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Jekami und Mukitu — Japanisch für Schweizer und Deutsche

  • Verstehen Sie Japanisch?
  • Japanisch ist eine wundervolle Sprache. Viele halten sie für fürchterlich schwer. Das stimmt aber überhaupt nicht. Die Schrift ist kompliziert, aber die Aussprache ist sehr leicht. Jeder Judoka der Welt kann im Schnitt locker 50-100 japanische Begriffe runterbeten, weil die Würfe und Haltegriffe wie „O-Soto-Gari“ oder „Kesa-Gatame“ auf Japanisch benannt sind. Und den Ausdruck „Hajime“ = „Kampfbeginn“ merkt man sich als Judoka auch besser rasch, sonst liegt man schneller flach auf der Matte als einem lieb ist. Dann folgt „Mate“, was wie eine Aufforderung zum Maté-Teetrinken klingt, jedoch „Auseinander“ bedeutet, und immer dann vom Kampfrichter gesagt wird, wenn zwei Judokas total verknäult und verknotet am Boden liegen. Eine lange Wortliste findet man hier. Was ich allerdings serviert bekomme, wenn ich in Tokyo im Restaurant einen „Uki-Goshi“ bestelle (= grosser Hüftschwung), bleibt abzuwarten. Noch war ich nicht in Tokyo. Auch nicht im Hotel.

  • Japanisch im Alltag
  • Auch ohne Judo (= der sanfte Weg auf Japanisch) kennt jeder ein paar japanische Wörter. „Ikebana“ (=lebende Blumen) oder „Sumo“ sind geläufig, aber auch „Tofu“(=wörtlich „Bohnenquark“) und „Futon“ (=„Decke“) als extrem weiche Schlafunterlage bekannt bei Schweizern und Deutschen. Andere nette japanische Konzepte wie „Harakiri“ oder „Sake“ wollen wir lieber nicht testen.

  • Deutsche Begriffe im Japanischen
  • Die Japaner haben ebenfalls Wörter aus dem Deutschen übernommen. „Arubaito“ ist nicht „Arbeit“ sondern ein Teilzeitjob. Wikipedia führt aus:

    Von Mitte des 19. bis ins 20. Jahrhundert hinein orientierte sich die ärztliche Ausbildung in Japan an deutschen Dozenten und Lehrbüchern, und die Krankenberichte wurden auf Deutsch in lateinischer Schrift geschrieben. Daher haben sich vor allem in der Medizin viele Begriffe erhalten (z. B. runge von Lunge, kuranke von Kranke, karute von Karte im Sinne von Patientenkartei). Auch in der Philosophie (z. B. geshutaruto von Gestalt, idē von Idee) und beim Bergsteigen (z. B. shutaikuaizen von Steigeisen, ēderuwaisu von Edelweiß) finden sich im Japanischen zahlreiche deutsche Lehnwörter; (…)
    (Quelle: Wikipedia)

    Jetzt müssen wir nur noch klären, ob die Begriffe „Shutaikuaizen“ und „Eeruwaisu“ den Japanern von Schweizern oder von Deutschen beigebracht wurden. Doch dann entdeckten wir ein japanisches Lehnwort im Schweizer Sprachalltag, das sicher kaum ein Japaner kennt: „Jekami“. 8‘140 Fundstellen bei Google-CH im Vergleich zu nur 2’470 Stellen bei Google-DE.
    Wir lernten das Wort in den letzten Minuten des Freundschaftspiels Schweiz-Deutschland, als der Schweizer Moderator meinte: „Jetzt wird das hier ein Jekami“. Flink befragte Schweizer in der S-Bahn bzw. am Telefon hatten aber zum Teil keine Ahnung, was das Wort bedeutet. „Jeder kann mich …“ ganz ohne „Mal“ war noch die beste Vermutung, was es heissen könnte. „Jeder kann mitmachen“ ist die richtige Erklärung, findet sich auch bei Wikipedia. Also doch kein Japanisch.

  • Mukitu und Vokuhila
  • Bekannter noch als Jekami ist „Mukitu“. Kein Apachenhäuptling sondern die Abkürzung für ein „Mutter-Kind-Turnen“. Auch in der Variante „Mukisi“ für „Mutter-Kind-Singen“ anzutreffen. Es gibt diese Veranstaltung auch als VaKi-Singen. Beides eindeutig Wortschöpfungen aus Deutschland. Jekami muss sich erst noch durchsetzen in Deutschland, aber es ist auf dem besten Weg dahin. In den wilden 68ern kannte man dieses Konzept übrigens auch schon, damals unter der Bezeichnung „Gruppensex“. Ist aber in Zeiten von AIDS etwas aus der Mode gekommen. Vielleicht gerät „Jekami“ dann irgendwann wieder ganz in Vergessenheit, wie die berühmte „Vokuhila“ = „Vorne kurz hinten lang“ Frisur aus den 80ern und 90ern.

    

    15 Responses to “Jekami und Mukitu — Japanisch für Schweizer und Deutsche”

    1. Adrian Says:

      Jekami ist auch als James-Dean-Syndrom bekannt (Denn sie wissen nicht was sie tun). Und dann wäre da auch noch das Schnipocosa „Schnitzel Pommes mit Cola und Salat“.

    2. Daniel Says:

      A propos Vokuhila: Mein Sohn, damals etwa 12 Jahre alt und grosser Eishockey-Fan, empfahl mir, als ich mal zum Coiffeur wollte, eine Tosio-Frisur zu verlangen. Was ich auch, zum grossen Erstaunen der Coiffeuse, tat. Sie hatte keine Ahnung, was ich von ihr wollte. Womöglich noch etwas ungebührliches?!? Aber nicht doch, mein Sohn klärte mich hinterher mit grossem Vergnügen auf: Gemeint war natürlich der Herr Renato Tosio, seines Zeichens Eishockey-Spieler, und seine Frisur, die mir offenbar gut zu Gesichte gestanden hätte…

    3. dampfnudle Says:

      Bei den Bernern gibts dafür chinesische Elemente:

      Bekanntes Beispiel: Schang gang hei, King wei Hung!

    4. dampfnudle Says:

      Hier doch noch die Auflösung des Bern-Chinesischen:

      Jean, geh heim, die Kinder wollen Honig!

    5. Daniel Says:

      Wenn ihr solche Dinge bringt, dann fällt mir dazu noch etwas zürcherisches ein:

      Sumawuscha = Super-maximale Wunderschabe = Freundin

    6. Dirtbag Says:

      Sumawuscha 😀 muessi mir merke 😛 heheehehehehehehehe

    7. okami Says:

      Gar nicht so abwegig, der Vergleich mit dem Japanischen.
      Die Japaner kennen in ihrer Sprache dieses Zusammenziehen (aus Jeder-Kann-Mitmachen wird Jekami) ebenfalls:

      Family Restaurant = Famires ( ファミレス )
      Personal Computer = Pasokon ( パーソコン )
      Dragon Quest = Drakue ( ドラクエ )

    8. boby Says:

      Kann kein japanisch, doch wer kennt :
      Die heutige Veranstaltung ist JEKAMI =

      Jeder kann mitmachen!

    9. Daniel Says:

      Wird beispielsweise so benutzt:

      „Na, wie gehts deiner Sumawuscha?“ oder „Gehst du heute Abend mit mir einen Saufen oder mit der Sumawuscha in den Ausgang?“

    10. g.feikt Says:

      Den Gromadusi gibts auch noch:

      grosse, magere, dumme Siech

      und den Chlifistre:

      chliine, fiise Streber

    11. neuromat Says:

      Natürlich, das haben wir schon immer gewusst. Schweizerdeutsch ist keine eigene Sprache. Sondern Japanisch.

      Kürzlich konnten wir sogar in einem Blog bei NZZOnline lesen, dass der Schweizer der Japaner Europas sei. Ja, das wussten wir doch schon. Aber leider ist das nicht unbedinght ein Kompliment; zumindest nicht in der eigenlobenden Form, wie es bei diesem Comment vorgetragen wurde.

      Auch isst der Japaner gerne Reis, er ist also ein echter Reisgenosse. Der Japaner mag auch den grossen Kanton nicht. Die Japaner meinen allerdings China mit dem grossen Kanton, von dem haben sie auch gelegentlich mal ihre Schriftsprache übernommen, und das kommt uns doch irgendwie bekannt vor.

      Ein weiteres verbindendes Element ist das isogashii. Der Schweizer an sich ist immer isogashii. Und trotzdem hat der Tag nicht genug Stunden, um all die wichtigen Aufgaben perfekt zu erledigen. Immer ist man beschäftigt, am meisten mit dem Tragen einer besorgten Miene und mit dem Bekunden, dass man mit etwas Mühe habe.

      Auch bleiben in Japan Ausländer immer Ausländer, so genannte Gaijin. Japaner sind auch der Meinung, dass niemand ausser ihnen Japanisch sprechen kann. Beherrscht dann der Gaijin zur Bewunderung oder Zum Misstrauen der Japaner doch fliessend Japanisch, dann muss er feststellen, dass die gar nicht willkommen ist. Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor. Hinter dieser Frage braucht es kein Fragezeichen. Wer kein Japanisch kann, der versucht es mit Englisch. Alle Japaner können Englisch. Im Büro, offiziell; aber nicht auf der Strasse.

      Vor hundert Jahren nannte man die Ausländer in Japan noch ikokujin. Das bedeutet Fremdmenschen. Das bleibt man in Japan ewig. Eine Tarnung soll es nicht geben, selbst nicht durch Assimilation. Kein Gajin wird je als gleichwertig in die japanische Gruppe (Verein), die das besser Selbst ist, aufgenommen.

      Japan spielt sich nur selbst, der ausgefeilte Code tatemae kommt nur zum Einsatz, wenn Japaner in ihren Gruppen unter sich sind. Ein sich fernhalten aus den Gruppen wird in den Firmen, Schulen, Familien sogleich geahndet. Japan gilt dabei als „Theaterstaat“, eine anstaltshalber ritualisierte Welt. Das japanische Volk lebt in aus der Not geborenen Erwähltheitsphantasien.

      So, so die Schweizer, die Japaner Europas. Die Selbsteinschätzung eines Schweizers, die er den gaijin verkündet, damit diese den Schweizer besser verstehen.

      Andersherum hatte General Douglas MacArthur 1946 die Vision eines entwaffneten, neutralisierten Japans, einer „Schweiz des Pazifik“. Daraus wurde nichts, statt dessen wurde Japan wohlhabend und hat seither immer Angst, Ausländer, die zum Arbeiten ins Land kommen wollten sich ihren Wohlstand erschleichen. Daher haben sie zum Teil recht intensive Zollkontrollen und es gilt die Regel: Je näher das Land des Einreisenden, umso grösser das Misstrauen.

      Aber zur Sprache. Natürlich, das haben wir schon immer gewusst. Schweizerdeutsch ist keine eigene Sprache. Sondern Japanisch. Da liegt es nahe, gleich Japanisch zu lernen. Auch für boby. Es ist ein Jekami.

      Am Telefon:
      Deutsch: Oh, falsch verbunden.
      Japanisch: Kakemachigai
      CH: Schiisdräck (Kake machi), gau.

      Im Restaurant:
      Deutsch: Darf es noch etwas sein?
      Japanisch: sushi no moriawase ?
      CH: susch no was ?

      Jetzt wo alle Japanisch können ist Zeit sich zu verabschieden: Are, moo kon’na jikan desu ka. Sayoonara. O – yasumi nasai. Und morgen in der Tram gleich mal ausprobieren: Kon’nichi wa. Go-kigen ikaga desu ka. O-kagesama de, genki ni shite orimasu.

    12. Thomas Says:

      hehe, der Gromadusi hatte ich schon bald vergessen. Es gibt auch noch Timo, anstandshalber verzichte ich aber auf die Ausdeutschung. Ihr findet das schon raus.
      Und den Gröraz gibts auch, das war im Gymnasium einfach der Rektor.

    13. Daniel Says:

      Ach, DESHALB verstehe ich manchmal meine Miteidgenossen nicht — weil sie eigentlich japanisch mit mir reden…

    14. Phipu Says:

      Ganz erstaunt habe ich über einiges Googlen herausgefunden, dass es die „japanischen“ Bonbons aus meiner Kinderzeit immer noch gibt:

      MICAMU

      http://www.kindermax.ch/images/new/28_Fussball_Spielregeln.pdf
      (ganz zuunterst)

      Wer weiss, dass man die in der Migros erhält, dass sie aus Caramel sind und ausserdem weich (frz: = „mou“, sprich: [mu]), hat die entsprechende Japanischlektion bereits begriffen.

    15. Guggeere Says:

      @ Daniel: Der Kollege des Gromadusi heisst Sumablösi. Der pflegt einem jeweils die Sumawuscha auszuspannen und ist deswegen ein supermaximaler blöder Siech.
      @ Dampfnudle: Ich kenne die Version „Schang gang hei, Tsonschintscho.“ (Jean geh heim. die Sonne scheint schon. „D Sonn“ ist Hardcore-St.Gallisch/Appenzellisch/Rheintalisch für „die Sonne“.)