Pfefferminze, Peppermint, Spearmint oder Swissmint?
Als wir die Bezeichnung „Swissmint“ das erste Mal lasen, musste wir an die Kaugummi Werbung für „Wrigleys Spearmint“ denken. Wie schmeckt wohl Swissmint? Etwa nach Schweiz? Präzise blumig und kühlich-käsig auf der Zugenspitze und mit einer zarten Schoko-Nougat-Blume im Abgang?
Mint heisst „Minze“, wir kennen es vom Kaugummigeschmack Peppermint = Pfefferminz. Versuchen Sie Swissmint aber lieber nicht in den Mund zu nehmen um darauf rumzukauen. Sie beissen sich daran nur die Zähne aus. Denn diese „Mint“ ist eine „Münz„, und hinter „Swissmint“ verbirgt sich nichts anderes als die altehrwürdige Schweizer Münzstätte. Sie änderte 1998 ihren Namen:
Die swissmint ist die offizielle Münzstätte der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den meisten wohl besser bekannt als Eidgenössische Münzstätte oder einfach „Münz“. Seit dem 1. Januar 1998 ist die traditionsreiche Institution eine selbständige Einheit der Eidgenössischen Finanzverwaltung. Der neue Name signalisiert Aufbruch. Er steht für ein modern geführtes Unternehmen, das mit seinen Produkten und Dienstleistungen neue in- und ausländische Märkte erschliessen will. Die swissmint beschäftigt 21 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
(Quelle: swissmint.ch)
(Foto: www.swissmint.ch)
So modern, dass die Homepage gleich auch auf Englisch und Französisch angeboten wird. Das Tessin und die Räto-Romandie wird von dieser „traditionsreichen Institution“ auf der Website jedoch totgeschwiegen. Nur die Pressetexte gibt es auch auf Französisch und Italienisch. Wo bleibt die Fassung auf Ladinisch, Puter, Vallader, Sursilvan, Sutsilvan, Surmiran und Furlanisch? Oder wenigstens auf Rumantsch Grischun?
Der neue Name „signalisiert Aufbruch„. Was wir darunter zu verstehen haben? Soll der Tresor mit den Goldvorraten der Schweiz aufgebrochen werden? Den haben sie doch erst kürzlich geleert, um die Vorräte zu versilbern und gerecht zu verteilen. Oder ist das nicht wörtlich zu nehmen? Will die swissmint tatsächlich grundsätzlichen Neuerungen bei den Schweizer Münzen wagen? Wenn man bedenkt, dass in der Schweiz noch 10-Rappen-Münzen aus dem Jahre 1879 (!) im Verkehr sind (vgl. Wiki).
Ganz einfach. Die Schweiz ist ein viersprachiges Land: Französisch, Italienisch, Rätoromanisch und Deutsch Schweizerdeutsch sind die offiziellen Landessprache. Darum heisst diese Anstalt für die Münze auch „swissmint„. Was daran jetzt einfach sein soll? Nun, anstatt vier Namen in vier Landessprachen zu erfinden, die viel Platz auf dem Schild benötigen, braucht es nur einen einzigen, und der ist Englisch, weil das alle verstehen. Warum das allerdings immer auch noch die Kleinschreibung erfordert, ist uns schleierhaft. Vielleicht um deutlich zu machen: Obacht, wir halten uns auch bei der Schreibweise daran: Das ist ein englischer Begriff!
Gleiches können wir beobachten bei der halbstaatlichen Fernsehgebühren-Eintreib-Gesellschaft „Billag„, eigentlich Bill AG, die ihren Namen nicht von der Englischen Abkürzung von Willhelm „Bill“ Tell hat, sondern ganz profan „the bill = die Rechnung“ bedeutet.
Wenn es knifflig wird in der Schweiz, wenn man keine der offiziellen Landessprachen bevor- oder benachteiligen will, dann wählen die Schweizer gern einen englischen Namen.
Cablecom ist noch so ein Beispiel (Kabelnetzanbieter für Telefon, Internet und Digital-TV) oder Swisscom (Telefon). Die deutsche Telekom schreibt sich übrigens ganz konservativ mit „k“ und nicht „c„, dafür wimmelt es von Anglizismen wie „Long-Distance-Call“ und „City-Call“ auf der Abrechnung der Telekom. Deswegen wurden in Deutschland schon Prozesse geführt, weil Kunden in einem Vertrag mit einem deutschen Unternehmen in Deutschland ein Recht auf deutschsprachige Dokumente haben. Bei soviel Kleingeist kann ich nur sagen: „Take your handy and come to Switzerland, before the English goes you on your biscuit…“
Das Bundeshaus in Bern soll demnächst auch umbenannt werden. Gesucht wird ein Namen der kurz, präzise und auf Englisch sein sollte und den jeder ohne Anstrengung aussprechen kann. Ausdrücklich soll der Name die Hauptbeschäftigung der Parlamentarier, die vielen „Sitzungen“, und der permanente Prozess der „communication“ beinhalten. Wir hätten da auch gleich einen klasse Vorschlag als Namen für das Bundeshaus: „Sitcom“.
April 22nd, 2006 at 1:31
Sitcom ist nicht schlecht, es umschreibt sehr präzise die Vorgänge in diesem grau-grünen Gebäude! Jedes Mal, wenn ein Amt seinen Namen ändern will, wird es etwas Englisches. Gar nix gegen Englisch, aber langsam wirds lächerlich!
Als Mitarbeiter eines Bundesamts wirds mir immer schlecht, wenns wieder einmal ein neuer Name sein darf. Zum Glück ist diese Mode jetzt unterbunden worden … die Aemter müssen wieder zum Standard-Logo (Schweizerkreuz im Wappen) und „na-dis-na“ zu einem einigermassen normalen Namen zurückkehren. Den Vogel abgeschossen hat das „imes“ = „immigration emigration suisse“ d.h. das vorherige BFA (Bundesamt für Ausländerfragen) . Dieser modische Name galt für kaum etwa 1 1/2 Jahre! Jetzt ist das „imes“ im BFM (Bundesamt für Migration) aufgegangen durch Fusion mit dem Bundesamt für Flüchtlinge. Wer weiss, was da alles für Steuergelder verpulvert worden sind?! Man denke nur an das Briefpapier, welches ersetzt / eingestampft werden musste. Und dies sage ich gar nicht als Blocher-Anhänger, in diesem Punkt muss ich ihnen aber recht geben, es wurde viel Seich gemacht. Z.B. die unnötige Umbenennung des EMD in VBS kostete viele Millionen.
Seid nur froh, dass ihr in Deutschland nur eine Sprache habt, ihr kommt so um solch seltsame Sprachkreationen wie „swissmint“ oder „swisstop“ (ehemaliges Bundesamt für Landestopograpie) herum – denn Englisch muss sein, ausserdem ist Kleinschreibung sehr wichtig! Oder wie würde etwa germint oder germantop klingen? Sehr seltsam, nicht wahr?
Sorry, aber diesen Frust musste ich mir mal wegschreiben. Danke für Eurer Verständnis und Eure Geduld!
April 22nd, 2006 at 8:20
Sitcom < Situation Comedy ("Situation" im Sinne von dem täglichen (ongoing, ohne Ende) Geschehen innerhalb einer Familie, einer Firma usw. Eigentlich hat es wenig mit "modisch" zu tun. Da insb. die Finanzwelt heute völlig globalisiert ist, halten die Schweizer Banken, grosse CH-Unternehmen usw es für absolut nötig, sich auf der Weltsprache English zu profilieren und zu kommunizieren (Corporate Communications z.B.) Wenn die UBS immer noch die Schweizer Bankgesellschaft hiesse, wäre dieser Name für Menschen in den USA/GBH et al. generell unaussprechbar 🙂 Immerhin klingt "Bankgesellschaft" oder "Kreditanstalt" 100% deutsch, oder? Und die UBS & CS sind Schweizer Banken!! Ein deutscher Name würde in den USA, GB für die UBS (Union Bank of Switzerland, der grösste Vermögensverwalter der Welt, der ca. USD 3 Billionen vielleicht mehr sogar, managt) m.M.n. ungünstig für die UBS und CS auswirken - oder? Nazis, Auschschwitz, WW2 (World War 2) usw usw..... Nicht vergessen: In den USA und GB sind Juden in den Bereichen Banken, Handel, Detailhandel, TV, Medien u.v.a. sehr mächtig resp. einflussreich. Fazit: Wer heute erfolgreich (insb. weltweit) sein will, muss eine "Global Indentity" haben. P.S. Wie schon gesagt, Sitcom hat nichts mit "Communication" zu tun. Es gibt viele "false friends" in deutsch (wrong translation from English into German) - 2 common examples: Pufferzone - WRONG! It shoud be "Bufferzone" (a Puffer is someone who smokes, or it can be a Lokomotiv too, or to "Puff up" a cushion) So, to puff = paffen, pusten, bauschen...) Hit List - has nothing to do with songs at the top of the charts which are called the Top of the Pops or the Hit Parade, auf E. In English a hit list is a list of people who are targets for assassination, e.g. The IRA (Irish Rep. Army) had a hit list. Probably Hamas has a hit list. Maybe the CIA has one too ? Fiona
April 22nd, 2006 at 9:28
Ist „imes“ nicht ein etwas schlechtes (oder eben gutes) Beispiel? Funktioniert schliesslich in allen Landessprachen (Rätoromanisch wohl auch) und dazu auch noch auf Englisch. Und dies mit einem einzigen Akronym! Bei all jenen Benennungen, welche in den unterschiedlichen Sprachen verschiedene Akronyme oder Abkürzungen haben, muss man wie ein „Häftlimacher“ aufpassen, dass man nicht versehentlich das gleiche Kürzel in zwei Sprachen für zwei unterschiedliche Institutionen hat.
Das man ganz allgemein zurückhaltend mit Umbenennungen sein und die Gestaltung von Logos und dergleichen („State Design“) langfristig vereinheitlichen soll, damit bin ich voll einverstanden.
April 22nd, 2006 at 17:06
@simu: das BA für Landestopographie heisst nicht swisstop sondern swisstopo, aber vielleicht ist dies auch nur ein Tipfehler. Was mich dort am meisten verwundert ist, dass die Homepage wwww.swisstopo.ch heisst, sowie auf den Produkten, das Swisstopo-logo abgedruckt ist, aber als Kontaktadresse „Bundesamt für Landestopografie“ angegeben ist.
Im Teil „Geschiche von swisstopo“ findet sich die Antwort: „2002
swisstopo wird als Marke und Logo (sowie als Abkürzung des weiterhin offiziellen Namens Bundesamt für Landestopographie) eingeführt.“
Gruss
Stefan
April 22nd, 2006 at 22:24
Wir sind kürzlich aus den USA in die Schweiz zurückgekehrt und finden es total lächerlich, dass man hier meint, man sei modern, wenn alles mögliche und unmögliche mit englischen Bezeichnungen versehen wird.
Stelleninserate strotzen nur so von englischen Begriffen. Wenn man das Englische nicht beherrscht ist es oft nicht so einfach, herauszufinden, was genau vom Bewerber verlangt wird.
Besonders witzig finde ich, dass man im Gegenzug in den USA französische Bezeichnungen übernimmt, wenn man etwas Besonderes sein will. Gipfeli werden dort croissants (Grossang) genannt. Kleine, zierliche Frauen (von denen es nicht besonders viele gibt) nennt man „petit“ Auch die entsprechende Kleidergrösse wird so genannt.
Warum ist eigentlich die Muttersprache nicht mehr gut genug?
Gruss
Pesche Schmutz
April 23rd, 2006 at 10:39
Jeder hat ein GB-English Wörterbuch, aber heute ist ein US-English Wörterbuch fast auch ein Must. Darf ich zwei empfehlen?
„Websters New World College Dictionary“
pub. MacMillan
Ich habe die 1996 Ausgabe (ISBN 0-02-860334-6)
American Slang
pub. Macmillan
Ich habe die 1995 Ausgabe (ISBN 0-333-63405-5)
Interessant dabei, dass so viele Wörter aus dem Yiddish in US-English aufgenommen wurden. Wegen der Immigrationswellen aus Europa im 20. Jahrhundert.
Und sehr informativ, mit vielen Anekdoten und historischen Details/Fakten, alles was man über die USA wissen soll oder will, diese zwei Taschenbücher:
1) „The Lost Continent“
2) „Made in America“
by Bill Bryant (US-Journalist, 1951 in Des Moines, Iowa geboren)
Fiona
Mai 1st, 2006 at 14:25
“Take your handy and come to Switzerland, before the English goes you on your biscuit…”
In amer. Englisch müsste man wohl „ …it goues you on your cookie“ sagen. Oder nicht vielleicht „ … it goes you on your alarm-clock“ oder „ … on the spirit“ ?
Auf neudeutsch könnte man das Bundeshaus auch „federal palace“ nennen. Es heisst bereits auf französisch und italienisch so (palais fédéral, palazzo federale).
Vor einigen Jahren wurden Deutschschweizer Politiker von einer Zeitung nach ihren Nationalsprachen-Kenntnissen befragt. Da stand schon mal „maison fédérale“ für Bundeshaus. In etwa fünf Jahren wird der Blick dann nur noch das „Federal English“ überprüfen müssen.
Februar 18th, 2011 at 2:24
@Stefan: Kann es sein, dass da ein Tippfehler in Deinem „Tipfehler“ ist? 😉