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Was Dominique an den Deutschen nervt — Teil 5 — Die Schweizerdeutschversteher

Heute der letzte Punkt der Liste von Dominique:

5. Ich verstehe ja Schweizerdeutsch!
Da ist man lieb und nett, begräbt für einen Augenblick alle Vorurteile, schustert sein bestes Hochdeutsch zusammen und versucht sogar beim Tempo etwas fürschi zu machen um sich schliesslich vom deutschen Kunden anhören zu müssen: “Ist ja ganz einfach, dieses Schweizerdeutsch. Hätte nie gedacht, dass ich soviel verstehe!”. Toll, danke. Muss ich mir dies wirklich gefallen lassen von einem Menschen, der “Schemie in Schina” studiert hat?

  • Langlaufski, Abfahrski, Après-Ski und Fürschi
  • Ja, mit dem Skifahren ist es bei den Schweizern so eine Sache. Wenn sie nicht stehenbleiben wollen, fahren sie einfach Fürschi. Das Wort haben wir übrigens bei Emil gelernt, in dem Sketch zum Thema „Einparken“. Der ist auf Schweizerdeutsch schneller und wesentlich deftiger als auf Emils künstlichem Schweizer-Hochdeutsch, dem berühmten „Emilsprech“.

    Der Punkt, den Dominique da anspricht, ist tatsächlich nervig. Nervig deswegen, weil er zu den am häufigsten erzählten Anekdoten und „lustigen Begebenheiten“ zwischen Deutschen und Schweizern gehört, die irgendwann nerven. Dazu gehört die Geschichte mit der Warteschlange am Skilift, an der ein Deutscher mit dem Spruch „Ich darf das, ich bin Deutscher“ vorbeigeht, genauso wie die Geschichte „Ach, so einfach ist Schweizerdeutsch? — Nein, ich habe die ganze Zeit über versucht Hochdeutsch zu sprechen“.

  • Muss man sich das als Schweizer gefallen lassen?
  • Nein, man muss aktiv dagegen angehen, in dem man sich als Schweizer entscheidet für

    a) Aktive praktizierte Diglossie, d. h. Zweisprachigkeit zwischen perfektem Schweizerdeutsch UND perfekten Standarddeutsch,

    oder

    b) Dreisprachigkeit mit den Varianten perfektes Schweizerdeutsch, perfektes Standarddeutsch UND der Kunstsprache „Schweizer Hochdeutsch“.

    Das Missverständnis entsteht doch nur, wenn für den Gesprächspartner aus Deutschland nicht erkennbar ist, dass er es mit Variante b) und dem „Schweizer Hochdeutsch“ zu tun hat. Auf diese Sprache muss er aufmerksam gemacht werden, sie muss ihm bewusst gemacht werden. Leider fehlt das Bewusstsein für diese dritte Sprache bei Deutschen, was zu entschuldigen ist, denn wie sollten Sie ja etwas von dieser Variante erfahren? Die Deutschen kennen Standarddeutsch, vielleicht noch ihren heimischen Dialekt, und haben davon gehört, dass es soetwas wie Schweizerdeutsch gibt.

  • Zwei Varianten sind besser als drei
  • Wenn Sie also einen Schweizer vernehmen, der „versucht Standarddeutsch“ zu sprechen, dies nicht kann und dann halbherzig im Schweizer Hochdeutschen endet, dann entsteht genau dieses oben beschriebene Missverständnis.

    Es gibt also zwei Lösungsansätze:
    Lösung a) ist einfacher, weil es nur zwei Varianten zu beherrschen gibt. Entweder spricht man als Schweizer konsequent Schweizerdeutsch mit den Deutschen, oder man trainiert sein nicht schweizerisch klingenden Standarddeutsch.

    Lösung b) mit der dritten Variante wird nichts als Probleme bereiten. Das „Schweizer Hochdeutsch“ ist eine unnatürliche Kunstsprache, da es in der Regel nur mit Westschweizern und Tessinern praktiziert wird, oder zur Abgrenzung gegenüber dem Standarddeutschen.

  • Bleibt zweisprachig, meidet die Dreisprachigkeit!
  • Unser Wunsch an die Schweizer: Bleibt Zweisprachig, nicht dreisprachig. Schafft keine Kunstsprache zwischen den wunderbaren Schweizerdeutschen Dialekten und der gemeindeutschen Standardsprache. Propagiert und pflegt eure Sprache auch im Ausland, sorgt für Schweizerdeutsches Fernsehen in Deutschland, lasst „Achtung, Fertig, Charly“ oder „Eugen“ nicht als synchronisierte Fassung nach Deutschland auswandern, sondern nur im Original. Und lasst Euch nicht ständig einreden, ihr könnt eh kein gutes Gemeindeutsch aussprechen uns müsst deswegen „Schweizer Hochdeutsch“ lernen. Das ist absoluter Quatsch. Es gibt soviele gute getarnte Schweizer in Deutschland, die es auch perfekt können. Alles ist lernbar, braucht nur Übung.

    Unser Wunsch an die Deutschen: Trainiert euer Schweizerdeutsches Hörverständnis (und aktives Sprechen, falls ihr Talent habt) und übernehmt soviel wie möglich praktische Schweizer Wörter in euren eigene Aktiv-Wortschatz, damit „verunfallen“ und „verzeigen“ und „verunmöglichen“ endlich Teil der Standardsprache werden und keinen Exotenbonus mehr haben. Für einmal tönt das im Fall noch recht lässig, und erst noch geschrieben.

    

    57 Responses to “Was Dominique an den Deutschen nervt — Teil 5 — Die Schweizerdeutschversteher”

    1. neuromat Says:

      @ Holger, @schnägge

      es ist sicherlich richtig, dass in Hannover, Bremen, Hamburg Plattdeutsch zu einer bedrohten Tierart geworden ist. Es gibt aber Im Norden Deutschlands Schulen, an denen Friesisch wieder gelehrt wird. Was mir unverständlich ist, dass innerhalb einer Familie streng „standarddeutsch“ komuniziert wird – die Verhältnisse gehen mich aber nichts an. Normalerweise fliessen Ausdrücke des Dialekts oder anderen Sprachen ind das Hochdeutsche mit eine. Die in diesen Regionen aufgewachsenen Sprecher besitzen ein Sprachgefühl für die Region.

      Holger sollte also ein langsamen und einfachen Unterhaltung auf Plattdeutsch besser folgen können als ein Berner, ein Münchener oder ein Frankfurter. Allerdings ich weiss nicht wie alt Holger ist… denn ich vertrete seit Jahren die These, dass Deutschland sprachlich verarmt, was die Hochsprache anbelangt, die Dialekte oder die Fremdsprachen- oder auch Fremdwortkenntnisse. Kommt hinzu, das wissenschaftlich kein Zweifel daran besteht, dass die sprachlichen Fertigkeiten eines Alzheimer Patienten einem heute 18-25jährigen überlegen sind.

    2. AnFra Says:

      @dominique

      Diese 5. These von Dominique mit dem Inhalt: „Ich verstehe ja Schweizerdeutsch!“ beinhaltet eine extrem brisante Information. Nach der Erschließung dieser letzten Botschaft bezweifle ich, ob Dominique je in sein Heimatland zurück kommen darf. Schlimmstenfalls muss er in Deutschland Asyl beantragen.
      Die Analyse der letzten Botschaft ergab nun endgültig ein klares Bild, das uns Dominique so verzweifelt und eindringlich signalisiert hatte!
      – „Ich“ hatte bei der Zerlegung der Botschaft immer wieder neue, falsche und verhüllende Informationen ergeben. Mit der letzten Kraft der Verzweiflung ist man auf die Lösung gekommen: „Ich = Adam“ (altpersisch)! Nun ist es raus. Nicht Dominique spricht zu uns, sondern er ist ein göttliches Medium. Es spricht im göttliche Auftrag. Das Alte Testament offenbart uns nun das Geheimnis der schweizer Sprache.
      – „verstehe“ muss man im Stammwort „stehen“ – stehe begreifen.
      – „ja“ soll den freudigen Ausruf Adams verstärken, so zu sein wie er nun ist. Er signalisiert uns, dass er zur richtigen Gruppe gehört.
      – „Schweizerdeutsch“ ist zwar das letzte Wort der Botschaft, aber es kann keine Zuordnung erfolgen. Man hat festgestellt, dass es wohl einer menschlichen Sprache zugehörig sein müsse, aber eine eindeutige Klassifizierung ist momentan nicht möglich.
      Dieses Wort „Schweizerdeutsch“ bleibt somit das große Rätsel der Menschheit.
      Diese 5. geheime Botschaft von Dominique beinhaltet folgende abschließende Aussage:
      „Adam steht auf Schweizerdeutsch“ bzw. „ADAM SPRACH SCHWEIZERDEUTSCH“.

      Dominique hat als erster Schweizer das große Geheimnis gelüftet: Schweizerdeutsch ist von Gott gegeben!
      Dank dieser Erkenntnis begreift man nun an der Schweiz fast alles. Das „CH“ ist ein Fingerzeichen Gottes. Es wird Abgeleitet vom „CHristos“. Noah baute die ArCHe. Moses transportierte die Bundeslade („BundesCHischte“). Die letzte biblische Heimsuchung lautet CHristoph BloCHer (ob da die CHristlichkeit nicht etwas übertrieben wurde?). Usw. Usw. Man wird sich fragen: Sind die Deutsch-Schweizer der verlorene mythische Stamm Israels?
      Man sollte Dominique einen roten Teppich ausrollen. Er hat uns die Augen geöffnet. Schweizerdeutsch ist also keine befürchtete CHrankheit, sondern die Sprache des CHerrn. Das neuartige Hochdeutsch ist nur ein schwacher Abklatsch davon.
      Am Ende dieser ExCHursion kann man selbstkritisch sagen, dass von all den anderen Ableitungen 1. bis 4. wohl nicht mehr viel übrig bleiben wird.
      Denn man hätte ja gleich darauf kommen müssen: Dominique = ,,der zum CHerrn Gehörende“. Somit ist Dominique nahe an den Schalthebeln!

      Das Ende dieser Geschichte naht. Die Deutschen haben ihr Hochdeutsch, die Schweizer ihr Höchstalemannisch. Die D. haben theoretisches Wissen und praktisches Fähigkeiten, die CH. jedoch das göttliche Wissen und den göttl. Segen. D. ist das Durchgangsland, die CH das „gelobte“ Land. Und doch hört man unablässig ein Heulen und Zähneklappern jenseits der Grenze.
      Die Frage sei gestellt: Hat der CHerr Euch verlassen?
      Wie sagte Dominique: Immer cool bleiben, immer zwischen den Zeilen lesen!

    3. Schnägge Says:

      @neuromat: Friesisch ist ja als eigene Sprache annerkannt und man bemüht sich auch mit entsprechenden finanziellen Mitteln, dass diese Minderheitensprache nicht ausstirbt. (Wäre vielleicht mit den Bemühungen der Rätoromanen in der Schweiz vergleichbar.)
      In Hannover dagegen können nur noch sehr wenige alte Leute den lokalen Dialekt sprechen. Einzelne Wörter zumindest haben sich aber in die Hannoversche Umgangssprache eingeschlichen, als Beispiel für „regnen“: pladdern, plörren, dröppeln, stibbern, miseln… – „Hannoveranismen“, die sicher nicht als „Standarddeutsch“ durchgehen würden.

    4. Schnägge Says:

      PS: Auf NDR gibt es regelmäßig Radio- und Fernsehsendungen auf „Platt“. Ich verstehe sie einigermaßen. Berndeutsch verstehe ich besser. 🙂

    5. Schnägge Says:

      PPS: (Sorry, Jens! 🙂 ) @ neuromat: Dass die norddeutschen Dialekte in den Familien so wenig gesprochen werden liegt möglicherweise an der mangelnden Sprachkompetenz der heutigen Elterngeneration (also der ca. 30-40-Jährigen). Zu der Zeit, in der sie aufwuchsen, galt „Platt“ als Sprache der Alten und Ungebildeten auf dem Lande. Voll uncool also.
      Plattdeutsche Radioprogramme zeichneten sich zielgruppengemäß durch Volksmusik, Schenkelklopferhumor und verstaubte Heimattümelei aus, was nicht gerade zu einem Imagegewinn beitrug.
      Durch die heutigen aktiven Bemühungen in Schule und Medien lernen die Kinder in manchen Regionen wieder Dialekt, können aber höchstens mit ihren Großeltern noch snacken.

    6. ch.atzefrey Says:

      @AnFra

      Auch Deine brisante Auflösung des Rätsels ist göttlich. Leider hat mir ein Sonnenbrand das Hirn eingedampft, sodass ich zurzeit nur sagen kann: CHapeau!

    7. neuromat Says:

      @ schnägge
      Wenn ik mi dat bekieken do … denn hett se sludert dat schnägge. Wer hett denn met den Lütten Hochdüütsch snakt? Kotzen und Singen tohoop dat geiht nich… das Hochdeutsche wurde einfach zur Schriftsprache und Du verstehst Berndeutsch daher viel leichter, weil es der Schriftsprache näher steht als das „Platt“.

      @ Anfra
      ich ueberlege, ob man Dich wegen ZwerCHfellverletzung verzeigen sollte.