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Die deutsche Koryphäe hört auf — danach bitte nur einen Schweizer

  • Der Mann ist aus Deutschland
  • Professor Otmar Trentz hat viele Jahre die Klinik für Unfallchirurgie im Uni-Spital Zürich geleitet und Zürich in diesem Bereich zu internationalem Ansehen verholfen. Der Mann ist das, was man gern als „Koryphäe“ bezeichnet, eine anerkannte Autorität in diesem Bereich der Medizin. Eigentlich wollte er Mitte 2007 in den Ruhestand gehen, doch da kein Nachfolger gefunden wurde, verlängerte er nochmals um ein Jahr. Der Tages-Anzeiger schreibt:

    Die Universität setzte darauf wie üblich eine Kommission ein, die vor der Wiederbesetzung des Lehrstuhls überprüfen sollte, ob die Klinikstruktur den heutigen Anforderungen noch gerecht werde. In der Kommission sassen auch drei Medizinprofessoren, welche die Klinik gerne zerlegen würden, um sie danach unter sich aufzuteilen: Leberchirurg Pierre-Alain Clavien, Lungenchirurg Walter Weder und Orthopäde Christian Gerber vom Balgrist. Sie konnten aber keine Mehrheit hinter sich bringen. Nach Anhörung zahlreicher, auch internationaler Experten sprach sich die Kommission für eine Unfallchirurgie aus, auf der sich weiterhin breit ausgebildete Fachärzte für Allgemein- und Unfallchirurgie um die Erstversorgung von verletzten Menschen kümmern. (…)
    Fachleute sagen, dass dank diesem Konzept jedes Jahr mehrere schwer Verletzte im Zürcher Uni-Spital überleben. Denn erfahrene Unfallchirurgen können rasch einschätzen, welche Verletzung lebensbedrohend ist und welche weniger schlimm, und den Patienten mit den entsprechenden Prioritäten behandeln. Was hingegen passiert, wenn nur noch Spezialisten zuständig sind, beschreiben die Befürworter des ganzheitlichen Ansatzes überspitzt so: Während sich die Spezialisten noch streiten, wem der Patient gehört, ist dieser bereits gestorben
    (Quelle: Alle Zitate aus dem Tages-Anzeiger 06.02.08, S. 17)

  • Sozialkompetenz oder Kasernenton?
  • Doch die Suche nach einem würdigen Nachfolger gestaltet sich schwieriger als gedacht. Verlangt werden nicht nur fachliche Qualitäten sondern auch die richtige Sozialkompetenz:

    Zwei Kandidaten haben kurz vor Vertragsabschluss abgesagt. Der erste, weil er ein besseres Angebot bekam. Der zweite hat nicht goutiert, dass der Spitalrat ihn vorlud, nachdem er im Persönlichkeitstest nicht gut abgeschnitten hatte. Dass ein Bewerber für einen Lehrstuhl der Medizin von den Spitalverantwortlichen zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, ist neu, wie Hasler sagt. Die Gesundheitsdirektion habe früher die von der Uni Auserwählten einfach abgesegnet. Der Spitalrat hingegen, der seit einem Jahr das oberste Organ des Uni-Spitals ist, möchte die Leute persönlich kennen lernen. Denn Professoren der Medizin lehren und forschen nicht nur, sie leiten auch Kliniken. Für das Spital ist es deshalb wichtig, dass sie Sozialkompetenz haben.

  • Einen Schweizer bevorzugen
  • Bei „goutieren“ dürfen sie jetzt nicht an die Guillotine denken, sondern eher an „le goûter“, dem „Zvieri“ in Frankreich. Es schmeckt einfach besser. Doch was im Uni-Spital mit „Sozialkompetenz“ wirklich gemeint ist, das verrät uns der Tages-Anzeiger im nächsten Absatz:

    Hinter dem Favoriten rangierten ex aequo ein Deutscher und ein Schweizer. Hasler macht keinen Hehl daraus, dass er den Schweizer Bewerber bevorzugt: «Vor dem Hintergrund der Debatte um die Deutschen an der Uni wäre dies ein wichtiges Signal.» Beim Schweizer handelt es sich um Marius Keel, 38-jährig und rechte Hand von Otmar Trentz. Er ist nicht nur fachlich und wissenschaftlich bestens ausgewiesen, sondern hat auch beim Persönlichkeitstest besser abgeschnitten als der abgesprungene Spitzenkandidat der Uni.

  • Völker hört die Signale
  • Diesen „Persönlichkeitstest“ würden wir gern mal kennenlernen. Wird darin auch wirklich korrekte Sozialkompetenz in Quizform abgeprüft? Zum Beispiel mit der Frage: „Wie drücken Sie sich aus, wenn Sie während einer OP einen Tupfer benötigen um eine Blutung zu stillen“:

  • a) Ach Exgüse, wären Sie so gut und täten mir vielleich einmal den Tupfer rüberreichen, wenn es keine Umstände macht? Ich bin übrigens der Hansruedi.
  • b) Please, pass me the swap!
  • c) Tupfer her, aber zack-zack!
  • So wird also ein „wichtiges Signal“ gegeben bei der Kandidatenauswahl. Auch Schweizer Fachärzte haben im Uni-Spital eine Chance, wenn sie im Persönlichkeitstest besser abschneiden. Gehört eigentlich ein zünftiger Rorschachtest auch dazu?
    Rorschachtest
    (Quelle Foto: Wikipedia)

    

    22 Responses to “Die deutsche Koryphäe hört auf — danach bitte nur einen Schweizer”

    1. Neuromat Says:

      Die Chompätenzen erscheinen

      „Nach Anhörung zahlreicher, auch internationaler Experten sprach sich die Kommission“ … das darf man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen….Fachleute sagen …. wenn nur noch Spezialisten zuständig sind, beschreiben die Befürworter des ganzheitlichen Ansatzes überspitzt so: Während sich die Spezialisten noch streiten, wem der Patient gehört, ist dieser bereits gestorben.“

      Da scheinen aber eine Menge Spezialisten am Werk gewesen zu sein. Hoffentlich ist die Unfallchirurgische Klinik des Universitätsspital Zürich da noch nicht verstorben. Und wer in einer Zeitungsredaktion übernimmt eigentlich so einen hirnlosen Mist. Gibt es da keinen Chefredaktor mehr, der das mal gegen liest. Auf den Punkt gebracht, erledigen sich die Experten mit ihrer Meinung zur Expertenmeinung selbst. Das ist auch gut so, nur kriegt das wieder niemand mit.

      Wer, ja wer gehört denn zu den ersten, die den Verletzten versorgen. In der Regel der Dienst tuende Assistenz- oder Oberarzt. Keinesfalls der hoch spezialisierte Herr Professor…

      der ist nämlich gar nicht kompetent.

      Kompetent im eigentlichen Sinne des Wortes. Im Duden war früher ausschließlich dieser Kompetenzbegriff aufgeführt. In seiner 19. Auflage von 1986 definiert der Duden kompetent: zuständig, maßgebend, befugt.1996 in der 21. Auflage sagt der Duden: kompetent entspricht sachverständig; befähigt; zuständig, maßgebend, befugt

      In der aktuellen pädagogischen Fachsprache wird Kompetenz etwa gleichbedeutend mit Fähigkeit verwendet. Mittlerweile erwerben wir nicht mehr Fähigkeiten, sondern Kompetenzen. Leidgeprüfte Eltern erfahren dies schon, wenn ihre Kleinen in den Kindergarten kommen. Da treffen diese dann auf ein richtiges Kompetenzteam von Selbstkompetenz und Sozialkompetenz und Kompetenzkompetenz.

      Beim Gejammer um den Sprachzerfall an den Schulen darf man sich fragen, wie weit die pädagogischen Hochschulen mit der Schlüsselkompetenz der Sprachkompetenz umgehen.

      Zynischerweise wird mittlerweile der Kompetenzbegriff in der Umgangssprache mitnegativer Bewertung verwendet: Einem so genannten Scheininvaliden, der den Sozialstaat ausnützt, wird Sozialkompetenz zugeschrieben, und selbstkompetent steht für eingebildet
      und arrogant.

      Andererseits sind Frauen ja sozialkompetenter als Männer, die sogar s bysele im Stehen verrichten.

      Ja, und was macht dann da unser Assistenzarzt. Sicher wird er bei einer schweren Verletzung erst einmal ein internationales Expertengremium berufen.

      Wieder ein trauriges Beispiel dafür, dass sich um die eigentliche Leistung ein Schar von Parasiten gebildet hat, die nun damit beschäftigt ist, ihre Daseinsberechtigung zu finden.

      Dabei sollte es in der Schweiz doch nicht allzu schwer sein, einen fähigen Unfallchirurgen zu finden. Könnte es sein, dass diese mittlerweile in Privatkliniken arbeiten wollen. Und wäre es denkbar, dass dort die Schar der Parasiten etwas kleiner ist. Dann entspräche das Universitätsspital in etwa Deutschland und die private Klinik der Schweiz.

      Ansonsten gehören Persönlichkeitstest schon seit langem zum Standardrepertoire in anderen Branchen und täglich dürfen wir erleben, wie hervorragend die funktionieren. Und sollte da nicht der oberste Boss, also Herr Couchepin, keine falsche Müdigkeit…

      Mir kam die Story eines chirurgischen Oberarztes zu Ohren, der als es um die Chefnachfolge ging zu den in Frage kommenden Bewerbern in die Klinik ging, mit ihnen dort operierte und am Arbeitsalltag teilnahm. Der Nachfolger des Chefs soll mit diesem Oberarzt an eben der gleichen Klinik immer noch arbeiten. Für das gesparte Expertengeld konnte wahrscheinlich tatsächlich arbeitendes Personal angestellt werden.

    2. Administrator Says:

      @Neuromat
      Glaubst Du wirklich, man kann die „Sozialkompetenz“ einer Person über einen Fragebogen herausfinden?
      Im der chirurgischen Ambulanz des USZ arbeiten x Nationen. Mir erklärte ein Arzt dort, dass es gerade die Stärke von Zürich sei, dass die Leute dort alles machen und nicht diese Einteilung „Ist ein Hirnverletzter, also zu uns“.. etc. besteht, wie im Tagi beschrieben.
      Professor Trentz steht jeden Tag von 8:00 bis 13:00 Uhr im OP, davon kannst du schwer ausgehen. Und danach hat er seine Sprechstunde für ambulanten Patienten. Auch jeden Samstag und Sonntag ist bei Visite auf Station. Er hat mir übrigens den Nagel aus dem Bein entfernt.

    3. neuromat Says:

      @ administrator

      Nein, glaube ich nicht… “ wie hervorragend die funktionieren“ war natürlich ironisch gemeint. Ich glaube überhaupt nicht an solche „modischen Modellbegriffe“.

      Zum medizinischen Thema: Irgendjemand muss die Triage ja machen. Wer dann in welcher Reihenfolge was wie versorgt hängt von der lebensbedrohenden Situation ab.
      Hier brauchst Du ein Team. Dass der Unfallchirurg aber die Hirnblutung operiert, wenn es einen Neurochirurgen hat, ist nicht zwingend sinnvoll. Die Haltung:
      „Wir machen alles – wir können alles“ hat da schon etwas Hypertrophiertes. Genauso wie es aufgeblasen ist, wenn jeder da in seinem Sandkasten seine Burgen errichtet.
      Das ist sinnloses Machtgeplänkel.

      Genauso wie es sinnlos ist für Binsenweisheiten Heerscharen von „Experten“ zu beschäftigen. Im Fall eine sehr deutsche Form des Outsourcing a la Regierung Schröder.

    4. Simone Says:

      In einer Klinik gibt es eine Reihe an Spezialisten, aber wahrscheinlich kapieren diese Spezialisten nicht, dass sie nicht spezialisiert genug sind, um ein aussagekräftiges Assessment durchzuführen. Spezialisten hierfür gibt es in den spitaleigenen Spezialabteilungen offensichtlich nicht. Wieso kommt man denn da mit Rorschach…

    5. Brun(o)egg Says:

      Beim Wort Sozialkompetenz straüben sich meine Nackenhaare und wenn sie dann auch noch richtig sein muss…?! Es ist ein undefinierter, verschwiemelter Gummibegriff der ausserordentlich gerne von Leuten verwendet wird, die über zuwenig Fachkompetenz und Durchsetzungsvermögen verfügen. Der der es kann soll sich durchsetzen, unabhängig davon welchen Pass er in der Tasche und und ob seine Augen blau oder braun sind.

    6. Tellerrand Says:

      @ Brun(o)egg

      Sozialkompetenz mag ein schwammiger Begriff sein. Eine Führungskraft ganz gleich in welcher Branche sollte jedoch dringend neben Fachkompetenz und Durchsetzungsvermögen eine Ahnung davon haben, wie sich Entscheidungen und deren Kommunikation auf die Motivation ihrer Mitarbeiter auswirken. Wenn diese Führungskraft dann auch noch eine Ahnung davon hat, wie soziale Netzwerke funktionieren und diese Kenntnis gewinnbringend für das Unternehmen einsetzen, umso besser. Mit der nationalen Herkunft hat das tatsächlich wenig bis gar nichts zu tun.

    7. Suggi Says:

      Aus eigener Beobachtung kann ich sagen, dass in schweizer Kliniken, wenn es um die Vergabe von Stellen geht, oft den Schweizern (auch bei geringerer Qualifikation) der Vorzug gegben wird. Das ist keine Kritik, sondern erst mal eine Feststellung. Ich kann es auch verstehen , wenn ein Lehrstuhl an einer Uni in der Schweiz an einen Schweizer übergeben werden soll. Was mich nervt ist dann das Gerede von Sozialkompetenz etc. Übrigens: Schon Sauerbruch hatte in Zürich mit ähnlichen Problemen zu kämpfen.

    8. Simone Says:

      @Brun(o)egg:
      Du hast insofern Recht, als dass eine Sozialkompetenz eine Fachkompetenz nicht ersetzen kann. Allerdings scheinst Du tatsächlich Schwierigkeiten mit der Sozialkompetenz zu haben, denn „Sozialkompetenz“ mit „Herkunft“ im Sinne von „Nationalität“ gleich zu setzen, ist von der Fachkompetenz aus betrachtet voll daneben.
      Mein Tipp: Wikipedia oder den Duden benutzen.

    9. g.feikt Says:

      Feiglinge, Feiglinge! Ich vermisse hier Eure Rorschach-Klecksdeutungen! Outet Euch doch bitte mal, und beschreibt, was Ihr in diese Mischung aus Fledermaus und zupackbereitem Stech-Pack-Insekt so alles hineininterpretiert oder herauslest.

    10. Adrian Says:

      Was die Sozialkompetenz betrifft geht es wohl um die Probleme welche sie am Uni Spital vor einiger Zeit hatten. Ich habe die Referenzen dazu nicht und auch nicht die Lust danach zu googlen aber es wurde damals fast taeglich darueber berichtet ueber die miserablen Zustaende in gewissen Abteilung. Und alles weil die Chefs wohl fachlich kompetent aber im Umgang mit „ihren“ Angestellten alles andere als kompetent waren.

    11. Max Miller Says:

      >Die deutsche Koryphäe hört auf — danach bitte nur einen Schweizer

      und beim Fussball scheint es genau umgekehrt zu funktionieren. Der Schweizer (Köbi Kuhn) geht, die deutsche Koryphäe (Othmar Hitzfeld) kommt – und keiner regt sich auf… (o.k. ich geb’s zu, ganz lässt sich das nicht vergelichen. Hitzfeld kommt aus Lörrach und spricht Dialekt, der für einen ignoranten Zürcher kaum von Baseldeutsch zu unterscheiden ist)

    12. Brun(o)egg Says:

      Ich habe kein Mühe mit der „Sozialkompetenz“. Für mich ist es Anstand, Höflichkeit und vor allem Respekt vor dem Mitarbeiter, vor allem vor denen in untergeordneter Position. Schlussendlich ist es das „Image“ das man hat, wie man wirkt. Jeder der aber einmal Leute entlassen musste – ich hab – weiss wie brüchig das ganze ist. Es ist ähnlich wie beim Mobbing.
      Eine Kritik oder Massregelung und der Ausdruck wird missbraucht.
      Und zum Schluss: Es ist nicht die Aufgabe einer Führungsperson, in seinen geschäftlichen Entscheidungen die sozialen Hintergründe, Verflechtungen, etc. zu kennen. Unternehmen wie Spitäler, Heime und ander im sozialen Bereich, bei denen es direkt den „Kunden“ zugute kommt.

    13. Tellerrand Says:

      @ Brun(o)egg

      Ich habe zwar noch nie selbst Leute entlassen, habe aber dennoch eine durch viele Jahre Arbeitsleben fundierte Meinung zum Thema Sozialkompetenz. Ich bin absolut sicher, dass ein Unternehmen davon profitiert, wenn Führungspersonen wissen, wie ihre Mitarbeiter ticken, wer mit wem kann und wer nicht. Das war mit sozialem Netzwerk gemeint. Das jeweilige Verhalten der Mitarbeiter hat zwar definitv mit deren sozialen Hintergrund zu tun, das bei allen Mitarbeitern zu kennen wäre allerdings ein bisschen viel verlangt. Andererseits kann man bei dem einen oder anderen Apéro ganz erstaunliche Dinge in Erfahrung bringen 😉

    14. Simone Says:

      @Brun(o)egg:
      Deine Höflichkeit in Ehren, aber über die sozialen Hintergründe darf man bei Entlassung nicht hinwegsehen. Zwar kenne ich die aktuellen Kriterien für eine so genannte „Sozialauswahl“ nur für Deutschland, bin mir aber ziemlich sicher, dass es ähnliches auch in der Schweiz gibt. Für die Sozialauswahl ist HR zuständig und dort sollte entsprechende Fachkompetenz vorliegen.

    15. neuromat Says:

      Also jetzt muss ich mich doch noch mal einschalten:

      Hier gibt es nämlich einen kleinen, aber feinen Unterschied. So genannte Führungspersonen sind ja häufig ebenfalls nur Angestellte.

      Wer einen eigenen Betrieb leitet muss dafür per se eine ganz andere und vermutlich dann vom Begriff her auch zutreffende Sozialkompetenz mitbringen. Da geht es nämlich um Fragen der sozialen Absicherung, der Versicherungen, der Lohnmitteilungen, Arbeitsrecht und vieles mehr für welches man dann auch zuständig ist, auch wenn hierfür wiederum Angestellte mitarbeiten.

      Die Frage der „Menschenkenntnis“ oder die hier doch mehr psychologisierte Umgang mit Mitarbeitern steht auf einem ganz anderen Blatt. Aus meiner Sicht ist hier vieles völlig überflüssig, unsinnig und kontraproduktiv und dient vor allem nur dazu in einem Bereich des theoretischen Überbaus Dinge als Leistung darzustellen, die keine sind, da sie de facto weder am eigentlich Produktionsprozess noch an der eigentlichen Dienstleistung beteiligt sind.

      Wir werden aber diesen „L’Art pour L’Art“ noch weiter auf die Spitze treiben und schlussendlich kommen auf eine Serviertochter mehrere Arbeitsplatzexperten, Motivationstrainer und mittels Persönlichkeitstest ausgesuchte „Manager“. Die Suppe ist darum nicht schneller auf dem Tisch, schmeckt nicht besser und die Serviertochter ist auch nicht freundlicher. Bezeichnenderweise ging die Firma, die als erstes einen hoch angesehenen europäischen QM-Preis erzielte, dann pleite gegangen.

    16. Tellerrand Says:

      Soweit ich das Schweizer Arbeitsrecht und den entsprechenden Kündigungsschutz kenne, sollte man lieber nicht davon ausgehen, dass da soziale Härteklauseln vorgesehen sind. Im Vergleich zu Deutschand ist kündigen für den Arbeitgeber hier eine Kinderspiel und das gerichtliche Vorgehen gegen eine formal korrekt ausgesprochene Kündigung praktisch aussichtslos.

      Die Arbeiterbewegung und Gewerkschaften haben in der Schweiz nie eine so grosse Rolle gespielt wie in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Dass es hier weniger Urlaub und längere Wochenarbeitszeit gibt, sind nicht die einzigen Folgen dieser relativen Einflusslosigkeit.

    17. Simone Says:

      @Tellerrand: Natürlich ist das Schweizer Arbeitsrecht moderater, aber als solches durchaus existent, auch, wenn es vergleichsweise wenig Bücher braucht. Ein Fehler in einer Sozialauswahl in Deutschland würde dazu führen, dass die ausgesprochenen Kündigungen formal nicht korrekt sind. Und gegen alles, was formal nicht korrekt ist, kann man vorgehen, auch in der Schweiz. Bleibt die Frage, ob es hier offziell so etwas wie Sozialauswahl gibt.

    18. Tellerrand Says:

      @ Neuromat

      Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen unlängst unmittelbarer Zeuge einer ISO 9001:2000 Zertifizierung in einem – sagen wir es mal vorsichtig – produktionsfernen Betrieb zu werden. Seither läuft nichts aber auch gar nichts besser, abgesehen vom Geldfluss auf das Konto der Zertifizierungsbude.

      Im Bereich HR wird ebenfalls ohne Ende heisse Luft produziert, was aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass das Thema irrelevant ist.

    19. Brun(o)egg Says:

      @ Tellerrand

      Flexibilität war und ist das Stichwort. Wer nicht mehr entlassen kann, stellt auch nicht mehr ein. Es muss ja nicht gleich so zugehen wie bei Nokia.

      Es stimmt, dass wir längere Arbeitszeiten und weniger Urlaub haben. Es funktioniert unter dem Strich aber auch besser als in D. Deregulierungswille und Flexibilität sowie von Schröder mit der Agenda 2010 angeschoben, wären der richtige Weg, aber leider nicht hervorstechende Eigenschaften von verbissenen Gewerkschaftern. Dies würde vielleicht auch Nokia zum Nachdenken bringen.

      Man kann halt nicht nur 35 Stunden arbeiten, X+ Urlaub beziehen, Urlaubsgeld einsacken, den Arbeitgebern überrissene Lohnnebenkosten anhängen, auf Kündigungsschutz für unfähige Mitarbeiter bestehen, usw. und dann erwarten, dass die Wirtschaft brummt.
      Man mag von Frau Thatcher halten was man will, aber England profitiert heute noch von dem eingeschlagenen Weg.
      Auf der anderen Seite: Was der Rumpelstilz von der deutschen Bahn mit den Lokführern abzieht ist ein Sauerei. Leute mit anspruchsnvollem Job sollen nicht weniger verdienen als ein Kassiererin bei der Migros in der Schweiz.

    20. Tellerrand Says:

      @ Brun(o)egg

      Das Wirtschaftswachstum war in Deutschland zuletzt höher als in der Schweiz, oder? Ich habe hier schon einige Male darauf hingewiesen, dass ein wesentlicher Faktor der wirtschaftlichen Probleme in Deutschland die Folgekosten der Wiedervereinigung sind. Wie lange würde die Schweiz brauchen, um ein wirtschaftlich völlig marodes Land mit zwei Millionen Einwohnern bei Übernahme aller Schulden, Rentenansprüche, Leistungen an Arbeitslose, etc. zu sanieren? Deutschland erholt sich gerade davon, nach nicht einmal 20 Jahren.

      Sicher ist in dieser Zeit auf allen Ebenen nicht alles richtig gemacht worden, auch von den Gewerkschaften, die gerne mal zur falschen Zeit die richtigen Forderungen stellen und sich ohnehin immer mehr zu Besitzstandswahrern ohne Blick auf’s Allgemeinwohl entwickelt haben. Die Situation, vor der Deutschland stand, war allerdings auch neu und man konnte keine Patentrezepte aus dem Köcher ziehen.

      Kündigungschutz darf sicher nicht so weit gehen, dass die Weiterbeschäftigung ein Unternehmen in wirtschaftlicher Schieflage ruiniert. Die Kosten einer Gesellschaft müssen fair auf alle verteilt werden, am besten nach dem Prinzip jeder, soviel er kann.

    21. Brun(o)egg Says:

      @ Tellerrand

      Das erschaffen „der blühenden Wiesen“ im Osten war sicher einer grosse Belastung und eine aussergewöhnliche Leistung. Chappeau. Es hat aber nichts mit den allgemeinen Konditionen auf dem Arbeitsmarkt zu tun, genauso wenig wie das absolute Witschaftswachstum auf die den Zsuatnd einer Volkswitschaft Rückschlüsse zulässt.

    22. Tellerrand Says:

      @ brun(o)egg

      Das Problem war vemutlich eher, blühende Wiesen zu versprechen.

      Die Lohnnebenkosten sind in Deutschland vor allem deswegen stark gestiegen, weil immer weniger Einzahler ins Sozialsystem immer mehr Niesnutzer finanzieren mussten. Neben dem auch in der Schweiz wirkenden Umkippen der Alterspyramide, haben hier besonders die Millionen Rentner und Arbeitslosen aus dem Osten, die nie einen Cent in die Sozialkassen eingezahlt haben, auf die Kosten gedrückt.

      Und was den allgemeinen Zustand der Volkswirtschaft angeht: ja, es gibt neben dem Wachtum noch ein paar weitere massgebliche Indikatoren. Das BIP, die Binnenkaufkraft der Landeswährung, Wechselkurse, natürlich die Arbeitlsosenquote, den Bildungsstand, die Rechts- und damit die Investitionssicherheit, die Unternehmensbesteuerung, etc. pp. Natürlich liegt die Schweiz in allem vor Deutschland und falls doch nicht, rechnen wir das Ganze noch einmal pro Kopf aus, gell?