Eine Kreuzung mit Kreisel ist kein Kreisverkehr — Verkehrslogik im Kreis 4
(reload vom 12.10.06)
Zürich ist bekannt für seine Kreise. Die sind der Einfachheit halber durchnumeriert und gekennzeichnet durch ihre besondere Form: Alles, nur nicht rund, deswegen sagen die Zürcher ja auch „Kreise“ dazu:
(Quelle Foto Zueri.ch)
Damit Sie jetzt nicht denken, die Zürcher wüssten nicht, wie ein runder Kreis eigentlich aussieht, möchte ich Ihnen beweisen, dass auch in Zürich an vielen Kreuzungen Kreise zu finden sind:
Kreis ohne Kreisel
Sie sind mitten auf einer Kreuzung zu finden, absolut kreisrund, und deutlich erhöht von der Fahrbahn, damit man da nicht mit 60 Km/h drüberbrettern kann, oder pesen, oder heizen, oder blochen (vgl. Blogwiese)
Kommt nun der frisch diplomierte deutsche Fahrschulprüfungsabsolvent mit seinem gerade erhaltenen Führerschein nach Zürich, da meint er garantiert, es hier mit einem „Kreisverkehr“ zu tun zu haben. Es herrscht zwar viel Verkehr in diesem Kreis 4 von Zürich, in jeder vertikalen wie horizontalen Lage, aber im Kreis darf man um diesen Kreis leider nicht herumfahren. Denn eine Sache fehlt. Dieses Schild:
(Quelle: fahrtipps.de)
Auch wenn da grosse Kreise in der Mitte der Kreuzung zu finden sind, sind das keine Kreisel, sondern schnöde „Rechts vor Links“ Kreuzungen. Zur Freude der Autofahrer, die an diesen Orten grundsätzlich keine Ahnung haben, ob sie nun Vorfahrt haben oder nicht, oder rechts vor links gilt, oder der Linksabbieger im Gegenverkehr warten muss, oder vielleicht doch nicht? Alle bemühen sich, extrem vorsichtig über diese runden Hubbel. Und das ist der Zweck der ganzen Übung: Den Verkehr verlangsam, in dem systematisch Verwirrung gestiftet wird.
Als Radfahrer können Sie da übrigens locker drüber fahren, nur nicht mit 50 Km/h, aber wer erreicht solche Geschwindigkeiten schon in der Stadt.
In deutschen Städten finden sich zum Ausgleich massig ungeregelte „Rechts vor Links“ Einfahrten, an denen die Fahrprüfer ihre Freude haben, weil sie gern übersehen werden.
Falls Sie als Schweizer in einer solchen Gegend in Deutschland unterwegs sind, müssen Sie immer damit rechnen, dass das Auto vor ihnen alle 50 Meter an so einer Einbiegung bremst. Antrainierter Reflex, müssen Sie wissen, wie bei den Zebrastreifen, die Sie gern „Fussgängerstreifen“ nennen dürfen, Hauptsache Sie streifen keinen von den Fussgängern dort.
Auch in England, wo alle Menschen ständig auf der falschen Strassenseite fahren, und man auch links in einen Kreisverkehr einfahren muss, gilt die Vorfahrtsregel „Rechts vor Links“. Es würde sonst sicherlich zu chaotischen Zuständen führen, wenn die Briten in Europa diese Regel anders praktizierten.
Das entdeckten wir endlich, als uns diese Broschüre des VBZs in die Hand bekamen: „Gemütlich rühren“:
Womit weder das Schweizeriche „fort-rühren“ = „wegwerfen“ noch das „sich rühren“ = „bequem stehen“ beim Militär (in der Schweiz das Gegenteil von „ruhen“) gemeint ist. Einfach nur im Topf rühren. Die Fondue-Kenner unter Ihnen wissen allerdings, dass beim echten Fondue „im Kreis rühren“ unweigerlich dazu führt, dass ihnen der Käse in der Mitte anbrennt. Sie sollten lieber Lemniskaten rühren:
(Quelle Zeichnung: zahlenjagd.at)
Ach muss das schön sein…. Strassenbahnfahren und dabei im Fondue-Topf rühren, und es schuckelt und schaukelt, und Sie fahren und fahren, und es quietscht und ruckt, und Sie essen dabei Fondue… Wenn Sie Glück haben, wird ihnen sogar ein bisschen schlecht dabei! Seufz, was für eine prima Idee für einen Firmenausflug! Dann gilt es noch die spannende Frage zu beantworten, wer bis zur nächsten Endhaltestelle oder Wendeschleife durchhält? Denn nur da gibt es Toiletten… Sie merken, es braucht nicht viel für einen gelungenen Abend auf Zürichs Strassenbahnschienen.
(Quelle: vbz.ch)
November 20th, 2009 at 19:54
“ 50 Km/h, aber wer erreicht solche Geschwindigkeiten schon in der Stadt“
Ich.
Gruss,
t.
November 21st, 2009 at 15:09
Ich nehme nun mal an, dass andernorts (in Deutschland wahrscheinlich) die Wahl- und Verwaltungskreise kreisrund sind. Und aus dem Zwischenraum kommen dann wohl die beliebten Überhangsmandate (ha, bisher konnte mir eben noch keiner Erklären, was diese Mandate sind, aber jetzt bin ich selber drauf gekommen!).
November 22nd, 2009 at 9:27
@Cocomere:
Kreis im Sinne von „Wirkungskreis“ oder so, nicht als geometrische Figur zu verstehen (vgl. englisch „Circus“ der mit einem Zirkus auch nichts zu tun hat ;-)).
Deutsche stellen sich oft absichtlich begriffsstutzig, damit sie mehr zum meckern haben. Wenn einer guten Willens ist kann er es auch erklären.
Bei der Bundestagswahl hat jeder Wähler zwei Stimmen.
Mit der Erststimme wählt er einen Direktkandidaten aus seinem Wahlbezirk, in diesem Wahlbezirk gewinnt die einfache Mehrheit (wenn einer 30% hat und die anderen Kandidaten alle weniger dann hat der mit 30% die „einfache“ Mehrheit). „The winner takes it all“ heißt das im englischen Sprachraum.
Weil man das aber zu undemokratisch fand, im Beispiel wären ja 70% aller Stimmen nicht berücksichtigt, hat man dazu die Zweitstimme.
Mit der wählt man keinen Kandidaten sondern eine Parteiliste. Diese Liste werden von den Parteien (auf Parteitagen durch Abstimmung) mit Kandidaten gefüllt. Hat eine Partei zB 100 Kandidaten auf der Liste und ihr stehen durch die Zweitstimmen 100 Sitze zu dann kriegen alle Kandidaten einen Sitz im Bundestag. Stehen ihr nur 50 Sitze zu kriegen die ersten 50, in absteigender Reihenfolge vom 1. Platz bis zum 50. Platz, einen Sitz im Bundestag.
Die Zweitstimme bestimmt dadurch grundsätzlich wieviele Sitze, also die Anzahl, eine Partei hat. Hat eine Partei wie die CSU nun über die Erststimme mehr Abgeordnete im Bundestag als durch die Zweitstimme dann greifen die „Überhangmandate“, da man sagt dass die Direktwahl einer Person per Erststimme zu wichtig sei als dass man dies ignorieren darf. Daher kann dann die CSU zB 55 Abgeordnete in den Bundestag schicken obwohl ihr per Zweitstimme/Parteiliste nur 50 Sitze zustehen.
Das ist jetzt so ausführlich wie man es nur erklären kann ^^ Da ich kein Deutscher bin, die sind auf „Dauermeckern“ geeicht und können grundsätzlich an nichts in Deutschland ein gutes Haar lassen, kann ich ganz gelassen sagen dass ich das System besser finde als das in den USA und Britannien übliche „The winner takes it all“. Wie man in diesen Ländern sieht führt das Fehlen eines Verhältniswahlrechts nämlich dazu dass sich zwei große „Blöcke“ bilden und wenn man die Parteiprogramme beider Parteien nicht teilt kann man nur Nichtwähler werden da kleinere Parteien eh keine Chance haben eine Regierungsbeteiligung zu erhalten (da Koalitionen nicht vorgesehen sind). Auch das beweisen die USA und Britannien, dort ist die Wahlbeteiligung deutlich geringer als in der Bundesrepublik, wo ja schon die Wahlbeteiligung diesen September mit über 70% als „historischer Tiefstand“ galt.
So eine neue Gruppierung wie die „Grünen“ hätten ohne das bundesdeutsche Wahlrecht nie eine Chance gehabt. Die Stärke besteht also darin gesellschaftliche Opposition in den demokratischen Prozess zu integrieren. Die Deutschen lieben wie gesagt das Motzen und Meckern an ihrem Land mehr als alles andere aber wenn man sich die letzten Bundestagswahlen anschaut kann man nicht verstehen dass „den Parteien“ in Deutschland eine starre Dauerherrschaft unterstellt wird. Die ehemalige Volkspartei SPD ist zugunsten der „Linkspartei“ marginalisiert, aus dem Stand schaffen es Parteien die wie „Freien Wähler“ selbst in Bayern die traditionelle CSU Vorherrschaft zu brechen…in reinen Mehrheitswahlsystemen geht es hingegen immer nur um die selben zwei Parteien. Das finde ich deutlich undemokratischer.
Ja und jetzt kommen wieder die Schweizer mit stolzgeschwellter Brust 😉 Ist aber nicht vergleichbar. Die Schweiz ist ein föderaler Zentralstaat, in Ermangelung eines besseren Begriffes. Bundesweite Volksabstimmungen („Direkte Demokratie“) sind in der Bundesrepublik nicht möglich da es sich, juristisch, um einen reinen Staatenbund und keine „Nation“ handelt. Ein Staatenbund der sich aus 16 Nationen/Republiken zusammensetzt und „Bundesrepublik“ genannt wird. Und auf Ebene dieser Republiken gibt es direkte Demokratie. Momentan werden bayernweit Unterschriften für eine Volksabstimmung für ein striktes Rauchverbot, in der Gastronomie etc., gesammelt. Der Landtag hat da gar keine Möglichkeit das zu stoppen solange es verfassungskonform ist. Er kann der Abstimmung nur zuvorkommen und freiwillig die angestrebte Gesetzesänderung verabschieden so dass es gar nicht erst zur Volksabstimmung kommt. Das Ergebnis der Volksabstimmung wiegt aber schwerer als ein Votum des Landtages, das Volksbegehren wird Gesetz. Es gibt direkte Demokratie in „Doitschlant“. Bloß halt nicht 1:1 vergleichbar wie in der Schweiz…
November 24th, 2009 at 13:39
Zuercher, eigentlich schauen die Polizisten nicht „bundesweit“ gleich aus ^^ Manche haben grüne Uniformen (Bayern), manche schwarze (Hamburg), manche blaue (Hessen). Die Polizei ist eine Landespolizei. Der ehemalige Bundesgrenzschutz, aufgrund der offenen EU Grenzen seiner alten Aufgabe beraubt, wurde in „Bundespolizei“ umbenannt hat aber nach wie vor eigentlich keine anderen Aufgaben als am Flughafen und auf Bahnhöfen.
Früher war die Polizei in Bayern sogar rein kommunal organisiert (glaube bis in die 1970er), das hat man dann aber auf eine Landespolizei zentralisiert. Das war im Zuge der Anschläge auf die olympischen Spiele in München sowie der RAF-Zeit als die stark föderal gegliederte Polizei diesem Terrorismus recht hilflos und unorganisiert gegenüber stand.
Übrigens sind auch die einzelnen Bundesländer in der Bundesrepublik für die Schweinegrippen-Impfungen zuständig und, wie ist es anders zu erwarten, es gibt in Berlin natürlich ein „Impf-Chaos“ (ich hab mir meine Impfung hingegen schon geholt, war unproblematisch). Der Bund ist nur für Angehörige der Bundesverwaltung und Bundeswehr zuständig. Da die Bundesländer einen anderen Impfstoff gekauft haben, bei einem anderen Hersteller, als der Bund hat daraus die Boulevardpresse in Deutschland konstruiert es gäbe eine „Zwei-Klassen-Impfung“ und „die Regierung“ erhalte einen anderen (ergo muss er ja auch „besser“ sein) Impfstoff. Wo wir wieder bei dem alten Thema sind dass Deutsche stets nach einem Anlass suchen sich aufzuregen, am besten gleich über „Deutschland an sich“. Das sind dann die Momente wo die beschließen „Nix wie weg“ und als nächstes habt ihr die vor der Tür in der Schweiz =D
November 25th, 2009 at 11:39
Deutschland ist doch ein wunderschönes Land und hat viele Vorteile. Das fehlende Tempolimit auf Autobahnen zum Beispiel. Ich fürchte, wenn das einmal eingeführt wird, gibt es engdültig kein Halten mehr und alle stehen beim Zuercher vor der Tür. *rofl*
November 25th, 2009 at 19:54
tobi…den Dränglern und Stressern denen das Rasen so wichtig ist trauer ich bestimmt nicht nach, ich helf denen gern beim Kofferpacken zum „Auswandan“. Wie so manch anderen nervigen Deutschen. Wie die dann immer demonstrativ mit dem Auswandern „drohen“, ich denk mir nur immer „worauf wartest du noch, schau das weiter kommst“. 😉
Bloß, ob das der Zuercher dann noch händeln kann? ^^