Was hat die Schweiz mit den Niederlanden gemeinsam? (2. Teil)
Anders als die Schweiz, die sich während des Zweiten Weltkriegs erfolgreich einigelte und Dank Milizarmee und hocheffektiver Grenzverteidigung nicht von den Deutschen eingenommen wurde, wurden die Niederlanden als ebenfalls neutraler Staat überrannt:
Auch im Zweiten Weltkrieg versuchte die niederländische Regierung zunächst, sich aus dem Krieg herauszuhalten; anders lautende Warnungen wurde nicht geglaubt. Hitler jedoch befahl die Okkupation der Niederlande, um so Frankreich unter Umgehung der „Maginot Linie“ von Norden her einnehmen zu können. Nach dreitägigem Kampf zwangen die reichsdeutschen Truppen am Abend des 14. Mai 1940 die Niederlande mit dem Bombardement von Rotterdam zur Aufgabe. Die Innenstadt wurde durch Bomben und die anschliessenden Brände weitestgehend zerstört. Es war das erste Flächenbombardement im Zweiten Weltkrieg. Das Land wurde von Mai 1940 bis Mai 1945 von der Wehrmacht besetzt gehalten.
(Quelle: Wikipedia)
Der Deutsche Reichskommissar für die Niederlande, Reichsminister Dr. Seys-Inquart soll auf die Frage, ob er denn nun auch Niederländisch lernen würde, gesagt haben: „Ich kann doch nicht jeden deutschen Dialekt lernen„. Erinnert uns das nicht an die Aussage von manchen Deutschen in der Schweiz heutzutage? Nur das Niederländisch damals bereits eine lange verschriftete Sprache mit eigener Grammatik war, und kein Dialekt.
Viele Niederländer arrangierten sich mit dem Besatzungsregime und viele Niederländer verinnerlichten auch die Ideologie eines grossdeutschen bzw. grossgermanischen Reiches, zu dem auch die niederdeutschsprachigen Niederländer gehören sollten. Die Judenverfolgung schlug in den Niederlanden besonders heftig zu: aus keinem anderen europäischen Land wurden so viele Menschen jüdischen Glaubens in die Vernichtungslager abtransportiert.
(Quelle: Wikipedia)
Als Seefahrer und Handelsnation waren sie stets am regen Austausch mit allen Nachbarn interessiert. Als Export-Nation gehen sie nicht den Weg der Abschottung ihres Binnenmarktes und erheben keine Schutzzölle:
Die moderne und hoch technologisierte Landwirtschaft ist ausserordentlich produktiv: neben Getreide-, Gemüse-, Früchte- und Schnittblumenanbau – die Tulpenzüchtung beeinflusste sogar die Geschichte des Landes – gibt es noch Milchviehhaltung in grossem Massstab. Letztere liefert die Grundlage für Käse als wichtiges Exportprodukt. Die niederländische Landwirtschaft beschäftigt knapp unter 4 % der Arbeitnehmer, trägt jedoch erheblich zum Export bei. Die Niederlande sind nach den USA und Frankreich der weltweit drittgrösste Exporteur landwirtschaftlicher Erzeugnisse.
(Quelle: Wikipedia)
Nun, da wir in der Schweiz leben, wissen wir natürlich auch, dass bei dieser Erfolgstory gewaltige Abstriche bei der Qualität gemacht werden. „Swiss made„ ist da doch ein ganz anderes Gütesiegel! Auch wenn dafür die Schweizer Tomaten und Gurken viel mehr kosten als die aus den Niederlanden und sich in der Folge nicht exportieren lassen. Kaufen wir einfach weiter original Emmentaler Käse aus Holland oder Schweizer Gouda, müssen wir nur noch die Löcher selbst hineinbohren.
Heutzutage wurden die Herstellungsmethoden der Niederländer längst in alle Gemüseregionen Europas übertragen. Die Spanier haben dabei den Vorteil, dass bei ihnen die Sonne länger scheint als im Norden und sind munter dabei, den Holländern in Sachen Gemüseproduktion den Rang abzulaufen.
Niederländer, Schweizer, Deutsche, wer ist wem am ähnlichsten? Wir meinen, dass in vielen Dingen die Niederländer den Deutschen um einiges näher stehen. So durften wir im letzten Sommer in Tirol auf einem Campingplatz, der zu 97 % in niederländischer Hand war, erleben, wie bei einem abendlichen Grillfest mit Rumtata-Musik die massiv auftretenden holländischen Gäste die Sau rausliessen und bis drei Uhr in der früh den ganzen Platz mit Gegröhle beglückten.
Eigentlich ein Wunder, wie man von Heineken-Bier so besoffen werden kann. Wir sind jedenfalls beruhigt, dass nicht nur Engländer oder Deutsche allein sich im Ausland manchmal tüchtig daneben benehmen können. Würde den Schweizern nie passieren, oder? Wie denn, mit Feldschlösschen?
Zum Schluss ein bisschen Nostalgie für die Älteren unter uns, die sich vielleicht erinnern, wie Deutsche und Holländer den untenstehenden Song gemeinsam singen konnten, jeder in seiner Sprache. Zugleich ein wenig „Niederländisch für Anfanger“; es muss ja nicht immer Mani Matters Berndeutsch sein auf der Blogwiese.
In den 80ern hatte die holländische Gruppe „bots“ einen Riesenhit mit Songs wie „Aufstehn-Opstan“ oder den auch in der Schweiz bekannten Song:
Wat zullen we drinken, zeven dagen lang
Wat zullen we drinken, wat een dorst [2x]
Er is genoeg voor iedereen
Dus drinken we samen,
Sla het vat maar aan
Ja, drinken we samen, niet alleen [2x]
Dan zullen we feesten zeven dagen lang
Dan zullen we feesten met elkaar [2x]
Dan is er bier voor iedereen
Dus drinken we samen, 7 dagen lang
Dus drinken we samen, niet alleen [2x]
Dan is er bier voor iedereen
Dus drinken we samen, zeven dagen lang
Dus drinken we samen, niet alleen[2x]
Er is genoeg voor iedereen
Dus drinken we samen
Sla het vat maar aan,
Ja, drinken we samen, niet alleen [2x]
[Zeven dagen lang!]
(Quelle: )
Juni 20th, 2006 at 9:25
Zu dem niederländischen Ballermann Hit will ich auch ein Lied beitragen, das 1996 von den beiden Sängern Fluitsma & van Tijn als Teil eines Werbespots für die Postbank komponiert wurde.
Er beschreibt nach meiner Meinung sehr schön die Mentalität und das Leben in den Niederlanden. Das Niederländisch ist etwas fortgeschrittener, für Uebersetzungsfragen stehe ich daher gerne zur Verfügung:
Vijftien Miljoen Mensen (Fluitsma & van Tijn)
=============================
LAND VAN 1000 MENINGEN
HET LAND VAN NUCHTERHEID
MET Z’N ALLEN OP HET STRAND
BESCHUIT BIJ HET ONTBIJT
HET LAND WAAR NIEMAND ZICH LAAT GAAN
BEHALVE ALS WE WINNEN
DAN BREEKT ACUUT DE PASSIE LOS
DAN BLIJFT GEEN MENS MEER BINNEN
HET LAND WARS VAN BETUTTELING
GEEN UNIFORM IS HEILIG
EEN ZOON DIE NOEMT Z’N VADER PIET
EEN FIETS STAAT NERGENS VEILIG
REFR.:
15 MILJOEN MENSEN, OP DAT HELE KLEINE STUKJE AARDE
DIE SCHRIJF JE NIET DE WETTEN VOOR, DIE LAAT JE IN HUN WAARDE
15 MILJOEN MENSEN, OP DAT HELE KLEINE STUKJE AARDE
DIE MOETEN NIET ‚T KEURSLIJF IN, DIE LAAT JE IN HUN WAARDE
HET LAND VOL GROEPEN VAN PROTEST
GEEN CHEF DIE ECHT DE BAAS IS
GORDIJNEN ALTIJD OPEN ZIJN
LUNCH EEN BROODJE KAAS IS
HET LAND VOL VAN VERDRAAGZAAMHEID
ALLEEN NIET VOOR DE BUURMAN
DE GROTE VRAAG DIE BLIJFT ALTIJD
WAAR BETAALT ‚IE NOU Z’N HUUR VAN
‚T LAND DAT ZORGT VOOR IEDEREEN
GEEN HOND DIE VAN EEN GOOT WEET
MET NASSIBALLEN IN DE MUUR
EN NIEMAND DIE DROOG BROOD EET
REFR.:
15 MILJOEN MENSEN, OP DAT HELE KLEINE STUKJE AARDE
DIE SCHRIJF JE NIET DE WETTEN VOOR, DIE LAAT JE IN HUN WAARDE
15 MILJOEN MENSEN, OP DAT HELE KLEINE STUKJE AARDE
DIE MOETEN NIET ‚T KEURSLIJF IN, DIE LAAT JE IN HUN WAARDE
Juni 20th, 2006 at 9:53
Die Holländer sind wirklich ein herzlicher Menschenschlag, voller Humor – und kinderlieb obendrein. Ich bin wenige Kilometer von der holländischen Grenze zur Schule gegangen, daher kann ich das nur bestätigen – beispielsweise mit folgender Geschichte: Eine Nachbarsfamilie war im nächstgelegenen holländischen Ort mit ihrem sechsjährigen, putzigen Sohn in einem Spielzeugladen. Der Ladenbesitzer fand den Jungen ebenfalls nett und hat ihn darum mit einem sympathischen „Na du kleiner Nazi!“ begrüßt. Herzallerliebst. Von soviel Offenheit können sich die Schweizer noch eine Scheibe abschneiden. Tja, die Holländer sagen eben, was sie denken.
Und was die Sprache betrifft: Ich habe mal in Amsterdam in der Tourist Information (natürlich auf Englisch, denn bei Deutsch stellen sich viele dort sowieso taub, auch wenn sie es können) nach einer bestimmten Straße gefragt. Das „-gracht“ in dem Wort habe ich dummerweise Deutsch ausgesprochen. Daraufhin war die Dame am Schalter gar nicht mehr nett, hat zuerst verwirrt getan, und mich dann laut und wütend belehrt, das würde ausgespochen als „Chracht“ und nicht als „Gracht“. Ob die das mit Italienern, Engländern und Japanern auch so macht?
Juni 20th, 2006 at 9:59
@Stefan Porstein: Was die zitierten „15 MILJOEN MENSEN, OP DAT HELE KLEINE STUKJE AARDE“ aus dem Lied betrifft – da kann ich als Ex-NRWler nur müde lächeln: In NRW (für Menschen südlich des Mains: Nordrhein-Westfalen, Hauptstadt Düsseldorf, größte Stadt Köln, größte Agglomeration: Ruhrgebiet) leben 18 Millionen auf 34.000 qkm, Holland hat 41.000 qkm für 16 Millionen.
Juni 20th, 2006 at 10:00
Hi Jens,
Da stimme ich mit dir total überein, dass die Niederländer und die Deutschen viel gemeinsam haben. Vergiss aber nicht, dass es eine andere Nation gibt, die im gleichen Diglossia Verhältnis mit dem „grossen“ Nachbarn (vielleicht nicht in Masse aber wegen Bekannheitsgrad) steht wie die Schweiz zu Deutschland. Die flämish sprechenden Belgier!!! Ich selber Schweizerin, mein Freund Belgier, finden es immer wieder lustig rauszufinden, wieviel unsere zwei kleinen Länder doch gemeinsam haben! Die sagen sogar die Telefonummern genau wie wir Schweizer!!! Immer schön in dreier-zweier Reihen. Und rate wie es die Niederländer machen? Wie die Deutschen.
Juni 20th, 2006 at 11:44
Sehr interessant, der Vergleich mit den Niederlanden. Mir fallen vor allem die Unterschiede auf. Glücklicherweise müssen die Holländer nicht „a stotzige Höger“ (an steilen Hängen) landwirtschaften. Sonst wären sie vielleicht auch gütesiegelgeprägt und teuer. Die Topographie trägt auch dazu bei, in den Niederlanden einen „Hauch der weiten Welt“ zu vermitteln, wenn der Horizont nicht immer rundherum geschlossen mit einer Hügel- oder Bergkette aufhört. Holland war ja auch mal eine Kolonialmacht. Die haben sogar ihre Sprache exportiert. http://de.wikipedia.org/wiki/Afrikaans . Wie würde wohl Koloniaubärndütsch klingen?
Gouda hat auch Löcher http://www.lebensmittellexikon.de/g0000140.php . Um diese Emmentaler/Leerdammer-like zu machen, braucht man sie nur zu vergrössern. Als Schneidinstrument empfehle ich einen Glacelöffel statt einem Sackmesser. Die Löcher werden so gleichmässiger. Die Schneidabfälle eignen sich dann für Raclette oder Pizzen. http://search.blogger.com/?as_q=gouda&ie=UTF-8&ui=blg&bl_url=heidiswelt.blogspot.com
Juni 20th, 2006 at 12:47
@Phipu: wenn du dich fragst, wie Kolonialbärndütsch klingen würde, dann besuche mal die aus dem Emmental ausgewanderten Wiedertäufer in den USA. Die älteren unter ihnen sprechen noch gut deutsch – mit amerikanischem Akzent, aber ganz „urchig“. Sie brauchen Worte, die wir hier zwar noch kennen und verstehen, aber im aktiven Wortgebrauch kaum verwenden. Eine Frau sagte in einem Doku-Film: „mir hei nie plääret, o we mir kes rings läbe hei gha“. (Wir haben nie geweint, auch wenn wir kein einfaches Leben hatten).
Juni 20th, 2006 at 13:43
@Phipu
Die Amischen in den USA sprechen teilweise noch ein altes Schweizerdeutsch, das vom Berndeutschen abstammt.
http://www.iwaynet.net/~watts/deutsch/berndeutsch.html
Juni 20th, 2006 at 14:13
@Fränzi Kannst du mir eines dieser Wörter benennen, welches im aktiven Sprachgebrauch nicht mehr verwendet wird. „Plärren“ (ich würds mit zwei „r“ schreiben) ist auf alle Fälle noch aktiv. Ausser du zählst nur die Sprache von 5-20 Jährigen zum aktiven Sprachgebrauch. Da siehts z.T. wirklich schlecht aus für die einzelnen Dialekte 😉
Juni 20th, 2006 at 18:12
Hallo, Ihr Deutschen in und um Zürich!
Wir haben gestern eine anständige Portion rot-weiss nach Dortmund gebracht, bringt Ihr doch jetzt ein bisschen schwarz-rot-gold hierher! Ich fänds schön! Am Letten eben gab es eben zwar ein paar Fähnchen, aber glaube, das geht auch weniger zaghaft.
LG, Basil
(sorry – ist off-topic, aber ich weiss nicht, wo ich das sonst hinschreiben könnte – werde diesbezüglich gern eines besseren belehrt)