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Durch den Schweizer Grand Canyon in die Surselva

  • Mit dem Rad von Disentis/Muster nach Illanz
  • Wir wollten von Chur aus mit den Rädern ins Bündner Oberland, in die „Surselva“, was auf Deutsch „ob dem Wald“ heisst. Mit extrem fantasievoller und origineller Namenswahl haben es die Schweizer nicht so, wir erinnern uns, dass auch ein Kanton „Obwalden“ heisst.

  • Warum heissen Berge oft ähnlich?
  • Auch die Namen von Berggipfel sind häufig nicht einzigartig sondern finden sich mehrfach auf den Wanderkarten, suchen Sie mal „Hohenfluh“! Bergnamen sind oft nicht besonders alt. Erst sehr spät in der Menschheitsgeschichte fühlten sich die Menschen dazu berufen, den Bergen um sich herum Namen zu geben, und meistens geschah dies nach dem Aussehen des Gipfels. Im Mittelalter hatte man Besseres zu tun, als sich die Namen von grossen Steinhaufen und Erhebungen zu merken. Das Leben war anstrengend genug und Lesen oder Schreiben konnten die wenigsten. Eine hübsche Erklärung von Bergnamen findet sich hier.

  • In der Surselva
  • Das Gebiet dieser „Surselva“ umfasst das Einzugsgebiet des vorderen Rheins von der Quelle am Tomasee bis zum vorgeschichtlichen Bergsturz bei Flims, sowie die Seitentäler Val Medel, Val Sumvitg, Lugnez und das Valsertal, bekannt durch das clever vermarktete Naturgut „Valser-Wasser“.

    Steine und Wasser, wie üblich die Schätze der Schweiz (vgl. Blogwiese). Doch neben der Naturschönheit ist die Surselva auch reich an intakten Dorfbildern, Kunst und Kulturschätzen. Wer in die Surselva will, muss in Chur umsteigen, und das ziemlich zackig, denn lange wartet der Anschlusszug der Rhätischen Bahn nicht. Mit mehreren Rädern aus dem einen Zug raus, in den Fahrstuhl hinein, auf das andere Gleis, sorry, den „Perron“ hinab zu kommen in nur 5 Minuten ist unmöglich. Aber keine Angst, wie überall in der Schweiz gibt es einen stündlichen Anschluss, kann man also noch ein bisschen durch Chur bummeln bis dahin.

  • Im Grand Canyon der Schweiz
  • Der Zug fährt bergan durch die „Ruinaulta“, dem „Grand Canyon“ der Schweiz. Diese wilde Schlucht des Vorderrheins ist nur per River-Rafting oder mit der Bahn zu durchqueren.
    In der Ruinaulta
    (Quelle für das Foto, und weitere Fotos hier)

    Wir lesen in unserem Veloland-Reiseführer:

    In die enormen Trümmermassen des Flimser Bergsturzes – dieser grösste Bergsturz Europas ereignete sich vor rund 14 000 Jahren – hat sich der Rhein im Laufe der Zeit tief eingegraben. Imposante Steilwände von bis zu 400 Meter Höhe umrahmen sein gewundenes Bett. Die bizarren Formen des fein geriebenen und hart gepressten Trümmergesteins mit seinen Säulen und Pfeilern schaffen je nach Lichteinfall eine fast mystische Atmosphäre.
    (Quelle: Band 2 Veloland Schweiz Rhein-Route, S. 23)

  • Monsieur le déserteur
  • Im Ort Disentis (rätoromanisch „Mustér“) steigen wir aus. Der Name kommt von „Desertina“, weil sich hier um 700 der fränkische Eremit Sigisbert zurückzog und auf seinem Gabmal 750 vom Churer Bischof ein Kloster gegründet wurde. Er ging also quasi freiwillig in die Einsamkeit und desertierte somit von der Welt. Das rätoromanische „Mustér“ geht wie „Münster“ auf Lateinisch „Monasterium“ = Kloster zurück.

  • Der Ahornbaum im Museum
  • Es geht mit den Rädern rasant bergab, wir sind auf der Velolandroute 2 unterwegs, „La Ruta dal Rain“, die den Rhein von der Quelle bis nach Basel quer durch die Schweiz folgt. Wir kommen am Ort Trun vorbei, wo 1424 unter einem Ahornbaum der „Graue Bund“ gegründet wurde, daher der Name „Graubünden“.

    Unter ihm wurde am 16. Mai 1424 der obere oder graue Bund geschworen. 1750 hatte der Baum einen Gesamtumfang von 16 m. 1824 standen von den ehemals drei Stämmen noch zwei. Als 1870 der beinahe 500-jährige Ahorn durch einen Sturm umgeworfen wurde, wurde an derselben Stelle aus einem Samen des alten ein junger Berg-Ahorn gepflanzt. Der Nachfolger ist heute bereits über 100 Jahre alt. 1890 wurde der Wurzelstock des alten Baumes anlässlich eines Sängerfestes in feierlichem Zuge in den Sitzungssaal des großen Bundes überführt. Noch heute kann er im Museum Sursilvan im Orte Trun besichtigt werden.
    (Quelle: Wikipedia)

    Geschichtlich wichtige Bäume gehören ins Museum in der Schweiz, so ist es richtig! Gibt es nicht irgendwo noch einen Apfelbaum der aus den Kernen des Apfels von Tells Sohn gepflanzt wurde?

  • Vegnis vus a regenerar il tgierp ed il spért
  • Der Ort Trun ist im Internet zweisprachig präsent, auf Deutsch und auf Rätoromanisch:

    Beinvegni ella Surselva.
    En nossa val vegnis
    Vus a regenerar il
    tgierp ed il spért.
    La natira muossa ei a Vus.

    Willkommen in der Surselva.
    Im beschaulichen Tal
    werden Sie auftanken
    Körper und Geist
    regenerieren.
    Die Natur machts vor

    Die Übersetzung in die anderen vier rätoromanischen Sprachen haben wir jetzt aus Platzgründen weggelassen.

    Beschauliches Tal, Körper und Geist regenerieren, die Natur machts vor„… was die Menschen vor 14 000 Jahren wohl dachten, als in diesem beschaulichen Tal plötzlich der Berg zu stürzen begann? (Neuromat wird sicher noch irgendwo eine Original-Tonbandaufzeichung eines zeitgenössischen Gesprächs verschriftet auftreiben.)

    (zweiter Teil morgen: Warum kommen so viele Japaner nach Trun?)

    

    10 Responses to “Durch den Schweizer Grand Canyon in die Surselva”

    1. Dominik Says:

      Schön dass auch mal die schönste Sprache der Schweiz (ich weiss, gewisse Leute hier haben für deren Unterstützung und Rettung kein Verständnis…) zum Zuge kommt.
      Eine kleine Korrektur hab ich da aber noch: der letzte Zwischentitel „Vus a regenerar il tgierp ed il spért“ (= „Sie um Körper und Geist zu regenerieren“) macht keinen Sinn, da fehlt das vegnis von der Zeile vorher. Das Vus (Personalpronomen „Sie“) gehört nämlich zum vegnis („kommen“, 2. Person Plural).
      Die Übersetzung des „Gedichts“ ist übrigens sehr frei. Und in der letzten romanischen Zeile hast du (aus optischen Gründen?) das „avon“ unterschlagen. Eine genauere, dafür nicht schöne Übersetzung für die, die die zwei Versionen vergleichen wollen um gleich etwas zu lernen:
      Willkommen in der Surselva.
      In unser Tal kommen
      Sie um zu regenerieren den
      Körper und den Geist.
      Die Natur zeigt es Ihnen (vor -> „avon“).

      Viel Spass beim Romanischlernen. Jeu giavischel a tuts in bi di 😉

      [Anmerkung Admin: Danke für den Hinweis, ist schon korrigiert!]

    2. neuromat Says:

      Ich suche noch –

      auch laufen die Drähte hier heiss mit den Datenschutzbeauftragten, es ist halt ein sensibles Thema. Zudem haben wir nur die Originaltonbänder und keine Verschriftungen. Und auf denen rauschts und blocherts mottamässig durch den Schwarzenbach wie die hier die Pilet-Golans Höhen abdampfen, so dass offensichtlich das Ganze auch noch durch den Entpolitisierer muss. Vielleicht schaffen wir es bis zum Z’vieri.

      Sehr schön ist auch eine Zugfahrt durch die Luxemburger (oder Luxemburgische?) Schweiz. Hier gibt’s auch einen Schiessentümpel, wahrscheinlich eine sagenumwobene Kultstätte, geheimes Mekka aller weltweit vereinigten Tüpflischiesser. Zumindest lohnt sich der Ausflug auch zu Pferde. So mancher Tüpfler Reiter ist hier schon auf dem Rappenspalter bis zum Korinthenberg, verlor die Orientierung und gelangte über die Fränkische und Sächische Schweiz schliesslich bis zur Pommerschen Schweiz. Also – alle Wege führe zwar nach Rom, aber durch die Schweiz (kleiner Nachtrag zu einer der schwersten Traumatisierungen einer Bloggemeinde)

    3. Fiona Says:

      Rätoromanisch

    4. vorgestern Says:

      Interessant sind auch die Bergnamen in der Schweiz. Die NZZ am Sonntag brachte am 14.9.2003 einen Artikel von Nathalie Henseler (einer Germanistin, die eine Lizenziatsarbeit über die Bergnamen der Gemeinde Muotathal verfasst hat).

      Ein interessantes Büchli der ‚Lia Rumantscha‘ (1996) ist übrigens „Rätoromanisch – Facts and Figures“.

    5. solar Says:

      Die beliebte Radtour vom Oberalppass dem Vorderrhein entlang nach Chur und schliesslich bis nach Basel sieht auf der Karte bei direkter Start-/Zielverbindung (quasi Luftlinie) vielleicht tatsächlich aus wie quer durch die Schweiz. De facto führt sie von Chur noch bis nach Sargans „durchs Land“. Von da weg ist sie aber (ausser im Raum Schaffhausen) eine Reise der Schweizer Grenze entlang.

      Schön ist sie alleweil – und wenn nicht es nicht sogar apsi (abwärts) geht, so doch ziemlich ebenaus.

    6. mare Says:

      @neuromat
      Ich sehe, Sie sind ogimässig fit! aber ob Sie auch noch das Schlumpf-Moor und den Calonder-Pass schaffnern? Mich tschudirets bei dem Gedanken, das alles zu bewältigen.

    7. myl Says:

      @mare, @neuromat

      Ha, und nicht den Furggla-Pass vergessen, ist nur für HarteLeute…aber bitte, der Merz ist vorbei und bei diesem schönen, fast sonnenStichigen Wetter bleibt nur, sich zu calmieren und ein schönes Hürlimannbier zu schlumpfen.

    8. neuromat Says:

      Abschrift Tonträger Fundort Flimserberge A.D. 8000 b.c.
      Sicherstellung Bundesamt für Berufsbildung und Technologie BBT / zensiert bundesamt für statistik

      Vor vielen, vielen Jahren als ich noch als Studiosus in Freiburg weilte, kamm man gelegnetlich mit Zeitgenossen durch die harmlose Floskel „haste mal ne Mark?“ ins Gespräch. „Kannste auch die Kassette für haben“. CDs und MP3 kannten wir damals noch nicht und hätten es für einen echt geilen Stoff gehalten: Magic Power 3. Was denkt man nach MP3? Das Gleiche wie sonst auch, aber Du schämst Dich nicht mehr dafür. Was tatsächlich auf dieser Kassette, diesem Tonträger dokumentiert war, kam erst später ans Licht.

      Leider ist der im Original erhaltene Text durch eine erhebliche Zensur gegangen. Flumsi und Flimsu unterhielten sich so über dies und das: „was ist denn das für ein Geräusch, hört sich fast an wie …. (Kontrolle BFS.Bundesamt für Kultur)…Nein ich denke… (zensiert Bundesamt für Polizei (fedpol)… das ist doch kein Föhn, das …(Untersagt unter Strafandrohung Schnell und umfassend informiert beim offiziellen Wetterdienst der Schweiz!) Also, ich glaube… (Keine Zugriffsberechtigung Das Bundesamt für Kommunikation – BAKOM und der Papst Rom) Antwort (SND), Strategischer Nachrichtendienst und Auslandsnachrichtendienst auf Anfrage Neuromat: Es ist uns nicht bekannt, dass das Schweizer Militär vor ca. 10500 Jahren Atomsprengköpfe im Bereich der Flimser Berge lagerte. Heute lagern die geheim unter dem Vierwaldstätter See. Diese Nachricht ist absolut vertraulich, löschen Sie diese Mail unbedingt sofort nach Eingang (SPAM), oder besser lesen Sie sie erst gar nicht… so geht das weiter ich habe es daher in die stark verkürzte vom VBS genehmigte Version gebracht:
      Flumsi und Flimsu stehen vor über 10000 Jahren am Berg und unterhalten sich:„Ich bin ja ein bekennender Pril-Spüler. Geht einfach gut, das Zeug.“„Willst du viel, spül mit Pril“, „Ja, ja. Willst du wenig, spül mit Prenig“ „Was ist das für ein Lärm und ein Wind?“
      „Das ist der Föhn“ – „Das ist doch kein Föhn.“ – „Dann ist das ein Scirocco“. – Nein, das ist auch kein Scirocco.“ Jetzt wird das Gespräch durch ein irres Pfeifen und Krachern und Blochern überdeckt. In etwa dreihundert Metern über Flumsi und Flimsu gelangen gesprochene Worte in ein noch nicht ausgestorbenes Tier, den Flug schrei Bär:
      »Hm, was machsten da?«
      »Na ja, ick weeß ooch nich jenau, wie det jeht! Du?«
      »Nö!«
      »Dann mach ick ma weiter.«
      »Na, dann mach ma weiter!«
      Schliesslich ohrenbetäubende Explosion und im Hintergrund Flimsu: „Nee, kein Föhn, und kein Scirocco, das ist ein Tornado.“

      So jetzt ist es also raus. Und es geht die Sage, dass sich das was die beiden da erlebt haben etwa alle zehntausend Jahre wiederholen soll. Wie gut das es nur eine Sage aus dem Reich der Fabeln und Märchen ist. Moment Mal ich hab da gerade die Deutsche Bundeswehr in der Leitung, die waren den ganzen Tag nicht zu erreichen, haben mit Pelikan telefoniert, wegen der Unmengen von Tusche, die sie jetzt brauchen. Ich glaube die wollen ihren Bären wieder.

    9. Guggeere Says:

      @ neuromat: Einer der Tüpflischiisser hat ein paar Tüpfchen gründlich falsch gesetzt und ist in Neuschottland, Kanada, gelandet, im Dörfchen Bear River (Eigenbezeichnung: Switzerland of Nova Scotia, http://www.bearriver.ca/).
      @ Signur Gion Prau (gewisse Namen kann man gut übersetzen – nicht nur ins Französische …): Im Buch „Wie der Berg zu seinem Namen kam“ (Andrea Schorta, Verlag Terra Grischuna) werden sehr viele Bündner Orts-, Flur- und Bergnamen erklärt. Eine Fundgrube!

    10. stony Says:

      Anekdote am Rande…

      Die Erklärung meines Vaters auf die Frage von Klein-Karin, «Warum hat die Schweiz so viele Berge?», lautete jeweils: «Das waren die alten Eidgenossen. Die haben soviele Länder erobert, dass sie keinen Platz mehr hatten und halt stapeln mussten.»

      Aber ich glaub, ich habs ihm nie wirklich abgenommen… 😉