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Gottfried Kellers „Grüner Heinrich“ — Der Dichter der Züricher Novellen

  • Gottfried Keller ging nach München
  • Auch Gottfried Keller war eine Zeit lang Auslandsschweizer. Den berühmten Schweizer Schriftsteller zog es aus seiner Heimat fort nach München. Seine Romanfigur, der „Grüne Heinrich“, liess er über den Rhein ebenfalls bis nach München wandern.
    Gottfried Keller(Quelle Wikipedia)
    Es gibt nicht viele Dichter der Deutschen Literatur aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, die heute noch aufgelegt und verkauft werden. Gottfried Keller ist einer von ihnen. Seine Novellen und Romane lesen sich nach wie vor spannend und flüssig. Die Novellensammlung „Leute von Seldwyla“ gehört sicherlich dazu:

    Die Novellensammlung Die Leute von Seldwyla des schweizerischen Autors Gottfried Keller entstand 1855-56 und ist dem poetischen Realismus zuzuordnen. Sie beinhaltet Novellen, deren Handlung in und um die fiktive Kleinstadt Seldwyla situiert ist (Wiki)

  • Bülach ist Seldwyla
  • „Fiktive Kleinstadt“? Die Leute von Bülach im Unterland sind da ganz anderer Meinung. Schliesslich verbrachte Keller einige Zeit in Glattfelden und konnte nur diesen kleinen „glücklichen Ort“ hinter dem Wald gemeint haben, als er seine Novellen schrieb. („Saelde“ = mittelhochdeutsch „Glück und Segen“, „Wyla“ = Weiler, kleiner Ort). Jedenfalls nennt sich eine Theatergruppe in Bülach „Die Spielleute von Seldwyla„.

  • Der grüne Heinrich — Wenn ein Schweizer in Deutschland zu arbeiten anfängt
  • In seinem „Grünen Heinrich“ erzählt uns Keller, wie sein Held Heinrich in München eines Tages so vor die Hunde zu kommen droht, dass er zum äussersten Mittel greift, um zu überleben: Er nimmt eine Arbeit an! Einen Tag lang streicht er gewissenhaft Fahnenstangen an und bekommt am Abend direkt seinen Lohn ausgezahlt. Beinahe hätte er ihn gleich wieder im nächsten Wirtshaus versoffen, doch Heinrich besinnt sich und kauft sich lieber erst Mal etwas zu essen.

    Diese Szene ist eine Schlüsselstelle in der Deutschen Literaturgeschichte. Es endet die Romantik, die Tagträumerei, das sorglose Dahinleben auf Kosten der armen Mutter, und es beginnt der Realismus, die knallharte Realität des Alltags. Zum ersten Mal in der Geschichte der Literatur spielt „Geld“ eine wichtige Rolle in einem Roman, und es war nicht zufällig ein Schweizer, der diesen Roman schrieb.

  • Fehler im Glückwunschtelegramm
  • Ein Ex-Anhänger revolutionärer Vormärz-Literatur beschreibt also, wie ein Taugenichts endlich zu arbeiten anfängt.
    Die Zürcher machten Gottfried Keller zu ihrem Staatsschreiber:

    Am Vorabend seines siebzigsten Geburtstags saß hoch über dem Vierwaldstättersee auf einer Hotelterrasse Gottfried Keller und entdeckte in einem Glückwunschtelegramm, das ihm der Bundesrat geschickt hatte, einen grammatikalischen Fehler. Korrigiert ließ er das Blatt zurückgehen. Dann loderten auf allen Höhen die Feuer auf. Sie feierten ihn, den Staatsdichter, und erinnerten Keller an seine ursprüngliche Absicht, den »Martin Salander« mit einer Brandkatastrophe enden zu lassen. »Sodom und Gomorrha über dieses Goldgrüblein«, hatte er notiert, »Pech und Schwefel über eine Republik, die nur noch ein Basar ist, ein Kapitalistenkontor.«
    Quelle Thomas Hürrlimann

    Im gesamten Werk von Keller finden Sie keinen Helvetismus, und er benennt sogar eine Novellensammlung die „Züricher Novellen„, daher bitte wir um Nachsicht, wenn mal wieder ein Deutscher auf die Idee kommen sollte, „Züricher Geschnetzeltes“ zu bestellen, oder nach dem „Züricher See“ zu fragen, mit „i“. Der Stadtschreiber Keller war dann sein historisches Vorbild.

    Ein anderer Schriftsteller aus der Schweiz, der das Thema „Heimkehr aus Deutschland in die Schweiz“ behandelt hat:

  • Roman „Adalina“ von Silvio Huoander
  • Der Autor erzählt von einem jungen Mann, der lange in Deutschland lebte und nun eines Abends mit dem Zug nach Chur zurückkehrt.

    Adalina – so hieß die Cousine Johannes Maculins, in die er sich mit sechzehn verliebte und die wenig später tragisch verunglückte. Als Johannes nun nach zwanzig Jahren in seine Heimatstadt Chur zurückkehrt, überwältigt ihn die Erinnerung an seine erste Liebe und die dramatische Geschichte einer uneingelösten Schuld wird offenbar. (Quelle)

    Adalina von Silvio Huoander

    

    8 Responses to “Gottfried Kellers „Grüner Heinrich“ — Der Dichter der Züricher Novellen”

    1. Godlike Says:

      Die Bundesräte wollen mit aller Macht in die EU, und was das Volk will wird ignoriert. Falls die Schweiz EU-Mitglied wird, dann werde ich nicht mehr Schweizer sein, soll heissen, ich gebe meine Staatsbürgerschaft auf.

      Die Schweiz wäre dann nur noch eine EU-Marionette ohne Stimme – ausser das Geld ist willkommen.

      Godlike

    2. Administrator Says:

      Hallo Godlike,
      nun, dieses Geld von der EU scheint den Schweizer Bauern im Grenzgebiet, die dort von ihren Deutschen Kollegen Land aufgekauft haben, ganz willkommen zu sein. Das ist dort kein „Geben und Nehmen“, eher ein reines Nehmen.
      Gruss, Jens
      P.S.: Wie viele Staaten auf der Welt sehen eigentlich für ihre Staatsangehörigen die Möglichkeit vor, sie aus der Staatsangehörigkeit zu entlassen? Erlaubt die Schweiz das?

    3. eggestei Says:

      Ich liebe die Aussage „das Volk will…“ Was das Volk will erscheint mir sehr dehnbar und die Politiker jeglicher Couleur finden in den meisten Fällen schon etwas, dass sich mit ihren Zielen vereinbaren lässt, was das Volk will.

      @Administrator
      Sicher erlaubt die Schweiz das. Kündigungsfrist: 6 Monate, die Kündigung muss schriftlich erfolgen, jeweils auf Ende Jahr möglich. Abgeben muss man das Kündigungsschreiben persönlich, und zwar auf dieser Amtsstelle die Mani Matter in der „Ballade vo däm, wo vom Amt ufbotte isch“ beschreibt.

    4. Phipu Says:

      Link für Nicht-Kenner: Text zum Lied „Är isch vom Amt ufbotte gsi“

      http://tatjana.ingold.ch/uebermich/mani_matter.html#Anchor-56203

      hilft verstehen, wie Ernst es Eggestei mit seinem Kommentar meint.

    5. WeiachBlog Says:

      Stadtschreiber von Zürich war Gottfried Keller nie. Wohl aber Staatsschreiber. Das ist ganz und gar nicht dasselbe!
      Analog dazu gibt es ein Stadtarchiv (Archiv der Stadt Zürich) und ein Staatsarchiv (Archiv des Kantons Zürich).

    6. Administrator Says:

      @WeiachBlog
      Vielen Dank für den Hinweis, ist schon korrigiert. Die Wörter sind sich aber auch zu ähnlich.

    7. Gizmo Says:

      nochmal zu züricher und zürcher
      demnach müssten ja die einwohner berlins nicht etwa berliner sondern berlner sein oder versteht ich da was nicht? bitte dringend um aufklärung

    8. Peter Says:

      @Gizmo
      Nicht ganz. Aber Zürcher sind eben keine Züricher genausowenig wie Münchner Münchener sind. „Ein Münchener im Himmel“ klingt doch ziemlich komisch 😉