Wohnen Sie in Fischtel oder Fistel — Neues von den extrem-mundartlichen Lokalnamen
Die Diskussion um die Schreibweise der Flurnamen in der Schweiz wird zur Zeit in diversen Fachgremien praktisch ohne grosse Einbeziehung der Schweizer Öffentlichkeit geführt. Gelegentlich schafft es dabei ein Leserbrief in den Tagi oder in die NZZ, auf die gut gestalteten Übersichtsseiten Lokalnamen.ch oder den Wiki GISpunkt HSR gelangen in der Regel nur unmittelbar von Umbenennungen Betroffene.
Dabei ist die Fragestellung „Sollten teils an die Schriftsprache anlehnende, teils an die Mundart angenäherte Lokalnamen in der Schweiz unverändert bleiben oder ‚extrem-mundartlich‘ geschrieben werden“ etwas, das jeden angeht, der sich auf einheitlich geführtes und verständliches Kartenmaterial verlassen muss, sei es beim Wandern, in der Geologie oder beim Rettungsdienst. Nicht zuletzt Kartenverlage und Hersteller von Schildern sind davon berührt.
Soll es weiter „Rosenberg“ heissen,
(Quelle: Rosenberg auf der Karte)
oder gewöhnen wir uns lieber an „Roosebärg“?
(Quelle: Roosebärg)
Offiziell gelten in der ganzen Schweiz nach wie vor die „Weisungen von 1948“, in denen u. a. festgelegt wird:
3. In der schriftsprachlichen Form sind in der Regel zu belassen:
a. allgemein vertraute, häufig vorkommende Namenwörter, die in gleicher Form auch schweizerdeutsch sind, z. B. Berg, Feld, Weg, Grat (nicht Bärg, Fäld, Wäg, Grot);
(…)
7. das in der herkömmlichen Schreibweise die unbetonte Endsilbe deckende, meist nicht gesprochene –n wird geschrieben:
a. in männlichen Wörtern: Stalden, Schachen, Boden, Graben
(Quelle: Weisungen von 1948)
Im Mai 2005 (bis Mai 2006 überarbeitet) gab die Schweizer Landestopographie mit dem hübschen englischen Namen „swisstopo“ den „Leitfaden für die Schreibweise der Lokalnamen in der deutschsprachigen Schweiz“ als Entwurf heraus. Nun ist alles möglich und erlaubt:
„Es wird empfohlen, Namen, deren zugrunde liegendes Wort in der Hoch- oder Standardsprache vorkommt (allgemein bekannte Namenwörter), wie alle übrigen Toponyme zu behandeln und nach der ortsüblichen Sprechform zu notieren. Also z. B. Bärg, Fäld, Stäg, Wäg, Zälg, Räge, Rein, Mei, Boum etc. (wo so gesprochen wird) und nicht – oder nur dort, wo dies die ortsübliche Sprachform ist, Berg, Feld, Steg, Weg, zelg, Baumt etc. – Demnach (z. B. im Kt. BE): Breitfäld, Höje Stäg, Räbbärg/-wärch, Chärderbärg, Chrischboummate, Meigüetli“
(Vollständige Quelle auf lokalnamen.ch)
Die neuen Schreibphilospien wurden anscheinend schon vor dem Erscheinen des Leitfaden propapiert, denn die ersten Karten, welche deutlich von den Weisungen von 1948 abweichen, erschienen bereits vor Herausgabe des Leitfadens! Ob da jemand mit Hilfe einer Zeitmaschine in die Zukunft geschaut hat? Oder ob vielleicht der Leitfaden zur „nachträglichen Rechtfertigung“ angefertigt wurde?
Im Kanton Thurgau war man besonders fleissig. Auf dem Kartenblatt Wil der Landeskarte zum Beispiel wurden in der Ausgabe 2004 gegenüber der Ausgabe 1978 von 540 Namen 290 geändert, das sind 54 %. Hier ein paar Beispiele für die neue Benennung:
(Quelle Foto Lokalnamen.ch)
Auch die aktuelle Schulkarte des Kantons Schaffhausen realisiert die neue „alles-ist-erlaubt“ Regelung:
Falls diese Schulkarte als „Mundartkarte“ bezeichnet würde, wäre dagegen nichts einzuwenden. Ohne diesen Hinweis nimmt man jedoch an, dass es sich um eine offizielle Spezialkarte mit offiziellen Namen handelt, was aber nicht der Fall ist. Zum Beispiel sind Rii(Rhein) wie auch Liebensbärg anstelle Liebensberg sowie Rafzerfäld anstelle Rafzerfeld und sehr viele weitere Namen auf der Schulkarte des Kantons Schaffhausen keine offizielle Bezeichnungen.
(Quelle: WikiGISpunkt HSR)
Die Grundproblematik bei ‚extrem-mundartlichen‘ Flur- und Lokalnamen ist stets die, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen bereits geschriebenen und in vielen Dokumenten verwendeten „pragmatischen“ Schreibweisen, und den zahlreichen Varianten, den die Mundarten bieten. Hierzu das Beispiel „Aazheimerhof“:
Von Aazheimerhof zu Oozemerhof
Es geht darum, ob die bisherige Schreibweise eines Hofes in der Gemeinde Neuhausen Kt. SH belassen oder geändert wird. Es handelt sich dabei um ein Beispiel, welches für die künftige Schreibweise der Lokalnamen in der Schweiz Modellcharakter hat.Personen unter 70 sprechen in der Gemeinde Neuhausen „Aazheimerhof“
einzelne bejahrte Neuhauser sprechen „Ozemerhof“In der Amtlichen Vermessung und in heutigen Karten und Plänen steht „Azheimerhof“. Die Amtliche Vermessung enthält heute einen Flurnamen „Azheim“ und es existieren mehrere Gebäudeadressen „Azheimerhof 8212 Neuhausen am Rheinfall“
Aazheimerhof in der Amtlichen Vermessung
Aazheimerhof in der Schulkarte Kt. SH
74 Einträge für „Azheimerhof“
keine Einträge für „Ozemerhof“Soll nun bei einer Überarbeitung der Hofname „Aazheimerhof“ belassen werden oder in „Ozemerhof“ verändert werden?
Gemäss Weisungen 1948 würde die heutige Schreibweise „Aazheimerhof“ unverändert beibehalten werden. Mit Entwurf Leitfaden Toponymie 2006 würde gemäss Referat Alfred Richli anlässlich Herbsttagung Schweizerische Gesellschaft für Kartografie vom 3.11.2006 in Schaffhausen die heutige Schreibweise „Aazheimerhof“ in „Oozemerhof“ geändert werden.
(Quelle: Wiki GISPunkt HSR)
In der nachfolgende Diskussion heisst es dazu:
In den Weisungen 1948 wird nirgends postuliert, dass mundartnah geschrieben werden soll. Im Gegenteil, es werden als Kompromiss zwischen schriftsprachlicher, traditioneller und mundartlicher Schreibung Schranken aufgestellt, um eine massvolle Schreibung der Lokalnamen zu erreichen. Diese Schranken sind im Entwurf Leitfaden Toponymie 2006 weitgehend eliminiert worden. Von Nomenklaturkommissionen, welche mundartnahe Schreibung und den Leitfaden Toponymie 2006 propagieren, wird kaum daran gedacht, dass das Ändern von Lokalnamen Aufwendungen bei Adressen, Registern, Dokumenten usw. verursacht. Wenn man die Regeln des Leitfadens Toponymie 2006 konsequent anwenden würde, müssten in der Schweiz im Gegensatz zu den Weisungen 1948 Zehntausende von Lokalnamen auf eine „bodenständige“ Form geändert werden. Das ganze sieht dabei nach Arbeitsbeschaffung für Nomenklaturkommissionen aus.
(Quelle: WikiGISpunkt HSR)
Wer die Diskussionen auf dem Forum von Wiki GISpunkt HSR verfolgt, hat das Gefühl, dass hier pragmatische Argumente zwar angehört werden, dass aber in der Realität die Umbenennungswelle nicht mehr zu stoppen ist. Nach Schaffhausen und dem Thurgau werden nach und nach alle weiteren Landeskarten überarbeitet, und nur selten gerät dieser Prozess in die Öffentlichkeit, so wie in diesem Leserbrief von Angelo Garovi in der Berner Zeitung vom 13.12.06:
Die Sprachpolitik in der Eidgenossenschaft und den konföderierten Kantonen wird immer eigenartiger. Während in Bern beschlossen wird, ab der ersten Primarklasse im Unterricht „hochdeutsch“ (oder „standarddeutsch“?) zu reden, legt im gleichen Bern das Bundesamt für Landestopographie (swisstopo) neue Richtlinien für die Schreibweise der Lokalnamen (Flurnamen) vor, die alles andere als „schriftdeutsch“ (oder „hochdeutsch“?) sind. Nach diesem Entwurf sollen folgende exotische Namens auf den Landeskarten stehen. Burdlefschache, Gitziahoore, Hiendertelti, Läitren, Hewwschleif, Höje Laas, Düüheltor, Bir Heejen Schir, Totuflieji u. a. m. Was sollen Schüler und Schülerinnen beim Orientierungslauf im Turnen – auch in Hochdeutsch – damit anfangen? Oder auf der Schulreise, wo vielleicht auch noch hochdeutsch parliert (Fremdwörter erlaubt?) werden muss. Während die Bildungspolitiker in den Schulen „hochdeutschen“ Unterricht verlangen, bringt gleichzeitig das Bundesamt für Landestopopgraphie Regeln für eine extremmundartliche Schreibung auf Karten heraus, die krasser (ist Jugendsprache als Variante der Standardsprache erlaubt?) nicht zu den Vorschriften in der Schule stehen könnten. Weiss in der Politik die linke Hand nicht mehr, was die rechte tut?
(Quelle: Berner Zeitung)
Angelo Garovi ist Sprachwissenschaftler und Mitglied der Dudenkommission Bern/Basel darum verzeihen wir ihm seine süffisanten Seitenhiebe auf die Hochdeutsch-Standarddeutsch Diskussion. Wir ergänzen seine Aussage: „Nach dem Entwurf sollen folgende Namen auf der Landeskarte stehen (…)“: In Schaffhausen und im Thurgau ist das kein Entwurf mehr sondern Realität.
Die Kritiker der neuen mundartlichen Schreibweise fassen zusammen:
Die pragmatische Schreibweise gemäss Weisungen 1948 und mundartnahe Schreibweise gemäss Leitfaden Toponymie 2006 sind unvereinbar. Die Gefahr, dass in der Schweiz unsinnig Zehntausende von Lokalnamen im Sinne des Leitfadens 2006 mit grossen Kostenfolgen verändert werden ist so gross, dass die Weisungen 1948 weiterhin zwingend als Richtschnur für die Schreibweise der Lokalnamen in der amtlichen Vermessung und auf Landeskarten gelten müssen.
(Quelle: geometa.info)
Warten wir es ab, wer sich hier durchsetzen wird. Achten Sie bei Ihren Wanderungen in den nächsten Jahren besonders auf „Bärg“ und „Fäld“ und fehlende „n“ wie in „Bürfälde“. Und wenn sie selbst an einem Ort Namens „Aazheimerhof“ wohnen, dann tun sich gut daran, sich mindestens zwei dutzend betagte Rentner einzuladen für den Tag, an dem die swisstopo Fachleute vorbeischauen, um denen dann glaubhaft zu versichern, dass sie hier nicht in „Oozemerhof“ sind. Vorsorglich empfehlen wir die Anschaffung von abwaschbaren Schildern, für die allfälligen Namensänderungen schnell und kostengünstig realisieren zu können. Mit der Herstellung von persönlichem Briefpapier sollten Sie darum lieber noch warten. Vielleicht heisst ihr Wohnort und ihre Wohnstrasse demnächst gar nicht mehr so, wie sie glauben? So wie der Ort „Fistel“ :
In der Gemeinde Fischenthal (auch wenn im Duden „Tal“ steht, ändern sich damit nicht einfach Gemeinde- und Ortsnamen in der Schweiz!) erscheint „Fistel“ im Übersichtsplan und in den Gebäudeadressen. In der Landeskarte wurde „Fistel“ in „Fischtel“ geändert. Wenn Sie hier wohnen und ihre Freunde nach Fischtel einladen, dann wird Map.search das leider nicht finden.
(Quelle: Fischtel bei Map.search)
Suchen Sie nach „Fischtel“, so sagt Map.search „Strasse nicht gefunden“, zeigt aber deutlich den Ort unten rechts an. Suchen Sie bei Map.search nach „Fistel“, erscheint „Fischtel“:
Das verspricht eine Menge Suchspass, wenn diese „einheitlichen Ortsnamen“ erst überall eingeführt worden sind. Hoffentlich ist es dann nicht die Suche eines Rettungsdienstes, der Ihr Leben retten soll.
Dezember 18th, 2006 at 1:16
Solange es nicht genügend Vokale gibt, um die Aussprache der jeweiligen Orts- und Flurnamen überhaupt einigermassen korrekt darzustellen, hat es trotz aktueller Dialektomanie schlicht keinen Sinn, die „angeblich korrekte örtliche Form“ im Dialekt schriftlich fixieren zu wollen. Ganz abgesehen von der Entscheidung, welche der überlieferten, veralteten, differerierenden oder aktuellen Formen die offizielle sein soll. Lassens wir also wies ist.
Dezember 18th, 2006 at 8:33
Sehr interessanter Beitrag. Ich wusste gar nicht dass es so schlimm ist! Aber gewissen Leuten scheint es ziemlich langweilig zu sein. Haben die nichts anderes zu tun?
Dezember 18th, 2006 at 8:58
Auf der anderen Seite wohne ich in Züri und nicht in Zürich, bin in Wädischwil aufgewachsen und nicht in Wädenswil, in die Ferien fliege ich ab Chloote und nicht ab Kloten. Mapsearch, SBB-Fahrplan und Konsorten sollten die verschiedenen Varianten erfassen und Bärn, Ziegelbrugg etc. erkennen. Bis unser Hausberg auf einer Karte als „Üezgi“ angeschrieben wird, fliesst wohl noch viel Wassen den Rii runter.
Dezember 18th, 2006 at 9:40
Zum Thema Fischenthal:
Die Wohnadresse „Fistelstrasse“ wurde doch gar nicht geändert und besteht weiterhin. Folglich findet man die Wohnadresse auch weiterhin ohne Probleme. Dass nun zusätzlich der Begriff „Fischtel“ (anstatt Fistel)dazugekommen ist, ändert daran nichts. Dabei handelt es sich doch nicht um eine Wohnadresse, sondern um eine (unwichtige) Bezeichnung für das ganze Gebiet. Oder sehe ich das falsch ?
Fazit: Ein Sturm im Wasserglas. In der Praxis ist das doch für kaum jemanden ein wirkliches Problem.
Zitat Jens:
„etwas, das jeden angeht, der sich auf einheitlich geführtes und verständliches Kartenmaterial verlassen muss, sei es beim Wandern, in der Geologie oder beim Rettungsdienst. Nicht zuletzt Kartenverlage und Hersteller von Schildern sind davon berührt“
Wer muss sich schon auf einheitlich geführtes Kartenmaterial verlassen ? Das kommt doch extrem selten vor. Und es geht ja bei der Änderung nur um die unwichtigen Flurnamen, nicht um die „offiziellen“ Adressbezeichnungen.
Ich glaube Jens geht es einfach ums Prinzip. Über Sinn oder Unsinn solcher Bezeichnungen kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Doch für 99 % der Bevölkerung ist es völlig wurscht, wie ein Flurnamen nun geschreiben wird. Die grosse Mehrheit bekommt eine Änderung socher Bezeichnungen gar nicht mit.
Dezember 18th, 2006 at 9:44
@Jean
aber genau das ist doch das Problem. Flurnamen und Dorfnamen und Strassennamen etc. hängen doch alle zusammen. Man kann nicht das eine ändern und das andere belassen. Die Fistelstrasse führt nach Fisteln, und nicht nach Fischtel. Das ist doch gerade die Crux, dass hier losgelöst der eine Teil geändert wird, ohne zu berücksichtigen, dass es dann noch Adressen gibt, Schilder und GIS Ortungssysteme, die diese Namen auch verwenden.
Gruss, Jens
Dezember 18th, 2006 at 10:32
Jens hat absolut recht. Irgendwelche Hirnis beschliessen etwas, die Folgen sind ihnen egal. Zuerst werden die Karten geändert, dann stimmen die Wegweiser nicht mehr. Auf dem GIS gibt’s ein Versionsproblem, und alle Bezeichnungen auf den Dialekt-Grenzen werden ‚zweisprachig‘.
Wir können’s uns ja leisten, dafür reduzieren wir dann die IV.
Dezember 18th, 2006 at 10:51
@ Jens und Züpf
Ich bezweifle, dass die Folgen einer „Verschweizerung“ der Flurnamen wirklich so gravierend sind, wie ihr es darstellt.
Das GIS orientiert sich nach offiziellen Strassennamen und Adressbezeichnungen und diese ändern sich doch gar nicht !! Die Änderungen betreffen doch nur völlig unwichtige Flurnamen. Die wichtigen Adressen bleiben unverändert. Somit müssen auch keine Adressen und Schilder geändert werden und die Ambulanz findet immer noch zum Ziel.
Es geht doch nur um völlig unwichtige lokale Bezeichnungen, die nirgends (ausser auf Landkarten) aufgeführt sind. 99% der Bevölkerung würde eine Änderung gar nicht bemerken.
P.S.:
Ich finde eine Änderung auch völlig unnötig, nur die von Euch behaupteten Negativfolgen sehe ich nicht.
Dezember 18th, 2006 at 13:52
Zu Theos Kommentar kann ich nur sagen, dass die SBB langsam aber sicher umdenkt. So gibt es auf meiner Pendlerstrecke (Zug-Luzern) eine S-Bahnhaltestelle „Chollermüli“, die Abzweigung der Linie ins Knonauer Amt an gleicher Stelle ist aber noch mit „Kollermühle“ bezeichnet…
Dezember 18th, 2006 at 16:40
Zu Jeans Kommentar:
wir sind uns einig, dass Änderungen der Flurnamen keinen Sinn machen (vor allen auch im grossen Stil wie im Kanton Thurgau).
Adressen sind zwar unabhängig von Flur- und Hofnamen. Viele Gemeinden legen aber grossen Wert darauf, dass Flur- und Hofnamen sowie entsprechende Adressen gleich geschrieben werden und ändern daher ab und zu die Adressen. Es macht vor allem keinen Sinn, wenn Flur- und Hofnamen mit der Adresse übereinstimmen und dann einseitige Änderungen erfolgen.
Wo keine Gebäude vorhanden sind, dienen Flurnamen direkt als Adressen und sollen auch dort nicht geändert werden.
Flur- und Hofnamen und entsprechende Adressen müssen gesamtheitlich betrachtet werden und die Gemeinden sind dabei einzubeziehen.
Dezember 18th, 2006 at 16:40
Jens hat Recht: Zitat
Ich glaube Jens geht es einfach ums Prinzip. Über Sinn oder Unsinn solcher Bezeichnungen kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein. Doch für 99 % der Bevölkerung ist es völlig wurscht, wie ein Flurnamen nun geschreiben wird. Die grosse Mehrheit bekommt eine Änderung solcher Bezeichnungen gar nicht mit. Zitat Ende.
und Jens ist ein Tüpflischiesser
Dezember 18th, 2006 at 17:53
Zu lapsus4711: Es geht schon eine Weile, bis die Bevölkerung feststellt, dass Flurnamen auf Karten geändert werden. Wenn sie es aber dann merkt, ist es bereits zu spät. Aus den Kommentaren aus http://www.blogwiese.ch/archives/438 ist eine grosse Ablehnung aus Sicht Steuerzahler gegen die unnötige Änderung der Schreibweise von Flurnamen unüberhörbar, vor allen wenn mehr als die Hälfte aller Namen einer Gemeinde geändert werden (vgl. auch Stichwort „IV“ bei Beitrag von Züpf)
Dezember 18th, 2006 at 18:54
Ich nenne das eine gigantische Arbeitsbeschaffung… Ich wusste ja bereits das Bürogummis ausser Kaffeetrinken und Pflanzen giessen nichts zu tun haben… Was aber hier „ausgearbeitet“ wird, grenzt an einen gewaltigen Schildbürgerstreich der Extraklasse. Natürlich hängen Flurnamen mit den Strassennamen zusammen. Wer das nicht einsieht, hat nichts begriffen. Die Allmendstrasse heisst neu also almändstroos. Wer A sagt, muss auch B sagen. Man kann nicht das eine ändern und das andere belassen wie’s ist. Am besten bleibt alles so wie’s ist. Doch anscheindend ist das der Zeitgeist, in dem alles „verschlimmbessert“ wird. Schade schade.
Dezember 18th, 2006 at 19:55
Bravo Gery us büüli: du bringst es auf den Punkt. Schildbürgerstreich ist genau das richtige Wort. Merken die Politiker nicht, was das so ein paar weltfremde Beamte für einen Blödsinn anrichten? Aus einem Froberg wird ein Froobärg gemacht! Dümmer geht’s nicht. Nehmen uns unsere Jugendlichen noch ernst? Warum lässt die äidgenössische Landestopographie, (die sich elegant swisstopo nennt), solchen Blödsinn zu? Das einzige richtige wäre doch (wenn schon unbedingt geändert werden muss, da man sonst nichts zu tun hat) aus einem Froberg einen Frohberg zu machen.
Bravo Jens, dass du eine solch grosse Steuerverschwendung aufs Tapet bringst. Eigentlich müsste dir die Steuerverwaltung bei der nächsten Steuerrechung einen Bonus geben…..
Dezember 18th, 2006 at 22:25
Man o man was für ein riesen Schwachsinn, für was man nicht alles Steuergelder verpulvern kann. Die Dialektwelle wird hier einfach nur peinlich.
Dezember 19th, 2006 at 7:51
Zu Reto B. Ich denke, wir müssen aufpassen, wenn wir die Dialektwelle nicht grundsätzlich als peinlich bezeichnen. Wir schreiben ja heute auch mundartlich z.B. in SMS und es gibt Einkaufszentren, welche Alti Fabrik heissen. Alti Fabrik ist ein einzelner Name und wird zu einem stehenden Begriff. Auch bei Flurnamen und auch Strassennamen gibt es stehende Begriffe wie z.B. Zytglogge in Bern. Solche Mundartformen kommen sogar sehr gut zur Geltung.
Lese ich ein Mundartgedicht und stelle mich auf Mundart ein, dann wirkt ein Mundartgedicht auch nicht peinlich.
Auf Karten und Plänen erwartet man jedoch nicht extrem-mundartliche Ausdrücke. Flurnamen werden praktisch immer in einem schriftsprachlichen Kontext gebraucht und dort wirken extrem-mundartliche Flurnamen wie Froobärg sogar sehr peinlich. Grundsätzlich wirken alle Flurnamen mit ..bärg peinlich, da wir uns gewohnt sind …berg zu lesen und zu schreiben, auch wenn wir ..bärg sagen.
Dezember 19th, 2006 at 13:45
Falls „wir“ wirklich alle „..bärg“ sagen. Das ist nämlich auch in jedem Dialekt wieder anders. Ich zum Beispiel würde meine (eher ostschweizerische) Aussprache eines grossen Hügels eher mit „Berg“, „Bërg“ oder meinetwegen „Bèèrg“ beschreiben als mit einem „ä“, das gegen Westen dann korrekt wäre.
Gruss aus Schãã, um mal bei der extremmundartlichen Schreibweise zu bleiben.
Dezember 19th, 2006 at 16:04
Danke Simon für deinen sehr berechtigen Hinweis. Wir dürfen also nicht generell alle Flurnamen von -berg auf -bärg umtaufen, weil es, wie du sagst
A) Regionen existieren, wo das -berg bleiben muss, weil man es so spricht
B) es zudem auch Regionen gibt, wo man zwar -bärg schreiben würde, aber man bleibt bei -berg, weil es man in einem Kanton zu Recht den Aufwand scheut, alle -berg auf -bärg zu ändern (z.B. im Kanton Bern).
C) Zudem gibt es leider so genannte Experten, welche zwar wissen müssten, dass man in einer Region eher -berg schreiben würde, welche aber der Mundart ein wenig nachhelfen wollen…
Schlussfolgerung: mit dem neuen Leitfaden ist die einfache Schreib- und Lesbarkeit von Flurnamen nicht mehr gewährleistet, da man keinem Benutzer zumuten kann, dass er obige Raffinessen kennen müsste!
Extra eine GIS Ebene zu führen, nur um zu zeigen, ob man nun -berg oder -bärg in einer Region schreibt, wäre ja auch ein Schildbürgerstreich. Viel besser ist es, bei den klaren Regelungen 1948 zu bleiben, wo man immer -berg schreibt!
Dezember 19th, 2006 at 22:06
Die Diskussion um -berg und -bärg scheint ja nicht die einzige Diskussion zu sein. Jens hat auch das Beispiel Rosenberg und Roosebärg gebracht. Würde man nach obigem Sachverhalt auch erwarten, dass es auch Regionen gibt, wo Rooseberg steht? oder Roosäberg?oder Rosäbärg? oder Roosebärg?
Stop. Da gibt es ja ganz schön viele Kombinationen
berg / bärg =2
mit Rosä oder Rose = 4
mit Roose oder Rose = 8
vielleicht könnte man auch mit oder n kombinieren =16 Kombinationsmöglichkeiten!
Wer kommt auf diese Schnapsidee einen Flurname Rosenberg ändern zu wollen?
Wie wird dann Roseberg von einer Person gelesen, die nicht aus der deutschsprachigen Schweiz stammt? Vielleicht als Roséberg? Also ein Rebberg, wo man Reben für einen Rosé pflanzt? Hat man in der französischsprachigen Schweiz auch solch gross Probleme mit den Flurnamen?
apropos Rebberg:
Da darf man ja, wie es Jens verrät, auch Räbbärg schreiben oder Rebbärg? oder auch Räbberg? da haben wir ja schon wieder 4 Kombinationsmöglichkeiten. Und wenn man schon gerade so schreibt, wie man es in der Schule nicht gelernt hat, könnte man auch Räppärg schreiben also 8 Möglichkeiten oder vielleicht genügt auch ein p als Räpärg, auch schon wieder 16 Möglichkeiten.
Da graut mir ab dem Chaos und totaler Verwirrung, die da entsteht. Aber vielleicht steht Kalkül dahinter: Arbeitsbeschaffung um ein Chaos anzurichten und dann nochmals Arbeitsbeschaffung um das Chaos nachher wieder zu sanieren. Ich bin sprachlos und empört ab diesem Schildbürgerstreich und Steuergeldverschwendung!
Dezember 20th, 2006 at 10:39
@Locus.
Du meinst wohl bei B) den Kanton Bärn, oder? 😉
@Georg:
Und was ist mit den bündnerischen „Roosa“?
Dezember 20th, 2006 at 23:30
Vo was redet ihr dänn eigäntli für theoertisches Zügs!!!Luegät oi doch ä mal s’Sidligsverzäichnis im Kanton Thurgau aa!
http://www.bista.zh.ch/uuns/downloads/tg/Siedlung_Pgem_TG.xls
Da hauts mi aber würkli us de Sockä. Die schöne, noie Flurnäme chammer doch idr Praxis ja würkli nöd bruuche, drum wärdet sie au nur im Chlamerä gschribä als Läsihilf …
Häuslenen (Hüüslene, Hüüsli)
Huzenwil (Huzewiil)
Iltishausen (Iltischhuuse, Iltishuuse)
Im Bsetzeli (Bsetzni)
Moos
Schönengrund (Schönegrund)
Tänikon
Weiern (Weiere)
Wiesental (Wisetaal)
Wittenwil
Wittershausen (Witterschhuuse)
Affeltrangen mit Bollsteg (Bollstäg)
Azenwilen (Azewiile)
Battlehausen (Teile von) (Battlehuuse) schriibet do bitte Teili vo Battlehuuse!
Bohl (Bool),
Meienhof (Maiehof, Meiehof)
Dezember 21st, 2006 at 5:44
Es kommt noch schlimmer. Bravo Käthi, wie hast du das gefunden? Habe mir mal das Excel vom Siedlungsverzeichmis auf meinen PC heruntergeladen und nach Siedlungen sortiert (ich schreibe lieber Schriftsprache, sonnst wird mir noch übel)
Rosenberg (Roosebärg)
Rosenberg (Roosebärg) mit Bruderhaus (Bruederhuus)
Rosengarten (Roosegarte)
Rosenhuben (Rosehuebe, Roosehuebe, Rosenhueben)
Im Kanton Thurgau hat man also auch entdeckt, dass man nicht nur auf eine Art Mundart schreiben kann, sondern auf viele Arten. Bei „Rosenhuben“ gibt es gerade 3 Mundart-Schreibvarianten „Rosehuebe“, „Roosehuebe“ und „Rosenhueben“. Die Variation mit dem „o“ ist gar nicht so daneben. Schreibt man „Roosebärg“ ausschliesslich mit 2 „o“, kann man „Rosehuebe“ anscheinend auch nur mit einem „o“ schreiben. Die Variation mit „n“ war auch nicht so daneben. Eine Logik gibt’s nicht. Nur eine totale Verwirrung!
Dezember 21st, 2006 at 23:23
Peinlich das Ganze.
Peinlich ist, dass man normal geschriebene Flurnamen mit grossem Auwand in extrem-mundartliche Namen ändert (sprich verschandelt), welche dann nicht mehr verwendet werden können.
Peinlich ist, dass man alte Schreibweisen in Registern wieder verwendet und die neuen lächerlichen Namen in Klammern anfügen muss, um den Bezug Karte zu gewährleisten.
Je schneller man die Namen auf den Karten wieder auf die bisherige Schreibweise korrigiert und ein völlig misslungenes Experiment beendet, desto weniger Peinlichkeiten bleiben künftig bestehen.
Dezember 22nd, 2006 at 14:14
Wirklich peinlich, diese ganze Geschichte! Karten dienen doch in erster Linie dazu, sich in einem Gebiet zu orientieren. Und dies nicht nur für Ortskundige, welche die mundartlichen Eigenheiten der Schweiz zu entziffern wissen, sondern auch für Ortsfremde oder sogar ausländische Kartenleser, von welchen nur schwer erwartet werden kann, dass sie wissen, dass z.B. „Rii“, „Rhein“, „Ri“ ..etc. ein und dasselbe sind.
Deshalb, liebe Thurgauer und Schaffhauser, denkt doch etwas über Eure Dialektgrenze hinweg, und schaut die ganze Sache doch etwas globaler an. Die Bewahrung unseres mundartlichen Erbes ist zweifellos sehr wichtig – gehört aber sicher nicht in allgemeingültige Kartenwerke, die der Orientierung dienen sollen!
Dezember 23rd, 2006 at 10:45
Gestern traf ich Frau Baumann. „Grüezi, Frau Buume, stört es sie nicht, dass Ihnen viele Leute Baumann sagen, dabei sagt doch Ihre ganze Familie immer nur Buume. Schreiben Sie doch an die Regierung Ihres Kantons, ob man Ihren Namen Baumann nicht in Buume ändern könnte!“ Frau Baumann fragte, ob es mir sonst gut gehe und dann verabschiedete sie sich rasch.
Beim Weitergehen dachte ich, warum wohl swisstopo den seit Jahren in den Landeskarten als Blosenberg geschriebenen Lokalnamen neu schreibt als
Bloosebärg?
Dezember 25th, 2006 at 9:07
Gute Überlegungen maplan! Würde ich Baumann heissen, würde ich mich nur als Buume (ev. sogar Buumä) umbenennen lassen, wenn ich nach Seldwyla zügeln würde, in das Dorf der Schildbüger. Genau dieses Beispiel zeigt ja, dass wir zwei Sprachrealitäten haben, die geschriebene und die gesprochene. Schon seit Jahrhunderten führen beide Realitäten bei Personennamen eine völlig intakte Koexistenz. Warum soll dieses nun durchbrochen werden?
Auch die Analogie zu den Flurnamen ist gut. Auch dort gibt es zwei Sprachrealitäten und auch dort ist es eine Illusion, wenn die swisstopo meint, man könne sie auf eine reduzieren. Die Rechnung geht dabei nicht auf. Man schafft sogar noch eine dritte Realität, die „mundartnahe Schreibweise auf der Landeskarte“. Im Siedlungsverzeichnis Kanton Thurgau muss daher bei der Siedlung „Blosenberg“ in Klammern diese dritte Realität geführt werden (Blosenberg ist ja dort nicht ein Einzelfall, sondern schon fast die Regel). Warum wohl? Weil man sich die Sache bei swisstopo zuerst hätte besser überlegen sollen, bevor man da einfach beginnt, Tausende Flurnamen zu ändern. Das Experiment ist kläglich gescheitert und sollte rasch möglichst rückgängig gemacht werden. Es kostet der öffentlichen Verwaltung (und damit auch dem Steuerzahler) weniger, die dritte Realität als einmalige Aufwendung rückgängig zu machen, als Jahrzehnte lang künftig sich mit der dritten Seldwyla-Realität herumschlagen zu müssen, diese zu pflegen und nachzuführen.
Dezember 25th, 2006 at 16:38
Eigentlich führt swisstopo (wie es im ersten Beitrag vom 18. Dez. 2006 von solar angedeutet wurde) nicht nur eine dritte, sondern sogar auch eine vierte Sprachrealität ein:
– historisch-mundartnahe Schreibweise von Flurnamen
– aktuell-mundartnahe Schreibweise von Flurnamen
Gemäss Wiki sprechen z.B. die Leute in der Siedlung „Rotbühl“ in der Gemeinde Fischingen im Kanton Thurgau schon lange nicht mehr „Roopel“, sondern „Rotbüel“. Gemäss Siedlungsverzeichnis TG liegt diese Siedlung in im Ort 8376 Fischingen. In directories.ch lassen sich dort die beiden Adressen „Rotbühl 1“ und „Rotbühl 2“ finden (diese liegen aber nicht in 8376 Fischingen, sondern in 8376 Au TG). Sucht man Rotbühl in map.search.ch, steht auf der Karte jedoch „Rotbüel“.
Für die Siedlung „Rotbühl“ existieren also (mind.) folgende drei Schreibformen:
– Rothbühl (Siedlungsverzeichnis TG, Adresse im directories.ch)
– Rotbüel (aktuell-mundartnahe Schreibweise auf der Karte von map.search.ch)
– Roopel (historisch-mundartnahe Schreibweise auf der Landeskarte)
Vielleicht kommt noch jemand auf die Idee, im Siedlungsverzeichnis TG neben den historisch-mundartnahen Schreibweise in runden Klammern (z.B. Roopel) zusätzlich z.B. in eckigen Klammern auch die aktuell-mundartnahe Schreibweise (z.B. Rotbüel) zu führen.
Das würde dann so aussehen: Rotbühl (Roopel) [Rotbüel]
Dezember 26th, 2006 at 11:42
Zu Georg33 Rotbühl (Roopel) [Rotbüel]
Obiges Beispiel ist wirklich lächerlich und zeigt, wie unsinnig es ist, längst etablierte Schreibweisen von Lokalnamen zu ändern. “Roopel” in der Gemeinden Fischingen liegt nur gerade 8 km von unsrem “Fischtel” resp. “Fistel” entfernt.
Mit statistik.zh.ch können im Kanton Zürich Siedlungsobjekte online abgefragt werden. Der Siedlungsname in unserem Beispiel heisst dort nicht “Fischtel”, sondern “Fistel” (analog Amtlicher Vermessung, Übersichtsplan und Gebäudeadressen). “Fischtel” in der Landeskarte wird spätestens dann durch “Fistel” ersetzt werden, wenn diese künftig durch die Namen der Amtlichen Vermessung digital nachgeführt wird.
Zu maplans “Buume”
“Buume” als Personenname zu schreiben ist schwachsinnig, da sich “Baumann” als Schreibform längst etabliert hat und sich die gesprochene Sprache weder als Schreibform eignet noch als solche auf Akzeptanz stossen würde. Noch viel schwachsinniger wäre es, “Baumann” und “Buume” parallel als Schreibweise zu verwenden, d.h. dass z.B. das Steueramt von Frau “Baumann” die Steuern einfordert und ihr Arbeitgeber die AHV-Beiträge auf den Namen “Buume” einbezahlt. Spätestens bei der Pensionierung von Frau Baumann würde man dieses Problem bereinigen müssen, damit die arme Frau Baumann nicht verhungern muss ….
Zu Jeans “Interessiert sich die Bevölkerung für die Schreibweise von Lokalnamen?”
Jeans hat sich am Anfang der Diskussion berechtigterweise geäussert, dass sich ein grosser Teil der Bevölkerung für dieses Thema nicht interessiere. Teilweise trifft dies zu, wenn es um allgemeine Grundsatzdiskussionen geht. Ist sie jedoch vor der eigenen Haustüre direkt betroffen, so ist die Bevölkerung (und auch die Presse!) durchaus am Thema interessiert. Die Identität der Einwohner, emotionelle Gründe aber auch allfällige Änderungen von Gebäudeadressen, können dabei eine Rolle spielen vgl. Umfrage “Segel” oder “Sägel”, wo sich 50% der Bevölkerung für die Beibehaltung von “Segel” aussprach (im Siedlungsverzeichnis ist “Segel” aufgeführt) , 25% für einen Wechsel und nur gerade 25% war es egal.
Siehe hier.
Viel mehr als die Bevölkerung ist die öffentliche Verwaltung durch Änderungen der etablierten Schreibweise von Lokalnamen betroffen, da dies ein beträchtlicher Aufwand verursacht und nicht mit weniger “Pflanzen giessen” kompensiert werden kann.
Beispiele:
– Gebäudeadressen
– Grundbuch
– Siedlungsverzeichnis
– Flachmoore von nationaler Bedeutung
– Geologie
– Diverse Homepages
Obige Liste liesse sich beliebig erweitern.
Wie ich in meinem Referat in Schaffhausen “Weisungen 1948: Gründe zur Beibehaltung aus Sicht der Benutzter” verlauten liess, schätzt die Schweizerische Organisation für Geoinformation (SOGI) die Kosten für den nachträglichen Folgeaufwand bei Änderungen von Lokalnamen auf mindestens 100 Mio. Fr.
Vgl. lokalnamen.ch und hier.
Obiger Betrag ist konservativ geschätzt. Bereits eine Änderung eines einzigen Lokalnamens z.B. “Matterhorn” auf “Matterhore”, würde mit ca. 2.8 Mio Einträgen im Internet über den Daumen gepeilt ca. 280 Mio. Fr. kosten, wenn pro Änderung pauschal 100 Fr. eingesetzt würde. Es geht hier lediglich darum, die Grössenordnungen aufzuzeigen.
Die Finanzen, um alle diese Änderungen zu vollziehen, sind schlichtweg nicht vorhanden. Darum müssten künftig verschiedene parallele Schreibformen wie “Rotbühl”, “Roopel” und “Rotbüel” in Kauf genommen werden, wenn die neuen Schreibregeln eingeführt würden. Damit geht aber der Zweck von Lokalnamen verloren, wie es im Grundsatz 1 der Weisungen 1948 heisst:
Unstimmigkeiten lassen sich mit langwierigen Abklärungen beheben, wenn man sicher sein will, dass “Roopel” und “Rothbühl” dasselbe ist. Bei den Rettungsdiensten kann man sich dies jedoch nicht leisten. Es geht dort um Sekunden.
Jens es ist noch nicht zu spät, wie du in deinem Artikel befürchtest. Es ist zu hoffen, dass bei der swisstopo doch noch die Vernunft einkehrt und die bewährten, pragmatischen Weisungen 1948 beibehalten werden und damit ein noch grösseres Chaos vermieden wird.
Besten Dank Jens für deinen interessanten Bericht. Besten Dank auch den Besuchern von blogwiese für ihre konstruktiven Kommentare. Martin Schlatter, 8804 Au ZH.
Februar 27th, 2007 at 10:54
Nur so von wegen Rettungsdienste – schlimmer kann’s ja nicht mehr werden.
Meine Frau hat sich mal das Bein gebrochen. Ich den Rettungsdienst angerufen. Telefonist: Wo sind Sie?
Ich: Auf einem Spazierweg, direkt an der Limmat. Direkt gegenüber, auf der anderen Seite der Limmat ist das Kloster fahr.
Telefonist: Wir brauchen eine Adresse, mit dieser Beschreibung kann ich keinen Wagen losschicken.
… ich hab dann ca 45 Minuten gebraucht, bis ich eine ‚gültige‘ Adresse gefunden habe und den Rettungswagen dann von dort auf den Spazierweg lotsen konnte. Zum Glück war’s kein offener Bruch und noch nicht ganz so kalt, sonst hätte das auch tödlich ausgehen können.