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Der Weibel weibelt — Wenn nicht die Weiber sondern die Werbung gemeint ist

(reload vom 29.01.06)
Seit wir in der Schweiz wohnen, konnten wir fast täglich unseren kümmerlichen hochdeutschen Wortschatz um interessante Wörter der Deutschen Sprache erweitern. Dabei hilft uns die aufmerksame Lektüre des Tages-Anzeigers, aber auch in amtlichen Mitteilungen finden sich mit unter interessante Berufe und Tätigkeiten. So stiessen wir auf den Weibel.

  • Ist der Weibel eine Art Weib?
  • Das klingt zwar ähnlich wie „Weiber“, hat aber nur sehr entfernt mit diesen etwas zu tun. Das Wort „Weiber“ stammt vom „wip“, „wif“ „Wîb“, dem „Weib“ ab, dessen Ursprünge nicht ganz geklärt sind. Dahinter könnte die „umhüllte Braut“ genauso stecken wie die „umherwirbelnde Hausfrau“. Es hat was mit Bewegung und umhergehen zu tun, gemäss Herkunftswörterbuch des Dudens.

    Auch der Schweizer „Weibel“ geht umher, denn er hat Nachrichten zu überbringen:

    Weibel, der; -s, :
    (schweiz.) untergeordneter Angestellter in einem Amt, bei Gericht. Amtsbote.
    (Quelle: Duden)

    Uns bleibt in Deutschland nur eine Variante des Weibels, der „Feldwe(i)bel“, der auf dem Feld herumwiebelt oder -wirbel. Auch das Verb „wiebeln“ wird im Duden erwähnt:

    wie|beln (landsch.): sich lebhaft bewegen
    (Quelle: Duden)

  • Ich weibel, du weibelst, doch wer wiebelt?
  • Doch zurück zum „Weibel“: Dieses Amt wird nicht nur für die Überbringung von Nachrichten benötigt. Auch bei Gemeindeversammlungen hat der Weibel zu tun:

    Ein Mann wird von einem Weibel durch den Gemeindesaal geführt, vorbei an hundert Regensdorfer BürgerInnen, die an diesem Abend über die vorliegenden Einbürgerungsgesuche abzustimmen haben. Der Weibel führt den Mann zum Mikrofon, das zwischen den Versammelten und der Tribüne aufgestellt ist.
    Quelle:

    Passend zum „Weibel“ gehört noch das Verb „weibeln“, das laut unserem Duden bedeutet:

    weibeln (schweiz. für werbend umhergehen)
    ich weible, du weiblest, er weiblet

    Da kann es schon mal passieren, dass wir uns verhaspeln, und ein „e“ zuviel aussprechen: „Ich weible“ oder „ich weibele“, doch wir wissen ja von den Zür(i)chern, wie wichtig das ist, diese zusätzlichen Vokale auf keinen Fall auszusprechen, um sich nicht als deutscher Ignorant zu outen.

    Das Verb „weibeln“ ist in der Schweiz häufig in Gebrauch, Google-Schweiz nennt 1´120 Fundorte
    Beispiele:

    Die SP ihrerseits, die sonst nicht genug für Einsätze der Schweiz zur Friedensförderung weibeln kann, hätte es in der Hand gehabt, hier ein Zeichen im Sinne ihrer Politik der Öffnung zu setzen;
    (Quelle: fdp.ch)

    Der neue Finanzausgleich schafft die Voraussetzung, um die Verkehrsprobleme in den Agglomerationen anzupacken. Deshalb weibeln Verkehrspolitiker für die Vorlage
    (Quelle: Tages-Anzeiger)

    Bis zur Parolenfassung Ende April «darf ich auch als Kantonalpräsident intern gegen Schengen weibeln.
    (Quelle: Tages-Anzeiger)

    Echte Weibel sind auch zünftig angezogen. Dann nennen sie sich „Zunftweibel„:
    Der zünftige Zunftweibel
    (Quelle: Zunft zu Safran)

    In der Schweiz gibt es praktisch auf jeder politische Ebene eigene Weibel:

    Standesweibel (auch Staats- oder Landesweibel) sind entweder für die Regierung oder das Parlament ihrer Kantone, jedoch meistens für beide, tätig.
    Die Gerichtsweibel der Kantone gehören der Vereinigung nicht an.
    Bundesweibel sind im Dienste aller drei Gewalten des Bundes tätig:
    Bundesratsweibel sind einem Bundesrat fest zugeteilt.
    Parlamentsweibel sind entweder dem National- oder dem Ständerat zugeteilt.
    Bundesgerichtsweibel sind für das Bundesgericht in Lausanne oder für das Eidg. Versicherungsgericht in Luzern tätig.
    (Quelle:)

    Hier sehen wir Weibel kurz vor bevor sie weibeln:
    Weibel kurz vorm weibeln
    Bereit zum Weibeln in Luzern
    (Quelle: Gnuesser.ch)

    

    2 Responses to “Der Weibel weibelt — Wenn nicht die Weiber sondern die Werbung gemeint ist”

    1. AnFra Says:

      Ist der Weibel ein männliches Weib?

      Wenn man die Quelle der Begriffe „Weib, Weibel, Webel, Weber und Werber“ untersucht, ergibt sich als Urform die sprachliche Ableitung aus dem indoeur. „ueip, ueib, uebh, kuerp uäm.“

      Für die Sinninhalte für „wirbeln, drehen, werfen, wenden, winden, flechten, hin- und hermachen uäm“ kann man erkennen: Dies sind Begriffe und Beschreibungen auch aus der alten germ. Haartracht und der zugehörigen Sozialkunde für die innergesellschaftliche Stellung.
      Denn durch die Haaranordnung wurde, nicht nur damals, sondern sogar auch jetzt noch in den Trachtenordnungen mit den verschiedenartigen Häubchen, Haarspangen und sonstigen Haarschmuck, die gesellschaftliche Stellung der Frauen kundgetan.

      Das kleine Mädchen trug das Haar offen, die junge Frau, Jungfrau trug im Haar lose flatternd angebrachte Bänder und die vergebene, also „verheirate“ Frau und Witwe trug ihr Haar mit fest eingebundenen, eingeflochtenen Bändern.
      Hier ist auch der Begriff der „gebundenen“ Frau zu suchen. Wenn nun eine gewisse Frau ihr „gebundenes“ Haar öffnete und durch diese Handlung mit den wieder losen Bändern einen Zustand einer jungen Frau bzw. Jungfrau signalisierte, so war sie nun die „flatterhafte“ Frau! Man beachte: Dies hält sich tatsächlich Tausende von Jahren, wobei man noch nie vom „flatterhaften“ Mann je hörte!!!

      Dem schw. weibeln kann man eigentlich das dt. wabbeln entgegensetzen.
      Die weiteren Ableitungen zum Weibel, Webel, Werber und Werber ergeben sich aus den drehenden, wendenden, hin- und hermachenden uam. Tätigkeiten wie z.. B. Arbeiten mit dem Weberschiffchen, Nachrichten, Informationen, Befehle und Hochzeitsangebote hin- und herbringen.
      Der Weibel ist gewissermaßen das Sprachrohr der Offiziere, welcher die Anordnungen in den Mannschaftsbereich hin- und herlaufend überbringt. Der Begriff „Spieß“ in der dt. Militärsprache ist auf seinen Kurzspieß, vergleichbar einer Saufeder, zurückführen. Dieser Spieß (Mil. und Jagd) haben um den Holzschaft in mehrfach geflochtene Lederbänder gehabt.
      Der Hochzeitswerber ist eigentlich ein Hochzeitsweibel, weil auch er die Inhalte der Mitgiftverhandlungen hin- und herverbringt.
      In der neueren dt. Sprache nördlich der Rheines im MA setzte sich langsam anstelle des Weibels u. a. der Begriff des „Büttel“ durch. Der Büttel brachte, bot und überstellte Anordnungen der Autoritäten wie der Weibel auch.

      Nun erschließt sich der reale Sinn für die o.g. „umhüllte“ Frau: Die Haartracht, hier der Zopf, ist mit den Bändern verflochten, umgibt und umhüllt den Zopf. Das mit der „umherwirbelnde Hausfrau“ ergibt eben auch aus den Bezug zum Zopf, weil dieser mit den Haaren und den Bändern um- und durchflochten, also umwirbelt war.
      Dies ergibt auch einen sinnvollen Inhalt, da in der alten damaligen Gesellschaftsform in der Familie und im Hause niemals die Mädchen (ohne Haartracht) und die jungen Frauen / Jungfrauen (lose flatternde Bänder) was zu sagen hatten.
      Dies lag alleinig in der Obliegenheit der Frau mit den gebunden, geflochtenen, verhüllten, verwirbelten usw. Haaren, also dem „Weib“ des Hausherrn.
      An dieser Haartracht war für jeden Menschen die klare gesellschaftliche Stellung und Rangordnung der weiblichen Bevölkerung in der Familie, im Hause und in der Stammessippe erkennbar.
      Nach dieser „Hackordnung“ haben die „Weiber“ die Hausherrschaft und die Mädchen und Jungfrauen mussten beim Hausdienst „herumwirbeln“!

      Also ist das Weib mit dem Weibel sowie dem Werber durch ein sprachliches Band untrennbar verwoben!

    2. Brun(o)egg Says:

      Weibeln und weiblen ist nicht das Gleiche… irgendwie.
      Man(n) muss fürs weiblen weibeln… irgendwie.
      Beides hört dann vor dem Herrn im schwarzen Talar auf… irgendwie