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Wenn ein Genie eine Brücke baut

(reload vom 13.1.06)

  • Wenn Genies in ganzen Truppen unterwegs sind
  • Bei dem Wort „Genie“ denken wir Deutsche unwillkürlich an Leonardo da Vinci, Friedrich Schiller, Albert Einstein und Harald Schmidt. In der Schweiz sind wir diesem Wort oft auf Schildern an Flussufern begegnet.

  • Genietruppen
  • Wir lasen dieses Wort in einer Beschreibung der Aareschlucht in Brugg.

    „Hier befindet sich der Übungsplatz für die Genietruppen“.

    Was kann das sein? Werden hier kleine Albert Einsteins trainiert? Treten sie zahlreich auf, sogar in Truppenstärke? Dunkel erinneren wir uns daran, dass in Frankreich ein Strassenbauingenieur den Titel „génie civile“ führt. Und richtig, auf der Webseite des Schweizer Militärs heisst es:

    Seit dem 19. Jh. bezeichnet Genie in der Schweiz im engeren Sinn die Genietruppen, im weiteren Sinn aber die militär. Bautechnik zur Landesverteidigung . Mit der Bautätigkeit des Staates zur Kriegsvorbereitung ( Befestigungen ) soll die Beweglichkeit der eigenen Truppen erhöht, jene des Gegners vermindert und die eigenen Kampfbedingungen durch Waffenstellungen und Schutzbauten verbessert werden. Das Wort Genie stammt aus Frankreich, wo es im 18. Jh. die Befestigungstechnik bezeichnete, aber auch als Name für das Offizierskorps des Festungsbaus und seiner Schulen gebraucht wurde.

    Die Genietruppen stellen die Mobilität der anderen Truppen durch den Bau von Verkehrswegen (Straßen, Brücken, Fähren) sicher und unterstützen sie beim Bau behelfsmäßiger Geländeverstärkungen.

    Wenn die das so gut können, warum waren die dann bei der letzten grossen Überschwemmung in Engelberg nicht sofort im Einsatz? Tagelang war der Ort abgeschnitten von der Aussenwelt und konnte nur per Hubschrauber erreicht werden. Eine wunderbare Gelegenheit, um die schnellen Einsatztruppen der Schweizer Armee zu testen, verstrich ungenutzt.

  • Hochwasser in Engelberg:
  • Dann fielen, von 6 Uhr morgens bis um Mitternacht, in 18 Stunden 135 Liter Wasser auf jeden Quadratmeter Boden der Berggemeinde. Vormittags um 11 Uhr wurde die Kantonsstraße, die einzige fahrbare Verbindung ins Unterland, von einem Erdrutsch bedeckt. Am Nachmittag begann die Feuerwehr mit der Evakuation gefährdeter Wohngebiete. Gegen Abend riss die Engelberger Aa eine Brücke mit, die das Flussbett verstopfte. Das Wasser suchte sich jetzt einen Weg mitten durchs Dorf, füllte Keller, floss durch Stuben, nahm eine Abkürzung durch die Yucatanbar, riss Autos mit und Gartenmöbel. (…)
    Nachts um 21.50 Uhr meldete ein Wachposten dem Krisenstab, der Viadukt eingangs des Dorfes sei weggebrochen, Straße und Schiene auf einer Länge von 80 Metern weggespült. Der Krisenstab hielt den Mann für verrückt, sandte die Polizei aus. Die Polizei bestätigte. Engelberg von der Außenwelt abgeschnitten. Morgens um 4 Uhr fiel der Strom aus.
    (Quelle: Die Zeit)

    Wo waren nur die Brückenbauer von den Genietruppen?
    Sie waren dort in Engelberg! Das kann man detailliert nachlesen in diesem Bericht (Dank an Viking).

    Zwei Untergruppen davon führen ebenfalls französische Bezeichnungen.

  • Sappeure:
  • Zu ihren Aufgaben gehören Bau und Unterhalt der Verkehrswege und Brücken, Feldbefestigungen, Sprengdienst usw. Sie bedienen Baugeräte für Holz und Stein und fahren mit Schlauchbooten.

    Sappalot, das wussten wir nicht!

  • Pontoniere:
  • Der Bau der Schwimmbrücke und das Übersetzen von Truppen und Material über Flüsse und Seen mit Booten und Fähren sind ihre Aufgaben

    Darum also die zahlreichen „Pontoniere-Vereine“ am Rhein zwischen Stein am Rhein und Schaffhausen. Und unterhalb des Rheinfalls zwischen Neuhausen und Basel. Auch an Aare und Reuss finden wir sie häufig. Hier wird überall das Brückenbauen für den Ernstfall trainiert! Damit die Schweizer Armee schneller in Deutschland einmarschieren kann? Nicht ganz schlüssig, dieses Konzept. Aber wir wollen nicht weiter fragen, wenn Genies am Werke sind.

    Pontonbrücke über den Rhein bei Schaffhausen 1923
    PontonBrücke über den Rhein bei Schaffhausen 1923
    (Quelle: Stadtarchiv Schaffhausen)

    

    9 Responses to “Wenn ein Genie eine Brücke baut”

    1. H. Keller Says:

      Viele militärische Bezeichnungen in der Schweiz stammen noch aus einer Zeit, als Französisch in gewissen Bereichen verbreiteter war, als Deutsch. Beim Militär ist dies der Fall, auch bei Rangbezeichnungen wie General oder Leutnant. Sapeur = Pionier, Sapeur-pompier=Feuerwehrmann. Genie hat wohl eher mit Ingenieur zu tun, génie civil = Ingenieurwesen. Ein Ponton ist ein Bootsanleger (zu Land) oder eine Schiffsbrücke (auf dem Schiff). Pontoniere bauen mit Booten Brücken. In einem berg- und flussreichen Land wie die Schweiz eigentlich verständlich. Soweit ich mich erinnere, gehört es zu unserem Verteidigungskonzept, bei einem Einmarsch von Feinden unsere Brücken zu sprengen und nach Bedarf Brücken aus Pontons zu erstellen, die sofort wieder verlegt werden können. Damit würde eine Invasion von Infanterie zum schwierigen Unterfangen. Heute brauchen wir derartige Notbrücken wohl eher noch bei zivilen Katastrophen, Ueberschwemmungen, etc. Und der „Feind“ kommt heute wohl auch nicht zu Fuss über die Grenze.

    2. AnFra Says:

      @H.Keller
      Habe mit der Gleichstellung „Sapeur“ = „Pionier“ gewisse Probleme. Denn für mich war bis dato eigentlich die Gleichstellung „Genie“-Truppe (schw.) = „Pioniere“ (dt.). Habe in dem Internetauftritt der Schweizerarmee eigentlich nur die Benennung „Genie-Truppe“ vorgefunden.
      Militärhistorisch würde ich die Genietruppe in der Schweiz mit z.B. der Pioniertruppe in Deutschland vergleichen und sogar gleichsetzen, trotz gewisser Unterschieden.

      Denn den Sapeur (Gruben- grabenarbeiter / (Steinsetzer / Maurer)) kann man historisch und faktisch als einen Teilbereich der Genietruppe bezeichnen, denn er hatte die Schanzarbeiten, Graben- und Unterstandarbeiten (ober- und unterirdisch), wiederherstellenden Wege- und Brückenbau, Hindernisbeseitigung uam. durchzuführen.
      Als eine Besonderheit ist der „Mineur“ mit seiner Spezialität der Untergrabung für die Minenkammern unter den Vorburgen, Festungen und Stadtmauern anzusehen. Diese Mineure hatten wohl die wichtigste Leistung bei der 2. Wienbelagerung durch die Türken. Die letzte Mineuertätigkeit der Engländer gegen Deutsche in 1917 an der Westfront.

      In Dt. gab es z.B. noch besondere Genie- / Pionier-Truppen: Eisenbahn-, Sturm- und Sperrpioniere.
      Die Brückenpioniere sind in D innerhalb der Pioniertruppe integriert und in der CH bilden sie eine eigene Einheit: Die Pontoniere.

    3. Simone Says:

      @H. Keller:
      Vielen Dank für die Info! Kurze Frage: Wer ist heutzutage denn der Feind, denn Sie sicher nicht ohne Grund in Anführungszeichen gesetzt haben?

    4. Peter Says:

      Mein Bruder hat auch Pontons verlegt fürs Militär – allerdings in Österreich und galt dort nicht als Genie sondern als Pionier. Vielleicht sollte man somit den Geniestreich in Pionierstreich ändern? Aber das ist wohl eine andere Geschichte…

    5. Heidi K. Says:

      @Simone: Den klassischen Böfei (Böser Feind) gibt es heute nicht mehr, bis vor kurzem waren das meistens die bösen Bolschewiken, der Feind kam ganz klar aus dem Osten. Ich bin überzeugt, dass wir hier keine wirklichen und auch keine potenziellen Feinde mehr haben. Höchstens vielleicht die ewigen Jammerer vom Dienst in den eigenen Reihen. Und natürlich gibt es heutzutage die latente Gefahr von terroristischen Anschlägen. Daran, dass die BR Deuschland uns mit Gewalt annektiert, glauben wirklich nur noch Spinner. Obschon ich erst kürzlich wieder in einer TV-Sendung von einem Deutschen gehört habe, eigentlich sei doch alles, was deutsch spricht auch deutsch und gehöre eigentlich zusammen. Meiner Meinung nach muss die Frage nach dem Sinn unserer Armee erlaubt sein. Ich denke, dass sie beim sogenannten „Bevölkerungsschutz“ bei Katastrophen jedwelcher Art gute Dienste leistet und uns auch eine gewisse (wohl eher trügerische) Sicherheit vermittelt. Dafür würde aber eine deutlich kleinere, aber gut ausgebildete Truppe genügen. Und wenn ich daran denke, was man mit dem in Rüstungsprogramme investierten Geld alles Gutes tun könnte … dann lassen wir das lieber, sonst werde ich noch unhöflich.

    6. Kerstin S. aus B. auf R. an der O. Says:

      Danke für das Bildungserlebnis.

      Beim Thema Hochwasser an sich muss ich unwillkürlich an den Klugschweizer denken >>>
      http://www.presseportal.ch/de/pm/100005425/100541687/schweizer_illustrierte/

      Es wird Zeit, dass Ihr in dem Segemnt auch Anschluss an die Zivilisation bekommt 😉

      Gruß von ganz oben (auf der Karte 🙂

    7. helza Says:

      @kerstin: Was Kachelfrosch absondert, darfst du nicht 1:1 nehmen. Er ist ein ausgezeichneter Meterologe und hat viele Aufträge aus Deutschland, wo er gut arbeitet und beliebt ist. Ich gönne ihm das. Hinter seinen Aeusserungen stehen aber ganz handfeste geschäftliche Interessen. Von seiner Warte aus betrachtet erfrecht sich unsere Swiss Meteo, die vom Bund (Staat betrieben wird und ausgezeichnet arbeitet, ebenso wie das Schweizer Fernsehen, ihn zu übergehen. Also schimpft der Frosch wie ein Rohtspatz auf die Schweizer Wetterfrösche. Nun, diese melden die Hochwassergefahr schon und sehen sie auch voraus. Es ist nicht immer eine Frage der Anzahl Messtationen, sondern wo diese stehen. Wenn jedoch derartige Naturgewalten losbrechen, ist meistens nicht mehr viel zu machen (ausser evakuieren und das tun wir ja), Überschwemmungen lassen sich nicht vermeiden und die Möglichkeit, die Seen als Ausgleichbecken zu nutzen, sind bei derart viel Wasser begrenzt. Es braucht oft nur ein paar Bäume, die bei einem Unwetter unglücklich in einen Bach fallen und schon staut sich der und entleert sich dann auf einen Schlag mit wüsten Folgen oder tritt über die Ufer. Ich denke aber, Ihr habt das in Deutschland auch schon erlebt, weshalb also die gehässige Bemerkung wegen dem fehlenden Anschluss an die Zivilisation? Unsere Topografie ist nun mal, wie sie ist. Die Schweiz gilt als ‚Wasserschloss‘ Europas. Einerseits toll, weil wir nie Wassermangel haben werden und das Wasser hier auch sauber ist. Andererseits kommt eben auch mal zu viel vom Nass auf einmal. Noch ein Tipp: Die Homepage von SF DRS, dort auf Meteo und dort unten die Wolkenradarkarte anklicken, die haargenau anzeigt, wo es aktuell regnet, was also (meistens von Westen) auf uns zukommt. Mit der Intensität. Allein schon daraus lassen sich Schlüsse ziehen. Die Messstationen messen ja nur, was bereits vom Himmel getropft ist.

    8. Guggeere Says:

      Bei Kachelmann vermute ich das Muhammad-Ali-Syndrom; das heisst, er hält sich für den Grössten. Er scheint vergessen zu haben, dass er u.a. dank seiner früheren Karriere am Schweizer Fernsehen heute in Deutschland den grossen Reibach machen darf. Seit Olims Zeiten hackt er auf Meteo Schweiz herum mit Argumenten, die mir ebenso mittelmässig scheinen wie seine journalistischen Leistungen und ebenso durchsichtig wie seine Motive.
      Übrigens: Auch in Deutschland kann es Kachelmann offenbar nicht lassen:
      http://www.stern.de/politik/panorama/:Vorhersage-Streit-Wetterdienst-Privat-DDR/557621.html

    9. jo-SR Says:

      Im 19. Jht. hießen die nachmaligen Pioniere der bayerischenArmee auch Genietruppen