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Zürichdeutsch sprechen lernen mit Emil, das geht nicht — Was ist ein „Siech“?

  • «Zürichdeutsch sprechen geht gar nicht»
  • Emil Steinberger ist in Deutschland, ja sogar in Ostdeutschland, durch seine zahlreichen Fernsehauftritte sehr bekannt. Er schuf extra für sein Deutsches Publikum eine Schweizer Hochdeutschvariante, die es bis dahin nicht gab. Kein „Schweizer Hochdeutsch“, aber Standardsprache mit starker Einfärbung, heute oft als „Emil-Deutsch“ bezeichnet. Da es seine Emil-Programme auf Cassette oder CD in fast jeder Schweizer Stadtbibliothek und in Deutschen Stadtbüchereien auszuleihen gibt, kann sich jeder leicht von dem Ergebnis dieser sprachlichen Bemühungen überzeugen. Die katastrophale Nebenwirkung dieser Aufnahmen in „Emil-Deutsch“: Bis heute glauben Millionen von Deutsche, dass sie hier original Schweizerdeutsch hören, wenn Emil in seiner Kunstsprache loslegt.

  • Emil auf CD
  • Emil Steinberger bringt zur Euro 2008 eine eine Schwyzerdütsch- CD heraus, mit der Deutsche die Luzerner Variante der Schweizer Mundart lernen können.
    Schwyzerdütsch mit The Grooves
    (Quelle Foto: edition-e.ch)

    Der Tages-Anzeiger interviewte Steinberger zu dieser CD:

    Herr Steinberger, Sie sprechen auf der CD wie gewohnt Luzerner Dialekt. Aber Zürichdeutsch wäre eigentlich viel angemessener, oder?
    Ha! Das muss ich lachen. Immerhin wurden die Texte von einem Zürcher geschrieben, und ursprünglich sollte ich tatsächlich Zürichdeutsch sprechen, aber das geht gar nicht. Katastrophal! Der Luzerner Dialekt ist eher neutral, also eignet er sich auch für Leute, die ein Durchschnitts-Schweizerdeutsch lernen wollen. Hätte ich versucht, einen anderen Dialekt zu sprechen, wäre das wohl eher peinlich geworden, denn ich bin ein lausiger Sprachenimitator.
    (Quelle: Tages-Anzeiger vom 13.03.08)

    Ist Zürichdeutsch dann nicht die neutrale Durchschnitts-Schweizerdeutsch-Variante, die wir immer lernen sollen? Sprich Emil etwa den bekannten Oltener Bahnhofsbüffet-Dialekt?
    Der Tagi fragt weiter:

    Ihre Kabarett- und Lesereisen führten Sie durch den gesamten deutschsprachigen Raum. Gab es da auch mal Verständigungsprobleme?
    Natürlich. Wenn man ein Programm ins Hochdeutsche übersetzt, stösst man immer wieder auf Wörter, die einem klar erscheinen, im Ausland dann aber nicht verstanden werden. Ausdrücke wie grillieren, parkieren oder zügeln sind unseren deutschsprachigen Nachbarn nicht bekannt, zumindest nicht so, wie wir sie bei uns verwenden.

    Diese Wörter haben wir auch tatsächlich nicht bei Emil gelernt. Er hat sie tunlichst aus seinem Programm gestrichen, als er im Deutschen Fernsehen auftrat.

    Und wie reagierte das Publikum auf Ihr helvetisch eingefärbtes Hochdeutsch?
    Äusserst positiv. Eine Zuschauer aus Deutschland hat mir mal geschrieben: «Das Schweizer Hochdeutsch klingt in unseren Ohren wie Musik.» Dennoch gab es gewisse Nummern, die im Ausland nicht funktionierten, etwa «Klassezämekunft». Hätte ich den Begriff «Klassentreffen» eingesetzt, wäre ich wohl durchgekommen. Aber die Deutschen sind sprachlich nicht so flexibel, sie können nicht so gut kombinieren wie die Schweizer – da haben wir einen deutlichen Vorteil.

    Der klassische „Jöö-Faktor“. Nur die Behauptung, man könne im Deutschen nicht so gut kombinieren und sei sprachlich weniger flexibel, halte ich gelinde gesagt für gequirlten Schwachsinn. Erstens werden auch in Deutschland etliche Varianten gesprochen, die es regelmässig in die Standardsprache schaffen, und zweitens kann man schwer über den Umfang und die Flexibilität einer Sprache urteilen, wenn man sie persönlich nur aus der Entfernung oder als geschriebene Variante kennt. Die grundsätzliche Fähigkeit des Deutschen, Wörter endlos aneinander zu kleben und damit Neues zu schaffen existiert in den Mundarten gleichermassen wie in der Standardsprache. Dein ständiges „Türenaufreissenundwiederzuknallen“ nervt mich gewaltig. Ein gültiges Wort der Deutschen Sprache wurde da soeben erschaffen. Ob es sich im Sprachgebrauch durchsetzen kann, ist ein ganz anderes Thema.

    Emil sagt im Tagi Interview weiter:

    Andererseits spricht der Schweizer an sich ja nicht so gerne Hochdeutsch. Ich weiss beispielsweise von Familien, die jeweils auslosen, wer nach dem Grenzübertritt in Deutschland das Sprechen übernehmen muss.

    Cool. Ist das wirklich so? Wir haben schon jede Menge Schweizer beim Einkauf in Deutschland erlebt, die sich so zu Hause fühlten, dass sie ihr Zürichdeutsch gar nicht erst ablegten. Warum auch, die Süd-Alemannen verstanden sie prima. Es wurde uns auch von Schweizern in einer Berliner S-Bahn berichtet, auf Touristentour durch Deutschlands Hauptstadt, die sich unbekümmert und laut in ihrer Muttersprache unterhielten. Ob es allerdings Zürichtütsch oder Bärndütsch war, konnte uns der Berliner Ohrenzeuge nicht sagen. Wir tippen mal auf Zürich.
    Emil sagt über seine CD:

    Hier könnte die CD eine gewisse Annäherung erleichtern. Von beiden Seiten her, denn es wäre schön, wenn die Deutschen in der Schweiz unseren Dialekt verstehen oder gar sprechen würden. Meine Frau, die ursprünglich aus Köln stammt, hat innert dreier Monate Schweizerdeutsch gelernt.
    Ihre Frau versteht Sie also?
    Möglicherweise ist sie ja eine Ausnahme, aber die kommt manchmal mit Ausdrücken an, bei denen ich mich frage, woher sie die hat. Probleme gab es eigentlich nur bei gewissen Feinheiten wie Vokalkombinationen. Da wurde dann aus «Fleisch» schon mal «Fliisch» und aus dem «Staubsuuger» ein «Stubsuger».

    Und wie spricht man „Döner Kebab“ oder „Hover-Klopfsauger“ auf Schweizerdeutsch aus, fragen wir uns dann ganz spontan.

    Dann wurde Emil vom Tagi nach seinen liebsten Mundartausdrücken befragt:

    Gewisse Wendungen aus meinen Kabarettprogrammen haben sich im kollektiven Gedächtnis festgesetzt und begegnen mir immer wieder. Zum Beispiel das abwehrende «Bi dem Wätter . . .» oder das verblüffte «Das esch jetzt no de Bescht!». Nur mit gewissen Dialekten habe ich Mühe, etwa wenn ich im Radio Extremwalliserdeutsch höre. Aber ich staune immer wieder ob unserem Sprachgebrauch, gerade bei Begriffen wie «Siech». So bezeichnete man ursprünglich ein totes Pferd, aber mittlerweile ist das ins Positive umgedreht worden: Der Luzerner spricht anerkennend von einem «verrockte Siech», der Berner vom «geile Siech». Unser Dialekt ist schon eine verdammt vielseitige Sache.

    Soviel Spass an einem toten Pferd. Aber ob das Wort „Siech“ wirklich von einem dahin siechendem d. h. sterbendem Tier abstammt, darüber dürfen sich nun Phipu und Anfra eine zünftige Erklärungschlacht liefern. Wer hat die Stelle im Grimmschen Wörterbuch schneller gefunden? Und bitte keine Verweise à la „ist bereits da und da erklärt worden“ 😉

    

    20 Responses to “Zürichdeutsch sprechen lernen mit Emil, das geht nicht — Was ist ein „Siech“?”

    1. dampfnudle Says:

      Für weitere Abklärungen bin ich schon ein bisschen zu müde, aber ein Siech war einer mit einer ansteckenden Krankheit, der dahinsiechte. Ganz bestimmt aber hiess das tote Ross (Pferd) Cheib (oder Chaib).

      Dass Emil diese Verwechslung passierte – und da ist er beileibe nicht der erste und einzige – lässt mich vermuten, dass auch für ihn Siech und Cheib ein Paar bilden. Nämlich ein Paar eigentlich unerlaubter, weil wüster Schimpfwörter von identischer Stärke. Wobei er als Bub diese wohl eher verwenden durfte als ich, denn fluchen war uns Mädchen in absolut keinem Fall erlaubt. Als umso befreiender empfinde und nutze ich es heute 😉

    2. Thomas Says:

      kleine Verständnisfrage: Emil sagt „Aber die Deutschen sind sprachlich nicht so flexibel“, Jens schreibt im Kommentar dazu „…kann man schwer über den Umfang und die Flexibilität einer Sprache urteilen“ . Der Emil meint das Volk, Jens die Sprache. Sind das nicht zwei Paar Stiefel?

      [Anmerkung Admin: „die Flexibilität der Sprache der Deutschen“ wäre genauer gewesen, du hast recht. Ich wehre mich nur gegen die Behauptung, nur weil die Standardsprache per Duden und Regelwerk genau erfasst wurde, sei sie nicht flexibel. Auch Hochdeutsch war zunächst eine Variante, ein Dialekt, bevor es zum Standard gemacht wurde und hat daher alle Möglichkeiten, die andere Varianten auch haben. ]

    3. Thomas Says:

      Eigentlich erachte ich das Deutsche als sehr flexibel. Gerade das einfache Zusammenfügen von Nomen ist genial. Die Donaudampfschifffahrtskapitänsmützenfabrikvorsteherfrau ist doch köstlich.
      Und auch die Bild macht’s doch immer wieder vor.

    4. Nightflyer Says:

      Als Siech wurde ein Aussätziger bezeichnet (Leprakranker)

    5. Nessi Says:

      Ja unser „Siech“ ist ein vielseitig verwendbares Wörtchen 🙂
      Gibts doch ausser dem „verruckte Siech und geile Siech“ noch den „dumme Siech, blöde Siech“ und natürlich die Flüche an sich mit „Siech“, „hueresiech, gopfertamisiech“ oder zusammen: „hueregopferdamisiech“, oder abgekürzt: „tamisiech“ oder nur noch „siech“, entsprechend betont, oder auch „dä Siech dä“ was allerdings nicht als Schimpfwort gemeint ist.
      Aber das hatten wir ja schon bei „wie Fluchen die Schweizer“.
      Auch ich kenne die Herkunft dieses Wortes nur vom „Siechenhaus“ wohin man die Aussätzigen verbannte.

    6. Danido Says:

      Danke Emil, dass Du mal wieder die Gleichsetzung Züritütsch – Schwyzerdütsch abgewehrt hast! Das ist nämlich diese Grossmachtarroganz der Zürcher, die dem Rest der Schweiz so unsympathisch ist…

    7. AnFra Says:

      Da hat der Herr Blogwieswiese uns wieder einen Knochen hingeworfen, den wir auslutschen und aussaugen sollen.

      Dat mit dem „Siech und dem Emil“ ist nicht schlecht: „Emil ist halt ein rechter Siech“, obwohl er von der Sprache eigentlich nicht viel versteht.

      Das „siech“ lässt sich über ahd. „sioh“, got. „siuks“ als gemeingerm. zurückverfolgen. Der Sinninhalt „siech“ ist „krank“, welches nun im Deutschen vor ca. 400 Jahren von eben diesem „krank“ ersetzt wurde. Jedoch ist dieser Begriff im Schwedischen als „sjuk“, im Dänischen als „syg“, im Holländischen als „ziek“ und im Englischen „sick“ noch vorhanden!
      Nun ergibt sich die Frage: Was ist die Bedeutung vom „siech“. Wenn man den Ursprung von „siech“ untersucht, fällt die uralte sprachliche und sinninhaltliche Verwandtschaft zu „saugen“ auf. Mhd. „sougen“, ahd. „sugan“,

      Meiner Hypothese nach liegt hier die Lösung: Denn in der alten Zeit haben die Heiler, Kundige und Schamanen die Krankheit in einer rituellen Handlung durch „aussaugen“ der „bösen, hinterlistigen und krankmachenden Geister“ aus dem „siechen, d.h. kranken“ Menschen herausgesaugt, somit entfernt und mit kultischen sowie aktivistischen Handlungen in der Luft verblasen oder dem Erdreich übergeben.
      Die „Ärzte der heutigen Art“ waren also in der gemeingerm. Bezeichnung „Lekarz / Lekar der damaligen Art“. Diese alte Berufsbezeichnung „Lekar“ ist z. B. noch im Schwedischen als „Läkare“, im Dänischen als „Laege“, im Isländischem „Laeknar“ und im Polnischen als „Lekarz“ erkennbar.
      Man kann also sagen: Der „Lekar“ hat dem „siehen, d.h. kranken“ Menschen dessen Krankheit aus dem Leib „gesaugt“ (geleckt?) und ihn dadurch gesund gemacht. Bitte nicht vergessen: Die Ärzte haben bis in die Neuzeit den Urin ihrer Patienten getrunken, um sich ein „Geschmacksbild“ der Patienten zu machen! Historisch kann man auch die lange Nutzung der Blutegel, Schröpfglocken uam. auf dieses Umfeld zurückführen. Es geht hierbei um das Gleichgewicht der guten und schlechten Lebenssäfte.
      Bei den heutigen wiedererstarkten afro-amerikanischen und auch teilweise europäischen neuerweckten „Naturheilern“ wird das Aussaugen teilweise wieder angewendet!!!
      Einen politischen „Witz“ muss man noch nachtragen: Die dt. Nazis haben den „Heilpraktiker“ als zukünftig geplanten Arztersatz vorangetrieben, um durch „uralte germanische Traditionen“ den bisherigen „orientalisch-jüdisch-griechisch nichtheimischen Arzt“ zu ersetzen.
      Die Bezeichnung „Arzt“ sollte langfristig wieder aufgegeben werden und die „uralte germanische“ Bezeichnung „Lekar“ eingeführt werden!!! Na ja, an 08.Mai 1945 war der Spuck beendet, aber die Heilpraktiker haben wie immer noch.

      Die heutigen modernen Ärzte „saugen“ manchmal/mengisch auch noch etwas aus: Das Geld der Patienten!
      Bedingt durch Zeitmangel konnte die Untersuchung, ob hier das gemeingerm. Stammwort „lecken“ in die Namensgebung von „Lekar“ eingeflossen ist, nicht durchgeführt werden. Jedoch gilt oft: Nomen est omen!

      Zusammenfassend kann gesagt werden: „Siech“ ist ein Lebewesen, wenn ihm durch böse Geister seine „Lebenssäfte“ ausgesaugt werden und er langsam schwach werdend in den Tot hineingleitet. Die neuere Bedeutung von „siech“ mit der langwirkenden Krankheit und der Schwachheit, dem Dahinsiechen und langsamen Absterben ist eigentlich nur eine kleine Verschiebung zur alten Bedeutung.
      Also ist nach Emilscher Bedeutung das tote Pferd in Wirklichkeit eigentlich kein „Siech“, da es ja bereits verstorben ist! Es war als zuvor ein „Siech“, da es im siechen, kranken Zustand war, jedoch nach neuerer sprachlicher Verwendung ist es halt doch negativ umgangssprachlich wieder ein „Siech“, weil es nun nicht mehr lebt, das blöde Pferd. Denn die „Siechen“ waren eigentlich dann die Sachen für den Totengräber oder den Abdecker.

      Die jetzige positive Bezeichnung für einen „tollen Siech“ meint also: Obwohl er aller notwendigen Lebenssäfte durch saugende böse Geister beraubt ist und eigentlich schon tot sein müsste, hat er etwas bemerkenswertes gemacht, dieser tolle Hecht, dieser außergewöhnliche Bursche, er ist halt doch ein verrückter Siech !

    8. René Says:

      Siech swmf. der, die kranke bes. aussätzige

      Referenz Mittelhochdeutsches Wörterbuch, Matthias Lexer, 3. Auflage 1885

    9. Nessi Says:

      @ dampfnudle

      Siech und Chaib sind bei weitem nicht gleich in der Stärke.

      Wenn du jemanden als „dumme Siech“ betitelst oder als „dumme Chaib“ ist das nie und nimmer gleich stark.

    10. AnFra Says:

      Nachtrag: In der Eile habe ich diese Ableitung vergessen darzustellen.

      Die vereinfachte Rückwertsableitung der möglichen Sprachentwicklungen / Lautverschiebungen von „siech“ und „saugen“, die wohl eine gemeinsame Quelle in „seu“ haben.
      Da wahrscheinlich zuerst „saugen“ vorhanden war, ist dies sicherlich die Urbezeichnung und das „siech“ ist dann über das „ärztliche Saugen / Lecken (?) die etwas neuere Ableitung aus „saugen“.

      „Saugen“ > sougen > sugan > suga > sug (Das „g“ bleibt weiterhin „g“.)
      > seug > (seu !!)

      „Siech“ > sioh > siuks > siuk > siug > sug (Aus „g“ wird „k“, dann „ch“.)
      > seug > (aus seu !?)

    11. Roland Says:

      @Anfra
      WOW – was für’ne interessante Erklärung! Du bist ja ein richtiger „Siebäsiech“!
      …und lässt Euch durch Emil nicht provozieren: Ob nun seine deutsche Fru in drei Monaten Schweizerdeutsch lernte und andere (Deutsche) gar nie, ist zumindest mir völlig schnuppe! Hauptsache ich lerne bei Euch (blogwiese plus supporter) etwas über die Herkunft einiger Wörter, sonst bleib ich mein ganzes Leben lang „en dummä Siech“!
      Vielen Dank und weiter so!

    12. AnFra Says:

      Noch´n Nachtrag wg. dem Emil und seinem toten Pferd.

      Vermutlich hat er die verschiedenen Begriffe „Siech“, „Keibe“ (in CH: Cheibe) und „Keib“ (in CH: Cheib) durcheinander gebracht.

      Beim Pferd kann man dies gut darstellen: Wenn das Pferd krank ist, spricht man von „siech“. Sollte das Tier wieder gesund werden, so ist es dann ein „Siech“ weil es überlebt hat.
      Ist es jedoch verstorben, so ist es ein „Keibe“ (Cheibe), also ein Kadaver, Aas oder Luder. Siehe: Grimm Wörterbuch: > „Keibe“.

      „Keib“ (Cheib) ist lt. GWB ein streitsüchtiger, zänkischer Mensch.

      Wenn Emil dies nicht glauben will und sich drum mit uns wg. „Siech“ und „Cheibe“ streitet, so ist er dann halt ein „Cheib“!

    13. Mela Says:

      Lustigerweise habe ich genau diese CD am vergangenen Wochenende geschenkt bekommen, damit ich, neue Schweizer Bewohnerin und alte Baiuwarin, die einheimische Sprache schnell erlernen und zumindest verstehen kann.
      Und dabei bräuchte ich es gar nicht, denn ich lerne seit Monaten mit der Blogwiese. 🙂

      Aber ich fand Emil schon immer gut und mit ihm macht das Zuhören und Verstehen auch Spass.

      Allerdings möchte ich weder ein „dumme Siech“ noch ein „geile Siech“ sein, denn das klingt für mich (trotz Geilheit), als ob ich bereits auf dem Sterbebett wäre.

    14. dampfnudle Says:

      @Nessi

      Aus heutiger Sicht hast Du recht. Auch „en glatte Siech“ ist gerissener, bewunderter und beliebter als „en glatte Cheib“, den man eher liebevoll so bezeichnet.

      In meiner Erziehungsphase war aber beides so absolut unaussprechlich, ja tabu, dass es keinen Unterschied gab.

    15. Mare Says:

      @AnFra: Mindestens ich kenne noch das Verb „chiibe“ oder „chiibig si“, das heisst „wüten“ „schrecklich zornig sein“, also muss „Cheib“ auch ein streitsüchtiger Mensch sein. Für „Zorn, Wut“ braucht man „Chiib“.

    16. Nessi Says:

      Nachtrag: es gibt natürlich auch „er isch än liebä Siech“

      Das Wort „Siech“ hat mitlerweile jeglichen beigeschmack von Krankheit oder Tod verloren.

    17. neuromat Says:

      Emil – das war früher eine „Grösse“. Nur, das wir das „Emildeutsch“ für Schwyzerdütsch gehalten hätten ist zumindest für unseren gesamten damaligen Bekanntenkreis einfach Unsinn. Im Gegenteil – ständig wurde betont, dass dies ja nun kein Schweizer Dialekt sei. Andererseits sprachen die meisten Schweizer noch besser Standarddeutsch zu dieser Zeit und dies mit selbstverständlicher Gelassenheit.

      Emil Steinberger – das ist heute eine nach meinem Empfinden peinliche Erscheinung. Gemeinsam mit seiner Frau trat er vor einigen Monaten in einer sonst recht guten Talkshow im SWR Fernsehen auf. Die süddeutschen Gäste fangen dort häufig an, in Dialekt zu wechseln. Herr Steinberger gab bereits damals seinen oben abgedruckten gequirlten Quark wieder und knorzte dabei ein harziges Deutsch runter, dass man ihn kaum noch erkannte.

      Und von der feinsinnigen Ironie, wie man ihn in die Schweizermacher geniessen konnte, ist er mittlerweile meilenweit entfernt.

      Schlussendlich diese „wundersame Sprachbegabung“ seiner Kölner Gattin, die ebenfalls kein Wort Dialekt herausbrachte, nicht einmal in ihrer Intonation auch nur ansatzweise daran erinnerte und nicht müde wurde zu trällern, dass man in Deutschland ihr jedes Mal sage, sie könne ja schon gar kein Deutsch mehr… und Schwyzerdütsch hatte sie ja in drei Wochen, glaube ich in New York im Hotel gelernt, wenn ich mich recht entsinne. Gefehlt hätte noch, dass Herr Steinberger derweil in zwei Wochen Kölsch gelernt hätte.

      Was für ein weltfremdes, seniles Affentheater, bei denen hat man das Gefühl, öppis Cheibs muessen die immer abgeben, es isch e cheibe Zwängerei mit söttige Lütli. Das ist schon die Seuche (mhd siuche) und s Eigenlob cheibelet ziemlich.

    18. Phipu Says:

      An AnFra und Jens

      Eigentlich wollte ich als Trotzreaktion nicht auf Kommando Grimms Einträge kommentieren. Und AnFra ist mir ja in nicht zu erreichender Qualität und Quantität zuvorgekommen. So ist nun praktisch alles schon gesagt. Einen Ausdruck, der in aktueller Kenntnis des Wortsinns von „Siech“ besonders pleonastisch klingt, möchte ich aber dennoch loswerden.

      Wenn jemand eine besonders ausgefallene risikoreiche Tätigkeit ausübt, wird er vom (meist jugendlichen) Publikum bewundernd als „so ne chranke Siech!“ betitelt. Beim Betrachten eines Freeride-Snowboard-Contest (oder weniger „kuhl“ und auch nicht korrekt aber dafür etwas deutscher: Pistenabseitsschneebrettausscheidungswettbewerb) ist natürlich gleich eine Mehrzahl solcher „so chranki Sieche!“ zu sehen. Wenn man diesen todesmutigen Snowboardern zuschaut, stellt man fest, dass diese (zumindest körperlich zurzeit noch) extrem gesund sein müssen, obschon man sie als „kranker Kranker/Aussätziger“ betitelt. Eigentlich passte hier das Adjektiv „toll“ besser. Dass dies ursprünglich „verrückt“ heisst, haben wir seit der politisch und medizinisch immer korrekteren Bezeichnung von psychischen Krankheiten etwas vergessen.

    19. AnFra Says:

      @Phipu

      Deine Bemerkung bezüglich der Krankheitsbezeichnung „toll“ finde ich sehr toll, weil Du richtig erkannt hast:
      Heutzutage werden sehr viele Bezeichnungen aus dem ehem. Begriffsumfeld der Krankheiten, teilweise auch der Sexualität, der Schwachsinnigkeit, der Pest und all der anderen humanen Gebrechen in der heutigen Sprache verwendet.
      Diese Entwicklung lässt sich teilweise bereits ab ca. dem 17. JH beobachten. Meiner Hypothese nach wimmelt es im beobachtetem deutschsprachigen Brauchtumsgebieten, hier besonders bei der Fasnacht, Fasching und Karneval, mit versteckten, angedeuteten, halbverborgenen und sogar komplett offen gezeigten Anspielungen, Darstellungen und Verwendungen von Attributen und Handlungen aus der Gesundheitskunde sowie sogar auch der Verwendung von Gerätschaften aus dem Arztumfeld!
      Wenn Jens mal ne passende Thematik hat, könnte man dies darstellen.

    20. Meinereiner Says:

      Heya… Danke für die Begriffserklärung vom „Siech“… da muss ich auf die Seite eines Immigranten gehen um als Schweizer die Bedeutung weitergeben zu können ^^