Zürcher Geschnetzeltes auf der Skipiste — Neues von Musicstars wie Kandlbauer, Küblböck oder Clausen
In Ermangelung frischer Zeitungen stöberten wir über die Weihnachtstage ein bisschen in den Online-Fassungen der Schweizer Tageszeitungen. Dabei stiessen wir auf diese hübsche Passage:
Dani hatte einiges an Tempo drauf, als es ihn plötzlich einfach ‹hölle gschnätzlet het›.» Der Musiker sei allerdings nie bewusstlos gewesen, habe aber wegen einer Wunde, die vom Haaransatz bis zum Hinterkopf führe, sehr viel Blut verloren
(Quelle: Berner Zeitung)
Über 1‘060 Fundstellen von „geschnetzelt“ führen uns bei Google-CH in sämtliche Varianten der Fleischzubereitung. Von „Curry-Poulet“, über „Kalbsleber“ zum „Rindfleisch geschnetzelt“.
Sogar das ein oder andere leckere Hundefutter findet sich darunter. Was hier fehlt ist schlichtweg das kleine Attribut „hölle“ zur Steigerung, kombiniert mit der „ä“ Schreibweise und der End-Inversion von „-zelt“ zu „-zlet“ bei „hölle geschnätzlet“. Wir fragten unseren Fachmann fürs Schweizerdeutsch nach der Bedeutung des kleinen Attributs „hölle“ und erfuhren:
Interessant ist die Verbindung mit dem Adverb „hölle“ (eigentlich „höllemäässig“ = DE: höllenmässig, höllisch). Es gibt noch mehr solche meist regional verankerte Varianten von Adjektiven und Adverbien. Wie
u
uhuere
ughoga
rüdig
henne
wäuts
mega
Jedes Wörtchen wäre es wert in einem uhuere ughoga rüdige henne wäuts mega scharfem Artikel behandelt zu werden, aber dafür reicht heute die Zeit leider nicht.
Sich zu kleinen Fleischstücken verarbeiten zu lassen passiert öfters mal auf Schweizer Skipisten. Wir fanden auch:
Auf der letzten Abfahrt hat’s ihn „gschnätzlet“ und das Handy und mit ihm waren alle Bilder futsch…
(Quelle: tramstrasse100.ch)
Und für die Fans extrem-mundartlicher Schreibung dann noch dies hier:
eg be obe xi womer probs gha hend, aber ebe wie xei…es esch secher 2 mol eine vo unde cho und het chorzerhand alli heiler gschnätzlet. …
(Quelle: nw1.ch Leider nur noch im Google Cache zu finden)
(Branitar darf übersetzen, die anderen halten sich so lange ein bisschen zurück bitte)
Bemerkenswert finden wir, dass gelegentlich das Wort als geschriebene Mundart durch Gänsefüsschen gekennzeichnet wird.
Wen hat es denn da so kräftig auf die Fresse gelegt, auf die Plauze gehauen, aus den Latschen gefegt, dass sogar die Berner Zeitung darüber berichtete? Niemand geringeren als die neue Hoffnung der Schweizer Musikwelt, den Newcomer Daniel Kandlbauer.
Darf man ihn eigentlich noch die „Schweizer Antwort auf Daniel Küblböck“ nennen? Oder zieht man sich damit den Zorn von ganz Grindelwald, seinem Heimatort, zu? Aber ausser den Vornamen und der Tatsache, dass sie beide durch Casting Shows bekannt wurden, bei denen sie es beide nicht bis auf den ersten Platz schafften, gibt es nicht viele weitere Gemeinsamkeiten. Daniel Kandlbauer ist ein alter Rocker, und die Casting Auftritte nutzte er clever, um sich einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Immerhin gewann er 2006 den Prix Walo als bester Newcomer:
Der Prix Walo ist die wichtigste Auszeichnung im Schweizer Showbusiness. Er gilt als „Schweizer Oscar“.
Der Prix Walo wird alljährlich anlässlich einer Galaveranstaltung verliehen. Nebst verschiedenen „Sparten-Prix Walos“ gibt es auch einen Ehren-Prix-Walo, einen Prix-Walo-Publikumsliebling sowie den „Kleinen Prix Walo“, der an Nachwuchstalente verliehen wird.
(Quelle: Wikipedia)
Der Preis ist übrigens nicht von dem Schwedischen Krimiautorenpaar Sjöwall&Wahlöö gestiftet, sondern nach Walo Linder (* 6.10.1905 (Walter) Bolligen, gestorben am 20.1.1979 in Walenstadt), dem langjährigen Leiter der Unterhaltungsabteilung (1947-70) beim Radio Zürich.
Warten wir es ab, ob Daniel Kandelbauer sich weiter entwickelt und seinen Weg geht oder sich wie die ehemalige Musicstar 2005 Gewinnerin Salome Clausen nach einem Jahr im Show Business dem alten Beruf zuwendet. Salome arbeitet heute wieder als Coiffeuse (für Deutsche Leser: „Hair-Stylistin“). Wegen dieses mutigen Rücktritts, diese ganze Schweinwelt voller Medienhype für immer und bei vollem Bewusstsein zu verlassen, um ihre Lehre zu beenden, ziehen wir heute den Hut und verbeugen uns tief vor ihr. Liebe Salome, wenn wir mal nach Brig kommen lassen wir uns unter Garantie mal von Dir einen erstklassigen (Music)-Star Schnitt verpassen, versprochen!
Hier Salomes Abschiedsbotschaft vom Showgeschäft . Über die verwendete Mundartfassung mögen sich jetzt bitte im Anschluss gleich die Fachleute streiten. Ich sage mal soviel: Es ist bestimmt Schweizerdeutsch.
(Quelle: salome-clausen.ch)
Dezember 28th, 2006 at 0:57
Uh, Walliserdeutsch ist ja geschrieben noch unverständlicher als gesprochen!
Dezember 28th, 2006 at 9:24
Curry-Poulet (curry powder + eine Dose Fruchtsalat) in der Deutschschweiz und AUCH in Deutchland (sofern ich weiss) hat überhaupt nichts mit echtem Curry zu tun. Wo ist curry paste in der Schweiz erhältlich? Weiss Sylv (bisch immer no da?) Bescheid?
P.S. Uebrigens, wie sait man „A Happy New Year“ auf Schwyzertütsch?
Dezember 28th, 2006 at 11:22
@Fiona
“A Happy New Year” entweder ein kurioses verschweizertes Englisch
Oder: „Äs guet’s neus Jahr“, „Äs guet’s Neus“ wobei die Ä’s/ä’s und E’s/e’s wie immer beliebig austauschbar sind 😉
Auch beliebt „Äs schön’s Neus“
Und Curry Paste kriegst du in den sympathischen kleinen Indischen Super-Markets.
Dezember 28th, 2006 at 11:29
Mich würde interessieren, woher der Ausdruck „henne“ stammt.
Die anderen aus dieser Reihe sind mir mehr oder weniger klar (‚rüdig‘ ist z.B. eindeutig Luzernisch) aber henne kann ich so spontan nicht zuordnen, auch wenn ‚henne‘ / ‚ hönne‘ mir irgendwie bekannt vorkommt.
Ich tippe auf die Ostschweiz?
Die Quelle von nw1.ch ist übrigens auch lustig, von welchem Game er wohl spricht?
@ Fiona
Also hier würden wir wohl „Es guets neus“ (= Ein gutes Neues (Jahr)) sagen.
Dezember 28th, 2006 at 11:30
@fiona: Die treffendste Übersetzung wäre „äs guets Nöis“, was allerdings nur „ein gutes Neues“ heisst, das Jahr wird weggelassen. Eine weitere weitverbreitete Form der Neujahrswünsche ist „ä guete Rutsch“ (Einen guten Rutsch) , was soweit ich weiss aus dem Hebräischen „Rosch ha-shana“ (=gutes Neujahr) abgeleitet ist.
Gruss
Dezember 28th, 2006 at 11:46
@.d
ostschweiz ist leider ganz sicher völlig falsch für die steigerungsform „henne“.
ich selbst kenne jemanden aus biel, der „henne“ sehr häufig benutzt.
Dezember 28th, 2006 at 12:54
Ich kenne „hene“ oder „häne“ aus dem Zürcher Oberland. „Rüüdig“ verschwindet im Luzernischen immer mehr zugunsten des „huere“, das seine „unanständige“, kompromittierende Bedeutung völlig verloren hat und umgangssprachlich automatisiert (ausser im gehobenen Kreise) als Verstärkungswort benutzt wird. Nächste Steigerungsform ist „huereverreckt“. Wobei „Huer(e)“ für Prostituierte durchaus noch existiert, aber wohl quasi als „gleiches Wort mit unterschiedlicher Bedeutung“ (als Homonym) aufgefasst wird im Volk.
„Wäutsguet“ (weltsgut) wird im Solothurnischen auch von Jungen häufig verwendet.
Wie aber ersetzen oder verstärken denn eigentlich die Deutschen ihr „sehr“???
Dezember 28th, 2006 at 13:00
„henne“ wird im Bernischen gebraucht. Jedoch nicht im Oberland.
Das Walliserdeutsch kann ich auch nur lesen weil ich, alles zusammengenommen, über 30 Wochen „Sprachaufenthalt“ in Brig genoss (WK). Vorallem das Wort „gitreit“ versteht kaum jemand wenn es falsch gelesen (besser: ausgesprochen) wird. Beim ersten Anlauf ist mir das passiert.
@fiona: Achtung: „e guete Rutsch“ wünscht man sich vor dem Silvester. „Es guets Neus“ erst am 1. Januar. Zumindest in der Zentralschweiz wir sehr darauf geachtet. Man wünscht sich generell nichts im voraus (Geburtstage, Neujahr etc.).
Dezember 28th, 2006 at 13:17
„henne“ kommt aus dem bernischen – warum, und woher das Wort sprachlich kommt: Keine Ahnung…
Curry Paste für rotes und grünes Curry (vielleicht auch mehr?) gibts auch im Migros
Gruess
Widi
Dezember 28th, 2006 at 14:06
Curry Paste gibt’s im Coop auch (im Gestell der asiatischen Spezialitäten). Sonst wüsste ich einen Lebensmittelimporthändler, der solche Pasten führt.
Dezember 28th, 2006 at 16:27
@solar
„huere“ und „uhure“ hat nichts mit Hure(Prostituierte) zu tun sondern mit ungeheuerlich zu tun, in manchen Zürcherischen Dialekten hört mensch das noch ziemlich deutlich „unghürli“.
Das heute das „uhure“ als abgeleitet von Hure verstanden wird ändert nichts daran das dieser Zusammenhang hineinintepretiert wurde.
Und die behauptung dass die Gehobenen Kreise(kicher) sich anständiger ausdrücken würden, hält auch nur dann stand wenn es um „Gassenschlager“ wie „huere“ und ähnlichen geht.
Was du warscheinlich meinst sind menschen mit höherer Bildung, oder besser noch menschen die mehr in die Schulische Bildung investiert haben.
Dezember 29th, 2006 at 1:06
„henne“ ist, wenn ich mich nicht irre, mit dem (aus der Mode gekommenen) zürichdeutschen „hüne“ verwandt, und dieses wiederum mit dem hochdeutschen Substantiv „Hüne“ (Riese). „henne“ ist also sozusagen das adverbiale Pendant zum ebenfalls leicht mißbräuchlich adjektivisch gebrauchen „Riesen“ (z.B. „ein Riesen Theater“). Und heute ganz klar Bernerisch.
Dezember 29th, 2006 at 22:44
@Jens
Ich glaube, es geht darum dass jemand „oben“ war und „sicher 2 mal eine von unten gekommen ist“ und wohl alle … umgehauen hat… oder so ähnlich 😀
Ich gebe zu, mir erschliesst sich der Sinn nur teilweise 😉
[Anmerkung Admin: Nachdem Branitar es tatsächlich gewagt hat, eine Übersetzung zu versuchen, und gescheitert ist, bitten wir nun die kompetenten Einheimischen um eine genaue Übertragung der erwähnten Pasage ins Neuhochdeutsche. So langsam bin ich auch neugierig, was in diesem Text steht und ob sich hinter diesen vielen „x“ wirklich nur „Ski“ verstecken]
Dezember 29th, 2006 at 22:58
Wie wäre es mit „xi“ == „gsi“ ?
Dezember 30th, 2006 at 1:15
Ich war oben als wir Probleme hatten, aber eben wie gesagt… es ist sicher 2 mal einer von unten gekommen und hatte kurzerhand alle Heiler umgebracht
Braucht ihr die Übersetzung von Salome Clausen auch noch?
Dezember 30th, 2006 at 11:46
Dann versuch ich das mal:
„Ich bin oben gewesen,
wo wir Probleme gehabt haben
//wo wir Probleme hatten,
aber eben wie gesagt,
es ist sicher 2 mal einer von unten gekommen und hat kurzerhand alle ?heiler?//heilen(warscheinlich alle heilen(unversehrten) die noch standen umgefahren, oder tatsächlich Heiler=Notfallpersonal vom Rettungsdienst?) geschnetzelt//umgefahren.“
Und diesen Text von dieser Salome, wer auch immer das sein soll?:
„So liebe Fans
Das ist es jetzt gewesen,
Ich habe es nicht unterlassen wollen euch von ganzem Herzen nochmals Merci//Danke zu sagen.
Ich hatte viel freude, arbeit, Interesse und natürlich Unterstützung mitbekommen(grauenhaft diese Grammatik zu übersetzen es sollte heissen: mir wurde viel Unterstützung mitgegeben).
Ihr habt mich in diesem Jahr bei guten und auch bei weniger guten Auftritten ?mitgetragen?(dieser Dialekt ist grauenhaft, mitgetragen also unterstützt).
Ich danke euch herzlichst und vergesse nie was ihr für mich getan//gemacht habt.
Ich wünsche euch allen zusammen nur das beste für eure Zukunft und vielleicht trifft man(man ist für mu(bekannter als mier) sicher nicht die beste Übersetzung denn mu//mier ist eigentlich so eine Art mir im Plural und man wird diesem wunderschön kruden Kunstgriff sicher nicht gerecht.) sich ja einmal.
Von ganzem Herzen, eure Salome“
Ich hoffe ich hab halbwegs hinbekommen.
Dezember 30th, 2006 at 11:58
@mGt2
wie, du weisst echt nicht wer Salome Clausen ist? Ab nach Brigg mit Dir zum Frisör, sorry, „Coiffeur“ natürlich. Und zur Strafe 10 Minuten „Gumpe“.
Und hier noch eine per Mail erhalten ausführliche Übersetzung der „Xsi“ Passage weiter oben im Beitrag:
Januar 3rd, 2007 at 13:49
Noch was zum Curry:
Curry Gschnätzelts (Curry + Fruchtsalat (+ Poulet/Hähnchen)) wird in der Schweiz meistens nicht mit Curry Pulver oder Curry Paste gemacht sondern mit einem „Päckchen“ Curry Sauce von zB. Knorr (mit dem Knorrli) damits schön cremig und nicht scharf wird….
grüsse
Januar 3rd, 2007 at 17:26
Hoi Fiona.
Grüne Currypaste im Wegwerf-Glas (ohne Pfand) von der Migros ist echt lecker. Das sage ich jetzt nicht nur weil ich mal bei der Institution gearbeitet habe…
Bin auch der Meinung, dass Fluchtsalat (was ist farbig und rennt im Teller rum?) nix mit Curry zu tun hat und auch nicht in das Gschnätzlete reingehört.
1. Erklärungsversuch: Weil da wo Curry herkommt die Leute ev. keinen extra Teller fürs Dessert haben…
2. Verschwörungstheorie: Mövenpic hatts erfunden. Die haben den Fluchtsalat ins Curry geschmissen mit Reis serviert und das Ganze als Riz Casimir verkauft. Oder so ähnlich. 🙂 Weeer hatts erfunden?
http://de.wikipedia.org/wiki/Riz_Casimir