wir haben Probleme mit „es Mami“ oder „das Mami“, weil wir das nicht kennen und weil nach unserem anerzogenen Sprachempfinden es „die“ heissen muss. Von der anderen Seite hören wir, dass „die Mueter“ nicht gerade die emotional liebevolle Bezeichnung darstellt.

      Das rechtfertigt aber nicht dazu herleiten, dass der Gebrauch von „s Mami“ nun eine „Verdinglichung“ oder „Versachlichung“ bedeutet. Diese Logik besitzt unsere Sprache nicht.

      Sollte es dann nicht eigentlich auch heissen: Das Mensch oder das Erwachsene sowie das Kind. Oder werden Frauen nie erwachsen. Ist doch Unsinn, jede weiss, dass Männer nie erwachsen werden und auch noch stolz darauf sind (wenn sie beim Militär mit grossen Maschinen spielen dürfen oder auf Abenteuerfahrten gehen).

      Oder auch „das Politiker“. Ich meine, was ist das für eins, das wochenlang erzählt, alles in bester Ordnung, nein, nein, wir brauchen keinen Rettungsplan, bei uns doch nicht, kein Gedanke, gar nicht darüber reden, führt nur zu falschen Gedanken und auch im Fall hier ist er ja auch schon, ist mir gerade so aus der Hose oder unterm Rock her gerutscht … und bei der Gelegenheit mit ich mich bei all den Hurra Idiot äh Patriten bedanken, die es wunderbar finden, wie sie hier von uns hinters Licht, also nicht absichtlich geführt ja sowieso nicht und vielleicht haben wir in drei Monaten ja wieder ne völlig unwichtige Abstimmung oder eine, wo wir so lange abstimmen lassen, bis es endlcih der letzte kapiert, wo er oder sie

      na ja, jetzt bin ich aber vom Thema abgekommen