Wir danken per Verdankung
Wir kannten bisher die „Vermittlung“, die „Verbreitung“ und auch die „Verlosung“. Alles hübsche Nomen der Deutschen Sprache mit einem Präfix „Ver“ und einem Suffix „-ung“. Was uns jedoch bislang entgangen war, ist die „Verdankung“. Wir fanden Sie, dankbar wie immer, im Tages-Anzeiger vom 01.07.06. Es ging darin unter der Überschrift „SRG blitzt mit Rekurs zu «Traumjob» ab „um verbotenes Sponsoring:
„Mit den ausgestrahlten Szenen aus dem Hotel Victoria-Jungrau und der blossen Verdankung des Hotels im Abspann der Sendung habe die SRG das Victoria-Jungrau nur ungenügend als Sponsor deklariert.“
Falls Sie nun nicht wissen, was „Rekurs“ ist, einfach hier nachlesen: Blogwiese
Der Duden klärt uns über dieses hübsche Wort auf:
Verdankung, die; -, -en (schweiz., sonst selten):
Dank, Ausdruck des Dankes:
Hans Furter … ist unter Verdankung der geleisteten Dienste auf Ende Mai in den Ruhestand versetzt worden (NZZ 11. 4. 85, 27).
(Quelle: Duden.de)
Wie die Dudenredaktion dazu kommt, 18.900 Fundstellen Google-CH als „sonst selten“ abzutun? „Verdankung“ finden Sie in der Schweiz überall dort, wo es ums „Danke sagen“ geht. Hier nur ein weiteres Beispiel:
Alle anderen, bisherigen Kuratoriumsmitglieder wurden unter Verdankung ihres Engagements in ihrer Funktion bestätigt.
(Quelle unifr.ch)
Unser Thesaurus- und Synonymwörterbuch kennt es jedenfalls nicht, und auch LEO.org kann damit nichts anfangen. Dabei kam uns gerade der leise Verdacht, dass es sich bei diesem Wort vielleicht um einen verunglückten Übertragungsversuch von Französisch „le remerciement“ handeln könnte?
Wir fragen uns bei der Entdeckung dieses hübschen helvetischen Wörtchens, warum uns das bisher im Sprachgebrauch eigentlich überhaupt nicht gefehlt hat? Sind wir undankbar, zeigten wir nicht genug Dank, war uns die „Danksagung“ oder „Abdankung“ ausreichend genug, dass wir nicht auch noch eine „Verdankung“ haben wollten? Vielleicht liegt es einfach daran, dass das Wort „Verdankung“ ein bisschen wie „Dung“ klingt, wenn man es schneller ausspricht, und den Geruch haben wir genug in der Nase, wenn der Bauer von nebenan gerade wieder mit dem Güllewagen aufs Feld fährt. Wie nennt man eigentlich das, was er da tut? „Verdungung“ vielleicht?
Juli 16th, 2006 at 9:38
Vor etwa 40 Jahren war es in der Schweiz durchaus üblich, dass man sich in der Geschäftskorrespondenz gegenseitig die Briefe „verdankte“. Verdanken muss früher wohl im deutschen Sprachgebrauch in diesem Sinne verwendet worden sein. Ich erinnere mich, dass ich damals auch für einen Österreicher „wir verdanken Ihnen Ihr Schreiben vom…“ tippen sollte. Er hatte diese Bezeichnung auch noch in seinem aktiven Wortschatz.
Juli 16th, 2006 at 10:20
Heute kann ich leider nichts beitragen, um Party-Stimmung heraufzubeschwören.
Der Neologismus „Verdungung“ klingt nach „Verdingung“, etwas, das nicht in jedem Land den selben Sinn und Beigeschmack hat.
http://www.ratgeberrecht.de/worte/rw03733.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Verdingung
Auch stellte ich fest, dass das Wort „Danksagung“ nicht in jedem Land gleich verwendet wird: Mir war das bisher nur im Zusammenhang mit einem Todesfall bekannt. Bin ich der einzige, der nie nach einer Hochzeit eine „Danksagung“ schicken würde? Eine „Dankeskarte“ schon eher.
http://www.google.ch/search?hl=de&q=danksagung&meta=
Ähnlich ist es mit der „Abdankung“. Schaut mal hier, welche Seiten vom Rücktritt eines Monarchen sprechen, und welche Seiten einen Zusammenhang zu einem Todesfall herstellen. http://www.google.de/search?hl=de&q=abdankung&meta=
Ich glaube, in der Schweiz laufen wir nicht Gefahr „danken“ und „dungen“ gleichzusetzen. Wenn es in der Umgebung schlecht riecht, ist ein Bauer am „gülle“ oder „bschütte“ oder vielleicht am „Mist zette“ http://www.bauernhof.net/lexikon/lex_uvwxyz/zetten.htm .
Wer hat heute wohl mehr gelernt, der Autor oder selbst ich beim googlen?
Juli 16th, 2006 at 16:15
Das Verb „verdanken“ kam früher in der Bedeutung „danken“ tatsächlich vor:
http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GV00752
Daraus ist „Verdankung“ das übliche Verbalsubstantiv.
Im Übrigen klingt die CH-hochdeutsche „Verdankung“ in meinen Ohren stark nach „Vereinssprache“, in dem Sinne, dass man üblicherweise in Sitzungsprotokollen bei der Verabschiedung von zurückgetretenen Funktionären die Floskel „unter Verdankung der geleisteten Dienste…“ lesen kann. Sonst scheint mir das Wort ziemlich ungebräuchlich.
Juli 16th, 2006 at 19:56
@ Phipu Bitte schreibe nie einer Hochzeit eine Danksagung!!! das wäre wirklich ein Fettnäpfchenschritt. Man verdankt ein Geschenk oder eine Einladung usw. Danksagung ist aber klassischerweise dem Verdanken von Kondolenzbesuchen und -schreiben oder eine andere öffentliche, an mehrere Addrssen gehende Bedankung. Wenn ich mich für eine Hochzeitseinladung bedanke, ist das keine Danksagung, aber wenn eine Instutution sich für Spendengelder bedankt, eher. Aber Schwergewicht ist die pauschale Bedankung für das Kondolieren.
Phu, do ha ig etze aber viu belehrt!
Juli 16th, 2006 at 20:40
an Helveticus
Da bin ich ja froh, dass ich gleich denke wie du. Beim googeln habe ich nämlich eine Internetseite eines Hochzeitspaars unter … .ch gefunden, die sich unter dem Titel „Danksagung“ bei den Gästen bedankten. (Dieses Wort habe ich eben heute zum ersten Mal im Zusammenhang mit einer Hochzeit gehört). Diesen für helvetische Verhältnisse „Tramp is Fettnäpfli“ entschuldigte ich durch die Verwendung von deutsch-deutschen „ß“ in ihrem Text. Falls ich für’s Bedanken unbedingt eine Überschrift kreieren müsste, würde ich es wohl eher etwas steif aber helvetisch „Verdankung“ nennen.
Juli 16th, 2006 at 23:58
also wir nennen das in unserer Familie schlicht und einfach Mercibiref:) oder Mercichärtli 🙂 so ‚genamst‘ wissen all um was es geht,aber helveticus hat schon recht da müsste jemand schon sehr denken dass die EHE , errare humanum est 🙂 , ist wenn sie schon bei der Hochzeit Danksagungen verschickt, die normalerweise mit einem Todesfall in Zusammenhang stehen.
Juli 17th, 2006 at 11:00
@sylv: ich hätte auch gerne ein Mercibrief, ich mag nämlich Schokolade 🙂
Die Herleitung vom Französischen finde ich interessant weil sowieso viel im Schweizerdeutschen von den Welschen übernommen wird und entweder direkt (merci) oder „verdeutscht“ (Billett) Einzug findet.
Juli 17th, 2006 at 12:35
Michael:
Achtung, ein Merci-Brief hat nichts mit deutscher Schokolade zu tun. „Unser“ ‚Merci‘ wird nämlich auf der ersten Silbe „MER-ci“ betont. Hört man die Melodie der Schokoladenwerbung, muss dieser Artikel aber „Mer-CIIII“ benannt werden.
Juli 17th, 2006 at 14:01
@ yes phipu, genau so isch es!
@michael
zudem lebe ich an der grenze zwischen deutsch und westschweiz und da brauche ich noch einmal mehr einige eingedeutschte franzwörtli 🙂 als vielleicht ein Zürcher brauchen würde:)