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Über die sprachliche Kreativität militärischer Kreise

(27.11.06)

  • Kreativität in der Blütezeit
  • Wenn in der Schweiz oder in Deutschland junge Menschen dazu abkommandiert werden, sich in der Landesverteidigung ausbilden zu lassen, dann geschieht das in der Regel im zarten Alter von 18-20, in Deutschland meist ein wenig später als in der Schweiz, denn die Schullaufbahn dauerte länger bzw. ist die Berufsausbildung ein willkommener Anlass, die Pflichtdienstzeit von neun Monaten etwas später anzutreten. Ein Alter, in dem nicht nur die Testosteron Produktion auf Hochtouren läuft, sondern in dem auch die sprachliche Kreativität der jungen Menschen eine Blütezeit erlebt.

  • Bundeswehrsprache spezial
  • So fanden wir bei Wikipedia eine äusserst lehrreiche und unterhaltsame seitenlange Auflistung von Spezialausdrücken der Bundeswehr, von denen einige echte poetische Meisterwerke sind. Hier ein paar Auszüge:

    Ackerschnacker: Feldtelefon (Reichweite reicht knapp über den „Acker“, ca. 1,8 km)

    Biwak: Bezeichnung für Übung mit Aufenthalt und Übernachtung auf einem Truppenübungsplatz, meist im Zelt, scherzhaft deshalb auch Bundeswehr im Wald außer Kontrolle oder auch Besonders im Winter arschkalt

    Bilder stellen: Das Vortäuschen von Aktivität, wenn eine Führungsperson eintrifft, um das Fehlen einer Aufgabe zu vertuschen

    Boden-Luft-Verbindungsoffizier: Militärpfarrer

    Bumsknochen: Gewehr

    Büchsenöffner: Panzerfaust

    EPA: Abgeleitet von „Einmann-Packung“; Bezeichnung für Verpflegungspaket aus stark konservierten Lebensmitteln, die angeblich bis zu 100 Jahre haltbar sein sollen. Scherzhaft genannt Erbrochenes Pikant Aufbereitet, da der Inhalt eines EPA aufgrund des oft als sehr schlecht empfundenen Geschmacks mit Erbrochenem verglichen wird.

    Kampferdbeere: Soldat, der im Feld zur sonst perfekten Tarnung das rote Barett trägt.

    Legogewehr: Scherzhafte Bezeichnung für das Sturmgewehr G36, da es bis auf Lauf, Verschluss, Federn und einige Kleinteile völlig aus Kunststoffen gefertigt ist (siehe auch Tupperteil, Plastepengpeng).

    Stetten am kalten Arsch: Albkaserne bei Stetten am kalten Markt auf der schwäbischen Alb. Gerüchteweise ist dort im Sommer mal eine Ziege erfroren. Ironischerweise auch „Stetten am karibischen Meer“ genannt.

    ZMAS: Befehl, Kurzform für „Zu mir, aber schnell!“

    ZMZZ: Befehl, Kurzform für „Zu mir, Ziemlich zügig!“

    ZMZZSPMDA: Befehl, Kurzform für „Zu mir, ziemlich zügig, sonst platzt mir der Arsch!“
    (Quelle: Auszüge aus Wikipedia)

  • Und in der Schweiz?
  • Auch das Schweizer Militär ist in dieser Liste vertreten. Hier eine kleine Auswahl unserer Lieblingsausdrücke:

    Arschlochbarriere: schwarze Armeeschokolade

    Bundesferien: (auch Pfadilager) alljährlicher, dreiwöchiger Wiederholungskurs WK

    Bundesrocker: Motorradfahrer

    Bundesziegel: Armeekekse

    Bürogummi: Ursprünglich abschätzige Bezeichnung für Verwaltungssoldaten wie Fouriergehilfen

    BWS: „Beid Wäg Seckle“ – im Laufschritt hin und zurück

    Chettefigg: (Kettenfick) 24 stündiges Mittragen der Schneeketten im Rucksack als Strafe für einen fehlbaren Motorfahrer

    Chettele: (Ketteln) drillmässiges montieren resp. demontieren der Schneeketten (besonders beliebt im Sommer)

    Chinesebeton: Reisgericht

    Chuchitiger: (Küchentiger) Truppenkoch

    Fisch fassen: auch fischen, Zusammenschiss erhalten (von „Fiche“?). Die Heftigkeit des Zusammenschisses wurde in der Grösse des Fisches angegeben, wobei man die Arme zur Hilfe nahm. Reichte des nicht mehr aus, so wurde nur noch der Augenabstand des vermeintlichen Fisches gezeigt.

    Hä-si-be: Hält sich bereit (klingt besser als: „hat nichts zu tun“); auch Hä-si-ra-be (Hält sich rauchend bereit)

    Inschter: Instruktionsunteroffizier oder -offizier; aufgrund der starken Miliztradition oft mit Vorurteilen behaftet (ist Dein Leben dunkel und finster, komm zu uns und werde Inster)

    Ist so, weil ist so. Allgemeine Antwort auf Fragen nach dem Sinn von Übungen etc.

    Ist so, weil ist so. Bleibt so, weil war so. Entsprechende Steigerungsform (auch: Ist so, weil war so. Bleibt so, weil gut so.)

    Liegestuhl Soldat: Scherzhafte Bezeichnung eines Soldaten der mittleren Fliegerabwehrtruppen (genauer: Operateur des Feuerleitgeräts Skyguard). Das Truppengattungsabzeichen ähnelt einem von der Sonne bestrahlten Liegestuhl; richtigerweise wird eine Radarschüssel mit Abstrahlung dargestellt.

    lisme: (CH für stricken) Stacheldraht verlegen

    NATO-Hindernis: Erstes Hindernis auf der Hiba (=Hindernisbahn), welches aus unerfindlichen Gründen stets ausgelassen wird (nicht aber bei der Infanterie)

    Naturbremse: Fahrrad Ordonnanz 05, welches aufgrund des Alters oder schlechter Wartung sogar bei der Abwärtsfahrt langsamer wird.
    (Quelle: Auszüge aus Wikipedia)

    Was lernen wir daraus? Kreativität entsteht offensichtlich besonders unter einem gewissen Leidensdruck, mit Wut im Bauch, in Kombination mit Frust und/oder Langeweile. Sprachliche Kreativität hat hier die Funktion, auf elegante Weise Dampf ablassen zu können, ohne dafür bestraft zu werden. Einfach genial.

    Auffallend ist auch, dass unter ähnlichen Bedingungen dennoch sehr anderslautende Abkürzungen entstehen, anderseits aber auch Ausdrücke grenzübergreifend existieren. Aus Platzgründen mussten wir auf die wundervollen Sprachschöpfungen aus Österreich und aus der ehemaligen DDR verzichten. Sie finden sich ebenfalls am angegebenen Ort.

    

    12 Responses to “Über die sprachliche Kreativität militärischer Kreise”

    1. Guggeere Says:

      Sicher hat die Militärsprache etwas Kreatives; wie jede Fachsprache. Trotzdem habe ich den Schweizer Armeeslang gehasst (wie auch den Militärdienst selber) und wenn immer möglich vermieden. Während meiner Dienstwochen sprach ich also absichtlich nicht von Hamburgern (gemeint sind nicht die zum Essen), verpuffen, verschlaufen, retablieren, innerem Dienst, Eiterriemen, Panzerkäse u.a.m. Ich nehme noch heute nicht gern teil an einem dieser typisch eidgenössischen Wirtshaustischgespräche. Denn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gibt jemand irgendwann Militäranekdoten zum Besten und zelebriert militärische Fach- bis Kraftausdrücke. Dabei dominiert meistens die Tonlage «Weisch no, mer hends doch amel so sauglatt gha zeme». Als ob es um liebe alte Ferienerinnerungen ginge und nicht um Kriegshandwerk.

    2. Ric Says:

      Die „freie Welt“ hätte keine Chance gehabt wenn die Sowjetunion an einem Freitagnachmittag eine Offensive gestartet hätte. 😉

    3. Brun(o)egg Says:

      Da gabs noch den „gestampften Juden“. Noch in den 60er Jahren. Fleisch in Büchse. Traut sich wohl niemand hier auszusprechen!?!
      War in der Rekrutenschule 1964. Gedankenlos, uninformiert und blöd.

    4. Guggeere Says:

      @Brun(o)egg
      Du hast recht, ich hätte mich nicht getraut…
      Es gibt noch immer stramme Landesverteidiger, die die erwähnte Fleischkonserve mit der von dir zitierten Bezeichnung «schmücken» und dann gleich anfügen, sie meinten es ja nicht so.
      Ähnlich wie Bundesrat Ueli Maurer (SVP), der ohne Hemmungen das Wort «Neger» zu verwenden pflegt.

    5. Egon Says:

      das eine vorweg: auch in der Schweiz dauern gelegentlich schlimme Hirnschaedigungen bis zur Vollverbloedung an. Leider in bezug auf die permanente Nullnummer nichts Neues.

      Ihr Ju..furz scheint mir doch aus dem Vorarlberg zu stammen. Au Mist, klar, gehört ja ab morgen wieder zu Zürchers vereinigtem Grossthoitschland oder vielleicht auch nicht. Spielt auch keine Rolle mehr in diesen Tagen, in denen die Aufregung um eine kleine Daten-CD zur globalen Hirnausschaltung führt.

      Vollverbloedung ist in Deutschalnd in der Tat nicht nur auf das Militär beschränkt, denn dort gibt es Privatfernsehen. Ein beliebter Tummelplatz für Schweizer Medienleute, unter Gleichgesinnten lebt es sich wahrscheinlich angenehmer. Fernsehen, ja Fernsehen:

      da versuchte ich doch heute mal den „Club“ ohne Pause zu sehen (ging nicht – musste vorzeitig in die Kabine und von hier direkt ins Spital).

      Euer Armeechef Ueli sitzt da und schwärmt von den Aerläbnissen und dr Kameradschfaft und von seinem Korporal und von Hierarchie und von Chef und von Führen lernen in den jetzt eiskalten Nächten, wenn man dann da draussen ist bei minus 30° in den schrecklichen Wäldern Graubündens und es Tiieemm bilden muss … und die Wirtschaft, dass sagt er, die greift nämlich auf diese Führer zurück. In den nächsten Monaten und Jahren – hat er „original(!) gesagt“ werdet Ihr das noch sehen. Denn da weiss dann der Chef schon, der hat hat sich als Wachtmeister oder als Koporal schon bewährt und das kann man sonst nirgendwo lernen, also so 1:1 …

      und dann war ich kurz eingeschlafen, der ist so mitreissend. Selbst der kurze Dienstrock der RS-Dame und schon gar nicht die Säbelbeinchen (muss wahrscheinlich beim Militär so sein) konnten daran etwas ändern.

      Der andere RS sprach so langsam, dass der nie einen Feuerbefehl geben könnte. Und beide waren „kaufmännische Angestellte“ – da muss hier in dem Land ein Nest sein. Ja, das Frollein bei ner Bank – klar, die haben grad Krise und sind froh, um jeden zu teure Pappnase, die anderweitig Vergnügen findet.

      Anderweitig Vergnügen könnte der Ueli aber auch mit ebenfalls selbigst endender Vollverbloedung im deutschen Privatfernsehen finden. Auf ins Dschungel Camp. Vorsicht vor Corporal Dirk Bach, vor allem wenn der , sich von hinten nähernd, „bücken“ brüllt. Seine (Uelis! nicht Bachs) Kollegin Sonja Zietlow (1.Offizier – Pilotenausbildung) könnte dann Kontakte zu Sat1 herstellen und Ueli hätte Gelegenheit seine Fürungsqualitäten als entfernter Nachfolger von Roger Schawinski unter Beweis zu stellen.

      Das würde dann zumindest dazu führen, dass die Schweizer Zivilgesellschaft (gibt es die überhaupt? – sind doch alles Soldaten) vor der von Maurer angedrohten Verbloedung bewahrt bliebe.

    6. Guggeere Says:

      @ Egon:
      Etwas zum Thema „Chef der besten Armee der Welt“: Ueli Maurer lügt nie und hat Freude an sinnlos-hektisch-aktivistischen, seltsam gekleideten Gestalten – auch nichtmilitärischen.
      http://www.youtube.com/watch?v=c918KwWVmtk

    7. Egon Says:

      lol

      „…jo wäär isch denn do hinderem grosse schirm versteckt????“ da behaupte noch einer die Schweizer hätten keinen Humor.

      Freudeminute!!

    8. Brun(o)egg Says:

      Es ist schon so: Die Schweizer Armee ist dehr als und abgestanden. Es steht schon in der Bibel: „Sie trugen komische Gewänder und irrten ziellos umher“. Oder ähnlich.
      Wie in jeder Armee der Welt hatte bis vor einigen Jahren der gedankenlose Rassismus viele Freunde:

      Fleisch in Dosen (Cornd Beef) war ein gestampfter Jude um nur eines der üblen Synonyme zu erwähnen.

    9. pfuus Says:

      Da sieht es in der CH Armee gaaaaaanz anders aus:

      http://www.nzz.ch/nachrichten/zuerich/rekrut_ist_todesschuetze_von_zuerich-hoengg_1.590678.html

    10. pfuus Says:

      …….aber es war ja ein……

    11. ItaloRaver Says:

      und dann gäbe es noch den Fahnentürk, ich habe dem immer Fahnentanz gesagt

    12. T J Lynn Jr Says:

      in Stettem am Kalten Arsrch soll eine Straffbattalion der Bw sich befinden, den Story habe ist mir in 1980er Jahren von viele Laendser erzaelt.