Beschweren tun sich nur die Deutschen — Beobachtungen in einem Café am Zürichsee
Der Tages-Anzeiger brachte einen Artikel über den schlechten Service den Restaurants am Zürcher Mythenquai:
„Der in Wetterberichten angekündigte Sonnentag hatte, wie zu erwarten war, Tausende an den See gelockt. Bloss: Das Acqua war geschlossen, ebenso die Yuppie-Insel auf dem Dach. Serviert wurde lediglich an die Tische in der Gartenwirtschaft. Hunderte lauerten, um sich auf frei werdende Plätze zu stürzen. Ihre Mütter sollten endlich zu Kaffee und Kuchen kommen. Einmal einen Platz ergattert, folgt die nächste Enttäuschung: Beim Versuch eine Bestellung aufzugeben, stellt der Kellner klar, dass er zuerst acht andere Tisch zu bedienen habe. Eine weitere halbe Stunde vergeht, dann gibt es wieder Kuchen noch Irish Coffee – und auch nicht „etwas Ähnliche“. In der Verlegenheit wird eine heisse Ovo bestellt, obwohl eigentlich niemand eine heisse Ovo will. Die kostet dann sechs Franken. Die Milch ist handgemolken, bestimmt.“
(Quelle: Tages-Anzeiger 08.03.07)
(Am Mythenquai in Zürich. Quelle Foto: Zueri.ch)
So weit, so gut bzw. schlecht. Typisches Beispiel für eine Servicewüste und Abzocke, wie sie in touristischen Gegenden weltweit passieren könnte, egal ob am Titisee im Hochschwarzwald, auf den Pariser Champs-Elysees oder hier in Zürich. Ob der Kellner nun Deutscher, Jugoslawe oder Schweizer war, wird nicht geschildert. Aber dann wird es spannend:
„Die meisten Gäste schweigen. Nur zwei deutsche Damen empören sich lautstark. In Bern, wo die eine wohnt, sei sowas undenkbar. Und die Berner seien ja wirklich nicht die Schnellsten. Die Schweizer Gäste schweigen weiter – aber etwas lauter: Recht hat sie – obwohl sie Deutsche ist, ist in ihren Gesichtern zu lesen.“
Es ist nicht die erste Geschichte dieser Art, von der wir hören, oder die wir so ähnlich miterlebt haben. Wenn es um miesen Service geht, wird in der Schweiz eher geschwiegen. Wenn sich dann jemand laut äussert, können sie darauf wetten, dass es sich um einen Deutschen handelt. Und die Schweizer? Sie sagen lautlos, wie im Tagi zu lesen, „Recht hat sie“. Obwohl sie Deutsche ist. Die haben sonst nämlich nie Recht. Als Gäste haben sie auch zu schweigen und stumm mitzuleiden.
Von einer Situation am Bahnhof Bern schrieb uns ein Schweizer Freund:
In Bern dauerte es schon eine Ewigkeit bis alle gemächlich ausgestiegen waren. Dann stiegen „erst noch“ viele Rekruten nur aus, um auf dem Perron in Türnähe in den fahrplanmässigen 4 Minuten Aufenthalt Zigaretten zu rauchen. So wurde das Einsteigen immer schwieriger. So eine mühsame Einsteigerei habe ich tatsächlich auch noch nicht oft erlebt. Die Einsteigenden hatten aber „für einmal“ eine ungefähre Einerkolonne gebildet.
Eine etwa 50jährige Dame stand hingegen neben mir und war sichtbar um einiges nervöser als die anderen Reisenden. Vor lauter Nervosität begann sie ihren Radkoffer unkontrolliert hin- und her zu wippen.Irgendwann konnte sie sich nicht mehr zurückhalten, und, sich als Deutsche outend, ein „das gib’s doch nich!“ ausstossen. Sie suchte, wie mir schien, unter den Umstehenden nach ins gleiche Horn stossenden Meckereien. Aber es kam einfach nichts. Alle anderen warteten einfach wie eine Schafherde. Das hat sicher u.a. auch mit der teilweisen welschen Kundschaft zu tun, die ihren Kommentar sowieso nicht verstanden hatte, bzw. die nichts Deutsches antworten wollten/konnten. Ich zuckte dann auch nur demonstrativ schweigsam mit den Achseln. Mit motzen wäre auch ich ja nicht schneller im Zug gewesen.
(Quelle: private E-Mail)
Andere Geschichten erzählen von Hotelanlagen, bei denen das Frühstücksbüffet so rasch leergefuttert war, dass die Spätankömmlinge schon um 9.30 Uhr nichts mehr vorfanden. Wer beschwerte sich und bat um Nachschub? Die Deutschen Gäste.
Sind das alles urbane Legenden? Sind das alles Mythen um die vorhandenen Klischees, die in der Schweiz lieber französisch als „Clichés“ geschrieben werden, zu belegen und zu untermauern? Ist es Ablehnung, der aus den Schweizer Berichten über diese „sich beschwerenden Deutschen“ spricht, oder ist es es Frust und Resignation über die eigene Unfähigkeit, in solchen Situationen seinen Unwillen auszudrücken?
(Quelle Foto: o-keating.com)
Um das Klischee nicht unnötig zu strapazieren, zum Schluss eine Geschichte aus Deutschland, die uns eine Schweizerin erzählte. Sie war erstaunt darüber, mit wieviel stoischer Gelassenheit und Duldungsvermögen die Fahrgäste eines völlig überfüllten ICEs auf dem Weg von Frankfurt nach Köln akzeptierten, dass ihr Zug bereits 40 Minuten Verspätung hatten. Wohlgemerkt, das ist die besonders schnelle und darum teure Neubaustrecke. Die Fahrgäste waren diese Verspätungen gewohnt, und auch die Überfüllung. Alte Bahnfahrer lassen sich in Deutschland vom Schaffner eine „Verspätungsbescheinigung“ ausstellen, vom „beteiligten Beförderer“. Die folgende Passage aus dem Passagierrecht der DB sollten Sie sich passend dazu einmal schön langsam vorlesen lassen und für die nächste Fahrt mit der DB am besten gleich auswendig lernen:
26.6 Der Reisende macht seinen Anspruch innerhalb von zwei Monaten nach Abschluss der Reise mit dem Original des gültigen und entwerteten Fahrausweises und der Verspätungsbescheinigung bei einem beteiligten Beförderer geltend. Wenn vom Beförderer vorgesehen, kann an Stelle der Verspätungsbescheinigung eine Reservierung treten 2. Ist die DB ausführender Beförderer, dann erhält der Reisende zur Geltendmachung des Anspruchs auf Entschädigung nach den Nummern 26.2 bzw. 26.3 eine Gutscheinkarte entweder (i) je nach Verfügbarkeit im verspäteten Zug der Produktklassen ICE, IC/EC oder im IR oder (ii) am Tag der verspäteten Reise einschließlich der 2 Folgetage am DB ServicePoint im Bahnhof. Die mit Zangen- oder Stempelabdruck versehene Gutscheinkarte der DB steht einer entsprechend markierten Verspätungsbescheinigung gleich.
(Quelle: bahn.de)
Alles klar? Liesse sich „ServicePoint“ nicht auch als „Dienstleistungspunkt“ vermarkten? Wenn der Zangenabdruck (klingt wie eine „Zangengeburt“) bei der Bahn überlebt hat, warum dann nicht die „Dienstleistung nach Punkten„?
März 12th, 2007 at 9:16
Also, ich habe mich auch schon im Restaurant beschwert, weil das Essen mir nicht so gepasst hat. Z.B habe ich dem Wirt gesagt: “ das Fleisch war um so viel zu viel gekocht, wie das Gemüse zu wenig war“. Sieh, nächstes Mal, war es viel besser auf dem Teller.
Auch habe ich mich mal beim Konduktuer ziemlich heftig beschwert, dass der Zug jeden Sonntag mind. 5 min Verspätung hätte. Wie weiss nicht ob ich was bewirkt, aber die letzten paar mal, gab es keine Verspätung mehr.
März 12th, 2007 at 9:46
Ich hatte mal Fotoarbeiten bei einem Zürcher Fachgeschäft machen lassen, die waren Qualitaitv so unglaublich schecht…nun ja. Sie habens auch beim dritten Versuch nicht mal in M-Budget-„Qualität“ hinbekommen. Kommentar: „Da hat sich sonst noch nie jemand beschwert…“
März 12th, 2007 at 10:10
Duckmäusertum tritt überall dort auf, wo Menschen von dominanten Zeitgenossen geknebelt werden. Heute noch zu beobachten in Gegenden, die lange unter Fremdherrschaft gestanden haben. Beispiel: Das schweizerische Fricktal unter den Habsburgern. (Oder in der ex-DDR unter der Funktionärsherrschaft). Duckmäusertum schleicht sich ganz langsam unter die Menschen. In der Schweiz sind bereits ganze Regionen davon befallen. Anstelle der Habsburger sind einfach andere Potentaten getreten. Dorfkönige, machtbesessene Politiker, einflussreiche Unternehmer, und, damit etwas Leben in die Bude kommt: auch einzelne Deutsche, die unter solchen Attributen auftreten.
März 12th, 2007 at 10:35
Während ich nicht zu den Meckerern gehöre, mach ich einfach was man in den USA „vote with your wallet“ nennt. Schlechter Service? Etablissement meiden! Touristenfallen meid ich eh schon wie die Pest.
März 12th, 2007 at 11:24
@ lamiacucina
Was hat nicht reklamieren mit Duckmäusertum zu tun? Es ist Saisonanfang, die ersten warmen Tage fallen auf Sonntage. Alle rasen an die Sonne, – auch die, die man sonst das ganze Jahre nicht mehr an der frischen Luft sieht-, der „Beizer“ wird überrascht, das Personal ist zu wenig und damit überfordert….. usw. Es fragt sich ob man sich so einen schönen Früh-frühlingstag mit Ärger versauen soll. Einfach hinhocken an der Sonne und warten bis das Bier oder der Kaffee kommt. Weil wegen der Sonne sitzt man ja da. Nicht wegen dem Getränk. Das bekommt man zuhause schneller.
Wenns dann in der „Saison“ nicht klappt – kräftig ausrufen.
März 12th, 2007 at 11:26
Ich mach’s ähnlich wie Chlöpf&Tätsch (s.oben).
Allerdings wundere ich mich immer wieder, wie viele Restaurants in der CH irgendwie überleben, obwohl der Service miserabel, die Ambience voll ungemütlich und das Essen im Normalo-Bereich (oder weiter unten) ist… *kopfschüttel* weiss nicht, wie solche Betriebe jahrelang überleben können. Jäno – ich gehe dort jeweils höchstens 2x hin (um eine 2.Chance zu geben :-)) – es hat ja genug Auswahl um was Besseres fürs Geld zu kriegen… 😉
Greez
März 12th, 2007 at 11:29
@ lamiacucina
Hab Ihren Beitrag gerade noch einmal gelesen. Hab da wohl etwas falsch verstanden. Ihr Duckmäusertum bezieht sich wohl auf diesen Blog, den Versuch Verständnis zu schaffen, die Deutschen in der Schweiz, EU, usw.usf. ???
Wenn so sein sollte, warum schreiben Sie das nicht?
März 12th, 2007 at 12:15
Leser fragen, die Weltwoche antwortet
Darf man sich als Deutscher in der Schweiz lautstark über die Bedienung beschweren? Philippe Müller und Joëlle Perret, Basel
Auf jeden Fall. Wir mischen uns nicht in innerdeutsche Angelegenheiten ein.
Bruno Ziauddin
http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=15720&CategoryID=66
März 12th, 2007 at 12:41
@ lamiacucina
ich glaube du hast irgendetwas in der Eriehung verpasst! Was hat das mit duckmäuserisch zu tun, wenn man andere Leute zuerst aussteigen lässt bis man selber herein läuft (und nicht stürmt!)
Wenn man aber z.B in Bern in den Zug einsteigt, warten alle schön bis alle ausgestiegen sind! In Montreux hingegen nur teilweise…
Wegen den Verspätungen der SBB rege ich mich auch manchmal extrem auf, ebenso wenn sie überfüllt sind… (auch wenn beides zum Glück nicht wirklich oft vorkommt…) Da merkt man aber auch plötzlich wie im Bahnhof oder im Zug so eine dunkle „genervte“ Passagierwolke durch den Zug schwebt…
In der Schweiz gibt es halt noch gewisse Ansprüche was Pünktlichkeit, Sauberkeit und Organisation anbelangt!
März 12th, 2007 at 12:48
Es ist natürlich wieder einmal viel zu früh in dieser Angelegenheit urteilen zu wollen. Also gut, die Deutschen haben sich schon mal beschwert, direkt und lauthals – das wäre durch. Aber – was ist mit denen, die die Faust in der Tasche hatten. Die sind jetzt erst einmal nach Hause. In den nächsten drei Wochen wird angestrengt überlegt, ob man dem Beizier ein offizielles Dokument zukommen lässt oder nicht und wenn, wie formulieren, schliesslich will man ja nicht selber verärgern. Also wird man sich in seinem Schreiben „verwundert“, etwas „irritiert“ und am Ende auf jeden Fall doch sehr „enttäuscht“ zeigen, einräumen, dass es vielleicht, doch auch an seinem selbst gelegen hat …das ist doch herrlich und so unwichtig und piepegal.
Und jetzt zur Deutschen Bahn:
Zitat Westdeutscher Rundfunk:
„Nach geltendem Recht muss die Bahn für die morgendlichen Verspätungsschäden nicht haften. Schadenersatz dafür: in Deutschland ein bloßer Kulanzfall, während in Frankreich die Bahnen längst vor der Justiz zittern. Ein Privatbahnbetreiber, dessen Züge über einen Monat hinweg regelmäßig zu spät kamen, wurde verurteilt, allen Monatskarteninhabern das Dreifache des Monatskartenpreises zurückzuerstatten. Klagbare Ansprüche für die Kunden sieht auch eine EU-Richtlinie vor. In Deutschland freilich wurde sie noch nicht umgesetzt….. Die zuletzt so stark angestiegenen Verspätungszahlen auf der Schiene möchte die Landesregierung nicht einfach schlucken. Verkehrsminister Schwanhold will Zahlen sammeln, denn noch fehlen ihm die verlässlichen Daten über volkswirtschaftliche Schäden durch verspätete Züge. Gegenüber dem WDR-Magazin Westpol kündigte er an, er werde den Herbst zum Anlass nehmen, um sich die Verspätungszahlen sehr genau anzuschauen und daraus eine eigene Hochrechnung erstellen.“
Das ist noch besser: „ich nehme den Herbst zum Anlass … und erstelle mir eine eigene Hochrechnung …
Wenn einem sonst nicht Gutes wiederfährt – darauf einen Dujardin, (denn im Asbach Uralt) – wenn ihn denn noch einer bringt – als Kellner würde ich mich natürlich auch weigern so ein Zeug auszuschenken und statt dessen Milch von handgemolkenen Kühen bringen, vielleicht auch die Kuh – zum selber melken.
März 12th, 2007 at 12:58
Sich beschweren und meckern kann man auch in ganz netten, sachlichen Worten, ohne die Stimme zu erheben und das Gegenüber zu beleidigen.
Das wirkt in 100 % der Fälle wesentlich mehr als einfach ‚Frust ablassen‘ an einem – oft unschuldigen – Opfer.
Ich habe schon oft ‚reklamiert‘, aber einfach freundlich. Und das geht sehr, sehr gut.
März 12th, 2007 at 13:02
@ Schweizerlein
Ich behaupte, dass man im Schnitt in der Schweiz sehr gut isst. Besser sind nur die Italiener.
Geh mal in Frankreich normal essen! Nicht Chateau et Relais oder Gourmet-Tempel. Du bekommst das Grausen.
Dabei sprech ich nict von den Spezialitäten. Da gibts in allen Himmelsrichtungen Hervorragendes. Ich schreib vom Durchschnittsesse, dem täglichen. Da bist Du in der Schweiz sehr gut bedient.
März 12th, 2007 at 13:52
da geh ich doch mit dem Grundsatz der Kunde ist König ,oder so ähnlich,wenn ich denn schon tiiiiieeeef in mein Portemonnaie greifen muss,dann will dafür auch was haben das so ungefähr dem Geldwert entspricht!
Jahrelang hab ichs getan wie viele andere meiner co-Helvetier und geschwiegen wenn was nicht so war wie es sein sollte,heutzutage hab ich gelernt anständig aber bestimmt zu reklamieren und siehe da es ist mir bis jetze keine Zacke aus der Krone gefallen:):)
…drum liebe Schweizerlein schluckt nicht immer alles runter,gibt höchstens ein Magengeschwür
März 12th, 2007 at 13:56
Kein Meckern, aber etwas Korinthenkackerei/Tüpflischisse: Jens, der „Zürichersee“ im Titel – ist der bewusst gesetzt (vielleicht in Anlehnung an Gottfried Keller)? Meiner Meinung nach heisst dieses Gewässer „Zürichsee“. Auch google fragt sogleich, ob man nicht „zürichsee“ meint, wenn man nach „zürichersee“ sucht.
Ansonsten: Viel Freude am Sonnenschein und möglichst wenig Beschwerden an alle!
[Antwort Admin: Danke für den Hinweis. Nein, es war wirklich nicht extra. War so fixiert auf das erlaubte „i“ im Wort Zürichsee, dass das verbotene „er“ im hinteren Teil des Wortes übersah. Ist schon korrigiert.]
März 12th, 2007 at 14:00
@Brun(o)egg
Also das von Frankreich kann ich dir nicht zu stimmen, in den meisten Restaurant in denen ich war, war das Essen i.O. Es gibt halt Sachen, die sollte man in Frankreich in einem Durchschnitt-Restaurant nicht essen, wie Pizza oder Teigwaren (ausser Süden). Das kriegen die Franzozen (noch) nicht hin, obwohl es schon um ein vielfacheres besser als früher ist.
März 12th, 2007 at 14:06
Warum sollte man sich nicht beschweren, wenn der Service mies ist? Schließlich bezahlt man nicht nur das Essen, sondern eben auch den Service, wenn man auswärts isst. Das essen allein (ohne Service) wäre auch nicht halb so teuer 😉
März 12th, 2007 at 14:15
@brun(o)egg, @michael mäder:
Jetzt hab ich wohl etwas nicht richtig verstanden. Reklamieren darf doch jeder, auch wenn ich mich eher zum grösseren Heer derer zähle, die das nicht oder nur selten tun. Duckmäuserisch wird das Nichtreklamieren dann, wenn „laut geschwiegen“ wird. Und das meine ich in Jens‘ heutigem Beitrag irgendwo herausgelesen zu haben. Vielleicht brauch ich doch eine neue Brille.
März 12th, 2007 at 14:55
Überhöhte Preise, schlechter Service und nicht bessere Qualität der Getränke habe ich in Zürich auch schon kennengelernt. Daher gehe ich nicht mehr nach Zürich, sondern lieber nach Luzern oder Zug. Dort kenne ich wenigstens Cafés und Gartenbeizen mit guter Bedienung.
„vote with your wallett“ praktiziere ich konsequent. Nicht nur bei Restaurants.
März 12th, 2007 at 15:11
@Brun(o)egg
Im Notfall immer schön Schnipo bestellen.
März 12th, 2007 at 15:37
Schlechten Service gibt’s in Zürich wirklich en-masse, aber es gibt auch das komplette Gegenteil. Das beste in dieser Hinsicht ist : http://www.smagoo.ch/zentraleck
Ins Zentraleck geh ich immer, wenn ich mich verwöhnen will. Und der Service ist der absolute Hammer!
März 12th, 2007 at 20:46
@amazoenli:
Da kann ich dir nur aus vollem Herzen beipflichten. Das Zentraleck ist mehr als empfehlenswert!
März 12th, 2007 at 21:03
Jetzt habe ich den ganzen Tag, darüber nachgedacht, was do wohl in Zürich schief gelaufen sein könnte. In den vergangenen Wochen haben wir soviel über das richtige Bestellen und das wohltemperierte Auftreten gelernt, dass nur wenige Erklärungen bleiben: Niemand hat hier richtig geordert: Ich krich nen Bier…
es hätte so ein schöner Nachmittag werden können… Jürgen Waldmann, seine Gattin Ursula, kurz Uschi gerufen, seine Mutter Charlotte, auch Lotti und die beiden Kinder Sven und Svenja sind zum ersten Mal in ihrem Leben in Zürich. Es war bestes Wetter; das Acqua war geschlossen, ebenso die Yuppie-Insel auf dem Dach. Serviert wurde lediglich an die Tische in der Gartenwirtschaft. Hunderte lauerten, um sich auf frei werdende Plätze zu stürzen. Ihre Mütter sollten endlich zu Kaffee und Kuchen kommen.
In gewohnter Manier ergreift Jürgen seine unkomplizierte Initiative – in Bochum hält er den Rekord für die schnellste Bestellung ner Currywurst mit Pommes rot-weiss – und fragt ungezwungen bei einem etwas älteren Ehepaar aus dem Kanton Schwyz, das in ruhiger abgeschiedener Zweisamkeit allein an einem Tisch mit einem weiteren Stuhl sitzt, nach einer Mitsitzgelegenheit: Tschuldigung, is dat Plätzchen noch frei … Natürlich wird ihm das nicht verwehrt und schon donnert es durch das Lokal bis auf das andere Ufer des Sees: Mutta, mach hierher, da hasse noch nen Plätzken und noch aus der Drehung ergreift Jürgen zwei Stühle vom Nachbartisch, die bisher nicht so richtig Beachtung fanden mit den Worten: Dat stört Euch doch nich weiter…Uschi, bring ma von da vorne am Eingang noch die beiden Hocker für die Kinder mit …. Halt, Stopp , äh moment mal, also ic kriech hier gleich nen Bier … mit fester Faust umschliesst er den Unterarm des studentischen Jungkellner, zweites Semester ETH, aus Locarno, der an diesem Wochenende nicht durch den Gotthardtunnel wollte und für die Uschi machste uns mal nen schönen Milchkaffe und für die Mutter das gleiche, mit was rein, ich weiss nicht wie das hier heisst und die beiden Kinder kriegn ne Fanta …. ORANSCHINA, Jürgen, dat heisst hier O R A N G S C H I NA, inzwischen ist als auch Uschi eingetroffen und nimmt Platz, während Lotti versucht Kontakt mit den Einheimischen aufzunehmen: Ja der Junge, der iss ja immer so .. wie soll ich sagen … also zwei Orandschiina und die Herrschaften hier am Risch, wo wir grad so schön dabei sind, kriengse noch was nach … In diesem Moment stellt sich heraus, dass das geduldige Ehepaar aus einem der Gründungskantone schon seit etwa 48 Minuten und 23 Sekunden versucht eine Bestellung aufzugeben… Nee, sach ma, wat machst Du denn hier, Jürgen kann sich jetzt nicht mehr so ganz zurücknehmen, die Faust schliesst sich fester um das Handgelenk des Ticinesen, der jetzt auch bereit gewesen wäre über den Pass gefahren zu sein. Jätz pass mal auf…gib ma die Schürze her. Am Nebentisch wird die Szene von einigen Bernern interessiert verfolgt und dem Besuch aus dem Emmental übersetzt: s Fürtech alegge…und dann hat Jürgen auch schon die Schürze um und einen Ticino unter Arm, bricht in die zentrale Verteilstation und stellt sich knapp vor: Ich bin der Jürgen; ich zeig Euch jetzt mal wie das geht, wer biss Du – Ich bin die Ursi – aha, Uschi, wie meine Frau und Du – Reto – Egal, na klar red ich jetzt, Uschi, Du lässt jetzt mal so viel Kaffee aus den Maschinen laufen wie das nur so geht, aber Du machst die Tassen nur halb voll und du „red Du“ du machst das gleiche mit dem Bier, und Du machst schon mal 200 Flaschen von dem, Orandschina auf und halt wo muss dat hin, sofort wird eine weitere Aushilfskraft gestoppt, der Wegbeschrieb eingeholt und das Tablett gegriffen, wat is mit dem Bier, den Orandschina, dem Kaffe und dem mit was drin, schon iss er weg und es hallt durch das Gartenlokal: „Noch jemand ohne Fahrschein“ – Jürgen arbeitet im bürgerlichen Leben bei der Bundesbahn, der Deutschen Bundesbahn und jeder, der jetzt länger als drei Minuten auf sein Getränk warten muss kriegt zusätzlich noch einen mit der Lochzange …
leider ist wie wir wissen, alles ganz anders gekommen.
März 12th, 2007 at 22:18
@ lamiacucina
Duckmäusertum wäre, wenn man dann, wenn es um etwas wichtiges geht, nicht bei der zuständigen Person oder Stelle seine Bedenken anmelden würde.
Wenn man hingegen darauf verzichtet, einfach Lärm zu machen, und einen Haufen Leute, die für die Sache gar nicht die Verantwortung tragen, wegen irgendwelcher Details zu stressen, ist das doch nicht duckmäuserisch, sondern eher kultiviert…
Ich denke, wir leben nun wirklich nicht in einem Land, in dessen Geschichte die Aufmüpfigkeit gegen Autoritäten jedwelcher Art typischerweise zu kurz gekommen wäre.
@ admin
auch ein kleiner Tüpflischiisser-Hinweis von meiner Seite: Das Photo mit dem Schiff zeigt den Utoquai – der Mythenquai mit dem Hauptquartier der Schiffahrtsgesellschaft, dem Acqua etc. ist auf der anderen Seeseite
März 13th, 2007 at 1:45
@ Neuromat
Drei Antwort-Versionen habe ich schon verworfen – nichts ist Deiner herrlichen Persiflage angemessen. Einfach herzlichen Dank für Deine präzis beobachtete bzw. ausgedachte Gute-Nacht-Geschichte, die ich – deutlich als seis gefilmt – vor mir sehe. Und für die entspannende Gelegenheit, trotz ringhöriger Altwohnung um 1.30 Uhr laut herauszulachen. Mal schauen, ob sich meine (Schweizer) Nachbarn zu einer Reklamation hinreissen lassen bei der nächsten Treppenhausbegegnung oder ob mal wieder gezielt meine Gartenpflanzen hinhalten müssen …
März 13th, 2007 at 14:19
@neuromat:
Einfach der Hammer!
März 13th, 2007 at 15:59
@ luise
gell, das Zentraleck ist wirklich eine spezielle Oase in Zürich! Du kannst Deine Meinung unter dem Link, den ich gestern angegeben habe (http://www.smagoo.ch/zentraleck), gleich hinschreiben. Da freuen sich die Jungs vom Zentraleck sicher über Dein Lob….
März 13th, 2007 at 17:12
@videoman ich sprech nicht von der Qualität der Pommes. aber dass es immer und überall Pommes, und ähnlichen Junk Food, gibt zu allem gibt!
Wenn Du Reis, Mais, kannst Du vergesen. Pasta sowieso. Und ich gestehe zu das es hervorragende regionale Spezialitäten gibt!! Sicher. Wie in Italien. Ich meine aber die tägliche Durchschnitts-Küche. Die ist mindestens so grausam wie in Tschechien oder Holland.
März 13th, 2007 at 20:41
Ich hab wieder mal was zu meckern… smile. Und zwar das Bild mit dem deutschen ICE. Die Fahrleitung, die Signale und auch der rote Triebwagen im Hintergrund zeugen davon das dieses Bild in der Schweiz aufgenommen wurde! Und nicht in Deutschland, wie irrtümlich behauptet…. Also nichts mit deutscher Pünktlichkeit. Eher mit schweizerischer eines deutschen Zuges… Schmunzel.
März 13th, 2007 at 23:57
Es gab auch in Deutschland eine Zeit, in der die Züge ähnlich pünktlich verkehrten wie heute (noch?) in der Schweiz. Der Farbgebung des ICE nach könnte das Foto sogar aus dieser alten Zeit stammen. Insoweit stimmts wieder mit der deutschen Pünktlichkeit.
März 14th, 2007 at 11:14
an Gery und Reinhard
… ja und das Bild stammt nach meiner Einschätzung aus Thun, aufgrund des RM-Zuges mit alter Farbgebung im Hintergrund (die RM heisst heute BLS). Und die Fahrleitungen wurden in Thun unterdessen auch erneuert.
Vielleicht ist es ja der ICE „Thunersee“. Das schreibt man tatsächlich mit „er“. Aber betonen soll man bitte „THUNersee“
März 14th, 2007 at 15:19
Erstmal: schöner Blog – die ganzen Feinheiten fallen uns Einheimischen gar nicht so recht auf!
Zu Beschwerden in Resturants zwei Anektoten:
1. Wir gingen essen in einem Restaurant auf einem Campingplatz in Italien (schonmal keine Gourmet-Vorstellung zu erwarten). Am Nebentisch spielt sich folgende Szene ab: Ein holländisches Paar beschwert sich beim Kellner (als halber Holländer konnte ich auch den „internen“ Gesprächen folgen): Das Entrecôte sei kalt gewesen und deshalb würden sie nur die Hälfte bezahlen! Bloss: Die hatten das alles aufgegessen! Der Kellner beschwichtigt, zieht das „Coperto“ von der Rechnung ab und bringt Limoncello, was die beiden nicht davon abhält allen die sie verstehen ihre Meinung über dieses Restaurant mitzuteilen. Das ist wohl gerade das Gegenstück zur Schweizer Mentalität.
2. (Nur aus 2. Hand). Ein Kollege will nach langer Fahrt in der Nähe von Pforzheim in einer Raststätte etwas essen. Er bestellt ein Schnitzel mit Pommes-Frittes. Das Essen kommt, er probiert: Die Fritten ranzig, das Schnitzel eine Schuhsohle – Kollege stinksauer! Er ruft den Kellner zu sich, gibt den Teller zurück, sagt das sei ja nicht zum Fressen und verlangt das Geld zurück – alles in Berndeutsch. Das hat funktioniert! Vielleicht waren die so baff dass auch ein Schweizer mal anders kann.
Ansonsten kann ich mich übers Beschweren in der Schweiz nicht beschweren. Solange man freundlich bleibt wird einem eigentlich nirgends was verweigert: Wenns zuwenig ist bestellt man einfach ein Supplement. Schmeckts nicht tauschts mans ein (allerdings den fast vollen Teller). Bloss gegen das zulange Warten ist kein Kraut gewachsen – da hilft nur aufstehen und gehen, ob bestellt oder nicht! Allerdings sehr ärgerlich, weil man dann ja noch immer hungrig/durstig ist – aber dann auch noch auf den Manager warten um den einzuheizen dauert ja wieder (das Service-Personal kann ja meist nichts für Unterbesetzung). Den (zusätzlichen) Ärger spar ich mir…
März 14th, 2007 at 16:29
Tja, dieses Klischee hat sich in unseren letzten Ferien (oder wenn Sie wollen: „Urlaub“) auch wiedermal bestätigt. Wir sind in der karibik am Flughafen angekommen und mussten etwa 50m zu den Bussen laufen, die uns zum Hotel fahren sollten. Leider regnete es gerade ziemlich fest und wenn man sich nicht beeilte, dann wurde man halt nass. Ich, meine Freundin und ein anderes Ehepaar (Franzosen oder Romands, auf alle Fälle französisch sprechend) waren die ersten im Bus, hatten unser Gepäck im zugehörigen Anhänger verstaut und warteten auf die anderen Gäste. Da kam ein älteres Ehepaar durch den Regen und schnauzte den Fahrer des Busses shconmal an, er solle doch helfen, die Koffer einzuladen. Dieser steigt aus und hilft (natürlich mit Aussicht auf Trinkgeld) dem Ehepaar, die Tür für die Fahrgäste war geschlossen. Das Ehepaar wollte in den Bus steigen: ging nicht weil die Tür nur von vorne vom Fahrer (den sie eben rauszitiert hatten) geöffnet werden konnte, darum standen sie so 20-30sek. im strömenden Regen. Der Mann des französisch sprechenden Ehepaars versuchte noch, die Tür zu öffnen, es ging aber einfahc nicht. Schlussendlich kam der Fahrer von hinten zurück und öffnete die Tür, und die nächsten 20min. Bussfahrt mussten wir uns das Gezeter der alten Dame anhören, was es doch für eine Frechheit sei, die Tür einfahc nicht zu öffnen und sie im Regen stehen zu lassen. Erst ist sie auf den Mann los, der versucht hatte die Tür zu öffnen, leider verstand sie ihn nich, als er sagte dass er nix dafür könne und es ja versucht hätte… den Kopf hatte sie anscheined in ihrer Rage ausgeschaltet. Das allgemeine Gemecker ging natürlich weiter und bei der Ankunft liess sie es sich natürlich nicht nehmen, sich als erstes bei der Reiseleitung zu beschweren…
März 14th, 2007 at 17:56
@darkimp:
Waren das denn Deutsche, die sich bei der Reiseleitung und beim Busfahrer so ein Gezeter gemacht haben?
Würde mich nicht wundern, ich „schäme“ mich selbst immer wieder für das Verhalten meiner deutschen Mitbürger im Urlaub. Das ist stellenweise echt unmöglich. Das ist typisch Deutsch. Anstatt alles zu geniessen was man zu Hause nicht hat (Meer, Sand, Sonne, Strand, Klima, etc.) wird das was angreifbar ist, erstmal angegriffen. Da ist es wieder: „Wenn der Deutsche sich nicht beschweren kann, dann geht es ihm nicht gut!“. Das habe ich letztes Jahr mal wieder auf Bali und in Australien erlebt.
Sali,
Markus
März 16th, 2007 at 12:44
Eine interessante Feststellung, wobei ich mich frage, ob dies mit der Nationalität oder eher mit dem Charakter (Anspruchshaltung?) des Einzelnen zu tun hat.
Ich fahre (werk-)täglich im Zug von A nach B zur Arbeit. Der Zug ist voll, beim Aus- und Einsteigen immer ein Gedränge. Was ich will, ist in einer angemessenen Zeit und unbeschadet von A nach B zu kommen und nicht, irgendjemanden anzuraunzen und mir davon die Laune verderben zu lassen. Natürlich wünschte ich mir auch, es ginge gesitteter zu, die Leute wären rücksichtsvoller und an einem schlechten Tag schiesse ich auch einen bösen Blick ab. Ich bin aber freiwillig dort! Es zwingt mich niemand, an diesem Gedränge teilzunehmen. Stattdessen könnte ich umziehen, versuchen, meine Arbeitszeiten zu ändern oder eine entsprechende Volksinitiative starten bspw.: Die SBB bringt ihren Kunden Manieren bei!
Ich finde es auch daneben, sich bei einer Serviertochter lautstark über etwas zu beschweren, egal, ob sie etwas dafür kann oder nicht. Falls sie den Fehler gemacht hat (wer macht keine?), kann ich sie auch in einer normalen Lautstärke darauf aufmerksam machen. Es ist nicht nötig, sie zusätzlich öffentlich blosszustellen. Falls angebracht, reicht, wie bereits mehrmals festgestellt, eine Beschwerde bei ihrem Vorgesetzten, kein Trinkgeld, oder Verlassen und zukünftiges Meiden des Lokals völlig und wirkt oft besser. Zudem, eine Einzel-Konfrontation zeugt meiner Meinung nach von ein bisschen mehr Courage als ein Geheul mit der (wenn auch stillen) Meute im Rücken.
Und ist doch schön, dass wir mit Geld noch immer nicht alles (u.a. perfekten Service) kaufen können! Wäre das langweilig…, wir könnten uns nicht mehr über solche Kleinigkeiten aufregen. Andererseits, vielleicht würden wir uns dann mehr darüber freuen, DASS wir gemütlich unter der Sonne sitzen können, in der Hoffnung einen Kaffee serviert zu bekommen. (Die Hoffnung stirbt zuletzt :))
April 25th, 2010 at 14:29
Duckmäusertum ist die Abwesenheit von Kritik, wenn diese angebracht wäre. Dass die Serviertochter keine Verantwortung für ihren schlechten Service tragen müsste, ist als Behauptung schon sehr einfältig. Ein anderes Temprament zu haben – sich nicht lautstark zu beschwären – und sich trotzdem nicht zu beschweren, ist nicht kultiviert, sonder dumm.
@Zia
Das öffentliche Blosstellen der Serviertochter ist nicht nett, aber harmlos im Vergleich zur Beschwerde beim Vorgesetzten.
Zitierter Artikel im Tagesanzeiger bedient wohl eher das Klischee vom lauten Deutschen, der sich unangemessen beschwert.