-->

Gügeln, googeln oder kübeln?

  • Gügeln Sie auch manchmal?
  • Uns wurde von einem Aussendienstmitarbeiter ein sensationeller Aufmacher aus dem BLICK zugeschickt:
    Gügeln oder Googeln?
    (Quelle: blick.ch vom 7.4.06)

    Natürlich sticht in diesem Aufmacher sofort das Verb „gügeln“ ins Auge, es wird ja sogar durch original Schweizer «Anführungszeichen» als „nicht ganz schriftfähig“ gekennzeichnet. Wir denken bei dem Wort gleich an unsere Lieblingsbeschäftigung. Nein, die ist nicht „Saufen“, so wie sie jetzt meinen, sondern „Googeln“, welches mit 827.000 Einträgen bei Google selbst gar nicht so schlecht vertreten ist . Könnten wir doch gleich mal die Häufigkeit gewisser Tätigkeitsverben bei Google untersuchen:
    Saufengibt es 3 Millionen Mal, nur damit Sie beruhigt sind.
    Bumsenkommt 9 Mill. Mal vor, das synonyme Wort mit fi.. am Anfang 17 Mill. Mal
    Denken“ finden wir 66 Mill. Mal,
    Arbeiten“ 105 Mill. und
    Lernen“ 112 Mill. Soviel zum intellektuellen Anspruch von Webseiten. Wie oft „Sex“, „Liebe“ und „Computer“ bei Google vorkommt, müssen Sie jetzt selbst nachschauen. Sie wissen ja, wie man googelt.

  • Gügeln heisst googeln?
  • Wir finden nur 28 Belege für „gügeln“, alle scheinen eine Eindeutschung von „googeln“ zu bezeichnen. Nur ein Beleg bei Google-Schweiz weisst eindeutig in die Richtung „saufen“, so wie sie der BLICK-Aufmacher meinte.

    Das heisst für uns, dass nur die Schweizer dieses Wort im Sinne von „saufen“ gebrauchen, und dass diese Verbform mächtig unter Druck kommt durch die Neuschöpfung „googeln-gügeln“. Rein lautlich erinnert uns das Wort an „kübeln“, und das ist auch in Deutschland eine salopper Ausdruck für „schnell viel trinken“. Es kann ausserdem „wie aus Kübeln schütten“, und wenn jemand nicht trinkt sondern „kübelt“, dann verwendet er dazu meist ein etwas grösseres Glas, vielleicht sogar einen Kübel, damit es schneller geht, bis er keinen Bock mehr hat aufs Kübeln und zum Küblböck wird. „Kübeln“ ist nämlich in Deutschland auch die Gegenbewegung, wenn das soeben Getrunkene wieder nach draussen will. Aber jetzt wird das irgendwie unästhetisch.

    Nur in der Schreibung „gügele“ finden sich mehr 70 Belege bei Google-Schweiz.

  • Gugeln ist sehr alt
  • Diese Schreibweise findet sich bereits im Wörterbuch von Grimm:

    GUGELN, vb., um sich schlagen: mit den geberden, mit dem rauhen scharren, poltern, drowen, sawr sehen, mit händen und füszen guglen und zittern vor zorn C. HUBERINUS viertzig predig (1567) G 1a, wohl dasselbe wort, das heute noch als gügeln im schwäbischen gebräuchlich ist, besonders in der verbindung das herz gügelet mir hüpft vor freude; unklar ist der einmal belegte reflexive gebrauch: also (wie beim turmbau zu Babel) tuend vil der layen hie, die gügeln sich gar hoch enbor und wissend nit die rechte spor HERMAN V. SACHSENHEIM mörin 4378 Martin; das wort begegnet auch in den nachbarmundarten: gügelen vor zorn zittern STAUB-TOBLER 2, 159; gügeln schaukeln HALTER Hagenau 155; als gugen schwanken, schaukeln SEILER Basel 153; MARTIN-LIENHART 1, 204.
    (Quelle: Grimm)

    Die Schwäbische Variante „das Herz gügelet mir vor Freude“ finden wir besonders appart.

    Der eigentlich Fund für uns in diesem Artikel auf Blick-Online ist jedoch der Teil nach dem Wörtchen «gügeln»: Weniger als auch schon. Das erklären wir dann morgen!

    

    7 Responses to “Gügeln, googeln oder kübeln?”

    1. CH-Bueb Says:

      Nun in Kifferkreisen ist „gömmer eis go ge gügle“ (jedenfalls im Kt.Zug) eines von vielen Synonymen für“gehen wir mal einen Joint rauchen“. Das „gügle“ kommt von „Guge=Joint“.
      Saufen heisst da eher „eis go bächere“ oder „kräftig ine öle“.

    2. Liz Says:

      Die vielen Dialektformen können verwirrend sein!Persönlich
      kenne ich den Ausdruck „gügele“, und damit wird eindeutig
      „bechern,saufen, trinken“ usw. gemeint. Die Lampe füllen
      bedeutet dasselbe. „Gügele“ war schon in – sogar in der
      braven Schweiz – bevor man eine „Guge = Joint“ reinziehen
      konnte.

    3. Sam Says:

      In Bern ist „güügele“ (die „e“ jeweils als Schwa gesprochen) synonym für „mämmele“, was beides verniedlichend für Alkoholkonsum stehen kann. Hingegen „gúgele“ (wiederum mit Schwas) sich vor Lachen oder Kichern zu schütteln. Im Internet recherchieren wird als „guugle“ bezeichnet.

    4. Phipu Says:

      Ergänzend zu Sam:
      Das berndeutsche „gugele“ (sich schütteln vor Lachen – häufig im Sinn von schnellrythmischem Kinderlachen) wird in anderen Dialekten als „gigele“ ausgesprochen. Übrigens ist es nicht ein „kichern“, sondern unverhohlenes Lachen. Das englische Wort „jiggle“ heisst auch „wackeln, schütteln“. Für den Zusammenhang sind nun die Sprachspezialisten gefragt. Man findet „gigeln“ auch in Grimms Wörterbuch, allerdings ohne direkten Hinweis auf Lachen: http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GG16616

    5. Peter Gloor Says:

      Kübeln
      hat noch eine andere Bedeutung – in den Zuchthäusern (in D die JVA) mussten die Häftlinge in Abwesenheit von Toiletten sog. Kübel verwenden für ihre Notdurft. Das periodische Leeren derselben (durch die Insassen selbst) wurde wurde Kübeln genannt.

    6. Stefan Says:

      Was machst du eigentlich, wenn jemand nicht Kopfrechnen kann? 🙂 (Anti-Spam)

      Auf jeden Fall steht „gügeln“ sowohl für „saufen“ als auch für „kiffen“ (in weiten Teilen der Schweiz).

      Und jetzt der Clou: „Kübeln“ hat noch eine ganz andere Bedeutung. Wenn jemand nämlich an einer üble Magen-Darm-Grippe leidet und sich den Magen auskotzt, spricht (bzw. redet…) man auch von „kübeln“. Zumindest in der Ost- und Zentralschweiz.

      Ausserdem siehst du so auch, dass dein Blog auch noch nachträglich rege durchforstet wird 😉

    7. vierundachtzig Says:

      Also, ich kannte das Kübeln nicht als schnell trinken, sondern als das, was als nächstes kommt – wenn man sich die Sache noch mal durch den Kopf gehen lässt und sie dann sozusagen im Kübel (wahlweise auch Anzug/Kleid, Sofa, Teppichboden…) landet. 🙂 Gügeln ist aber auch mal wieder eine nette Bereicherung des passiven Wortschatzes.