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Wie lange noch überlebt das Schweizer Bankgeheimnis? — Schweizer Geld auf Deutschen Banken

  • Der Ruf des Schweizer Finanzplatzes steht auf dem Spiel
  • In einem Interview des Tages-Anzeigers vom 23.02.08 äussert sich der Schweizer Alt-Botschafter Philippe Lévy zum aktuellen Steuerskandal in Deutschland und zur Zukunft des Schweizer Finanzplatzes:

    Die Schweizer Banken kennen die Erhebungen, wonach Deutsche, vom einfachen Selbstständigen bis zum reichen Manager, mit eindrücklichen Geldbeträgen am Zoll festgehalten werden. Bestimmungsort der Notenbündel sind Schweizer Bankkonten. Das Ziel: die Gelder am deutschen Fiskus vorbeizuschleusen. Steuerhinterzieher werden in der Schweiz – wie in Liechtenstein – vom Bankgeheimnis geschützt. Kein Wunder, reagiert die Bankiervereinigung nervös.

    Im Inter-City von München nach Zürich werden von Zollfahndern kleine Kärtchen verteilt mit der Aufforderung, grössere Geldbeträge unaufgefordert anzugeben. „Grössere“, das heisst mehr als 10´000 Euro. Wer also eine Millionen Euro legal ohne Probleme an der Grenze in die Schweiz transportieren möchte, sollte einfach 100 Mal fahren um die Höchstmenge nicht zu übertreffen.

  • Begehrte und kriminelle Menschen
  • Im Interview mit Lévy wird fein unterschieden zwischen den „begehrten Steuerhinterziehern“ und den „kriminellen Steuerbetrügern“. War das nicht andersrum gemeint, von wegen die „kriminellen Steuerhinterzieher“ und die „begehrten Steuerbetrüger“? So langsam wird das etwas unklar, wo da noch die Grenze zu ziehen ist:

    Wie lange können die Schweiz und Liechtenstein diesen weltweit einzigartigen Spagat zwischen begehrten Steuerhinterziehern und kriminellen Steuerbetrügern noch machen?

    Ein Abkommen mit den USA hebt das Bankgeheimnis bereits stellenweise auf. Natürlich will dies das Bundeshaus so nicht zugeben. Faktisch haben jedoch die Schweizer Banken – wie ihre liechtensteinischen Kollegen – dem Druck aus den USA nachgegeben und melden jeden US­Bürger, der bei ihnen amerikanische Wertschriften hält, den US-Steuerbehörden. Die Finanzinstitute gaben klein bei aus Angst, dass ihre Geschäfte mit und in den USA Schaden nehmen könnten. Und da behaupten Bundesräte noch, das «Bankgeheimnis ist nicht verhandelbar»? Das trifft nicht zu! Nur das die Anzahl von US-Bürgern mit Wertschriften in der Schweiz im Vergleich mit der Anzahl von vermögenden Deutschen mit Konten hier und in Liechtenstein sicherlich wesentlich geringer ist.
    Als Nächstes will Kanzlerin Angela Merkel über das Bankgeheimnis verhandeln: Was mit den USA vereinbart ist, soll auch für Deutschland gelten.

    Eine verständliche Haltung. Unterschiedliche Handhabungen für ebenbürtige Länder lassen sich nicht rechtfertigen.
    Also ist das Bankgeheimnis doch in Gefahr?

    Ohne Akzeptanz durch andere Staaten lässt sich das Schweizer Bankgeheimnis in seiner jetzigen Ausprägung nicht aufrechterhalten.
    (Quelle: Alle Zitate Tages-Anzeiger vom 23.02.08, S. 28)

  • Die ebenbürtigen Freunde wissen mehr
  • Warum Merkel nicht gleich bei den „ebenbürtigen“ Freunden aus den USA die Daten abfragt, ist uns ein Rätsel. Ob die wirklich nur über die Vermögen ihrer Landsleute Bescheid wissen?

  • Schweizer Geld bei Deutschen Banken
  • Was in der ganzen Diskussion irgendwie niemals erwähnt wird, sind die zahlreichen Schweizer, die brav nach Feierabend mit der Tasche voll Geld ins grenznahe Waldshut oder Konstanz oder Lörrach fahren, um dort ihre Ersparnisse bei einer Sparkasse einzuzahlen. Die Zinserlöse, die sie auf diese Art jährlich in Deutschland erwirtschaften, sind für die Schweizer Steuer meines Wissens „terra incognita“. Von den so gemachten Gewinnen erfahren die Schweizer Steuerbeamten nichts auf der jährlichen Steuererklärung. Ein lukratives Geschäft für Deutsche Geldinstitute, wie z. B. die Sparkasse in Jestetten, welche für die Kunden aus der Schweiz sogar am Samstag von 8:30 – 12:00 Uhr geöffnet hat. Hier eine kleine Übersicht der grenznahen Sparkassen:

    Deutsche Sparkassen für Schweizer Bürger
    (Quelle: sparkassen-hochrhein.de)

    

    60 Responses to “Wie lange noch überlebt das Schweizer Bankgeheimnis? — Schweizer Geld auf Deutschen Banken”

    1. Brun(o)egg Says:

      @ Lupino + Simone

      So ist es. Und nachdem „Die Linke“ in Deutschland auf dem Vormarsch ist kann ich nur sagen: Armes Deutschland. Das ist nicht ironisch gemeint,
      denn ganz Europa braucht D als starken Partner. Die Schweiz sowieso.Wählt doch endlich konservativ, ohne das Soziale aus den Augen zu verlieren! Wir sind gut gefahren damit.

    2. AnFra Says:

      @Brun(o)egg

      Bruno, die „rumgeisternden Zahlen“ dieser „10% der Bestverdienenden 55% (!!!) ((tatsächlich lediglich bei der EINKOMMEN-Steuer)) des GESAMTEN Steueraufkommens aufbringen“ werden im Unkenntnis bzw. in Absicht in die finanz- und moralpolitische Arena geworfen, um unwahre Aussagen zu beweisen. Solche Angaben muss man im jeweils richtigen Kontext bringen. Da hat sich im vorurteilsgeschwängertem Bild dieser Fehler eingebrannt. Du bringst die Äpfel und Birnen ansonsten ja auch nicht durcheinander.
      Die Zahlenverhältnisse stimmen für dieses Detail, das ist ja nicht falsch, aber die Rückschlüsse sind absolut falsch, weil die Bezugsbasis hierfür nicht richtig ist. Es entsteht dadurch der Eindruck, diese Bestverdiener würden ca. 55% des GESAMTEN Steueraufkommens erwirtschaften. Dem ist nicht so. Dieser Anteil beträgt tatsächlich dann lediglich ca. 0,55 bis 0,65% vom GESAMTEN Steueraufkommen.
      Deshalb habe ich mir erlaubt, einen Versuch zu wagen, solch einen Unsinn zu bereinigen.
      Um dich zu beruhigen: Auch ich bin ein Selbständiger und Freiberuflicher. Aber Wahrheit darf nicht verbogen werden. Legenden, Mythen und Märchen wollen scheints aber keine Aufklärung.

      PS: In D hat es schon einen „national-sozialistischen“ Versuch gegeben. Lassmersmal!

    3. Simone Says:

      @Lupino, Brun(o)egg, all:
      Prof. Kirchhoff hat einigen Schichtarbeitern vorgerechnet, dass sie im Nettogehalt besser fahren, wenn die Zuschläge abgeschafft und sein Steuersatz eingeführt wird. Sie haben ihm geglaubt und waren dankbar. Man hätte im Wahlkampf vielmehr missionieren müssen. Leider herrscht in Deutschland eine so genannte „Mitnahmementalität“ vor, die dazu führt, dass jeder nur in den eigenen Sack rafft, ohne dabei zu denken. Jeder will alle Zuschläge, unabhängig davon, ob sie Sinn machen oder eben nicht. Plötzlich will jeder ein „armer kleiner Mann“ sein und auf die bösen reichen und die Politiker schimpfen. Würde man Deutschland in sich ein wenig konsolidieren, könnte man auch die Steuersätze senken, und Schuhmacher, Becker, Jürgens, Kraus und wie sie alle heissen, würden nach Hause zurückkehren, statt ihre Schweizer Konten dieser permanenten Dauerüberlastung auszusetzen 🙂

    4. Neuromat Says:

      so ist das im Leben. Es gibt unterschiedliche Meinungen.

      Eine gewisse Toleranzgrenze wird bei mir erreicht, wenn berechtigte Kritik an staatlichen Organen, vor allem auch an denen der Überwachung nicht mehr zulässig sein soll. Hingegen sind mir so Pauschalierungen wie: das sind die, die immer nur motzen, ziemlich egal.

      Es geht auch nicht um Aufrechnungen. Wir haben hier keine Einnahme-Ueberschuss Rechnung zu erstellen, sondern um Darlegung der Art und Weise wie mit Geld und wie mit Menschen umgegangen wird.

      Und da hast Du schon recht, bei derartigen Fähigkeiten, muss eben auch mit umstrittenen Mittel zusammengekratzt werden, was zusammengekratzt werden kann. Jedes kleine oder mittelständische Unternehmen wäre längst liquidiert oder mangels realistischem Finanzplan einer absehbaren Entschuldung überhaupt nie gegründet worden.

      Das was Anfra erläutert ist im Fall für mich genau der Punkt. Die Bestverdienenden spielen eine marginale Rolle. Aus meiner Sicht holt man sich einen Löwenanteil durch eine prozentual früh beginnende Steuerprogression, die dann zwischen einem mittleren deutschen Einkommen eines Diplom-Ingenieurs und dem vielfach darüber liegenden des Bestverdieners weniger Unterschied in der prozentualen Besteuerung macht, als zu denen, die weniger Geld verdienen können. (Weiss nicht, ob ich ausdrücken konnte, was ich sagen wollte). Nur: Das ist doch genau das Problem. Denn bei diesen Bestverdienern handelt es sich nicht um die entscheidenden Leistungsträger.

    5. AnFra Says:

      Kleiner Nachtrag zur etwas verwirrter Steuersituation in D, welche nicht bestritten wird.

      Zum großen dt. Steuerkuchen trägt natürlich auch etwas die Sektsteuer bei (amtl.: Schaumweinsteuer, http://de.wikipedia.org/wiki/Sektsteuer).
      D.h., damit werden durch die Bestverdiener immer wieder deren aufopfernde und tatkräftige Unterstützung zum dt. Steuerhaushalt begründet!

      Wenn am kommenden Wochenende einige schweizer Freunde in D Champagner, Sekt, Prosecco oder andere Schaumweine kaufen, sollten sie nicht vergessen: Hier erfolgt eine aktive Unterstützung der dt. Reichs- bzw. Bundesmarine. Ein tolles und beliebtes Schiffchenversenken-Spiel.

      PS: Dies Sektsteuer wird leider / gottseidank nicht wie die Mehrwertsteuer rückerstattet. Ahoi, Schiff voraus, tauchen und Torpedo frei.

    6. Tobi Says:

      @Neuromat … dazu ist in der heutigen Financial Times Deutschland auch ein entsprechender Kommentar zu lesen – leider nur in der Printversion. Kurzfassung: „die Superreichen bzw. Bestverdienenden schaffen ihr Geld aus dem Land und die jungen Qualifizierten sich selbst, indem sie auswandern“.

      Fakt ist doch, dass selbst ein Normalverdiener kaum noch in der Lage ist, etwas zur Seite zu legen, geschweige denn ein kleines Vermögen anzusparen. Und wenn sich harte Arbeit nicht lohnt, wird Steuer- und abgabenvermeidung eben zum Volkssport.

    7. Neuromat Says:

      Die FAZ schreibt:
      „Schwere Zeiten für deutsche Arbeitssuchende
      Für deutsche Arbeitssuchende am Finanzplatz Schweiz könnten sich wegen der Affäre die Chancen allerdings verschlechtern. Die Banken in der Deutschschweiz dürften bei der Einstellung von deutschen Staatsbürgern zurückhaltender werden, sagte der Geschäftsführer der Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers, Michel Derobert, in einem Interview der Westschweizer Zeitung „Le Matin“.
      Er bezog sich auf den Umstand, dass deutsche Behörden gestohlene Kundendaten aus Liechtenstein gekauft hatten. Solche Methoden seien verwerflich. Jede gut geführte Bank tue deshalb gut daran, alle Mitarbeiter, die Zugang zu sensiblen Daten hätten, mit Sorgfalt auszuwählen, sagte Derobert. Auf die Frage, ob es deutsche Spione in Schweizer Banken gebe, sagte er, dies sei nicht auszuschließen. Es wäre aber höchst bedauerlich.“

      Wie ist das zu verstehen? Liechtensteiner sollen nach wie vor bevorzugt eingestellt werden?

      Interessant auch dieser Link:

      http://www.blick.ch/news/schweiz/zwei-drittel-der-schweizer-ueber-deutschland-empoert-84246

      gerade in Zusammenhang mit diesem

      http://www.blick.ch/news/schweiz/schlapphuete-auf-der-festplatte-84671

      Bei der Frage: Soll das Bankgeheimnis erhalten bleiben oder soll es abgeschafft werden? antworten die meisten mit „JA“. Ja was denn, doch immer das, was zuletzt gefragt wurde 😉 . also abschaffen?

    8. Lupino Says:

      @Neuromat

      Mein Mann arbeitet bei einer Schweizer Bank. Ich habe ihm von diesem Artikel berichtet und er lachte: ‚ohne Deutsche Arbeitnehmer? Dann mussten Sie alle zumachen, schon heute‘.

      Diese Aussage von Derobert ist nur populistisch und ziemlich lächerlich

    9. volvo Says:

      tja tut mir leid aber mein banker dürfte kein deutscher sein!

    10. Rainer Says:

      Das Beste zu diesem Thema habe ich mich Tagi Magi gelesen:
      http://www.dasmagazin.ch/index.php/Binswanger:_Schein_%26_Scheine