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Bitte keine Törlis oder Fränklis

Viele Deutsche meinen, der Schweizer Dialekt sei ganz einfach. Man müsse nur an jedes Wort das Suffix -li anhängen, schon spreche man perfekt Schweizerdeutsch. Das funktioniert schon schlecht bei einigen Wörtern wie „Der Gipfel“ => „Gipfeli“ (weil das was zu essen und nix zu besteigen ist), oder „Der Morgen“ => „Mörgeli“ (ein Nationalrat der SVP, der sich jede Verkleinerungsform verbietet). Bei den wirklich wichtigen Wörter geht es jedoch schief, und zwar so schief, dass die Schweizer ganz schön darunter leiden.

  • Niemals Fränkli
  • Kurz vor der Tagesschau kam im deutschen Fernsehen ein Bericht von der Frankfurter Börse. Es ging um die Zukunft der Fluggesellschaft SWISS, sie sollte verkauft werden, eventuell an die Deutsche LUFTHANSA. Der Reporter meinte einen besonders „schweizerischen“ Kommentar abgeben zu müssen und sagte:
    „Die Schweizer müssen nun zusehen, wie sie ihre Fränkli zusammenbekommen“.
    Falsch! So etwas Ernstes und Wichtiges wie den Schweizer Franken würde der Schweizer nie verkleinern! Es gibt das Füdli (schwäbisch als Fiedle bekannt, gemeint ist der meist pfundsschwere Hintern) , das Säckli (das ist jetzt nicht was Unanständiges, nein, sondern einfach nur eine kleine Plastiktüte), aber niemals nie den Fränkli. Das sind und bleiben immer Franken, oder vielleicht noch Stutz, wenn man es denn familiär ausdrücken möchte.

  • Fussballspiel Deutschland-Schweiz Juni 2004
  • Beim Freundschaftsspiel Deutschland-Schweiz, wenige Wochen vor der EM in Portugal, geschah wieder die klassische Deutsch-Schweizerische Sprachvermischung. So schrieb die Bildzeitung am Tag des Spiels:
    „Jetzt müssen wir Törli machen gegen die Schweizer“.

    Kein Schweizer würde diesen Satz verstehen, obwohl das anscheinend Schweizerdeutsch sein sollte. Denn erstens heisst es Goal und nicht Tor in der Schweiz, und ein Goali ist ein Torhüter, aber nicht ein kleines Tor. Warum sollte man auch Tore verkleinern? Da trifft doch niemand mehr rein. Für die Deutschen war das Schweizer Tor gross genug, das Spiel endete 2:0.

    Wo wir grad beim Fussball sind:
    Die Schweizer haben die Eindeutschungen der Fussballsprache nicht mitgemacht, nachdem sie 1895 ihren eigenen Fussball-Verband gegründet haben. Es heisst hier „Penalty“ und nicht Strafstoss, und Schweizer Mannschaften tragen Namen wie „Grasshoppers„, „Old Boys“ oder „Young Fellows„. Das ist praktisch für die britischen Talentaufkäufer, so können sie die Heimat-Vereine ihrer zugekauften Spieler leichter aussprechen.

  • Juli 2004: Europäische Fussballmeisterschaft
  • Die Schweiz war heilfroh, diesmal auch an einem internationalen Fussballwettbewerb teilnehmen zu dürfen. Es wurden alte Graubündner Adelsnamen aufgeboten, so z. B. der Stürmerstar Nikan Hakanyaki. Man spielte durchweg mit Stil, genauer: Mit Jörg Stiel, dem „Goali“ der „Natzi“ (= Nationalmannschaft), der übrigens ein Ex-Deutscher ist, wie ich später erfuhr.

    Leider kam die Schweiz nicht sehr weit. Immerhin wurde ein Tor geschossen. Das allererste „Feldtor„, das die Schweiz in einer Europameisterschaft überhaupt je erzielen konnte. Ein Feldtor ist ein Tor, dass in offener Feldschlacht erzielt wird, und nicht beim Elfmeterschiessen geschossen oder als Trostpreis in Form eines Eigentors vom Gegner verschenkt wurde. Doch es nützte nicht viel: Die „Equipe tricolore“ der Franzosen zog durch ein mühsames 3:1 (1:1) in ihrem letzten Vorrundenspiel gegen den krassen Außenseiter Schweiz zum dritten Mal in Folge ins EM-Viertelfinale ein.

    Zuletzt vor 9 Jahren beim Eröffnungsspiel 1996 erzielte der Schweizer Landsmann Kubilay Türkyilmaz (wiederum alter Graubündner Adel) einen Elfmetertreffer.

    Wisst ihr was, lasst uns doch demnächst lieber wieder über Tennis reden, einverstanden?

    

    15 Responses to “Bitte keine Törlis oder Fränklis”

    1. Peter Says:

      Nein, lieber Jens, nicht schon wieder Federerball! Wie wäre es von Rominger zurück zu Kübler, Ferdi und Koblet, Hugo?

    2. Jens Wiese Says:

      Rominger? Der mit den bequemen Schuhen?
      Kübler? Der Mann von Frau Kübler-Ross?
      Ferdi und Koblet??
      Hugo? Der Viktor mit den Elenden?
      Fragen über Fragen… Gruss, Jens Wiese

    3. Peter Says:

      Lieber Jens,
      Du weißt, die Schweizer kommen durch die ganze Welt, von wegen Kantönli (sic!)geist. Auch für sie gibt es bedeutenderes als die Tour de Suisse, nämlich de France: noch Fragen?

    4. viking Says:

      Und wenn schon verkleinern, dann richtig:
      „es Gööli, es Gööli, es Gööli, es Gool“
      Damit der Ball oder Puck endlich den Kasten von innen sieht…

    5. Adu Says:

      Nikan Hakanyaki??? Hakan Yakin? Ich finde es auch Schade für Deutschland, dass die türkischen Secondos keinen Bock haben, für die deutsche Elf einzulaufen. Ob das an den vielen guten Talenten mit waschechten Teutonengenen liegt oder an der bilderbuchmässigen Integration der Immigranten lasse ich jetzt mal dahingestelt.

      Ich freue mich jedenfalls bereits auf die WM! Und war so traurig, dass wir nicht dem Deutschland-Topf zugelost wurden – Aber natürlich mag ich es auch den Polen gönnen, die deutschen Kicker-Fans wieder auf den Boden der Fussballrealität zurückzuholen. Der DFB hat ganz einfach die Nachwuchsarbeit verpennt, das Ergebnis wird man spätestens an der Euro08 sehen.

      Und ja, ich gebe es ja zu: Auch hierzulande bestehen überzogene Erwartungen, ja eine veritable Fussballmanie ist ausgebrochen. Die Schweizer werden bei Gelegenheit auch mal ihr Mütchen kühlen müssen, solange es nicht gegen Germanien ist 😉

      Auch wenn der Host hier und da das Gegenteil behauptet: Ansonsten mögen wir Euch Deutsche doch (Niemand hat z.B etwas gegen die deutschen Eishockey-Spieler 😉

    6. Joe B. Says:

      Fränklis, Törlis 😉

      warum eigentlich immer diese Anglizismen?
      Gut, einige SchweizerS neigen auch schon dazu (Ufs und Abs), doch die DeutscheS scheinen schon keine andere Pluralisierungsform mehr zu kennen.
      Da zwingt sich die Frage auf, ob wir alle (Nord- wie Süd-Deutsches, Schweizers wie Amerikaners, samt den Pappagalls) nicht doch schon bald eine unisone Herde werden. Ich hoffe nicht!

      Nur das Schweizer Radio wird sich da schwer tun:
      „Ju ahr lissening DiArEs Srie! … o jetz ghöret er d’Singersongräitere …“

    7. knurd Says:

      Ich bekomme Augenkrebs. Bitte bitte niemals mehr den Ausdruck „Graubündner“ verwenden, denn viele Bündner gehen auf die Barrikaden wenn sie so was hören 😉

    8. TEN - Tari Eledhwen Nachrichten - Direkt aus Berlin » Blog Archive » Unwort des Jahrtausends: Fränkli Says:

      […] Ja, die Deutschen haben ja viele Ideen, besonders von der Idee, dass die Schweizer ähnlich dem Schwäbele-Schema hinter alles einfach ein Li hängen. Darüber hat ja Herr Wiese schon ausführlichst berichtet. […]

    9. Chrigel Says:

      Also den Stutz kann man schon verkleinern… das gibt dann ein Stützli und der widerum ist bekannt geworden durch den Stützli-Sex (Die „Ein-Euro-Peepshow“…?)

    10. Urs von T. Says:

      eine frage, die mich schon lange umtreibt und ich noch nie zu fragen wagte.hier ist die richtige stelle-find ich.
      der sepp blatter ist schweizer.
      der sepp blatter ist fussballfunktionär und ein vorbild für die jugend(wie kanzler schröder,minister fischer,3-5x verheiratet)
      der sepp blatter hat nun von der ängi merkel einen verdienstorden des grossen Kantons (der bundesrepublik) angeheftet bekommen.
      in der schweiz gibt es meinenswissens keine orden.darf der sepp das überhaupt annehme,tragen? schweizer dürfen ja auch nicht in der fremdenlegion dienen.
      ich bitte um aufklärung.

    11. viking Says:

      @Urs von T.
      Wir Schweizer nehmen bekanntermassen ja alles, was wir kriegen können.
      Zahngold, Schwarzgeld, Steuerflüchtlinge, Orden… da machen wir keinen Umweg drum. Es wird gehortet, was uns in die Finger kommt (siehe heutigen Blog Eintrag von Jens).
      Nur beim Outsourcen von Supertalenten wie Paola und Kurt Felix ist uns bis jetzt der Erfolg verwehrt geblieben, die kommen wie ein Bumerang immer wieder zurück (Na ja, bei Kachelmann ist es uns wenigstens halbwegs gelungen).

    12. Nicole Says:

      die „young boooooys“ nicht vergessen 🙂

    13. Gizmo Says:

      Kachelmann? Bitte bitte wieder zurücknehmen.. die werbung ist so gruselig, das selbst wenn ich an den wissenschaftlich bewiesenen erfolg dieses tollen produkts glauben würde (was ich nicht tue) ich spätestens nach erfolgtem ansehen des werbespots jedesmal erbrechen müsste wenn ich den kram trinken sollte und dran denken müsste wie der jörg das zeuch anpreist… mir wird da schon so immer speiübel…

    14. Greili Says:

      Also, die Schweiz ist grösser als die meisten allgemein denken. Den Ausdruck „Frenkli“ gibt es sehr wohl. Nur halt eben nicht überall. Im Sensler-Deutsch wird der Franken durchaus verkleinert.

      http://books.google.ch/books?id=dKGGwsPZNfEC&pg=PA6&lpg=PA6&dq=sensler+deutsches+w%C3%B6rterbuch&source=bl&ots=nq7DQEM9eQ&sig=_CSvBRZYJUmRE6o5YpgwX7MHWd8&hl=de&ei=73HLTt32H8fs-ga17cS5Dg&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=3&ved=0CD0Q6AEwAg#v=onepage&q=frenkli&f=false

      Grüsse aus der Schweiz

    15. Matthias Steiner Says:

      Der Ausdruck Fränkli wird ab und zu verwendet, und zwar, wenn man eine kleie Summe ausdrücken will.

      „Tu doch nicht so blöd, wegen den 3 Fränkli“

      Aber wirklich nur in diesem Fall. Unsere Währung ist uns heilig 🙂