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Halbe Sachen machen — Die Schweiz und ihre Feiertage

  • Keine Knallerei an Sylvester
  • Die Schweizer sind ein arbeitsames und diszipliniertes Volk, das selten über die Stränge schlägt. Sylvester feiern sie eher beschaulich, in der Westschweiz mit einer Zwiebelsuppe und Austern wie die Franzosen, in der Deutschschweiz mit einem Kurzurlaub in Thailand oder in Hamburg, um dort den durchgeknallten Deutschen beim Feuerwerken zuzuschauen. Mit den vielen Deutschen in Zürich wird die Knallerei sicher auch bald hier Tradition sein. Bislang konzentriert sich das mehr auf den 1. August.

  • Knallen und Raketen am 1. August wie Sylvester?
  • Obwohl, wer da von „konzentriertem Knallen“ spricht, der hat das falsch erlebt. Am 1. August wird munter den ganzen Tag geknallt, mit einsetzender Dämmerung dann ein bisschen stärker, aber nicht so auf einen Schlag um Mitternacht wie zu Neujahr in Deutschland. In Bülach stand um 21:30 Uhr das Absingen der Schweizerhymne auf dem Programm, beim Schweizerfeuer, bevor dann das Schweizerfeuerwerk gezündet wurde, Schweizerbier getrunken, die Schweizerflagge geschwenkt etc. etc.

  • Komplizierte Feiertagsregelung
  • Neben dem 1. August für alle gibt es noch zahlreiche regionale und lokale Feiertage. Wie sich das gehört, „von Kanton zu Kanton unterschiedlich“. Versuchen Sie doch mal herauszufinden, wann wo welche Feiertage in der Schweiz gelten. Die Auflistungen und Erklärungen dazu füllen mehrere Seiten. Hier eine enggefasste, siebenseitige Liste im PDF Format.

    Da viele Feiertage nur in einem Kanton oder in einer Gemeinde gelten, entsteht mitunter ein lustiges Chaos, was die vielen Pendler und Berufstätigen freut. Es kann passieren, dass Sie in einem Ort wohnen, der einen Feiertag feiert, aber in einer Gemeinde arbeiten, die diesen Feiertag nicht kennt. Noch spassiger wird es, wenn Sie ihre Firma an einem solchen Tag zum Einsatz in einen Ort schickt, der gerade Feiertag hat. Da noch durchzublicken gehört zum praktischen Überlebenstraining im Schweizer Alltag.

  • Es darf auch mal ein halber Tag sein
  • Besonders gefällt uns die Schweizer Idee, auch mal einen halben Feiertag zu begehen. Es müssen ja nicht immer gleich ganze Arbeitstage sein, die verloren gehen. Knabenschiessen in Zürich beginnt erst ab 12:00 Uhr und ist offiziell ein halber Feiertag. Sie arbeiten also für ihre Firma, die ausserhalb von Zürich ihren Sitz hat, an diesen Tag in Zürich und müssen um 12:00 Uhr aufhören, weil der Kunde ab jetzt Feiertag feiert. Was tun sie jetzt? Heimfahren und Däumchen drehen? Zurück zur Firma, um zu berichten, dass der Rest des Tages ein Feiertag ist?

  • Nur ein halber 1. Mai
  • Gleiches gilt für den 1. Mai im Kanton Fribourg. Im Land der „Halbkantone“ gibt es eben auch halbe Feiertage. Er wird dort nur halb gefeiert.

    Selbst der 1. August war nicht immer ganz arbeitsfrei für die Schweizer:

    Seit dem 1. Juli 1994 ist der Schweizer Nationalfeiertag auch ein arbeitsfreier Tag, nachdem das Schweizer Stimmvolk die Volksinitiative «für einen arbeitsfreien Bundesfeiertag (1. August-Initiative)» am 26. September 1993 angenommen hatte.
    (Quelle Wikipedia)

  • Halbe Feiertage auch in Basel
  • Während der Basler Fasnacht wird am Montag und am Mittwoch jeweils halbtags gearbeitet. Die Geschäfte schliessen erst am Mittag, damit der Cortège (so heisst der Umzug in Basel) munter seine Kreise ziehen kann. Zwei wundervolle halbe Feiertage, streng auf Basel begrenzt.

  • Am zweiten Weihnachtstag arbeiten
  • Der zweite Weihnachtsfeiertag am 26.12. heisst in der Schweiz „Stephanstag“ und gilt nicht in allen Kantonen als Feiertag. In Genf, im Jura und im Waadtland wird am 26.12. gearbeitet, nur die Banken haben „bank holiday“.

  • Sechse unterschiedliche Regelungen in nur einem Kanton
  • Das Chaos der regionale unterschiedlichen Feiertage wird nur langsam gelöst. Im Kanton Aargau wurde im Februar 2006 die Feiertagsregelung harmonisiert:

    Die Feiertagsregelung im Kanton Aargau wird harmonisiert. Nach dem Beschluss des Regierungsrates werden die bisher von Region zu Region unterschiedlichen Regelungen auf den 1. Januar 2008 aufgehoben. Als arbeitsgesetzliche Feiertage gelten neu Neujahrstag, Berchtoldstag (2. Januar), Karfreitag, Ostermontag, Auffahrt, Pfingstmontag, Weihnachten und Stephanstag. Der 1. August ist eidgenössisch geregelt und gilt als gesetzlicher Feiertag. Die römisch-katholische und die christkatholische Landeskirche sowie mehrere ihrer Kirchgemeinden hatten sich gegen die Harmonisierung ausgesprochen. Sie wollten aus religiösen Gründen an den regional unterschiedlichen Gepflogenheiten festhalten.
    (Quelle: ref.ch)

    Der Satz „das ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich“ wird also noch überboten durch die Feststellung: „Das ist sogar innerhalb eines Kantons nicht einheitlich„. Es werden „regionale unterschiedliche Gepflogenheiten“ verteidigt. Treibende Kraft für die Harmonisierungsbestrebungen ist das wirtschaftliches Kalkül, denn das Durcheinander ist „für die Wirtschaft [ist] unpraktisch und nicht zeitgemäss“.

    Im Kanton Aargau ist uneinheitlich geregelt, welche Feiertage gesetzlich den Sonntagen gleichgestellt sind. Sechs unterschiedliche Kombinationen von Feiertagen gelten in verschiedenen Regionen. Diese Regelung ist für die Wirtschaft unpraktisch und nicht zeitgemäss. Sie wird nun durch eine einheitliche Lösung ersetzt, welche die wirtschaftlichen Standortfaktoren besser berücksichtigt.
    (Quelle: ag.ch)

    Was lernen wir daraus? Wenn die Wirtschaft nicht Druck gemacht hätte, wäre es wohl noch ewig so weiter gegangen mit der „lokalen Vielfalt“ an Feiertagen.

    Mehr Infos dazu siehe www.feiertage-schweiz.ch

    

    19 Responses to “Halbe Sachen machen — Die Schweiz und ihre Feiertage”

    1. Dominik Says:

      Da kann ich nur http://www.feiertagskalender.ch/ empfehlen. Feiertage bis auf Gemeindeebene hinunter! Und nicht nur auf die CH beschränkt, aber dort braucht mans am ehesten 😉

    2. tyrannosaurus Says:

      Wehmütig erinnere ich mich der Zeiten. als der 1. August noch nicht überall ein gesetzlich vorgeschriebener Feiertag war; da flüchtete ich z. B. ins Wallis, wo man dem anderswo abhanden gekommenen, stinknormalen Werktagsgefühl lustvoll frönen konnte, ohne auf ein gewisses Nationalfeiertagsbewusstsein verzichten zu müssen, das sich dann gegen Abend ohnehin und wie von selbst einzustellen pflegte.

    3. Kiki Says:

      „Dass Schweizerfeuerwerk“?

      Das zweite „s“ kannst Du Dir getrost sparen, lieber Jens… 😉

      [Anmerkung Admin: Yeep, da war eins zu viel! Ist schon korrigiert, und Danke für den Hinweiss :-)]

    4. Jannis Says:

      Die Knallerei setzt ja schon einige Tage vor dem 1. August ein, besonders beliebt sind die Bahnhofunterführungen. Ich nehme an, dass die Leute prüfen, ob der Feuerwerkskörper auch wirklich funktioniert.
      Allerdings sind wir nicht die doofsten Knaller: in Griechenland ist es üblich, an Ostern Knallkörper während der Messe in der Menge zu zünden, der grösste Knallkopf ist derjenige, der das Mikrofon des Priesters trifft!

    5. Ellen Says:

      ..noch krasser ist es in der Stadt St Gallen!

      Das Kinderfest findet nur alle 3 Jahre statt…aber NUR bei schönem Wetter!
      da man in der Ostschweiz ja nie so genau weiss, ob nun das Wetter schön wird oder nicht, werden um 6 Uhr morgens Böllerschüsse ( autsch) abgefeuert, damit alle hören, ob das grosse Fest stattfinden kann oder nicht.

      Findet es statt, dann oweia für alle, die Termine mit St Gallern ausgemacht haben: In St Gallen geht am Kinderfesttag NICHTS:
      Die Stadtverwaltung arbeitet nicht, die Busse fahren zum Teil nicht..und die meisten Läden bleiben geschlossen.

      http://ch.tilllate.com/FR/partydetails.php?gid=179991

    6. Videoman Says:

      Der 1. Mai ist auch ein so toller Feiertag. Wenn man nach Zürich geht, dann kommt man höchstens bis zum Bahnhof. Danach ist Schluss. Da dieser Feiertag so heilig ist, fahren weder Tram noch Bus (zu mindest am morgen).
      Wenn man Pech hat, dann kann man ein zweistündiger Fussmarch fassen, bevor man an die gewünschte Adresse ankommt.

      Auch interessant ist, wenn zum Beispiel im Kanton Schwyz Feiertag ist (was recht häufig auftritt), dann gehen alle Schwyzer gleichzeitig nach Zürich shoppen, was ein Verkehrschaos macht, aber die Wirtschaft ankurbelt, vor allem bei Mariaempfängnis Mitte Dezember.

      Darum meine Idee, macht Konsumfeiertag, da hat jeweils ein Kanton frei (oder ein teil davon), damit die Leute in den anderen Kantonen shoppen gehen können, und so die Wirtschaft an kurbeln.

    7. Anna Says:

      Das Aargauer Feier- und Ferienchaos habe ich leider auch erlebt. Ich bin im Aargau in einer reformierten Gemeinde aufgewachsen und hatte deshalb nicht so viele Feiertage. Später ging ich in einer katholischen Gemeinde zur Schule, 10km entfernt von meinem Wohnort, und kam in den Genuss von einigen halben und ganzen Feiertagen.
      Ins Gymi ging ich wieder in einem anderen Ort und vermisste die Feiertage. Dafür hatte ich mehr Ferien. Nur: Die Sportferien waren zu einer anderen Zeit als in meinem Wohnort – und so fuhr meine Familie ohne mich in die Ski-Ferien.
      Deshalb: Nicht nur die Wirtschaft ist für eine einheitlichere Regelung. Ich auch;-)

    8. viking Says:

      @Jens
      Das mit dem Silvesterfeuerwerk hat zumindest in Zürich (leider?) schon länger Einzug gehalten. Versuch doch mal in der Silvesternacht über die Quaibrücke zu kommen.

      @Videoman
      So schlimm ist es in Zürich auch nicht. Am 1. Mai geht im Öffentlichen Verkehr nur während ca. 2-3 Stunden nichts.
      In dieser Zeit dürfen die Angestellten der VBZ am 1. Mai Umzug teilnehmen und dafür wird der VBZ-Betrieb eingestellt.
      Danach steht das gesamte VBZ-Netz wieder zur Verfügung.
      Als Gewerkschafter kann ich ein solches Verhalten eines Arbeitgebers natürlich nur begrüssen 😉

    9. Ellen Says:

      Noch eine Kuriosität:

      In St Gallen ist der 1. November eigentlich ein hoher Feiertag und es erschienen bis vor einigen Jahren auch keine Zeitungen. Kioske, Läden usw sind alle geschlossen.

      Die Zeitungsverträger in St Gallen mussten aber am 1. November trotzdem arbeiten, denn die Zürcher Zeitungen ( zB NZZ, Tagesanzeiger) erschienen ja trotzdem, und die St Galler Abonnenten dieser Zeitungen wollten auch am 1. November bedient werden. Man musste die ganze Route ablaufen, jedoch nur einen Teil der Abonnenten bedienen.

      Anders dann am 1. Mai: da erschienen nur die St Galler Zeitungen, die Zürcher Zeitungen aber nicht. Die St Galler Zeitungsverträger mussten wiederum ihre ganze Route laufen, aber nur die St Galler Zeitungen beliefern ( anders gabs ja nicht).

      Inzwischen (auch wegen den vielen Reklamationen der Zeitungsverträger) haben sich die Ostschweizer zeitungsmässig den Zürchern angepasst, am 1.11. erscheint also das St Galler Tagblatt, aber eben nur für die Abonnenten. Die Kioske, Läden und Restaurants sind nämlich dann geschlossen.

    10. Original Michael Says:

      Im Kanton Luzern existieren auch die lokalen Feiertage. z.B. sind die Feiertag der Gemeinden Kriens und Luzern an aufeinanderfolgenden Tage (Gallus + Leodegar). Beide Gemeinden sind Nachbarn, Kriens ist quasi die Schlafstadt von Luzern.

      Fasnacht: Am Schmudo und Gümo schliessen die Geschäfte in der Stadt Luzern spätestens am Mittag.

    11. viking Says:

      @Ellen
      Ist auch irgendwie nachvollziehbar. Was willst du an Allerheiligen in St. Gallen offenhalten. Sind dann ja alle in Zürich zum Bummeln und Shoppen (Zusammen mit den Innerschweizern und Bayern/Baden-Würtembergern).
      Im Gegenzug benötigst du in St. Gallen frühmorgens natürlich die aktuellen Zürcher Zeitungen um die Tagesangebote zum Shoppen rauszusuchen 😉

    12. Widi Says:

      Hätte man aber im Aargau nicht die Feiertagsregelung einer Region übernehmen können, welche am meisten Feiertage hätte?
      -> Dann wären einige Arbeitnehmer in den Genuss von dem einen oder anderen zusätzlichen Feiertag gekommen… 😉

    13. Katrin Says:

      Während der Basler Fasnacht sind zwei freie Halbtage die Regel. Traditionellerweise Montag und Mittwoch nachmittag, wie Jens sagte wegen dem Cortege. Viele Firmen machen jetzt aber am Montag den ganzen Tag frei, Di und Mi ist normal arbeiten angesagt.

      Und auch in Basel gibt es seit ein paar Jahren jeweils ein Sylvester-Feuerwerk auf dem Rhein.

    14. AndreasG Says:

      Knabenschiessen in Zürich ? Ist das sowas wie Tontaubenschiessen ? 😉

    15. wolfi Says:

      möchte mal wissen, warum man am nationalfeiertag, der übrigens nicht natifeiertag heisst, ständig umenand knallen muss.
      das fängt am 31.07. gegen mittag auf und hört frühestens um bzw. AM vieri am morgen auf.

      wir flüchten schon seit 2 jahren nach höchenschwand, dort ists gemütlich und vor allem ruhig, grillieren und den feiertag begehen geht auch ohne krach….allerdings wüsste ich nicht, wo das in CH möglich wäre…..
      feuerwerk sieht man dann von der ferne, bei guter sicht bis aufs zürIcher unterland ;-).

      der nächste feiertag kommt bestimmt…ja, der 3.10., da fahren dann alle aus der schweiz wieder ins dütsche go poschte.

      schönes we zäme.

    16. viking Says:

      @AndreasG
      Ja, und damit es in Zürich keinen Mädchenüberschuss gibt, haben vor einigen Jahren findige Leute ein Mädchenschiessen ins Leben gerufen. Das wurde allerdings mit der Gleichberechtigung am Knabenschiessen obsolet.

      @wolfi
      Wo soll ich am Tag der deutschen Zweisamkeit in Deutschland posten können. [Ketzermodus an] Der 3.10. wurde doch nur eingeführt, damit auch die Bewohner von nicht-katholischen Bundesländer in D einmal im Jahr in die Schweiz shoppen gehen dürfen [Ketzermodus aus]

    17. Ellen Says:

      Hmmm ? Am 3.10. ist doch in Deutschland alles dicht?

    18. wolfi Says:

      jau viking, so isses. ;-). es ist nur „gemein“, dass man da einfach so einen feiertag vergibt, den man ja in der schweiz nicht kennt. empfehle mal einen ausflug am 3.10. auf einen lidl-parkplatz, bitte am 8.00 uhr schon dort sein….
      man kann dann GARANTIERT mind. 100 sehr betroffenen bürgern aus der schweiz erklären, warum in D feiertag ist.

      warum weiss ich ja auch nicht, aber ist halt einfach so…;-).

      sicher gibt es dann auch den umkehreffekt, sehr viele grenznahe dütschi kommen dann natürlich zum poschte in die schweiz.

      das mit den feiertagen ist wirlich ein wirrwar in der schweiz, in nur einer region haufenweise unterschiede. während man in z.b. in zurzach „ständig“ frei hat, da gibts sogar im sept. einen feiertag….schafft man in wettingen eigentlich immer, sogar am 1.5. – ganztags und nicht halbtags!!!
      leider gibt es kaum jobs in zurzach….

      nun denn, schönes we.

    19. Jonathan Says:

      Naja, das was am ersten August bei euch so los ist ist aber auch echt heftig. Da reicht es doch einmal im Jahr, wozu noch Silvester 😉
      Es ist ja nicht so, dass es hier in Deutschland so ein Feuerwerk geben würde wie in der Schweiz. Die Sachen die man bei euch bekommt sind hier Großfeuerwerksartikel, die nur von ausgebildeten Pyrotechnikern verwendet werden dürfen..

      Passieren da nicht echt viele Unfälle bei euch am 1. August?

      Grüße
      Jonathan