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Was die Schweizer gerne tun — Jemandem die Kappe waschen

  • Was tut der Schweizer am Samstag?
  • Am Samstag hat die Blogwiese grundsätzlich die niedrigsten Zugriffszahlen. Am Samstag ist generell in der Schweiz verkehrsmässig am wenigsten los. Ausflugszeit ist sonntags, nicht am Samstag, denn da wird der Einkauf erledigt, bzw. nachgeschaut, welche lieben Nachbarn tatsächlich wieder zu Aldi „ins Deutsche“ gefahren sind, die man dort rein zufällig auf dem Parkplatz treffen kann. Oder es wird gewaschen am Samstag. Nicht in der gemeinsamen Waschküche, denn die ist vielerorts am Wochenende nicht für die Nutzung vorgesehen (wegen der Lärmbelästigung beim Schleudergang, nehmen wir an). Nein, es wird das Auto gewaschen, die Kühlerhaube, die Reifen (in der Schweiz nur als „Pneu“ = Pnöööh bekannt), die Radkappen, und wenn wir gerade schon dabei sind, waschen wir auch gleich noch die „Kappen“ von anderen Leuten mit:

  • Jemanden die Kappe waschen
  • Wir kannten bisher nur die Formulierung „etwas auf die eigene Kappe nehmen“ bis wir in der Schweiz lernten, dass das hier nicht so einfach geht. Denn die Kappe könnte ja schmutzig sein, und wer will sich schon den Vorwurf gefallen lassen, eine schmutzige Kappe zu haben. Also wird sie gewaschen. Noch besser, der Schweizer lässt sie waschen, durch eine andere Person. „Jemanden die Kappe waschen“ gehört offensichtlich zu den speziellen Schweizer Lieblingstätigkeiten, die in den meisten Fällen allerdings nur unter Zwang ausgeführt wird.
    Jemanden die Kappe waschen

    Beispiel Aargauer Zeitung:

    Nein, nicht nur die SVP bzw. einzelne UNO-Beitrittsbefürworter der Partei mussten und müssen sich von den Abstimmungsverlierern (und gleichzeitigen Parteidominatoren) die Kappe waschen lassen.
    (Quelle: Aargauerzeitung.ch)

    Oder der Tages-Anzeiger:

    «Von Herrn Blocher lasse ich mir nicht derart die Kappe waschen», sagte Elmar Ledergerber selbstbewusst. Und ging zum Gegenangriff über:
    (Quelle: Tagesanzeiger.ch)

    Manchmal wird dieser Dienst auch von Politikerinnen verlangt, so von der SP-Fraktionschefin Hildegard Fässler:

    Hildegard Fässler wird hoffentlich noch recht lange den Aussen-Rechten, Profiteuren, Abzockern und Macho-Typen die Kappe waschen. Sie haben es dringend nötig.
    (Quelle: ignoranz.ch)

    Die Kappe als Kopfbedeckung ist im ganzen deutschsprachigen Europa bekannt, nicht hingegen die Redewendung:

    *jemandem die Kappe waschen
    CH (Grenzfall des Standards) jemanden scharf zurechtweisen; jemanden den Kopf waschen: Ruth Dreifuss… wusch dem Freiburger ganz gehörig die Kappe (NZZ 5.3.1999,13)
    (Quelle. Variantenwörterbuch, S. 387)

    Es geht noch drastischer in der Formulierung:

    *sich [nicht] auf die Kappe scheissen lassen
    sich nicht als minderwertig behandeln lassen: Je älter ich werde, desto weniger lasse ich mir auf die Kappe scheissen. Amen (Tages-Anzeiger 12.9.1998,31)
    (Quelle: Variantenwörterbuch, S. 387)

    Da es sich hier ganz offensichtlich um ein Verb handelt, dass in der „Schriftsprache“ der Zeitungen weniger oft geschrieben wird, finden sich Belege dafür eher Leserbriefen oder Blog-Kommentatoren:

    na dann soll mir der herr rocket doch mal seine genialen vorschläge unterbreiten, wie er mit solchen chaoten umspringen will. wohl wie bisher? sich jedesmal auf die kappe scheissen zu lassen?
    (Quelle: blick.ch)

    Auch in Deutschland liebt man drastische Formulierung mit „Kappe“, so zum Beispiel die „Kappe kaputt“ haben:

    hast du was geraucht oder dich sonst irgendwie bedröhnt oder hast du nun tatsächlich die Kappe kaputt?

    (Quelle: stern.de)

    (2. Teil Morgen: Die Kappe ist auch ein Knust, Knäuschen oder Kanten)

    

    13 Responses to “Was die Schweizer gerne tun — Jemandem die Kappe waschen”

    1. Sam Says:

      Die Emmentaler Version davon lautet
      „öpperem der Gibu chirsche“.
      Der Gibu (Dachgiebel) steht für den höchsten Teil, hier einer Person; also den Kopf oder das Haupthaar. Chirsche heist glaublich Kirschen ernten. Und wenn man das am Haupthaar macht, wird eben die Kappe gewaschen.

    2. Stefan Says:

      „die Reifen (in der Schweiz nur als „Pneu“ = Pnöööh bekannt)“

      Ist meiner meinung nach nicht ganz korrekt. Der Pneu ist der innere Teil, also der Schlauch mit der Luft drinn, und der Reifen ist der äussere Teil, also dort wo das Profil drauf ist.

      Gruss

    3. Pesche Says:

      Stefan

      Nobis, der Pneu ist das Aeussere. Das Innere ist der Schlauch.

      Gruss: Pesche

    4. tyrannosaurus Says:

      Soviel ich weiss heisst das „einem i n die Kappe scheissen“. Damit ist auch klar, dass es logisch keinen grossen Sinn machte, jemandem zuerst die Kappe zu waschen, um ihm anschliessend in ebendieselbe zu sch…

    5. Branitar Says:

      @Stefan
      Soweit ich weiss, haben zumindest die Autoreifen schon seit vielen Jahren keinen Schlauch mehr. Also würde ich auch eher Pesches Definition tendieren…

    6. Phipu Says:

      Vielleicht steht im Variantenwörterbuch auch die berndeutsche Version von „d’Chappe wäsche“? Nämlich „der Gring wäsche“ (den Kopf waschen) oder „d’Chuttle putze“ (die Kutteln putzen)

      Eine ähnliche Aussage mit Kappe und scheissen aber leicht anderem Sinn ist: Du chasch mir i d’Chappe schiisse!“ das bedeutet das gleiche wie „du chasch mer i d‘Schueh blase“ hier: http://www.blogwiese.ch/archives/237

      Dazu gibt es noch das Verb, das an Kappe erinnert: „g’chäpelet sii“ (wörtlich: „gekäppelt sein“) Die Bedeutung findet man googelnd hier: http://www.google.ch/search?hl=de&q=gch%C3%A4ppelet&btnG=Suche&meta=

      An Stefan
      Auch in meinem Sprachgebrauch ist der „Pneu“ der Reifen und der Schlauch der Schlauch. (z.B.„Velopnöh“ und „Veloschluch“. Beim Velo wird beim äusseren Gummi mit Profil auch von „Mantel“ gesprochen)

    7. Peter Says:

      @Branitar
      Liegt zumindest in Australien falsch. Dort fährt man immer noch mit Decken und Schläuchen in den Busch. Die schlauchlosen Reifen haben den Nachteil, dass sie sich schlecht unterwegs reparieren lassen.

      @Jens-Rainer
      Radkappe kann man gerade noch so durchlassen. In der Schweiz haben wir meist Raddeckel.

    8. peter gloor Says:

      @phipu
      In Bern hört man auch:
      „Öpperem ’s Gurli fiegge“. (Mattenenglisch?)
      und für „in die Kappe scheissen“ sagt man dort:
      „chasch-mer am Beeti chuute.“

    9. Linguist Says:

      Apropos „Schluuch“. „Du bisch en schöne Schluuch“ heisst soviel wie: Du bist ein Versager. Möglicherweise hängt dieser Wortgebrauch damit zusammen, dass Veloschläuche dazu neigen, unverhofft und oft im dümmsten Moment ihren Dienst zu quittieren…

    10. Leo Says:

      Auffallend für mich auf dieser ganzen Site ist, dass in einer Diskussion über Sprache so viele Fehler gemacht oder nicht kommentiert werden.

      „Jemanden die Kappe waschen.“ Seit wann wäscht man ihn die Kappe statt ihm? Richtig also: Jemandem die Kappe waschen.

      (Ausflugszeit ist übrigens sonntags, nicht Sonntags.)

    11. Yaslaw Says:

      @andere Stefan:
      Pneu ist mMn das ganze Rad. Oder wechselst für die Winter-/Summer-Pneu nur den „Schlauch“?

    12. Phipu Says:

      an Yaslaw

      Der Pneu ist aber auch nicht das ganze Rad. Es gibt noch die Felge. Die ist aus Stahl oder Aluminium (Fahrrad ev. auch Carbon/Kohlefaser). Und erst darauf wird der Gummi aufgezogen, eben der Pneu (Fahrrad inkl. Schlauch).

      Ich wechsle am Auto im Herbst und Frühling jeweils das ganze Rad (inkl. Felge) mit dem Wagenheber selbst. Dazu braucht man halt einfach 8 komplette Räder pro Auto (4 montiert, 4 eingelagert) Sonst müsste ich mir immer vom Pneuhaus die Winter-/Sommerpneus auf die gleichen Felgen ziehen lassen. Für letzteres habe ich das Werkzeug nicht.

    13. Roger Says:

      Hallo Phipu

      Wenn du wiedermal Rad oder Felgenprobleme hast schau dir mal diese Seite an http://www.pnoehandel.ch

      Gruss

      Roger