Im Zeichen des Grills — Das Wappen von Bülach
(reload vom 05.11.05)
Das Bülacher Wappen ist merkwürdig, es sieht auf dem ersten Blick aus wie eine Flagge, doch wenn man es genauer anschaut, stellt man fest: Es handelt sich hier um einen Grillrost!
Die Schweizer sind Grillweltmeister, darüber haben wir schon berichtet (siehe hier), aber dass sie dann auch einen Grillrost als Wappen für die Stadt auswählen, das erscheint uns doch ungewöhnlich.
Die Wahrheit ist viel brutaler. Es handelt sich um ein mittelalterliches Folterinstrument. Der heilige Laurentius ist der Schutzpatron der Kirche von Bülach, und er fand den Märtyrertod auf dem Grillrost, nachdem er all sein Habe an die Armen verteilt hatte. Er war der erste Diakon der katholischen Kirche und bereits im 4 Jahrhundert wurden Legenden über ihn erzählt.
Laurentius, Schutzheiliger der Durchgangsstrassen, war für Bülach, dem Strassenkreuz, der «richtige» Heilige! Er erlitt den Märtyrertod auf dem Eisenrost, welcher noch heute im Stadtwappen von Bülach zu finden ist. (Quelle)
Der Grillrost findet sich an jedem Gebäude, auf jeder Flagge, und sogar beim Bülachfest im Sommer 2005 gab es einen Foltergrillrost als Blumenschmuck auf der Wasseroberfläche eines Brunnens zu bewundern.
Die Krönung war das Logo des Turnerfests in Bülach im Sommer 2003:
Junge Turner turnten durch die Eisen des Grillrostes. Sportliches Turnen im Zeichen des Folterinstrumentes.
Eine wahrhaft heisse Angelegenheit war das.
So unglaublich alt ist dieses Wappen übrigens noch nicht:
Es wurde 1931 erst angenommen, erschien aber bereits 1385 im Stadtsiegel.
Hier noch ein Hinweis auf die Legende vom heiligen Laurentius, direkt der Webseite des Vatikans entnommen:
„Laurentius, der berühmte Diakon der Römischen Kirche, bestätigte mit seinem Martyrium unter Valerianus (258) – vier Tage nach der Enthauptung des Papstes Sixtus II – seinen Dienst im Namen der Barmherzigkeit. Laut einer Legende, die bereits im 4. Jh. verbreitet war, nahm er tapfer ein grausames Martyrium auf dem glühenden Rost auf sich, nachdem er die Güter der Gemeinschaft unter den Armen verteilt hatte, welche er als wahre Schätze der Kirche bezeichnete…“ (Quelle).
Oktober 4th, 2007 at 14:17
Folgend eine kleine Bemerkung zum Grillrost.
In den letzten Tagen habe ich mich immer gefragt, ob die spätantiken Römer schon im 4.JH unserige Grillgeräte besessen haben. Denn dem Hl. Laurentius zu unterstellen, auf einem „Grillrost“ den Martyrertod gefunden zu haben ist hier etwas verwirrend. Bei dieser Legende kann man eigentlich ausschließlich vom „Rost“ sprechen, wie es bei der Beschreibung in Bülach erfolgt ist.
Die römische Tötung auf einem Rost hatte den Zweck, die Qualen des Sterbens ins Unermessliche zu verlängern.
Im Regelfall erfolgte der Tod im Feuer bei einer Verbrennung vorzeitig durch Sauerstoffmangel und wg. Ruß- und Rauchbildung sowie durch Stocken des Eiweißes im menschlichem Körper aufgrund der großen Hitze.
Bei der Verwendung eines Rostes wirkt im Gegensatz hierbei überwiegend alleinig die Hitze der Holzglut. Der Mensch kann hier noch atmen und muss in einer unendlich langen Zeit auf den erlösenden Tod warten! Dieser römische „Rost“ ist sicherlich aus metallenen Stangen, Knüppeln oder dünnen Barren (Flechtwerk und/oder Sparren) gewesen.
Der mittelalterlich „Rost“ hingegen ist in seiner Verwendung als „Grillrost“ richtig tituliert. Man hatte am Ofen oder einer Feuerstelle zunächst meist in einem Topf, Kessel o. ä. die Speisen gekocht und danach mit der verbliebenen Glut dann das Fleisch, den Fisch u.a.m. gegrillt / grilliert. Es gab auch schon damals eine Art von „Döner“ mit runden festen und/oder drehenden Spiesen und/oder Rundroste. Alles schon da gewesen!
PS: Der Grill ist heutzutage immer noch ein gefährliches Folterinstrument. So manch ein Familienvater richtet sich selbst und seine Lieben mit dem „Grillrost“ und seine gutnachbarschaftliche Beziehung qualvoll zu Grunde.
Oktober 8th, 2007 at 11:00
An AnFra
Du spielst im letzten Abschnitt sicher auf die modernen brennbaren Flüssigkeiten an. Siehe Bild: http://www.mobi.ch/mobiliar/live/diemobiliar/portrait/m-201003.html . Die Nachbarschaftliche Beziehung leidet meist nur an Rauch- und Geruchsentwicklung. Das nennen nur besonders feine Nasen „Folter“.
Oktober 8th, 2007 at 13:06
@Phipu
Du hast es erkannt!
Folgend meine kleine Nachbesserung wg. vorgbl. Zeitmangel bezügl.:
….. sowie zusätzlich seine gutnachbarschaftliche Beziehung qual(m)voll zu Grunde.
PS: Will mal untersuchen wie der Hl. Laurentius mit dem St. Florian so sein Verhältnis hatte!