Keine Fähre am Sonntag — Kein Zug an Weihnachten
Im letzten Sommer fuhren wir an die Westküste Schottlands und wollten auf die Äusseren Hebriden übersetzen, auf die Isle of Lewis. Es war kurz vor dem Wochenende an einem Freitag und wir hatten geplant, am Sonntag unsere Reise mit der nächsten Fähre nach Skye fortsetzen. Doch es gab keine. Auf der stark protestantisch geprägten Insel Lewis hatten sonntags alle Geschäfte, Restaurants und Pubs geschlossen, es fuhren keine Busse und auch keine Fähren.
(Quelle Foto: privat. Unterwegs zur Isle of Lewis)
Erst im Juli 2009 wurde diese jahrhunderte alte Regelung abgeschafft und gegen den erheblichen Widerstand der Einheimischen eine Sonntagsfähre im Fahrplan aufgenommen; nur die fuhr nicht nach Skye, sondern zurück zum Festland nach Ullapool, weswegen wir bereits am späten Samstagabend weiterreisten.
(Quelle Foto: privat. Sandstrand auf der Isle of Skye)
Die britische Regierung hatte im Jahr zuvor die Subventionen für die 2.5 Stunden lange Fährüberfahrt erhöht, wodurch sich der Tarif für Mensch und Auto halbierte und die Auslastung der Fähren auf 100 % herauf schnellten. Eine perfekte Massnahme zur Ankurbelung des Insel-Tourismus, darum geriet der Fahrplan im ganzen Sommer aus den Fugen, es kam zu Verspätungen, und die zusätzliche Sonntagsfähre brachte endlich Entlastung. Dabei war es vorher ganz im Sinne der Einheimischen, dass am Sonntag nichts los ist.
(Quelle Foto: privat. Hafen von Uig auf der Isle of Skye, die Fähre nach Tarbert auf Harris, pausiert am Sonntag)
Was für eine Ruhe, wenn an einem Tag in der Woche der Verkehr ruht und die Geschäfte geschlossen bleiben! In Schottland beginnt man unwillkürlich, bei jeder geöffneten Tankstelle am Strassenrand kurz den Treibstoffstand zu überprüfen, und lieber einmal mehr als einmal zu wenig zu tanken, denn sonst heisst es „You have to wait for Monday!“ Vor einigen Jahren fuhren auch auf dem Festland von Schottland am Sonntag keine Züge.
Uns erinnerte das daran, dass auch in Deutschland an Silvester und Heiligabend eine ähnliche Situation wie in Schottland am Sonntag herrscht, wenn ab 16:00 Uhr der öffentliche Verkehr langsam zum erliegen kommt. Ich fuhr einmal mit dem ICE von Stuttgart nach Köln am 24. Dezember. Der Zug glich einem Geisterzug. In den zehn Wagons waren vielleicht noch fünf Reisende zu finden, die sich dann alle im Speisewagen trafen, weil es einfach unheimlich ist, allein in so einem leeren Zug zu reisen. Richtung Süden, da ist in den Zügen vor Weihnachten die Hölle los, weil alle noch schnell in die Berge zum Skiurlaub kommen möchten, doch Richtung Norden? Wer nicht bis zum 23. Dezember angekommen ist, der fährt erst nach Weihnachten, weswegen die Deutschen Bahn viele reguläre Züge an diesen Tagen aus dem Fahrplan nimmt. Seit einigen Jahren hat ein Umdenken eingesetzt und Busse und Bahnen werden gerade an Silvester rund um die Uhr im Einsatz gehalten, damit die Partygänger bloss nicht auf die fatale Idee kommen, angetrunken mit dem Privatwagen heimzufahren. Prima Plan! Sollten wir mal den Schotten erzählen.
Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern der Blogwiese ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Jahr 2010!
Die Blogwiese macht Ferien und meldet sich erst im neuen Jahr zurück.
Dezember 27th, 2009 at 18:40
Die Bilder sind sehr schön und war gleich eine Gelegenheit zum Stöbern. Sehr schöne Artikel hier drin. Wir haben nach 2 Jahren noch nicht so viele Erfahrungen, aber uns gefällt es und wir bleiben.
Liebe Grüsse
Manuela
Dezember 31st, 2009 at 12:18
Ach, dann haben wir uns ja knapp verpasst. Wir sind am flogenden Montag auf Harris gelandet.
Im InselTV haben wir gesehen, wie eine kleine Truppe Unentwegter die Sonntagsfähre mit christlichen Lieder angesungen hat. Es ist aber nichts passiert, kein Blitz, kein Donner.
Ich finde das Sabbatgebot nicht so schlecht, einfach einen ganzen Tag lang Ruhe, ohne Ablenkung. Sonst amüsieren wir uns tatsächlich noch zu Tode.