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Whisky am Mittag — Eistee trinkende Schweizer

  • Z’Mittag um 12.00 Uhr
  • Als ich vor 6 Jahren zum ersten Mal nach Zürich kam zu einem Kurs mit Schweizer Teilnehmern gingen wir um Schlag 12.00 Uhr gemeinsam in ein Restaurant zum Mittagessen (Schweizerdeutsch: „z’Mittag„)

    Der Kellner kam, um die Getränkewünsche zu erfragen.
    Der Schweizer neben mir murmelt etwas wie „Isstiii„.

    Ich verstand „Whisky„, und war erstaunt, wie man um kurz nach 12.00 Uhr schon so harte Sachen konsumieren kann ohne umzufallen.
    „Nein nein, ich habe Eistee bestellt“, korrigierte mein Nachbar meine Vermutung.

  • Echter Eistee ist ein klasse Getränk
  • Ich dachte: „Prima Idee bei dieser Hitze. So eine frisch aufgebrühte Kanne mit starkem Darjeeling-Tee, langsam herabgekühlt auf Zimmertemperatur, dann für ein paar Stunden in den Kühschrank gestellt, um dann in einem hohen Glas mit Eiswürfeln und Zitrone als erfrischendes Getränk offeriert zu werden…“
    echter gekühlter Eistee

    Was der Kellner dann an den Tisch brachte, war eine Flasche mit einem schnöden Softdrink, so wie Cola oder Fanta, bestimmt zu 17 % aus Zucker bestehend.
    ein Softdrink

  • Eine Stange trinken und dann in die Ecke stellen
  • Will man in der Schweiz ein Bier trinken, sollte man sich nach Möglichkeit kein „Pils“ beim Kellner bestellen, damit outet man sich gleich als ungebildeter Deutscher, der davon ausgeht, alle Welt verstehe, was ein „Pils“ (Bier aus der böhmischen Stadt Pilsen) eigentlich ist. Man bestellt hier eine Stange. Im Fitnessstudio ist eine Stange eine Langhantel, im Ballett kann man sich an einer Stange festhalten, und auch in anderen Bereichen wird „jemanden bei der Stange“ gehalten. Nicht so in der Schweiz. Hier wird die Stange getrunken.

  • Stangen am Südpol
  • Deshalb gruseln sich dann manche Deutsche, denn sie kennen nur den Ausdruck: „Eine Stange Wasser in die Ecke stellen“. Woher diese Bedeutung kommt, wird vielleicht klar, wenn man an die äusserst kalten Winternächte in Deutschland denkt. Ab Minus 60 Grad Celsius gefriert Flüssigkeit in der Luft und fällt als Stange zu Boden, wie mir mal ein Amerikaner erzählte, der ein Jahr am Südpol als Funker zugebracht hat. Das macht einen höllischen Krach, weswegen die „Draussenpinkler“ am Südpol auch immer einige Meter entfernt von den Wohncontainern ihre Notdurft verrichten müssen, um die Kollegen nicht aufzuwecken.

    Daher kommt auch der berühmte Merksatz, den die Eskimomütter ihren Kindern mit auf den Weg geben: „Esst niemals gelben Schnee„.

    

    8 Responses to “Whisky am Mittag — Eistee trinkende Schweizer”

    1. Linktipp: Blogwiese » BloggingTom Says:

      […] Wir Schweizer sind schon ein komisches lustiges Volk: Wir trinken “Isstiii“, lösen das Überalterungsproblem mit Zebrastreifen und kiffen im Zug. Die “Erlebnisse und sprachliche Beobachtungen als Deutscher in der Schweiz” von Jens-Rainer Wiese auf seiner Blogwiese sind köstlich: Für uns Schweizer, die einen Spiegel vorgehalten bekommen und für die Nicht-Schweizer, die uns, oder zumindest unsere Sprache und Gewohnheiten, näher kennenlernen können. […]

    2. Andre Says:

      Ich habe im Kanton Bern im Restaurant immer „Riester“ statt Isstii verstanden – wie die Rente…

      Aber ne Stange – bzw ein Stängchen trinkt man auch in Kölle.

    3. Modi Says:

      Die „Biersprache“ ist eh vielseitig: Mancherorts bestellt man „e Schoppe“ – nicht zu verwechseln mit der Milchflasche für Säuglinge, welche dieselbe Bezeichnung trägt; der Schoppen ist auch im Waadtland geläufig (une chope, 5dl). Will man den halben Liter Bier in Fribourg bestellen, verlangt man hingegen eine Canette (Dose), auch wenn das Bier direkt vom Fass ist.
      Weniger Durstige bestellen nur zwei Deziliter, was im Jura „Galopin“ genannt wird (Schlingel, Spitzbube) und in der Deutschschweiz zu meinem Favoriten unter den Biernamen mutiert: „Es Hergöttli“, ein kleiner Gott also…

    4. Reto Baumer Says:

      In der Schweiz trinkt man Bleifrei.

      Ja sie haben richtig gelesen!

      Nein, kein Benzin!!!

      Bleifrei, ist der wille des Gastes, nun ein Bier zu sich zu nehmen,
      ohne in die Gefahr zu geraten, seinen Fahrausweis dem freunlichen Polizisten, bei der nächsten Alkoholkontrolle, ab zu geben.

      Kaus von Taler läst grüssen.

      Gruss Reto

    5. geronimo Says:

      Ein Chübel ist auch noch zu erwähnen. Das steht für einen halben Liter Bier. Es gibt nichts schöneres als ein Chübel Schüga, Lager Stadtbühl oder Maisbier vom Sonnenbräu. Hin und wieder ein Original Pils oder die bayrischen Biere. Panache ist ja auch als Alster-Wasser oder Radler bekannt.

      Übrigens, Jens. Mit dem Beitrag im Migros Magazin (die grösste Auflage nebst dem Coop Magazin) bist Du sicher auf das Phänomen gestossen an der die hiesigen Zeitschriften und Zeitungen leiden. Das Übernehmen von Themen. Wenn mal eine Zeitung oder eine Zeitschrift ein Thema aufgegriffen hat, wird das von anderen nicht einfach übernommen. Da stürmen oder waren bei Dir sicher x Journis, die das gleiche wissen wollten. Zitieren von anderen bzw. der ersten Quelle ist verpönt. Es soll möglichst so aussehen als ob gerade dieser Journi die geniale Idee hatte, Dich zu interviewen und das Thema gesetzt zu haben. Dabei wird die kollektive Gedächtnislücke angenommen. Wir haben ja über blogwiese.ch hie und dort etwas gelesen. Wir haben ja genau auf diesen Journi gewartet 🙂

    6. Paul Says:

      Zum Bier kann ich noch folgende angaben machen:

      „gsprüützti Stange“ = Panaché
      „Chübeli“ = kleinere Form vom „Chübel“ Chübeli = 0.3l, Chübel = 0.5l
      „Tulpe“ = ein Bier in einer art Weinglas, allerdings speziell für Bier

    7. Gery us büüli. Says:

      Bin zwar kein Biertrinker.. aber vergesst den Stiefel nicht, oder das U- Boot.

      Erklärung: Stiefel: ein Bierglas in Form eines Stiefels. ca 1,5 liter. Sehr heimtückisch zum trinken.

      U-Boot: Ein Grosses (Bier) in dem ein Glas mit 2cl Schnaps versenkt wird. Vernichtende Wirkung. . Beides wird gerne in der Militärzeit getrunken bis zum Umfallen.

    8. Laureen Says:

      Man sieht mal wieder wie Dialekte Verwirrung schaffen. Kommunikation in unserer Welt ist wichtig…. Wer weiss, was sonst mal aus dem Isstiii für Kriege geboren werden 😉