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Whiskey am Mittag — Sprachliche Missverständnisse bei der Getränkewahl

(reload vom 15-10-05)

  • Z’Mittag um 12.00 Uhr
  • Als ich vor 6 Jahren zum ersten Mal nach Zürich kam zu einem Kurs mit Schweizer Teilnehmern gingen wir um Schlag 12.00 Uhr gemeinsam in ein Restaurant zum Mittagessen (Schweizerdeutsch: „z’Mittag„)

    Der Kellner kam, um die Getränkewünsche zu erfragen.
    Der Schweizer neben mir murmelt etwas wie „Isstiii„.

    Ich verstand „Whisky„, und war erstaunt, wie man um kurz nach 12.00 Uhr schon so harte Sachen konsumieren kann ohne umzufallen.
    „Nein nein, ich habe Eistee bestellt“, korrigierte mein Nachbar meine Vermutung.

  • Echter Eistee ist ein klasse Getränk
  • Ich dachte: „Prima Idee bei dieser Hitze. So eine frisch aufgebrühte Kanne mit starkem Darjeeling-Tee, langsam herabgekühlt auf Zimmertemperatur, dann für ein paar Stunden in den Kühschrank gestellt, um dann in einem hohen Glas mit Eiswürfeln und Zitrone als erfrischendes Getränk offeriert zu werden…“
    echter gekühlter Eistee

    Was der Kellner dann an den Tisch brachte, war eine Flasche mit einem schnöden Softdrink, so wie Cola oder Fanta, bestimmt zu 17 % aus Zucker bestehend.
    ein Softdrink

  • Eine Stange trinken und dann in die Ecke stellen
  • Will man in der Schweiz ein Bier trinken, sollte man sich nach Möglichkeit kein „Pils“ beim Kellner bestellen, damit outet man sich gleich als ungebildeter Deutscher, der davon ausgeht, alle Welt verstehe, was ein „Pils“ (Bier aus der böhmischen Stadt Pilsen) eigentlich ist. Man bestellt hier eine Stange. Im Fitnessstudio ist eine Stange eine Langhantel, im Ballett kann man sich an einer Stange festhalten, und auch in anderen Bereichen wird „jemanden bei der Stange“ gehalten. Nicht so in der Schweiz. Hier wird die Stange getrunken.

  • Stangen am Südpol
  • Deshalb gruseln sich dann manche Deutsche, denn sie kennen nur den Ausdruck: „Eine Stange Wasser in die Ecke stellen“. Woher diese Bedeutung kommt, wird vielleicht klar, wenn man an die äusserst kalten Winternächte in Deutschland denkt. Ab Minus 60 Grad Celsius gefriert Flüssigkeit in der Luft und fällt als Stange zu Boden, wie mir mal ein Amerikaner erzählte, der ein Jahr am Südpol als Funker zugebracht hat. Das macht einen höllischen Krach, weswegen die „Draussenpinkler“ am Südpol auch immer einige Meter entfernt von den Wohncontainern ihre Notdurft verrichten müssen, um die Kollegen nicht aufzuwecken.

    Daher kommt auch der berühmte Merksatz, den die Eskimomütter ihren Kindern mit auf den Weg geben: „Esst niemals gelben Schnee„.

    

    10 Responses to “Whiskey am Mittag — Sprachliche Missverständnisse bei der Getränkewahl”

    1. ch.atzefrey Says:

      Na, da zweifle ich jetzt doch. Zumindest müsste es heissen: „Esst niemals gelbe Eisscherben. Und zudem gibt es bei den Eskimos (bzw. Inuit, die zudem in der Artktis nicht in der Antarktis leben) so viele Wörter für die Nuancen von Schnee, dass da wohl auch ein entsprechendes dabei ist …

    2. dampfnudle Says:

      Ich habe zwar zeitlebens nie geraucht, glaube aber dennoch, dass „eine Stange“ auch eine langgezogene Packung von Zigarettenpäckchen ist. Dies allerdings meist zusammen mit der entsprechenden Marke, z.B. „eine Stange Marlboro“.

    3. T.M. Says:

      Iiistä (in Bärn sagt man fast „ä“) ist entsetzlich. Ich weiss nicht, wie man das runterkriegt. Es hat was mit jahrzehntelanger Gewöhnung und Verwöhnung der Geschmacksnerven zu tun. Und ich staune ohnehin, wieviele Schweizer, auch vor allem Kinder, gar nichts anderes kennen als Iiistä, Koki oder Riv*lla (die rote selbstverständlich). Und dieser Iiistä ist überhaupt kein Eistee, so wie Iiiskaffee auch kein Eiskaffee ist … Dass man auch hervorragende Fruchtsäfte machen kann, nicht nur aus Äpfeln, und daraus mit Sprudelwasser auch sehr erfrischende, allerdings weitgehend natürliche Getränke, ist auf dem quasi geschlossenen Schweizer Binnenmarkt noch gar nicht richtig bekannt geworden. Selbst Bier hat’s ja schwer, obwohl es leicht im Kommen ist. Mir ist sogar inzwischen schon ein echt schwarzes Schweizer Bier bekannt (eins!!!).

    4. solanna Says:

      Wahrscheinlich sagt man dann in Bern aber „Iistää“ mit zwei langen Vokalen. Ich arbeitete vor einigen Jahren mit einer rund 30-Jährigen zusammen, die sich jeden Morgen vor Arbeitsbeginn 2 Liter „Iistee“ (es war in Olten, nicht in Bern) aus gekauftem Pulver in der Grosspackung (v.a. Zucker, aber das realisierte sie nicht mal, wenn man sie darauf aufmerksam machte, und Zitronensäure) anrührte. So viel trank sie dann bis Mittag, und am Nachmittrag folgte nochmals mindestens 1 Liter Iistee. Sie jammerte zwar immer wegen ihrem Gewicht, und wie es unterdessen ihren säureangegriffenen Zähnen geht, weiss ich nicht.

      Da sind mir all die Zeitgenossen, ja, auch Männer, lieber, die stehts wie einen Schoppen ihr Wassergütterli mitführen, um ab und zu daran zu nuckeln. Sie führen sich wenigstens genug Flüssigkeit zu, ohne für den Profit an clever vermarkteten Süsswässerchen auch noch die Gesundheit aufs Spiel zu setzen

    5. solanna Says:

      Uiuiui, wie stets mit mir? Bitte das „h“ wegdenken im obigen Beitrag!

    6. Thomas Says:

      da Guiness erfunden wurde, braucht es eigentlich kein schwarzes Bier mehr auf der Welt. Trotzdem, ich empfehle ‚Schwarze Spinne Bier – Beer of the Dark‘ der Brauerei Napf.
      Was Eistee angeht: es gibt ganz ganz wenige Orte in der CH, wo Eistee auch richtiger Eistee ist und nicht diese Zuckersache. Das Zeug ist ja soooo eklig.
      Und also in Bern sagen die Berner doch ‚Ischtä‘ und nicht ‚Iistä‘, oder?

    7. g.feikt Says:

      @T.M.

      Aber Iiskafi ist wenigstens fein!

    8. Claus Says:

      Lieber Herr Wiese,

      bevor Sie zu exzessiv über das Thema Stange philosopheren, sollten Sie vielleicht mal einen Ausflug nach Köln unternehmen, eine Stange bestellen – und hoppla – ein Bier erhalten.

    9. Kreis 7 Says:

      Ja, der liebe Iistee ist so ne Sache mit grossem Suchtpotenzial.

      Ein Bekannte von mir trinkt doch sage und schreibe 3 Liter pro Tag. Aber nicht irgendeiner, sondern nur die light Variante vom Migros. Nur und ausschliesslich! Dieser wurde denn auch schon mal für den Kurzurlaub exportiert…!

      À propos Bier, lieber T.M., hier werden so ziemlich alle Varianten gebraut und getrunken. Sollte es denn mal kein geeignetes Einheimisches geben, wird dankend auf ein Importiertes ausgewichen.

      Kleiner Tipp, probier doch mal das 02 (null zwei, nicht „Oh“ 2) von Paul aus Zürich. Wird zwar nicht dort gebraut, schmeckt aber super! Das 01 und das 04 sind auch nicht zu verachten.

    10. ailenroc Says:

      Cooler Blog 🙂

      Das Lustige – ich habe den Link von einem Freund aus Frankreich erhalten der diesen wiederum von einer Freunding aus Deutschland erhalten hat 😉

      Anyway – also hier in Bern sagt man natürlich „Iiiistee“ oder „Iiiischtee“ (langer „i“, aber ausnahmsweise mal nicht „ä“), wobei natürlich auch innerhalb des Berndeutschen wieder verschiedene Aussprachen vorkommen 😉 Selber bin ich zwar gar kein Eistee-Fan…

      Dafür liebe ich Bier, richtigs Bier (oder Ales), umsomehr! Gut gehopft sollte es sein!

      Grüessli vo Bärn 🙂