-->

Schweizerdeutsch für Fortgeschrittene (Teil 3) — Haben Sie auch einen zu kleinen Rucksack?

  • Zu kleiner Rucksack
  • Ein kleiner Rucksack ist eigentlich eine ganz feine und angenehme Sache in den Bergen. Die Dinge für einen Tag passen hinein, darum heisst er auch auf Neudeutsch „Day-Pack„. Wenn Sie in der Schweiz eine Berufsausbildung beginnen wollen, sollten Sie sich aber lieber ein etwas grösseres Modell zulegen, so einen 30 – 40 Liter Rucksack vielleicht, mit integriertem Traggestell. Denn Sie brauchen einen grossen Rucksack offensichtlich für die Berufsausbildung, und er kann nicht gross genug sein, doch lesen Sie einfach selbst:

    Tages-Anzeiger vom 01.02.2005

    Schüler für die Lehre fit machen
    Eignungstest in einer Grossbank: Die Firmen misstrauen den Schulnoten.
    Warum finden Junge keine Lehrstelle? Weil das Angebot knapp ist. Aber nicht nur: Viele genügen den Anforderungen der Wirtschaft nicht. Jetzt reagieren die Sekundarschulen.
    Von Antonio Cortesi
    Alle jammern. Die Politiker, weil die Wirtschaft zu wenig Lehrstellen anbietet, und die Schulabgänger, weil sie Dutzende von Bewerbungen schreiben müssen (…). Aber auch die Firmen klagen. Sie bemängeln, allzu viele Schülerinnen und Schüler brächten einen zu kleinen Rucksack für eine Lehre in ihrem Betrieb mit.
    Die Firmen beklagen sich nicht ohne Grund, wie eine kürzlich publizierte Nationalfondsstudie zeigt. Der Zürcher Bildungsforscher Urs Moser hat bei den acht Schweizer Grossunternehmen ABB, Migros, Novartis, SBB, Siemens, SR Technics, Swisscom und UBS die Ergebnisse von 1420 Eignungstests und Assessments untersucht. Parallel dazu testete Moser die Jugendlichen selber gemäss den Vorgaben der Pisastudie auf ihre Mathematikkenntnisse und ihre Lesekompetenz.
    Die Resultate sind in hohem Mass Besorgnis erregend:
    Nach dem 9. Schuljahr genügen einzig die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten den Anforderungen für eine anspruchsvolle Lehre (Kaufmann oder Informatik). Jeder zweite Schüler der Sekundarschule bringt einen zu kleinen Rucksack für eine KV- oder Informatik-Lehre mit.

    Also was lernen wir daraus: Als engagierter Lehrer sollten wir unbedingt noch ein Outdoor-Ausrüster Geschäft in unserer Freizeit aufziehen, um den jungen Leuten mit passendem Equipment ausstatten zu können. So ein schickes Modell von Salewa oder Wolfskin kann dann richtig Karriere fördern wirken.
    Haben Sie auch nur einen kleinen Rucksack?

    Und gross soll er sein, der Rucksack, denn so eine Berufsausbildung, die dauert lange und da muss wohl ne Menge Proviant reinpassen, und ein warmer Schlafsack, wenn einem der kühle Wind des Alltags um die Nase pustet im Geschäftsleben.

    

    7 Responses to “Schweizerdeutsch für Fortgeschrittene (Teil 3) — Haben Sie auch einen zu kleinen Rucksack?”

    1. anonymus Says:

      Informatik und anspruchsvolle Lehre? Das war wohl ein Witz oder? Da sollte das Amt fuer Bildung erstmal die Lehre ueberarbeiten, damit die ueberhaupt anspruchsvoll wird. Bisher hoer ich von den Informatiklehrlingen nur immer, dass ihnen langweilig ist… Und nachher im Berufsleben gehts auch nicht weiter, weil sie da wiederum ueberfordert sind. Wen wunderts, wenn sie in der Lehre nur Tetris spielen, chatten und surfen gelernt haben :-/

    2. markus Says:

      Was die InformatikerInnen betrifft: Ich denke, dass es vor allem bei Grossunternehmen Probleme mit der Beschäftigung gibt.

      Aber was ich eigentlich melden wollte: Berufslernende benötigen wirklich einen grossen Rucksack und einen starken Rücken. Denn was man da für einen Schultag alles mitschleppen muss… und die meisten Bücher sind noch sau schwer!

    3. another anonymous Says:

      „Ich habe gehört das“ zeigt oft genug, dass man gar keine Ahnung hat…

      Um an eine Lehre zu kommen musst du neben den guten Noten die du vorweisen musst auch noch mindestens 1 oder 2 Tests machen – und diese sind anspruchsvoll (Beispiel: Einen Text lesen in dem Telefonnummern, Adressen und Namen vorkommen – jeweils 5 – dann 2 Stunden Mathe und danach musst du die Telefonnummern der Adresse und dem namen zuordnen).
      Dazu noch ein Persönlichkeitstest mit 200 Fragen usw…

      Informatiker (Systemtechnik/Applikation) ist eine anspruchsvolle (wenn nicht die anspruchsvollste) Lehre.
      Die Zeit zum surfen hat man möglicherweise, aber dafür auch mehr als genug Herausforderungen.

      Der Grund, dass man nach der Lehre nichts findet liegt meistens daran, dass man eben „noch keine Berufserfahrung“ hat oder die Firmen einen Hochschulabschluss (Typenmit zuviel Theorie und zu wenig Praxis) vorraussetzen

    4. dimuno Says:

      @another anonymous

      Es mag sein, dass ein „ich habe gehört“, oftmals keine Fakten, sondern nur Annahmen zu vermuten lassen, jedoch hast du meiner Ansicht nach, ohne dies von jemandem gehört zu haben, in Bezug auf die Thematik der Anforderungen für eine Informatiklehre, sei es nun Systemtechnik oder Applikationsentwicklung, wenig Ahnung.

      Es mag ja sein, dass man sich bei diesem Test Telefonnummern zu einer Person, oder auch weitere Angaben, merken muss, um diese später wiedergeben zu können, aber dieser Teilbereich mag wohl der „schwierigste“ sein, was das Merken von Daten ausmacht, zudem macht er nur einen minialen Teilbereich der Gesamtpunktzahl aus. Neben Mathe werden auch andere Fächer geprüft, und ich mag kein hervorragender Schüler sein, aber die Tests, vor allem der Englischteil, sind sehr banal gehalten. Der Englischtest wird wohl auch ohne schulische Vorkentnisse zu bewältigen sein, alleine mit Vokabeln, welche man im Alltag liest und hört.

      Und der Persönlichkeitstest ist ja keine Sache, so lange du da keine Attentate preisgibst, welche du in Zukunft verüben willst, so besteht diesen jeder. Wie die Frage, wenn man nach Amerika einreisen will, ob man ein Terrorist sei *rofl*
      Das ist wohl kaum eine Herausforderung oder eine Schwierigkeit, einen solchen Test zu „bestehen“

      Die Tests, und die Lehre selbst, sind wohl für Schüler eines Gymnasiums oder einer Sekundarschulklasse (nach neuem System „Sek A“), wohl nicht sonderlich anspruchsvoll. Da kann ich aus meiner eigenen Erfahrung und der Erfahrung von etwa 30 Schulkameraden berichten, welche primär im Bereich der Applikationsentwicklung tätig sind.

      Und Zeit zum surfen hat man mehr als genug….

      Aber du scheinst das Ganze wohl differenzierter erlebt zu haben als ich und meine Mitschüler…

      Gruss

    5. Gnarf Says:

      Ich mach selbst eine Lehre als Informatiker und bin im Moment im 4. Lehrjahr.
      Ich glaube jeder 0815 Schulabgänger kann die Schulischen Anforderungen einer Informatiklehre meistern. Wirklich was lernen tut man nur im Betrieb. Nur leider ist es anscheinend häufig der Fall, dass ein Informatikerlehrling im Betrieb nur als billiger Supporter gesehen wird. Ergo lernt er überhaupt nichts. Ich kann glücklich sein nicht zu denen zu gehören…

      Das Niveau des Berufsschulunterrichts ist aber wirklich sehr tief! Vor allem der Mathematikunterricht ist wohl mit dem der Realschule zu vergleichen. selbst ein Zimmermann muss anspruchsvollere Aufgaben lösen (Geometrie). Einzig die Statistik/Stokastik im 4. Lehrjahr ist etwas anspruchsvoller, wird aber in einem Schneckentempo durchgekaut, dass man gut 2 – 3 Lektionen „verpassen“ kann und trotzdem ohne Probleme mitkommt.

      Natürlich sind etwa die Hälfte der BerufsschülerInnen sehr froh darüber, es könnte ja sonst sein, dass jemand durchfallen könnte, eventuell… Ja bis zuletzt käme es vielleicht sogar dazu, dass wir, wie alle anderen „normalen“ Berufsschüler, Hausaufgaben machen müssten oder lehnen müssten… o.O Das würde dann auch mir missfallen

    6. Barbara Says:

      Wir lieben in Analogien zu sprechen. …sich auf die Äste raus lassen, einen Rucksack mitbringen, ein Aufsteller, etc… die Bildsprache ist unser 😉

    7. I say Says:

      hmmm einen zu kleinen rucksack mitzubringen heisst hier wohl: zu wenig wissen/erfahrung mitzubringen.