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Pech bei eBay — Wenn der Käufer die Ware selbst abholen kommt

  • Pech bei eBay
  • Eine Schweizer Freundin verkaufte vor einiger Zeit via eBay ihre wertvolle Kamera mit Zubehör an einen Meistbieter aus Grossbritannien. Sie freute sich über den guten Preis. Der Kontakt verlief via E-Mail. Sie war naiv und unerfahren und liess sich von dem Käufer dazu überreden, die Bezahlung von 1‘200 Franken ausserhalb von eBay über einen „neutralen Bezahlservice“ (ähnlich PayPal) abzuwickeln. Sie fand die Website dieses Dienstes, registrierte sich dort aufwändig, bekam ein Passwort und Login zugeschickt auf eine gesicherte Seite. Alles sah sehr vertrauenerweckend und professionell aus. Als es nun ans Bezahlen ging überwies der Käufer den Geldbetrag an diesen Bezahldienst und unsere Freundin erhielt die Nachricht, dass Geld sei eingetroffen, sie möge eine Kontoverbindung angegeben, wohin es überwiesen werden sollte. Gleichzeitig schickte Sie die Kamera per UPS auf den Weg nach England. Kostenpunkt für den Transport nochmals 120 Franken, wovon der Käufer die Hälfte übernehmen wollte.

  • Der UPS Fahrer findet die Zielanschrift nicht
  • Zwei Tage später meldete sich der Fahrer von UPS vor Ort, weil er die Anschrift nicht finden konnte, per E-Mail bei unserer Freundin und beim Käufer. Der Käufer reagierte sofort: „Sorry, die Anschrift ist schwer zu finden. Ich komme direkt bei UPS vorbei und hole das Paket ab“. Ausweisen musste er sich nicht, er wusste ja die genau UPS-Buchungsnummer des Paketes und war so als Empfänger legitimiert.
    Die Kamera war futsch, und eine Stunde später existierte die Website des ominösen Bezahldienstes nicht mehr. Ich fand sie in einer langen langen Liste ähnlich lautender Namen von angeblichen „Bezahldiensten“, die alle als betrügerisch bekannt geworden waren und nun gesperrt sind.

  • Ein Internetbetrug mehr in der Statistik
  • Die Anzeige wegen Diebstahl und Betrug bei der Schweizer und bei der Britischen Polizei brachte keinerlei Ergebnis, ausser einem kleinen Häkchen mehr in der Statistik „Internet Betrugsfälle“ in jenem Jahr. Der Betrüger hatte mit einer anonymen E-Mail Adresse von öffentlich zugänglichen Internetcafés aus gearbeitet. Die fingierte Bezahldienst-Website war sogar ganz legal bei der Westernunionbank anonym bezahlt worden. Natürlich warnt eBay seine Nutzer vor solchen gefährlichen Angeboten, die Plattform aus Kostengründen zu verlassen und das Geschäft ausserhalb von eBay abzuwickeln, über die hohe Anzahl von solchen und ähnlichen Betrugsfällen wird allerdings Stillschweigen gewahrt. Es könnte ja Kunden abschrecken.

  • Impressum Pflicht in Deutschland
  • Zwar gibt es beispielsweise in Deutschland eine „Impressum Pflicht“ für eine Webseite, d. h. es muss irgendwo leicht erkennbar und über maximal 2 Klicks erreichbar vermerkt sein, wer die Seite betreibt, incl. Anschrift, Telefon und oder E-Mail, das ist aber noch keine Garantie dafür, dass diese Daten korrekt sind. Das Problem liegt bei der Registrierung.

  • Identität am Postschalter überprüfen lassen
  • Es wäre ein Verfahren wünschenswert, bei dem eine Webseite erst dann online geschaltet werden kann, wenn der Betreiber sich eindeutig identifiziert hat, z. B. durch Vorlage eines Ausweises am nächsten Postschalter. Wer ein Konto bei einer Bank erhalten möchte, der kommt nirgends um solch eine — natürlich teure — Legitimation herum. Wer eine Website einrichten möchte, bei dem reichen ein paar anonyme Klicks. Alles andere würde diesen Markt verteuern und die Kunden (incl. Betrüger) vergraulen.

    

    8 Responses to “Pech bei eBay — Wenn der Käufer die Ware selbst abholen kommt”

    1. Daniel Says:

      Irgendwie wird mir der Zusammenhang zwischen dem geschilderten Betrugsfall und der geforderten Identifizierungspflicht bei der Registrierung einer Website nicht ganz klar. Ich glaube kaum, dass das hier beschriebene Betrugsopfer beim zuständigen Whois-Dienst nachgeschaut hätte, wenn es sich auf solche Verfahrensweisen einlässt.
      Zumindest präventiv nützt die Forderung also schon mal nichts, und umgehen liesse sich so ein Verfahren auch sehr leicht, sei es durch Gründung einer juristischen Person irgendwo auf der Welt, sei es durch Nutzung eines Providers in irgendeinem Staat, der solche Anforderungen nicht stellt. Umgekehrt böte diese Registrierungspflicht natürlich Staaten, die es mit der Meinungsfreiheit nicht ganz so genau nehmen, gute Möglichkeiten, auf Ihre Kritiker noch mässigender einzuwirken…

    2. Administrator Says:

      @Daniel,
      nun, der eigentliche Betrug geschah über die gefälschte Bezahl-Seite. Ich hatte vor ein paar Tagen geschrieben, wie leicht es ist, auch in der Schweiz, eine Website wochenlang zu betreiben ohne Authentifiziert worden zu sein.
      Das Beispiel soll eine „praktische Umsetzung“ dieser Lücke zeigen. Natürlich ist es utopisch zu glauben, eine Authentisierungspflicht liesse sich weltweit einführen. Der Betreiber der betrügerischen Seite konnte nicht belangt werden, weil er vollkommen anonym war.

      Der zweite Punkt ist natürlich, dass UPS keine Identität überprüft hat.

    3. Daniel Says:

      @Jens:
      Wie gesagt – selbst wenn der Täter sich registriert hätte, hätte Deine Freundin wohl kaum nachgeschaut, auf wen die Domain registriert ist.
      Und hätte er sich durch eine (fiktive weltweite) Registrierungspflicht davon abhalten lassen, eine Domain anzumelden? Nein, er hätte dann Mittel und Wege gefunden, diese zu umgehen – insbesondere in Grossbritannien, welches (noch) keine Personalausweise kennt (und wo man mit wenig Geld eine Ltd. gründen kann, die dann als Betreiberin der Website fungiert), oder in Frankreich, wo die Stromrechnung wichtig ist (siehe alter Thread), oder oder oder.
      Sorry, ich glaube dass Dein Vorschlag eben nicht viel nützt, aber schaden kann.

    4. Videoman Says:

      Deine Freundin ist teils selber Schuld. Bei Ebay steht klipp und klar wie man seine Ware am besten bezahlen soll: Entweder per Paypal, Banküberweisung, oder Bar bezahlen beim abholen. Falls man etwas anderes macht, ist man selber Schuld, wenn es schief geht.
      Und man soll ja erst die Ware verschicken, wenn man das Geld hat.

    5. renegade Says:

      Kann es sein, dass deine Freundin gerne spart, koste es was es wolle?

      Solche Angebote anzunehmen, birgt schon ein Risiko und besser sie lernt es mit den Einsatz von 1’200 Franken, als mit 100’000 Franken. Sie hat doch etwas daraus gelernt?

      Und eins muss man sich auch bewusst sein, solange die Sicherheits-Mechanismen in diesem Bereich mehr kosten, als der Schaden der durch Betrugsfälle verursacht wird, solange wird es so bleiben wie es ist.

      Und immer daran denken:
      Keiner weiss wer wen bescheisst,
      aber alle wissen sie werden beschissen 😉

    6. Thomas Says:

      klassischer Fall von zu viel Gutmütigkeit gepaart mit Naivität und einer kleinen Portion Gier.
      Wer eBay benutzt ist in vielen Fällen masochischtisch veranlagt.

    7. Georges Says:

      ich dehe das Hauptproblem auch darin, dass so viele Leute ihren gesunden Menschenverstand immer wieder ausschalten. Auch mir sind ein paar solche fälle bekannt:
      – ein Hi-Fi-Händler versendet eine Stereoanlage im Wert von 10’000.- nach Indonesien
      – Jemand kauft auf der Strasse „wertvolle“ Lautsprecherboxen aus einem Lieferwagen
      – bei eBay wird ein Occasions-Auto aus der Schweiz nach Irland verkauft

      He Leute: man merkt doch auf den ersten Blick, dass da was faul ist. Alle die Waren gibt es doch anderswo billiger. Meinten die Betroffenen tatsächlich, dass sie vom Schicksal als einmalige Glückspilze auserwählt wurden?

      Und fast jedes Mal, wenn ich an einem Kiosk warten muss, sehe ich eine AHV-Bezügerin, die für 100.- Lotto-Lose kauft, obwohl sie sich das wohl fast nicht leisten kann. Auch da bliebt mir das Hirn stehen.

    8. Thomas Says:

      ..Geiz ist geil. Und bei geilen Sachen findet das Denken oft nicht im Hirn statt.
      Generell: bei über 300.- in ebay sollte man wirklich DENKEN!