Den Freund des Fischers schmuggeln — Geschichten von der Deutsch-Schweizer Grenze (Teil 1)
(reload vom 17.01.07)
Die Deutsch-Schweizer Grenze ist etwas besonderes in Europa. Sie markiert nicht nur die Grenzlinie zu einem „anderen Kulturkreis“, wie wir in unseren ersten Jahren in Bülach durch einen Primarschullehrer erfahren durften, nein, sie wird auch gut bewacht auf beiden Seiten von hochmotivierten Grenzern und Zöllnern. Wenn die Schweizer die Einfuhr der in Deutschland gekauften Waren routiniert kontrollieren, achten Sie vor allem auf ungewöhnliche Mengen. Statt 6 Liter Milch einer Sorte kauft man besser 3 x 2 Liter verschiedene Sorten (5 Kg=Liter pro Nase sind erlaubt).
Vor Jahren war ich quasi süchtig nach Fisherman’s Friend, diesen scharfen Lutschbonbons, bei denen man ja nie fragen darf, wie die denn schmecken, weil man sonst stante pede von einer Nordseewelle überrollt wurde, ganz gleich wo man gerade steht.
(Quelle Foto: thegreendoorsweetshop.co.k)
Also kaufte ich mir in einem Anfall von jugendlichen Leichtsinn in Deutschland gleich die ganze Display-Schachtel beim Supermarkt an der Kasse. Ca. 20 Tütchen à 2.50 DM lagen da drin. Ich schätze mal, dass sie damals in der Schweiz 3.50 CHF kosteten, also sicher 30-40% mehr. Genaue Zahlen spielen keine Rolle, denn der Zöller fand zielsicher und geübt die Stelle auf dem Kassenzettel und fragt:
Er: „Was ist das hier?“
Ich: „Bonbons“.
Er: „Und was machen Sie damit?“
Ich: „Lutschen“.
Wenn er jetzt noch gefragt hätte, wie die denn schmecken, hätte ich für nichts garantieren können. Doch dann wurden wir überraschend durchgewunken ohne dass er dieser scharfen Importware weiter Beachtung geschenkt hätte. Wahrscheinlich zu geringer Fleisch- oder Milchanteil.
Er hegte vielleicht den Verdacht, dass wir einen Kiosk in der Schweiz betreiben und hier einen illegalen Parallelimport versuchten, so wie einst die Migros mit Ferreros Milchschnitten (vgl. „Warum ist die Schweiz eine Hochpreisinsel“) versuchte. Daraus lernte ich: Niemals von einer Sache mehr als 2-3 Einzelteile kaufen, auf die „Bunte Mischung“ auf dem Fliessband an der Supermarktkasse kommt es an.
Wir möchten nicht wissen, welche Mengen wirklich täglich schwarz in die Schweiz „parallel-importiert“ werden. Es soll da gekühlte Lieferwagen geben, die immer nur von der Schweiz aus in Richtung Deutschland leer die Grenze überqueren und danach nie zurückkehren. Jedenfalls nicht über die bewachte Grenze, und wahrscheinlich auch nicht leer.
April 29th, 2010 at 22:29
Wie sollten Schweizer nur ohne Protektionsmus von der überragenden Swiss Quality schwärmen können, wenn dadurch nicht der Selbstbetrug „höhere Preise = höhere Qualität“ gewahrt werden würde? 😉
Ganz besonders gelegen dürfte der Protektionismus den Schweizer Bauern kommen. 😉 Jedoch muss man anmerken, dass auch die Größe des Marktes eine Rolle spielt.