Stossen statt Drücken — Anstösser erregen keinen Anstoss
Wenn ein Deutscher an einer Fussgängerampel steht und diese Aufforderung wörtlich nimmt, müsste er anfangen, die Fussgänger neben sich herzhaft in den Arm zu nehmen und sie zu drücken. Kommt er hingegen in der Schweiz an eine Tür, muss er diese „stossen“, nicht drücken.
„Stossen“ ist für Deutsche immer ein schmerzhafter Prozess. Man kann sich z. B. das Knie anstossen, oder den Kopf. Nur bei den Kugelstossern und Gewichthebern ist es eine gewollte und fleissig trainierte Bewegung, das Stossen, mit grossem Leiden und Gestöhne verbunden.
Sonst drücken wir Deutschen lieber. Es drückt uns der Schuh, wir drücken uns um etwas, und natürlich drücken wir auch unsere Liebsten.
In der Schweiz erregt ein Anstösser keinen Anstoss sondern er stösst an. Anstossen würden wir in Deutschland nur mit einem Glas Wein oder Sekt in der Hand. Ein „Anstösser“ hätte in Deutschland sicherlich ein Anliegen, und ist daher ein Anlieger, demzufolge hiesse das Schild „Anlieger frei“.
Wenn Sie auch ein Anliegen haben, können Sie das jetzt an dieser Stelle vorbringen, oder einfach weiterfahren, da wo es für alle anderen verboten ist. So einfach ist das natürlich nicht. Ein „Anlieger“ ist in der deutschen Strassenverkehrsordnung nicht ein Mensch mit einem Anliegen, sondern ein Bewohner der Strasse. Und nur wenn ein solcher Bewohner einer Strasse mit im Auto sitzt, dürfen Sie diese Anliegerstrasse überhaupt befahren. Sonst kostet es 15 Euro = 23 CHF Busse.
September 24th, 2005 at 18:38
Schweizer Mädels anstossen hätte ich nicht dagegen, vielleicht wird ja was. 😉
Februar 5th, 2006 at 21:56
Gestern sah ich im beleuchteten Feld eines älteren Modells dieser Fussgänger-Lichtsignal-Knöpfe die Anzeige: „Signal kommt“ Ich stelle mir dabei vor, wie der metallene Signalmast plötzlich lebendig wird, und mir entgegenkommt. Heute weiss jeder, was ein Lämpchen bedeutet, auch ohne Aufschrift.
Dies erinnert mich ebenfalls an die Leuchtanzeigen in Bussen und Regionalzügen. Nachdem ein Reisender die Haltanforderung betätigt hat, leuchtete über Jahrzehnte der Text „Hält an“ auf. Als dann die so langsam deutsche Fahrzeuge die klassischen Schweizer Marken verdrängten, las man mehr und mehr: „Wagen hält“. Dies erschien mir zu Beginn sehr deutsch-deutsch. Heute hat man sich daran gewöhnt, selbst wenn hier niemand einen Bus „Wagen“ nennen würde.
Juni 29th, 2006 at 22:12
@Phipu: In den neuen Fahrzeugen der Forchbahn, einer Regionalbahn in die Zürcher Agglo, steht auch „Wagen hält“. Ich frage mich immer, wie denn ein einzelner Wagen des Zugs anhalten soll…
August 14th, 2006 at 20:57
Also was in der Schweiz als „Anstösser gestattet“ bekannt ist, lautet bei uns in Österreich „Ausgenommen Anrainer“.
Oktober 2nd, 2006 at 14:05
„Wagen hält“ Ist hiezulande schon lange im Gebrauch. Der Unterschied zwischen HÄLT AN und WAGEN HÄLT kommt vom Hersteller der Carosserie (früher kamen die Chassis von Saurer, Berna oder FBW, während die Carosserie lokal gefertigt wurde und der Carosserier die Elektroteile bei verschiedenen Schweizer Herstellern beziehen konnte.
1912 war die Frieda Bünzli (Forchbahn) halt nur ein Wagen, blau-weiss; steht heute im Depot Forch und für Extrafahrten zur Verfügung. Heute ist sie rot und hat immer noch Triebwagen, die, wie die Züritrams, von einem Wagenführer gefahren werden.
August 11th, 2012 at 21:11
Ein deutscher Straßenverkehrsteilnehmer ist auch berechtigt, eine Anliegerstaße zu befahren, wenn er dort nur ein oder ausladen muss. Etwas anders it es beim Parken: es gibt Anwohner-Parkzonen, die man nur mit einem amtlichen Ausweis für das Auto benutzen darf.