Mutanten im Schwimmverein
Wir erhielten eine Einladung zur ordentlichen Generalversammlung des Schwimmclub Bülach. Statt einer Liste der Tagesordnungspunkte, die besprochen werden sollen, gab es eine Aufstellung von Traktanden. Nun, dass die nichts mit Traktoren oder Treckern zu tun haben, erklärten wir bereits hier in den Frühzeiten der Blogwiese.
Es geht los mit Traktandum 0. auf der Versammlung:
0. Stiller Appell
Wird da appelliert, doch bitte still zu sein? Oder wird dort ein „stilles Wasser“ getrunken, vielleicht von Apollinaris, oder ein Appel (=“Apfel“) ganz leise gegessen? Nein, jetzt weiss ich es: Der Vorsitzende heisst „Stiller„, wie der bekannte Romanheld des Schweizer Autors Max Frisch, der im ersten Satz sagt: „Ich bin nicht Stiller„.
Laut unserem Duden bedeutet „appellieren“:
=sich mahnend, beschwörend an jmd. wenden, veralt. für Berufung einlegen
Ein Appell ist laut Duden ein „Aufruf, Mahnruf, Antreten zum Befehlsempfang„. Wir könnten daraus verschiedene Schlüsse ziehen:
1.) Es geht militärisch zackig zu im Schwimmverein, und die Mitglieder warten auf ihre Befehle
2.) Es wird zur Stille aufgerufen.
3.) Wir werden stille ermahnt etc.
Warum sollen wir so ruhig sein? Nun, es gibt Schreckliches zu verkünden. Auch im Schwimmverein zeigen die Ergebnisse der Genforschung ihre Auswirkungen. Es gibt Mutanten im eigenen Verein. Traktandum 5. lautete:
5. Mutationen im Mitgliederbestand
Da wir ja alle gerade den neuen Harry Potter Film im Kino gesehen haben, wissen wir, welch schreckliche Dinge da möglich sind. Schwimmhäute zwischen den Zehen und Fingern, Kiemenatmung am Hals. Mutanten unter den Mitglieder! Das ist allerdings ein Thema, was einmal ordentlich diskutiert werden sollte.
Eine Mutation (lat. mutare verändern) ist eine Veränderung des Erbgutes eines Organismus durch Veränderung der Abfolge der Nucleotidbausteine oder durch Veränderung der Chromosomenzahl, die nicht auf Rekombination oder Segregation beruht. Dieser Begriff wird daher nur für einen Teilbereich aller möglichen Chromosomenaberrationen verwendet. Durch eine Mutation wird die in der DNA gespeicherte Information verändert und dadurch können einzelne Merkmale (der Phänotyp) verändert werden.
Was ist noch mal die Zielsetzung dieses Vereins? Schwimmen?
Dezember 1st, 2005 at 7:18
*lol* naja Vereinsmeierei halt 🙂 Aber keine Bange, solche GVen sind meist schnell ueber die Buehne gegangen und man kann sich dem gemuetlichen Teil widmen 🙂
Uiui ich war auch mal im Schwimmclub Buelach… Allerdings als Trainerin im Synchronschwimmen. Mei war ich da noch jung 😉
Dezember 1st, 2005 at 8:13
Eine Mutation ist generell eine Veränderung und sorgt seit längerer Zeit z.B. in den IT Abteilungen von deutschen Tochterfirmen einiger Schweizer Konzere für Lachanfälle. In Schweizer Firmen werden Daten in den Computerprogramm seit ‚Urzeiten‘ mutiert und nicht ‚geändert‘.
Es gibt klassischerweise in vielen Programmen einen Mutationscode (Mut-Code) 😉
In den Schweizer Vereinen ist die Mitglieder Mutation gang und gäbe (ohne Gentechgesetz) und hat seinen Ursprung wahrscheinlich auch (wie so vieles hier) in der französischen Sprache (?).
Dezember 1st, 2005 at 8:19
Hallo Viking,
„mutare“ heisst verändern. Es ist Latein. Warum man in der Schweiz gern „Mutation“ und nicht „Veränderung“ sagt, nachdem gerade erst das GEN-Moratorium mit JA beschlossen wurde, ist das eigentliche Rätsel hier.
Gruss, Jens
Dezember 1st, 2005 at 9:31
Nun, ich lebe „erst“ 2 1/2 Jahre als Quotendeutscher hier, aber mir ist dieses immer wieder aufgefallen. Viele Sache aus dem „Hochdeutschen“, wie z.B nun die Veränderung, werden durch den Fachbegriff „Mutation“ ersetzt. Wenn man nur wüßte, wie das Schweizerisch (sage bewußt nicht Schweizer-Deutsch) entstanden ist.
Dezember 1st, 2005 at 10:09
Es gibt zwei Nomen, die auf der Basis von „mutare“ (offenbar nur) in der Schweiz gebraucht werden, und die beide eine harmlose Bedeutung haben. Also bitte beides auseinander halten:
Mutation = Veränderung/Änderung (wie oben beschrieben)
Mutant = Mensch in Veränderung.
In eurem Schwimmclub kann es durchaus Mutanten haben. Keine Angst, die haben nichts mit Gentech-Experimenten oder Horrorfilmen zu tun. Deren Entwicklungsstand ist ausserdem für das Schwimmen unwichtig. Anders im Jugendchor, da werden Mutanten aufmerksam beobachtet und können die Leistung des Vereins negativ beeinträchtigen! Sie werden daher sogar manchmal für eine Weile aus dem Verkehr gezogen! Ende der ins Unerträgliche steigenden Spannung: Ein Mutant ist ein männlicher Jugendlicher mit Stimmbruch. Zuvor konnte dieser Junge noch die Sopran- oder Alt-Stimme (sog. Frauenstimme) singen, nach der „Mutation“ seiner Stimme wird der junge Herr die Tenor- oder Bass-Notenlinie (sog. Männerstimme) akustisch wiedergeben. Bei schwieriger Übergangszeit macht ein Mutant halt einen Moment Pause.
Glücklicherweise wurde in der Einladung von „Mutationen im Mitgliederbestand“ gesprochen. Dies ist noch verständilch. Wissen aber alle, dass man die Mitgliederliste des Vereins auch „das Etat“ nennen kann? (von frz. „l’état“ = der Zustand) Auch hier wird das eigentlich männliche Wort unlogischerweise sächlich gebraucht.
Jens‘ unvergleichlicher ironischer Humor schliesst nicht aus, dass Novizen des CH-Vereinslebens nicht wissen, was man bei einem „stillen Appell“ zu erdulden hat. Hier sei das Rätsel gelöst. Es wird ähnlich dem militärischen „Appell“ eine Anwesenheitskontrolle durchgeführt. („Anwesende“ und „entschuldigte“ Vereinsmitglieder werden im Protokoll der Sitzung erwähnt). Allerdings wird nicht jeder laut aufgerufen, sondern die/der ProtokollführerIn (darf man dieses Wort in Deutschland noch benützen?) schreibt einfach alle auf, die sie/er sieht und notiert anhand der eingegangenen Abmeldungen die „Entschuldigten“. Bei grösseren Versammlungen, wo nicht jeder jeden kennt, wird eine Liste herumgereicht, wo sich alle eintragen sollen. Natürlich kann diese Liste auch „still“-schweigend während des „Traktandums 1“ und ff noch weiterzirkulieren, um den Punkt 0 nicht unnötig zu verlängern (damit man auch schneller zum 2. Teil, dem sog. gemütlichen Teil übergehen kann).
Dezember 1st, 2005 at 10:16
Hi Phipu,
ich habe 5 Schweizer gefragt, was „stiller Appell“ sein könnte, und keiner konnte es so einfach erklären wie Du. Vielen Dank!
Also ist hierbei doch nicht der Herr Stiller mit im Spiel gewesen.
Der „stille Appell“ in Bülach lief als Punkt 0., noch vor Punkt 1.
Gruss, Jens
April 7th, 2006 at 14:56
Auch ich wollte bei unserer letzten GV einen „stillen Appell“ durchführen. Die Anwesenden mussten sich schon zuvor in eine Anwesenheitsliste einschreiben und diejenigen, welche sich abgemeldet hatten, wollte ich einfach nur im Protokoll haben. Leider war dem nicht so. Die Mitglieder wollten wissen, wer „keine Zeit“ hat.
Januar 16th, 2007 at 15:45
Ich finde ja jeweils eher die deutsche Vereinsmeierei zum Schiessen. So im Stil ‚Freunde der Schwimmkunst e.V.‘ statt ‚Schwimmclub‘
Februar 7th, 2007 at 18:15
Klar die Deutschen haben da wirklich kreative Wortschöpfungen im Vereinsbereich.
Können sich die Abwesenden nicht einfach in eine „Abwesenheitsliste“ eintragen?