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Geheimnisse im Schweizer Alltag — Wüüde Wochen

  • Nicht müde sondern wüüde
  • Wer erinnert sich noch an die perfekt spanische Werbung von McDonalds, dem Restaurant zu den drei goldenen Bögen, als dort für „Los Wochos“ geworben wurde?
    Los Wochos
    Foto Los Wochos
    (Quelle Foto: Roland-Barthel.de)

    Wir waren stolz auf unsere Spanischkenntnisse, als diese Werbung lief. „Me mucho“ konnten wir fliessend und akzentfrei übersetzen. Diese Fähigkeit verliess uns hingegen, als wir neulich an diesem Schild in Bülach vorbei kamen:

    Wüüde Woch’n

    Was sich dahinter verbirgt? Wir wurden nicht „müüde“, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Der Schlüssel für das Verständnis dieses Fotos ist der Name der Biersorte. „Schützengarten“, gepaart mit der Ikonographie der drei angedeuteten, aufstrebenden Pfeile mit Schaft am unteren Bildrand. Wir wissen ja, dass Schützen schiessen, vielleicht mit Pfeil und Bogen oder einer Armbrust oder sogar mit so einem Vorderlader wie bei der Biermarke.

    Oder sind das wohlmöglich gar keine Pfeile sondern Tannen eines dichten Waldes?

    Unsicher machte uns noch die Feststellung, dass für dieses geschriebene „Wüüdi“ keinerlei weitere Belege in der Schriftsprache zu finden sind. Es ist einzigartig. Wohl, einen Lehrer mit Spitznamen „Wüdi“ haben wir schon gefunden, aber keine Wochen oder Wörter mit zwei „ü“ in der Mitte. Es blieb uns als norddeutsche Flachländer nichts anderes übrig, als zu fragen, wer denn hier so „wütend“ auf die Wochen war, dass er das „e“ gleich wegliess?

  • In the wild wild west…
  • Siehe da, die „wüüde Woch’n“ entpuppten sich schnell und ganz einfach zu „wilden Wochen“, in denen es keine Kannibalen zu fressen gibt, sondern Wild, was denn sonst. Hirschragout und Wildschweinbraten, wer hätte das gedacht.

    

    22 Responses to “Geheimnisse im Schweizer Alltag — Wüüde Wochen”

    1. Dominik Says:

      Wo um Himmels Willen hast du denn das aufgespürt? Hab nämlich glatt nichts verstanden 🙁

    2. Phipu Says:

      Es wird hier im Text nicht klar, aber auch des Schweizerdeutschen mächtige müssten hier meist laut vorlesen und etwas überlegen, bis sich das bairische (!) „wüüde Woch’n“ oder vielleicht „wuide Woch’n“? herauskristallisiert. Dieser Dialekt stammt aus unserer Sicht also aus dem „wäild, wäild iist“

      Im Schützengarten- und Falken-Raum wären es wohl eher „wildi Wuche“, im Egger-Gebiet „wiudi Wuche“, in der Eichhof-Agglo „wöudi Wochä“, im Calanda-Land „wildi Wuha“ und bei den Öufi-Vertreibern „wüudi Wuche“. Stimmt das etwa so? Es wird wohl nur so Korrekturen und Ergänzungen regnen in den nächsten Stunden.

    3. Geissenpeter Says:

      Ich muss meinen Vorrednern zustimmen: Das sieht für mich nach Österreich oder Bayern aus, nicht nach einem Schweizer Dialekt.

    4. mirach Says:

      Genau – das sagen mir meine österreichischen Wurzeln auch!

    5. myl Says:

      Auf so Werbetafeln lassen sich immer wieder schöne Rätsel finden. Hier eines, welches uns unser Metzger aus der Nachbarschaft vor einiger Zeit aufgegeben hat (ich hab wirklich lange gebraucht, bis ich drauf kam, was er uns hier verkaufen wollte):

      „Schöni Säucli“

      Wer weiss es? 🙂

    6. Phipu Says:

      an Myl
      sind es wohl „Saucen“ im Diminutiv?

    7. sylv Says:

      @Myl

      entweder sinds ’schöni Säuli‘ und ein Typo oder schöne Sösseli ( Saucen ) ebenfalls falsch geschrieben.

      Und ich ess‘ lieber anständig, als wüud:)

    8. Basil Says:

      Meine Meinung hierzu ist völlig klar (Deppenapostroph):

      Bitt’e, rette’t de’n Apo’stro’ph!

      Vorgesehen ist der Apostroph beispielsweise nur zur Vermeidung von Missverständnissen: Andrea’s Vorschlag.

    9. wolfi Says:

      wüüdi gleich wüidi?! dann wäre es ja eigentlich niederboarisch, ist aber fast das gleiche wie schwiitzerdütsch. ;-).

      wünsch üch allen no en wüidi wuche.

      pfiads aich.

    10. Katrin Says:

      Auch Woch’n wird in der Schweiz nicht gebraucht.

    11. Micha Says:

      Das soll Schweizerdeutsch sein? Welcher Dialekt denn?

      Es gibt ja schon etliche Verschiedenheiten zwischen den Dialekten. Als ich im Geschäft letzthin jemanden erzählt habe, dass sei wie, wenn man ständig Kleider aus der „Gällte“ holt. Der Kollege hat mich ziemlich verdutzt angeschaut, und fragte, was dieses Wort denn bedeute. Er lebt zwar einige Jahre schon in Zürich, ist aber ursprünglich Basler. Wir einigten uns darauf, dass es in Basel oder vielerorts sonst „Zäine“ heisst. Darauf hin hat er mich gefragt was eine „Gugge“ sei. Ich sagte, das käme doch von „Guggenmusik“, was aber nicht ganz stimmte. (Betonung von „Gugge“ ist wie in „Guggenmusik“ und nicht wie „Guuge“.) In Basel kann man getrost an der Kasse bei einem Laden eine „Gugge“ verlangen und bekommt dann einen Einkaufsack.

      Also, woher hast du denn dieses „wüüdi“ gefunden?

      [Anmerkung Admin: Das Foto wurde in der Altstadt von Bülach gemacht]

    12. lizamazo Says:

      phipu, wandelndes idiotikon*!
      *dialektwörterbuch, nicht dassi da missverstanden werde 😉

    13. mike Says:

      Hallo!
      Das ist doch kein schwiizerdytsch sondern ein österreichischer Begriff für Wild(Rehwild) kann aber auch als Eigenschaftswort benutzt werden.
      viele grüsse
      Mike(Basel)

    14. viking Says:

      @Micha
      Wobei m.W. eine „Zaine“ eher ein löchriges Gebilde ist (Korb), während ja eine „Gällte“ eher ein „Zuber“, eine geschlossene Wanne ist.

      Gruss
      Bruno
      (Zürcher mit Basler „Einschlag“)

    15. myl Says:

      @phipu
      So schnell? (gut, was habe ich von Dir anderes erwartet…?) :-))

      Mit „Säucli“ ist wirklich der „Diminutiv von Sauce“ gemeint, aber ehrlich gesagt, ich habe auch keine Ahnung, wie man nun „Söseli“ allgemeinverständlich schriebe…Furchtbar…

      @viking
      Sehe ich auch so

    16. Michael Says:

      Es gibt ja nicht umsonst ein weitestgehend eindeutiges Schriftdeutsch 🙂
      Obwohl Sößchen sich für mich irgendwie sehr komisch anhört und wohl auch leicht an was anderes erinnert.
      Mal ganz davon abgesehen: Was soll man sich unter einer diminutivierter (gibts das Wort?) Sauce vorstellen? Ist es nur ein Euphemismus dafür, dass an der Sauce gespart wird und man nur ne Notration davon bekommt?

    17. solar Says:

      Eine „Zeine“ ist (zumindest im nördlichen Kanton Zürich, aber sicher weiter herum) ein aus Weiden geflochtenes Gefäss mit zwei halbkreisförmigen seitlichen Handgriffen.

      Eine „Wöschzeine“ (meist aus hellen Weiden) ist rechteckig, aber oben ist das Rechteck grösser als beim Boden. Sie hat die Griffe an den beiden Schmalseiten.

      Ein „Chorb“ hat einen (manchmal halbkreisförmigen, manchmal flacheren) Henkel über dem Oberkant-Korbdurchmesser, falls der Korb rund ist, falls er rechteckig über einer der oberen Mittellinien (längs oder quer).

      Der relativ kleine „Chriesi-Chratte“, der beim Kirschenpflücken umgebunden wird (oder an die Leiter) hat kleine seitliche Griffe und gerade Wände

      Eine „Geltä“ (mit geschlossenem e) ist auch als Gefäss geschlossen, rund oder oval, und war früher aus Holz (teils mit Metallreif) oder Metall, heute auch aus Plastik. Sie ist meist wasserdicht.

      @phipu: Sollte man nicht „Sööseli“ mit 2 ö schreiben, weil der Vokal immer gedehnt wird?

      Irritierend ist die Kombination „schööni Sööseli“. Würde es stattdessen „feini Sööseli“ heissen, würde im Zusammenhang mit dem Metzger zumindest jede eines schweizerdeutschen Dialekts mächtige Person verstehen, was gemeint ist.

      Sympathischer als „Sööseli“, das ich als Angeberei empfinde (öfter von Männern benutzt als von Frauen und meist eben zusammen mit „e feins“), ist mir ohnehin die „Soossä“ oder „Soose“ohnehin am liebsten im „Weierli vo Härdöpfelschtock“. Aber da können/müssen wieder einige rätseln. Das „Weierli“ kann je nach Dialekt zuerst ein geschlossenes e oder aber fast ein a statt e haben.

    18. Phipu Says:

      an Solar (und alle anderen, die meine Besserwisserei immer noch aufmerksam lesen)

      Nur dass das klar ist: Ich bin nicht Herausgeber fixer Grammatik-Regeln. Ich besitze auch kein Buch, wie das Idiotikon, das mir helfen würde, Dialekt-Schreibregeln verbindlich zu verbreiten. Ich beziehe mich lediglich auf mein Sprachgefühl. Meine Ausführungen sind also nicht mathematisch streng als der Weisheit letzter Schluss zu betrachten.

      Bei „Söösseli“ würde ich die französische Schreibung von „Sauce“, die sonst helvetisch üblich ist, aufgeben. Etwa wie in „Straass“ (Strasse), würde ich doppel-Vokal, gedehnt, aber auch Doppel-S schreiben, da dieser ja auch scharf ausgesprochen wird. Der zitierte Metzger ist einfach vorsichtig. Er garantiert nicht, dass die Saucen (geschmacklich) fein sind. Dafür könnte der amerikanische Klischee-Bürger ihn verklagen, falls die Saucen nicht schön (optisch) aussehen. Gut, ich weiss, dass das Auge auch mitisst. Deshalb ist „schön“ sicher auch wichtig.

      In meinem Härdöpfustock hat es jeweils ein „Seeli“, also von den Ausdrücken her grösser als dein „Weierli“. Ausserdem kam zu Kinderzeiten jewiels eine Staumauer und ein Dammbruch und eine Überschwemmung der ganzen Teller-Flora und -Fauna dazu… (wer mein „Seeli“ vorhin falsch verstanden hat, glaubt nun wirklich, Kartoffelstock und die anderen Beilagen im Teller hätten die „Seele“ eines Lebewesens)

      Wörter wie „Stock“ schreibe ich jeweils nicht als „Schtock“, da Sp und St ja auch auf deutsch als Schp und Scht ausgesprochen werden. Ausser, ich möchte das Verständnis zusätzlich herausfordernd gestalten. „Schpaghetti“ hingegen, schreibe ich gerne mit Sch. In der Schweiz wird nämlich entgegen der allgemein zuverlässigen Kenntnis der italienischen Ausspracheregeln nicht von S-paghetti gesprochen.

      An Michael
      Es gibt sehr wohl einen Unterschied zwischen Saucen und Söösseli. Beide können sogar beim Metzger erhältlich sein. Eine „Ganz-Teller-deckende“ Sauce, wie beim Braten oder bei Teigwaren (D: Nudeln) ist eine „erwachsene“ Sauce. Die wird natürlich in grösseren Rationen verkauft, als die Söösseli. Beim Fondue Chinoise z.B. hat man aber immer nur kleine „Gschirrli“, also so „Chacheli“ (Töpfchen), in welchen nur kleine Mengen Sauce gelagert sind. Man will ja hier das Fleich nicht ertränken darin, sondern nur „tümpfe/stöpfle“ (D: tunken, Neu-D: dippen)
      Also spricht man meist vom Görri- (Curry-), Chnoblauch-, Kettschöpp- (Ketchup-), Brovanssal- (Provençal-), Barbekiu- (Barbeque-) etc.-Söösseli.

      Vermutlich laufen solche Söösseli in Deutschland unter „Remoulade“
      http://heidiswelt.blogspot.com/2005/12/lecker-essen-mit-remoulade.html

      Allerdings ist der Übergang zwischen Sauce und Sösseli, was den Diminutiv angeht, fliessend. Da stimme ich mit Solar überein. Wenn man etwas (oder jemanden) gern hat, benutzt man eher einmal mehr den Diminutiv, ohne damit eine kleine Grösse anzeigen zu wollen. („mis Härzchäferli!“ eher als „mi Mist-“ pardon, „Härzchäfer!“, „du liebs, liebs Hundeli“). Dieses Phänomen gibt es z.B. im Spanischen auch. da nennt man die Grossmutter meist „abuelita“, was ein ein Diminutiv von „abuela“ ist, auch wenn die Grossmutter oder eben „s’Grosi“ 1m90 gross ist. Ein Hobbykoch lässt sich gern das Wasser im Mund zusamenlaufen, indem er sich vorstellt, welches feine Söösseli (auch mehrere Deziliter) er über den Braten (einige Kilo, für Dutzende Gäste) zaubern will.

      [Anmerkung Admin: Ich kriege Hunger… muss jetzt dringend was mit Sosse–Sauce essen…]

    19. Phipu Says:

      Jens, hast du immer noch Hunger? Dann kannst du hier noch schauen, was es so für „wildi Spezialitäte“ gibt. Möglicherweise findest du etwas, das nicht Standarddeutsch ist.
      http://www.schweizerseiten.ch/rezepte/wildgerichte.htm

    20. Urs von T. Says:

      @myl
      hast du die säucli dir wirklich angesehen oder gekauft.
      meine interpretation wäre eine verschweizerung des fr.wortes saucisson gewesen,wie pöteterli
      aber eine wurst ist auf schweizerdeutsch eigentlich ein schübling/schiibli
      oder?
      @solar
      zeine, da fällt mir der italienische begriff zaino ein =rucksack,tragekorb

    21. Phipu Says:

      An Urs von T.
      Der zitierte Metzger und ich haben zwar nicht dasselbe Sprachgefühl. Aber ich glaube dennoch, dass der Diminutiv von „Saucisse“ oder „Saucisson“ doch eher „Sossissli“ oder „Sossissönli“ (meinetwegen „Saucissli“ oder „Saucissönli“ geschrieben) wäre. Das französische Anhängsel „–on“ ist übrigens eine Vergrösserungsform. Also eine grosse Wurst, die dann wieder mit einem „-li“ klein gemacht wird? Materiell verkleinern kann man solche „Schüblige“ natürlich, indem man sie in „Schiibli“ (oder „Rädli“) schneidet.

    22. myl Says:

      @ Urs von T.
      Ich hab mich nicht in den Laden reingetraut, die Säucli waren mir irgendwie unheimlich…
      😉