Suchen Sie Streit? Gehen Sie in einen Lämpen-Laden!
Eine Lampe ist eine prima Sache. Mit ihr kann man zum Beispiel im Dunkeln lesen, oder den Weg zum Kühlschrank finden, ohne sich das Knie an der Tischkante anzustossen. Mehr als eine Lampe sind „Lampen“, und dann gibt es da noch die „Lämpen“, die die Schweizer mitunter haben, aber auf die keiner so richtig scharf ist.
Unser Variantenwörterbuch meint dazu:
Lämpen CH die; nur Plur.: „Auseinandersetzungen, Streitereien“: Ich bezahl auch sofort, will keine Lämpen mit Franz (Durschei, Meldegg 148)
Der altmodische Duden kennt das Wort mit einer ganz anderen Bedeutung:
Lämpen, der; -s, – [spätmhd. lempe = Stück Fleisch]
(schweiz.): Doppelkinn.
Wie kommen wir vom Doppelkinn zu den Streitereien? Sind es die vielen Streitereien, die das Doppelkinn entstehen lassen?
Lämpen fanden sich auch im Tages-Anzeiger vom 30. September 2004
Lämpen mit Laax
Südschneiser und Laaxer Skitourismusleute sind wegen eines ironischen Plakatplagiats aneinander geraten.
(Quelle: )
Oder im Kleinreport.ch
Wieder Lämpen zwischen Teleclub und Cablecom
Neue Runde im mehrjährigen Seilziehen zwischen dem Kabelnetzbetreiber Cablecom und der Pay-TV-Firma Teleclub
(Quelle: kleinreport.ch)
Sogar die NZZ, sonst immer betont bemüht, ohne Helvetismen auszukommen, verwendet in einem NZZ-Folio Interview diese Formulierung
Ich will friedlich leben und mit niemandem Lämpen haben. Ich bin nicht unglücklich, wenn es mit meinem Leben so weitergeht.»
(Quelle: nzz.ch)
Kompliziert wird es bei Grimm
schweiz. lampen hängen, welken, sich schlaff bewegen STALDER 2, 154;
in Appenzell lampa schlaff herabhängen TOBLER 290b;
auch hess. lampen nachlassen, nachlässig sein VILMAR 235; (…)
schweiz. lämpi liederlicher, nachlässiger mensch, der lämpen der lappen, abgerissenes stück von einem ganzen, wampe beim rindvieh;
(Quelle: Grimms Wörterbuch)
In der Tierwelt ist „Meister Lampe“ ein anderes Wort für einen Hasen, denn dessen Stummelschwanz leuchtet so schön im Dunkel, wenn er davon hoppelt, ganz ohne „Lämpe“ zu machen. Falsch, die „Lampe“ ist eine Kurzform von „Lamprecht“, denn so wurde der Hase in Fabeln und Märchen genannt: Meister Lampe[recht]
Der Lehrer Lempel, von Wilhelm Busch, war nicht so fürs Streiten bekannt, sondern mehr für seine einfühlsamen pädagogischen Umgangsformen.
Im Norden kann sich dann noch „einen auf die Lampe giessen“, sprich: etwas Alkoholisches trinken, was allerdings nicht wörtlich gemeint ist.
„Die Wendung geht auf den Gebrauch von Öllampen zurück. „Öl auf die Lampe giessen“ heisst soviel wie „Öl nachfüllen“.
(Quelle: Duden Redensarten)
So schlimm geht es uns ja wohl hoffentlich nicht, dass wir jetzt gleich Spiritus oder Duftöl saufen müssen. Jetzt fängt das Thema an, nach „Lampe zu riechen“. Auch eine hübsche Redewendung, wenn etwas „gequält, gewollt wirkt; die Anstrengung erkennen lässt“.
Die Wendung bezieht sich darauf, dass mühsames Arbeiten sich bis spät in die Nacht hinzieht, dass man also lange die Lampe brennen lassen muss. Darum jetzt nix wie „Lampe löschen“! Und keine Lämpe deswegen!
Juli 4th, 2006 at 7:23
Den Ausdruck „einen auf die Lampe giessen“ gibt es in vermutlich dutzenden von Varianten. Ich nenne „etwas trinken/sich betrinken“ „(sich) die Lampe füllen“. Wenn man in diesem Zustand noch ein Motorfahrzeug lenkt, „fährt man mit Öl am Hut“ (= mit Alkohol am Steuer). In diesem Zusammenhang könnte auch wieder die Öllampe der Ursprung dieser Aussagen sein.
Das Schweizer Verb „lampen“ (Transkript in Hochdeutsch) bedeutet, eben wie es Grimms Wörterbuch zum appenzellischen „lampa“ meint, „schlaff herunterhängen“. http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GL00627 Man hört dieses Wort am meisten im Zusammenhang mit welken Blumen. Sogar im Internet findet man solche Transkripts: http://www.google.ch/search?hl=de&q=blume+lampt&btnG=Suche&meta=
Einen Zusammenhang mit „Lämpe“ für Unannehmlichkeiten/Streit erkenne ich hierin hingegen nicht.
Der einzige Zusammenhang zwischen „Streit“ und „Lämpe“ ist hier
(Schreibweise: „Lempe“) beschrieben: http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GL04700
Juli 4th, 2006 at 7:28
Vielleicht kommen die Lämpe von „Schlämperligä“ die man sich manchmal an den Kopf wirft…
Juli 4th, 2006 at 15:59
Wie wär’s damit:
Weisses Kleid, Brautschleier, Trauringe, Traubibel, Trau-Kerze (bzw. „Lämpe-Cheerze“):
– wobei die „Lämpe-Cheerze“ wohl spezifisch schweizerisch ist, sozusagen das Gegenstück zur Trau-Kerze: eine (dicke?) Kerze soll nur dann angezündet werden und so lange brennen, wenn / solange das Paar Streit („Lämpe“) hat; wer den Streit beendet, bläst sie aus. – Je dicker die Kerze, desto mehr Streit wird erwartet …
usw.
http://zh.ref.ch/content/e3/e1144/e1560/e1593/e1604/e4649/index_ger.html
aus dem Bauch heraus hätte ich jetzt eher auf folgenden Zusammenhang geschlossen: Streit > drohen „wosch eys a d’Ohre“ > Ohren=die Ohren von „Meister Lampe“ > Lämpä, aber das mit der Lämpe-Cherze finde ich viel hübscher und nachahmungswürdig… 🙂
Juli 4th, 2006 at 19:08
Wieso schlägt der gute Herr das nicht einfach im Schweizerischen Idiotikum (dem massgeblichen Wörterbuch für die Deutschschweiz) nach? Mann muss doch nicht so weit suchen, wenn es die Herkunftserklärung schon gibt.
Juli 5th, 2006 at 10:03
Su
Sind das nicht „Schlötterlige“, die man sich an den Kopf wirft ??
Schlämperlig oder Schlämpe kenne ich vom Kaffee mit ungesiebter Milch…
Juli 5th, 2006 at 13:14
@Vertbeau
Was steht denn im „Idiotikum“ dazu?
@peter gloor
Wir (Bieler-Berner mit Aargauereinschlag) sagen (auch) Schlämperlig, Mehrzahl: Schlämperligä ahänke / nacherüefe usw.
sagen Zürcher Schlötterlig/e?
Juli 6th, 2006 at 13:07
@Johanna
In Zürich ja, aber ich bin Aargauer, und wir sagten es eben so, wie oben beschrieben, also Schlötterlige aahänke….
Juli 6th, 2006 at 18:19
@Johanna
Ich glaube es heisst „Idiotikon“… habe das zuerst falsch geschrieben. Aber ist ja egal. Leider weiss ich auch nicht, was dort zum Thema „Lämpe“ steht, aber wenn sich jemand mit dem Schweizerdeutschen auseinandersetzen will, sollte er/sie schon auch die vorhandenen Mittel auszuschöpfen, sprich in die Zentralbibliothek gehen (wo ein 14-bändiges Schweizerisches Idiotikum steht) und das entsprechende Kapitel lesen. Das erspart ein paar „Lämpen“ im Blog…
März 22nd, 2007 at 20:49
sehr schön
und wenn jemand sagt „der Lampe“ in Bezug auf einer Person, ist auch der Meister Lampe gemeint?
danke
August 10th, 2010 at 4:43
Ha, ist wieder Spekulationsstunde 🙂
Na dann …
Also die „Lämpe“ in „Mach chei Lämpe!“ (regional auch „Mach chei Lampe!“) könnte durchaus von „lempe“, dem Stück Fleisch aus dem spätmhd. Sprachfundus herrühren.
Grund:
Es wird der Vergleich zu (wilden?) Tieren gezogen, die sich um ein Stück Fleisch zanken, wo wir unsre „Auseinandersetzungen, Streitereien“ perfekt wiedergegeben haben.
Reine Spekulation – selbstverständlich.