Was Schweizer gerne essen (Teil 5) — Ein Pferdehüftsteak bitte!
(reload vom 11.01.06)
Als ich noch ein deutscher Neuling in der Schweiz war, führte mich ein freundlicher Schweizer Kollege in ein grosses Migros-Selbstbedienungs-Restaurant zum Mittagessen (=„z’Mittag“). Die Warteschlangen beim Tagesmenü waren uns zu lang, also gingen wir zum „Grill-Corner“. Dort hing ein Schild „Heute Pferdehüftsteak“. Noch nie hatte ich gesehen, dass jemand in der Öffentlichkeit Pferd isst und dafür Werbung gemacht wird. Nun, wenn die Schweizer so was essen, dann wollte ich das auch mal ausprobieren, gemäss der alten Globetrotter-Weisheit:
„If in Rome, do like the Romans“. Also sagte ich schüchtern zum Grillmeister:
„Einmal das Pferdehüftsteak bitte“.
Wir wissen von Geissenpeter, dass die Deutschen immer alles „einmal“ haben möchten (siehe Heidiswelt: ), um ganz sicher zu sein, dass da nicht plötzlich zwei Steaks auf den Teller wandern.
Nun, der Grillmeister drehte sich nach hinten um und brüllte laut in die Küche: „Pferdehüfsteak fertigmachen“, was natürlich zur Folge hatte, dass sich sofort die ganze Crew und alle anderen wartenden Kunden zu mir umdrehte und ich begafft wurde wie ein Menschenfresser. Man war das mega peinlich, so als Pferde-Esser geoutet zu werden! Scheint wohl doch nicht so üblich zu sein, hier Pferdefleisch zu essen.
Es dauerte ziemlich lange, bis das Steak auf den Grill kam, wahrscheinlich mussten sie erst noch das Pferd einfangen und dann schlachten, oder es wurde aus der hintersten Ecke des Kühlschranks geholt, was weiss ich.
Dann ging es ab zur Kasse, zu meiner Lieblingskassiererin, die uns immer mit einem freundlichen: „enguetedankegrueeziii“ begrüsste. Am Anfang ging ich davon aus, dass dies die übliche Verabschiedung an der Migroskasse sei. Aber die ist ja bekanntlich „Hen Sie Cumulus?„. Nein, ich kann mit Messer und Gabel essen. Obwohl im Migros-Restaurant ist Cumulus gar nicht erlaubt.
Meinen ersten Pferdemetzger sah ich in Allschwil bei Basel. Dort in der Nähe vom französischen Elsass haben die Schweizer kein Problem mit Pferdefleisch. Das meiste wird importiert:
Die GVFI International AG in Basel ist der grösste Fleischimporteur der Schweiz. 8200 Tonnen Schweinefleisch, 6700 Tonnen Rindfleisch, 4800 Tonnen Lamm, 4200 Tonnen Geflügel, 800 Tonnen Wild, 700 Tonnen Pferdefleisch importierte die GVFI im letzten Jahr und belieferte damit Detailhändler wie Migros und Coop, Metzgereien, Grossisten, Fleischverarbeitungsbetriebe. Quelle:
In der Schweiz wird Pferdefleisch schon lange importiert bzw. zu einem kleinen Teil für diesen Zweck gezüchtet:
Was für deutsche Betrachter als absolut exotisch und fremd anmutet, findet in der Schweiz seit Jahren zunehmende Bedeutung: Die Zucht von Schlachtpferden. Zwar ist der Anteil von Pferdefleisch, gemessen am Gesamtfleischverbrauch, mit ca. 1% auch in der Schweiz sehr gering, aber immerhin mußten schon immer recht hohe Mengen aus dem Ausland importiert werden. So stammen bis heute ca. 70% des Bedarfs vor allem aus den USA und Kanada.
Quelle:
Aber auch in Deutschland kann man Pferdefleisch kaufen:
Seit 1993 ist es in Deutschland gestattet, Pferdefleischprodukte gemeinsam mit anderen Fleischwaren zu verkaufen, so daß auch „normale“ Metzgereien Pferdefleisch im Angebot haben können. Einige, wenn auch nicht viele, machen von dieser Möglichkeit Gebrauch.
Quelle: Wo gibt es Pferdefleisch und Pferdewurst
Also wollt Ihr es nun tun wie die Römer, wenn Ihr in Rom seid? Oder doch lieber nicht? Ganz nebenbei: Woraus ist eigentlich Jägerschnitzel, Zigeunerschnitzel oder Zürcher Geschnetzeltes?
August 7th, 2008 at 7:28
Alle essen Pferdefleisch (oder Esel). Zumindest wenn man auf die nach alten Rezepten hergestellte italienische Salami steht.
August 7th, 2008 at 8:24
Ich genieße es immer wieder, in der Schweiz Pferd zu essen. In Deutschland ist es ja wirklich schwer zu bekommen, dabei mundet es, wie man an mir und ein paar Freunden sieht, auch dem Deutschen Gaumen.
August 7th, 2008 at 10:08
Igitt, die Vorstellung, Pferdefleisch essen zu müssen, widert mich an. Dass die das auch noch im Migros-Restaurant anbieten, um so schlimmer. Ich glaube, ich esse heute überhaupt nichts mehr.
August 7th, 2008 at 12:28
Ja das ist wirklich pervers in der Schweiz Pferdefleisch zu bestellen und dann auch noch zu essen!
Bei einer kleinen saftigen Katze oder bei der Keule vom Hund hätt sicher keiner was gesagt…! 😉
August 7th, 2008 at 17:19
@ Jener welcher und Simone:
Kleine, putzige Kälber verspeisen geht aber dann, ja?
Welche Kriterien muss denn ein Tier mit sich bringen um als „essbar“ klassifiziert zu werden?
August 7th, 2008 at 19:20
Zossenwurst wird auch in Niedersachsen sehr gerne gegessen. Ich kenne es vom Osterfeuer, dazu gab es immer Zosse. In Norddeutschland ist es häufiger auf dem Tisch. Pferdefleisch wurde bei den alten Sachsen oft als Opfermahl den heidnischen Gottheiten geopfert. Papst Gregor III. 731, Bonifaz 735 und der Sachsenschlächter haben neben Storch, Biber, Hase auch Pferd als Nahrung verboten. Ein Nebenaspekt des Verbotes dürfte die militärische Nutzungbarkeit von Pferden gewesen sein.
Eigentlich ist es ein Zeichen von grossem Reichtum, wenn man so wählerisch mit seinen Proteinquellen sein kann.
August 8th, 2008 at 0:55
Auch wenn ich gleich einen barbaren genannt werde…
ich finde die horseline von Migros eigentlich ganz lecker
Dass ich die morlaischen probleme auch nicht nachvollziehen kann (auch wenn ich es selber noch nie gemacht habe) katze oder hund zu essen, lasse ich hier lieber unerwähnt, sonst besucht mich der eine oder andere doch noch mit mistgabel und fackel 🙂
die unterscheidung zwischen haustier, das man nicht essen darf und haustier, dass man getrost essen darf, erschliesst sich mir einfach nicht ganz
August 8th, 2008 at 8:11
Mario:
Auch Kälber verspeise ich äusserst selten. Ich esse fast kein Fleisch.
August 8th, 2008 at 9:25
Pferdefleisch ist sehr gutes, zartes Fleisch; keine Ahnung, was dagegen spricht, es zu essen. Wenns sogar Leute gibt, die stinkende, schlüpfrige Fische essen und hässliche, krabbelnde Meeresungeheuer. Und all das freiwillig…
August 8th, 2008 at 10:56
@Guggeere:
Stinkende Fische und Meeresfrüchte mag ich auch nicht. Gegen Eglifilets habe ich dagegen nichts einzuwenden. Nachher gibt’s welche, paniert mit Pommes dazu…
August 8th, 2008 at 15:04
Also das ihr nicht gern „stinkende“ Fische esst, liegt wahrscheinlich daran das ihr noch nie frische Fische zu Gesicht bekommen habt!
Denn frischer Fisch sinkt nicht!
Das müsste doch in einem Land der „Feinschmecker“ mit übermässigen Pommeskonsum bekannt sein!
Wie kann man Pommes zu Fisch essen???
[Anmerkung Admin: Ist mir auch ein absolutes Rätsel. Die Bewohner der Nordseeinsel Grossbritannien machen das regelmässig, sind die nicht ganz dicht? ]
August 8th, 2008 at 23:54
Lieber Wiese
Mich nimmt doch sehr wunder, in welchem Migros-Restaurant Du warst. Erinnert mich sehr an meinen Lieblings-Migros in Züri 4. Der Chefbrater (der Pferde- und Lämmer-Leichenstücke) ist ein netter Türke. Und der kriegt die Rösser grad jüst à point hin. Dasselbe Migros?
Und dann noch @ändu: Interessant, die Sache mit dem Pferdeopfer. Gabs auch in Indien zur Inauguration der grossen Könige.
[Antwort Admin: Es war das grosse Migros-Restaurant im Glattzentrum bei Wallisellen)
August 13th, 2008 at 16:53
Aber Pferd ist doch etwas wunderbar Leckeres.
Ganz besonders das Filet nachdem es von hübschen Jungfrauen schön zart geritten wurde 😉