Wie diktiert man korrekt eine Telefonnummer in der Schweiz?
Wir wohnen in Bülach, der Nightlife Metropole des Zürcher Unterlandes. Zentrum für angewandte Matrazenhorch-Forschung. Bülach ist ein grosser Ort. Es gibt hier viele Telefonanschlüsse. Fast alle fangen mit den Zahlen Acht-Sechs-Zwei an. Wenn Sie allerdings hier wohnen und jemand fragt Sie nach ihrer Telefonnummer, dürfen Sie auf keinen Fall den Fehler machen, diese Nummern einfach so nach einander aufzuzählen.
„Achthundertzweiundsechzig“ ist die korrekte Aussprache für einen Anschluss in Bülach, und bitte danach unbedingt in Zweiergruppen weiter, zum Beispiel „Vierundfünfzig“, „Zweiundachtzig“.
Wir wissen nicht, wann und wie die Schweizer das lernen oder eingetrichtert bekommen, aber Telefonnummern dürfen niemals einfach als Einzelziffern heruntergerasselt werden, nein, sie gehören ordentlich gruppiert in Dreier- und Zweiergruppen vorgelesen. Wir wurden sogar schon am Telefon unwirsch zurechtgewiesen, weil wir uns anfangs nicht an dieses „Gesetz der Gruppierung“ halten wollten. Offenbar hatte unser Gesprächspartner erhebliche Mühe, eine Reihe von Nummern zu notieren, wenn diese nicht gruppiert genannt werden.
Werfen Sie einen Blick in Ihr örtliches Telefonbuch, falls Sie in der Schweiz wohnen. Sie wissen schon, das dicke Ding mit dem Englischen Titel „Directories“ drauf, und Sie werden feststellen: Schweizer Vorwahlen sind immer dreistellig und beginnen mit einer Null. Dennoch dürfen Sie in Bülach nicht „Null-Vier-Vier“ sagen, sondern müssen mit „Null-Vierundvierzig“ anfangen, um dann mit der erwähnten „Achthundertzweiundsechzig“ fortzufahren.
Alle Schweizer Telefonnummern sind zehnstellig, egal ob sie in einer grossen Stadt wohnen oder in einem Bergdorf mit 20 Anschlüssen. In Deutschland hingegen werden Sie noch heute in bestimmten ländlichen Regionen Telefonanschlüsse finden, bei denen die Ortsvorwahl doppelt so lang ist wie der eigentliche Anschluss. Das war nicht immer so in der Schweiz. Hier eine alte Aussenwerbung, noch ohne obligatorischer Vorwahl oder Zwangsgruppierung:
Sie können bei den Schweizern die grösste Verwirrung auslösen, wenn Sie plötzlich auf die Idee kommen, die Dreiergruppen-Zweiergruppen-Regel zu durchbrechen, und einfach stur „Acht-Sechs-Zwo-Fünf-Vier-Acht-Zwo“ vorzulesen, oder noch besser, einfach mal mit einer Zweigruppen anfangen: „Sechsundachzig – Zweihundertvierundfünfzig – Zweiundachtzig“. Da kommt Freude auf! Sie werden merken, wie Ihr Schweizer Gegenüber unter Garantie drei Anläufe braucht, um Ihre Äusserung im Kopf wieder sorgsam in die gewohnte Dreier- und Zweigruppen zurück zu verwandeln, bevor er sie zu Papier bringt.
Ob das die Schweizer in der RS, der Rekrutenschule lernen? Ob es Teil der geheimen Freund-Feind Erkennungsstrategie für den militärischen Verteidgungsfall ist? „Lies mir diese Nummer vor, und ich sag Dir, ob Du ein Eidgenosse bist!„ Es wird auf jeden Fall im Rahmen der Kaufmännischen Ausbildung geschult, wie man Telefonnummern korrekt gruppiert. Aber müssen denn alle Schweizer ins KV oder in die RS?
Juni 11th, 2006 at 2:10
Netter Beitrag, aber leider mit einem kleinen Fehler.
Du schreibst so, als wäre die „Hundert“ in AchtHUNDERTzweiundsechzig obligatorisch, dem ist aber nicht ganz so.
Oft wird der erste Zahlenblock wie die Vorwahl ausgesprochen, also nur Acht-zweiundsechzig.
Aber das mit den Zweierblöcken hast du schön beobachtet, anders formulierte Telefonnummern werden nicht wirklich verstanden!
Die oben im Bild gezeigte kurze Telefonnummer wäre übrigens wahlweise:
Vierunddreissig – sechs – siebenundneunzig oder
Drei – Sechsundvierzig – siebenundneunzig
Wäre beides für Schweizer verständlich (hauptsache Zweierblöcke…)
Gruss
Daniel
Juni 11th, 2006 at 9:25
Es muss so in den 1970er- und 1980er-Jahren gewesen sein, als die Telefonnummern in ländlichen Gebieten noch 5stellig (damals diktierte man z.B. neun-neunundneunzig-neunundneunzig, das war auch im Telefonbuch so gegliedert) in den meisten anderen Regionen 6stellig (gesprochen: z.B. neunundneunzig-neunundneunzig-neunundneunzig, wie im Telefonbuch gruppiert) waren. Ausserdem musste die Vorwahl im gleichen Wahlkreis noch nicht gewählt werden. Es war damals den meisten Leuten mit durchschnittlich gutem Zahlengedächtnis möglich, sich die meistgebrauchten Telefonnummern dank der Gruppierung auswendig zu merken (die Telefone mit Wählscheibe hatten sowieso keinen Nummernspeicher, Natels (Handys) mussten erst noch erfunden werden).
Und just damals, Anfang achtziger Jahre, landete die bairische Band „Spider Murphy Gang“ den Hit „Skandal im Sperrbezirk“. In diesem Lied kommt die brav gruppiert diktierte Telefonnummer „zwounddreissig sechzehn acht“ vor. (Songtext hier: http://www.asklyrics.com/display/Spider_Murphy_Gang/Skandal_Im_Sperrbezirk_Lyrics/94535.htm ). So war es ein leichtes, zu entdecken, dass die Zahlen der imaginären Telefonnummer in jedem Block halbiert wurden. Wäre damals „drei-zwo-eins-sechs-acht“ gesungen worden, hätten sich die Schweizer Abonnenten der Anschlüsse 3 21 68 und 32 16 08 in dieser Zeit wohl weniger Jugendstreiche gefallen lassen müssen.
Juni 11th, 2006 at 11:21
Es muss in den Sechziger- oder Siebzigerjahren gewesen sein, dass man in Deutschland anfing, die Ziffern der Telefonnummern einzeln aufzuzählen. Ich wurde damals von meiner Verwandtschaft in D immer gebeten, doch auch die Ziffern einzeln runterzuleiern. Kurz darauf tauchte auch das neckische „dreimal die Neun“ auf. Das war die Zeit, als man in D anfing, „ZUM Griechen“ oder „ZUM Chinesen“ essen zu gehen – anstatt in irgendeinem griechischen oder chinesischen Restaurant. „Zum“ Griechen bedeutet für mich immer noch ein bestimmter Grieche!
Wie Du siehst, bin ich schon sehr lange in der Schweiz und registriere natürlich solche Änderungen. Die Strukturierung der Telefonnummern in Gruppen finde ich sehr hilfreich!
Dein Blog ist wunderbar – ich schaue schon seit einiger Zeit hier rein.
Juni 11th, 2006 at 13:22
Ich versuche das schon seit Jahren als Schweizerin zu durchbrechen, aber keine Chance.
Gerade für Kinder ist es noch schwierig ihre eigene Tel.nr. auswendig zu lernen, wenn sie sich dazu gleich eine „grosse“ Zahl merken müssen. Andererseits gilt das vielleicht schon als mathematische Früherziehung. Deshalb waren wir Schweizer vielleicht im PISA Test im Rechnen so cool. 😉
Juni 11th, 2006 at 16:56
Obwohl ich Schweizer bin, sage ich die Ziffern immer einzeln, allerdings mit entsprechenden Pausen:
null-eins-zwei Pause drei-vier-fünf Pause sechs-sieben Pause acht-neun
Juni 11th, 2006 at 17:29
also ich sage auch null-eins, hundertdrüetzwänzg – foifevierzg – siebenesächzg 😉
Juni 11th, 2006 at 19:53
ich sage meine persönliche Mobile-Nummer immer als „Null-Vorwahl-zweiergruppe – zweiergruppe – einzelzahl – zweiergruppe“, dies hat aber den Grund, dass man sich die nummern dann besser merken kann (die ersten beiden Zweiergruppen sind Paschzahlen und die Einzelzahl ist eine Null).
Gruss
Juni 11th, 2006 at 21:43
Du gehst in der Verwirrungstaktik nicht weit genug. Versuch es mal mit Sachen wie Zwoelfezweizg – Einenelfz – Zweihundertnullefuefzg
Juni 11th, 2006 at 23:32
Ihr lieben Schweizer Nachbarn, früher für D, jetzt für F: mit dieser Telefonnummerunbeweglichkeit kommt Ihr bei der WM (noch weniger bei der EM 2008) weiter! Gruß von Peter, der am Dienstag gegen F für Euch zittert!
Juni 12th, 2006 at 0:01
früher konnte man sich noch darauf verlassen, dass eine Nummer mit Vorwahl 031 nach Bern gehört und 01 nach Zürich. Dann brauchte man sich nur die restlichen fünf, sechs und jetzt sieben Ziffern merken. Wobei die ersten zwei oder nun drei der restlichen Ziffern eben auch pro Dorf die gleichen waren. Wenn man dann mal die Dörfer und ihre drei Zahlen kannte, brauchte man sich nur noch vier Ziffern pro Anschluss zu merken – wie gruppiert man vier Ziffern am einfachsten – in Zweien. Alles klar? Heutzutage kann man leider seine Nummer „mitnehmen“ auch wenn man ausserhalb des Bezirks umzieht… das Ende der Ordnung, bestimmt auch der Anfang vom Ende der Gruppierung.
Juni 12th, 2006 at 8:21
das hat alles nichts mit verwirrung, sondern einzig mit schweizerischer effizienz zu tun. wie man weiss, ist das sensorische register (also der ultrakuzzeitspeicher des menschen) auf 7 +- 2 einheiten ausgelegt. will man also eine tel. nummer kurzfristig im kopf behalten geht das bei den meisten leuten nicht, da die nummer inkl. vorwahl in der schweiz aus 10 einheiten besteht.
nun kommt das verfahren des chunking zum einsatz. fasst man nämlich zifferngruppen zusammen, belegen sie weniger speicher. 0-55 555 55 55 (nur als beispiel) belegt also statt der 10 einheiten nur deren 5. so einfach ist das.
Juni 12th, 2006 at 18:55
An Fränzi
In deinem Sinn fällt mir jeweils bei Radiosendungen auf, wenn die Vorwahl im regional nicht passenden Dialekt ausgesprochen wird. Es klingt einfach falsch, wenn man „null-ainedchissig“ oder „núu-eis“ hört. Da passt nur „null-ainesächzig“ und „núu-einedriissg“ so richtig. Leider ist auch „044“ dialektisch nicht mehr so typisch wie „nul-äääis“.
An Voon
Deine Taktik erinnert mich an die französischen Ziffern. Die Welschen amüsieren sich jeweils, dass die Franzosen die Zahlen „septante, huitante, nonante“ (70, 80, 90) überhaupt nicht verstehen können (obwohl diese logischer als „soixante-dix“, „quatre-vingt“, und „quatre-vingt-dix“ sind). Ich habe mal einer Konversation zugehört, bei der vom Westschweizer Gesprächspartner die Zahlen dauernd erst welsch, und erst nach nicht verstehen dann franko-französisch wiederholt wurden. Bei Gesprächsabschluss fügte der Westschweizer dann listig die Zeit „seize heures soixante-quinze“ (16.75 Uhr) ein. Damit gab er absichtlich die allgemein verständliche Zeit „dix-sept heures quinze“ (17.15 Uhr) zwar französisch klingend aber falsch an. (Gemein, nicht?). Ich würde es bei echten Franzosen mal mit „vingt-dix“ und „quarante-dix“ (falsch für: 30, 40) versuchen.
Leider ist mir keine vergleichbare Taktik bekannt, mit welcher die Schweizer den Franzosen z.B. im Fussball klar überlegen wären.
Juni 13th, 2006 at 10:39
hübsch beobachtet, herr wiese, ich bekenne: auch ich HASSE es, die ziffern einzeln aufgesagt zu erhalten. mit kv oder rs hat es nichts zu tun, die gruppierung wird bereits den kleinen kindern vorgeschlagen, wenn sie ihre erste nummer auswendig lernen. m. w. sind die nummern auch gruppiert in den telefonbüchern, wohl weil die layouter schweizerInnen sind…
Juni 14th, 2006 at 8:13
Die Telefonnummern merkt man sich am besten ohnehin ganz unkonventionell und entscheidet je nach Nummer, in welcher Reihenfolge man sie aufsagt.
Die Nummern, die hier z.B. mit 202 0x xx starten, merke ich mir lieber als 20 20 xxx, denn da ist ein Zahlenmuster drin. Andere Nummern merke ich mir über einen Rhythmus oder über einen bestimmten Klang. Sobald ich Zahlenmuster entdecke, ist mir eine „offizielle“ Gruppierung reichlich egal 😉
Juni 14th, 2006 at 11:37
Bülach: „Fast alle fangen mit den Zahlen Acht-Sechs-Zwei an.“
Genau!
Und das ist schon der erste Grund für die Gruppierung.
Die Dreiergruppe am Anfang sind die Anschlüsse, welche an derselben Zentrale hängen. Im Ortsnetz von Bülach haben (fast) alle dieselben drei ersten Ziffern, aber auch andernorts ist das so. Wenn ich die Nummer eines Anschlusses aus meinem Ort höre, muss ich mir die ersten drei nur merken, wenn sie nicht dieselben sind, wie meine. Dann handelt es sich meist um einen ISDN-Anschluss.
Und nachher schön in Zweiergruppen oder zumindest in auffälligen Zahlengruppen. Stichwort: Mnemotechnik. Dann kann man sich deine Nummer nämlich merken. Wir Schweizer sind gut im Nummernmerken: Jeder kennt seine AHV-Nummer, Telefonnummer, die Männer ihre Sturmgewehrnummer etc.
Juni 14th, 2006 at 12:02
@Reto Leider wird sich diese Technik nicht mehr lange halten, da ja IMHO die Telefonnummer in der ganzen Schweiz mitgenommen werden kann. Zumindest bei uns auf dem Dorf klappt es aber im Moment auch immer noch. Wir sagen normalerweise nur 99 99 statt 044 858 99 99 😉
Auch das auswendiglernen der AHV-Nummer wollen SIE uns vermiesen, indem SIE eine neue AHV-Nummer lancieren:
http://www.avs-ai.ch/Home-D/allgemeines/nnahv/neueahvnummer.pdf
Die alte konnte man sich ja selbst ableiten und musste nur die letzen 3 Ziffern auswendig lernen 😉
Eine der wenigen Nummern, die ich mir nie merken kann, ist meine eigene Handy-Nummer 😉
September 22nd, 2009 at 16:33
das hat alles nichts mit verwirrung, sondern einzig mit schweizerischer effizienz zu tun. wie man weiss, ist das sensorische register (also der ultrakuzzeitspeicher des menschen) auf 7 +- 2 einheiten ausgelegt. will man also eine tel. nummer kurzfristig im kopf behalten geht das bei den meisten leuten nicht, da die nummer inkl. vorwahl in der schweiz aus 10 einheiten besteht.
nun kommt das verfahren des chunking zum einsatz. fasst man nämlich zifferngruppen zusammen, belegen sie weniger speicher. 0-55 555 55 55 (nur als beispiel) belegt also statt der 10 einheiten nur deren 5. so einfach ist das.
Demnach müsste ich auch ein Schweizer sein, da ich seit jeher automatisch gruppiere. Aber wenn es um den Nationalstolz geht, so schwillt so manchem Gockel der Kam.
September 29th, 2013 at 15:26
und Noch ein Nachtrag zur Bülacher Vorwahl. Die erste GRUPPE von Telefonanschlüssen war die 860. Doch da sind mit den Folgeziffern nur etwa 10’000 Anschlüsse möglich. Also erweiterte man auf 861 und 862. das sind nochmals jeweils 10’000. Mit den umliegenden Dörfern zusammen sollte das erst mal genügen. übrigens hat die Stadtverwaltung eine extra Vorwahl. nämlich 864. Ach noch was. der nationale Nummernplan schreibt zwingend eine 10 stellige Nummer vor, deshalb musste auch von 01 auf 044 gewechselt werden. In den 70 Jahren des letzten Jahrhunderts war Bülach mit 01 96 xx xx zu erreichen. Heute mit 044 860 xx xx. Ich habe also schon ein paar Nummernwechsel mitgemacht.